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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin
Urteil verkündet am 30.01.2004
Aktenzeichen: 2 Sa 2129/03
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO


Vorschriften:

ArbGG § 66
ZPO § 233
ZPO § 234
1. Die Zustellung eines Urteils durch Einwurf in den Briefkasten löst den Fristbeginn für Berufung und Berufungsbegründung selbst dann aus, wenn der Betrieb an einem Sonnabend nicht geöffnet ist.

2. Zu den Sorgfaltspflichten einer Partei gehört es, bei Zustellungen auch den Briefumschlag und die auf ihm enthaltenen Daten zu beachten.


Landesarbeitsgericht Berlin Im Namen des Volkes Urteil

2 Sa 2129/03

Verkündet am 30.01.2004

In Sachen

pp

hat das Landesarbeitsgericht Berlin, 2. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 30.01.2004 durch den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts Prof. Dr. Germelmann als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Herrn Dr. Kleiner und Herrn Berger

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Der Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wird zurückgewiesen.

2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 4. Juli 2003 - 74 Ca 34592/02 - wird als unzulässig verworfen.

3. Die Kosten der Berufungsinstanz trägt die Beklagte.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten in dem vorliegenden Verfahren über die Wirksamkeit einer gegenüber der Klägerin seitens der Beklagten ausgesprochenen fristgemäßen Kündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen. Von der Darstellung des Vorbringens der Parteien in der ersten Instanz wird unter Bezugnahme auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 112 bis 114 d.A.) gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.

Durch Urteil vom 04. Juli 2003 hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die seitens der Beklagten mit Schreiben vom 25. November 2002 ausgesprochene fristgemäße Kündigung beendet worden sei. Hinsichtlich der Begründung wird auf den Inhalt des angefochtenen Urteils (Bl. 111 bis 117 d.A.) Bezug genommen.

Das Urteil des Arbeitsgerichts ist der Beklagten ausweislich einer Zustellungsurkunde der P. am 27. September 2003 zugestellt worden (Bl. 119, 119 R d.A.). Unter Ziffer 9 der Zustellungsurkunde ist von dem Zusteller angekreuzt worden, dass er versucht habe, die Sendung zuzustellen. Unter 10.2 der Zustellungsurkunde ist angekreuzt worden, dass er die Sendung in den zu dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt habe. Die Zustellungsurkunde trägt neben dem Datum vom 27. September 2003 auch die Unterschrift des Zustellers, dessen Name nochmals in Druckbuchstaben wiedergegeben ist.

Mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2003, der am gleichen Tage bei dem Landesarbeitsgericht Berlin eingegangen ist, hat die Beklagte gegen das arbeitsgerichtliche Urteil Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 01. Dezember 2003, der am gleichen Tage bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen ist, hat die Beklagte die Berufung begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Beklagte mit einem Schreiben, das dieser am 05. Dezember 2003 zugegangen ist, auf Bedenken hinsichtlich der Rechtzeitigkeit der Berufungsbegründung hingewiesen. Mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2003, der am gleichen Tage bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen ist, hat die Beklagte einen Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen eine etwaige Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gestellt.

Hinsichtlich des Wiedereinsetzungsantrages bezweifelt die Beklagte, dass die P. Post im Sinne der zivilprozessualen Vorschriften sei. Sie bestreitet, dass zunächst eine unmittelbare Zustellung von dem Zusteller versucht worden sei. Im Übrigen seien in ihren Geschäftsräumen am 27. September 2003 vormittags von 9.50 Uhr bis 9.59 Uhr, von 10.46 Uhr bis 13.34 Uhr und von 12.15 Uhr bis 14.26 Uhr Mitarbeiter im Hause gewesen, die ein etwaiges Klingeln des Postzustellers gehört hätten. Ferner behauptet die Beklagte, dass die Post am 29. September 2003 aus dem Briefkasten entnommen worden sei, entgegen einer bestehenden Anweisung sei der Briefumschlag nicht dem für juristische Angelegenheiten zuständigen Justitiar, Herrn Rechtsanwalt H., übergeben worden oder aber er sei bei der Postbearbeitung durch diesen untergegangen. Jedenfalls sei der Briefumschlag nicht mehr auffindbar. Bei der Posteingangsstelle sei der Posteingang für den 29. September 2003 vermerkt. Es bestehe bei ihr eine Arbeitsanweisung des Vorstandes hinsichtlich der Bearbeitung von Posteingängen. Diese Generaleinweisung sei von Herrn H., der seit dem 18. Oktober 2000 in der Rechtsabteilung als Syndikusanwalt tätig sei, ergänzt worden. Auf den Inhalt der Anweisungen wird Bezug genommen (Bl. 212, 213 d.A.). Die entsprechende Weisung sei auch der für die Postbearbeitung zuständigen Beschäftigten, V. R., mitgeteilt worden, ebenso deren Urlaubsvertreterin. Auf Weisung des Vorstandes sei die Bearbeitung der Posteingänge in unregelmäßigen Abständen von Herrn H. kontrolliert worden. Zuletzt sei die Probe am 29. Oktober 2003 bei der Zustellung eines gerichtlichen Schriftstückes durchgeführt worden. Dem Justitiar H. sei noch nie ein Fehler wie im vorliegenden Verfahren unterlaufen. Auch Frau R. habe sich stets als korrekte Mitarbeiterin erwiesen. Hinzu komme, dass das Arbeitsgericht auch nicht auf den eingetretenen Fristfehler hingewiesen habe. Mit Schriftsatz vom 02. Oktober 2003 habe sie die Berichtigung des Tatbestandes des arbeitsgerichtlichen Urteils begehrt, in diesem Schriftsatz habe sie auf den Zugang des Urteils am 29. September 2003 hingewiesen.

Zur Begründung der Berufung behauptet die Beklagte: Ein Einsatz der Klägerin im Bereich des Tutoring sei nicht möglich. Die Bereiche "Content" und "Tutoring" seien organisatorisch selbständig. In beiden Bereichen würden unterschiedliche Aufgaben erfüllt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Darstellung in der Berufungsbegründungsschrift (Bl. 168 bis 186 d.A.) Bezug genommen. Nach August 2002 sei die Stelle Gruppenleitung Tutoring neu geschaffen worden. Herr Hi., der bereits als Bereichsleiter bei der a. GmbH beschäftigt gewesen sei, sei mit der Aufgabe der Gruppenleitung im Bereich "Tutoring" betraut worden. Er sei EDV-Fachmann, ferner ausgebildeter Industriekaufmann, habe politische Wissenschaften studiert, er sei im Schwerpunkt der Erwachsenenbildung ausgebildet worden, ferner sei er auch Jugendtrainer bei der IG-Metall gewesen. Die Firma a. GmbH, für die er vorher tätig gewesen sei, sei bei der Erstellung der Kurse tätig gewesen. Im Bereich des Tutoring habe er vielfältige Aufgaben zu erfüllen, unter anderem inhaltliche Korrekturen bei Hausarbeiten, Entdeckung und Beseitigung inhaltlicher Fehler im Lehrmaterial eines Kurse, Korrektur von Verständnistestfragen, inhaltliche Änderungen im Lehrmaterial sowie Textkorrekturen. Diese Aufgaben könnten von der Klägerin nicht erfüllt werden. Die Aufgabe des Gruppenleiters Tutoring habe sich inhaltlich so verändert, dass eine Vergleichbarkeit mit dem Aufgabenbereich der Klägerin nicht mehr bestanden habe. Die Klägerin könne auch anders als Herr Hi. die Tutoren nicht inhaltlich in ihrer Arbeit begleiten und betreuen. Berechtigte betriebliche Erfordernisse machten es erforderlich, dass Herr Hi. weiterhin für sie, die Beklagte, tätig sei.

Die Beklagte beantragt,

1. ihr wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

2. Das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 04. Juli 2003 - 74 Ca 34592/02 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

1. den Wiedereinsetzungsantrag zurückzuweisen,

2. die Berufung zurückzuweisen. Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass der Wiedereinsetzungsantrag unbegründet sei. Am Vormittag des 27. September 2003 sei nicht den ganzen Vormittag das Büro der Beklagten besetzt gewesen. Der Justitiar H. habe den selben Fehler gemacht wie Frau R., er habe die Zustellungsnotiz auf dem Briefumschlag ignoriert und sich routinemäßig nur an dem Posteingangsstempel der Poststelle orientiert. Es ergebe sich auch nicht, dass Frau R. ordnungsgemäß überwacht worden sei. Bis zum 29. September 2003 habe niemand eine stichprobenartige Überprüfung der Zuverlässigkeit vorgenommen. Im Übrigen ergebe sich aus der eidesstattlichen Versicherung des Justitiars H., dass er den vermerkten Eingang nicht mit dem auf dem Briefumschlag ausgewiesenen Zustellungsvermerk verglichen habe. Offenbar habe der Vorstand auch nicht die Arbeit von Herrn H. überwacht.

Die Berufung sei auch unbegründet. Nach Einstellung des Herrn Hi. habe sich das von ihm selbst gewählte erweiterte Aufgabengebiet ergeben. Die im vorliegenden Verfahren eingereichte Stellenbeschreibung sei unerheblich, da im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung der Klägerin noch die frühere Stellenbeschreibung gültig gewesen sei. Die neue Stellenbeschreibung sei wohl erst im März 2003 erstellt worden. Im Übrigen habe sich die Beklagte bis zum Ausspruch der Kündigung in einem Antragsverfahren zur Zertifizierung ihres Betriebes befunden. Im Rahmen dieser Zertifizierung habe es eine Prozessbeschreibung der Arbeitsabläufe gegeben, aus der sich ergebe, dass mit Ausnahme der Korrektur von offensichtlichen Schreibfehlern oder Additionsfehlern der Bereich "Tutoring" nicht an der Korrektur, Verbesserung etc. der Lernprogramme habe mitwirken dürfen. Hier sei in jedem Falle der Bereich "Content" einzuschalten gewesen. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass Herr Hi. die Arbeit der Tutoren auch inhaltlich und didaktisch überwache und betreue. Im Übrigen sei die Organisationsentscheidung hinsichtlich der Strukturveränderung erst im Frühjahr 2003 gefallen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt der Schriftsätze vom 01. Dezember 2003 und 19. Dezember 2003 sowie vom 16. Januar 2004 nebst den jeweiligen Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist statthaft, § 64 Abs. 2 c ArbGG. Sie ist auch gemäß § 66 Abs. 1 ArbGG form- und fristgerecht eingelegt worden.

II.

Die Berufung ist jedoch nicht innerhalb der Frist des § 66 Abs. 1 ArbGG begründet worden.

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin ist der Beklagten am 27. September 2003 ausweislich der Zustellungsurkunde der P. (Bl. 119, 119 R d.A.) zugestellt worden. Bei der P. handelt es sich um Post im Sinne von § 168 Abs. 1 ZPO. Sie ist Lizenznehmerin der Regulierungsbehörde gemäß § 33 PostG.

Die Zustellung erfolgte nach § 180 ZPO ordnungsgemäß. Der 27. September 2003 war ein Sonnabend. Dass der Zusteller der P. versucht hat, das Schreiben des Arbeitsgerichts Berlin zuzustellen, ergibt sich aus der Zustellungsurkunde. Diese hat die Wirkung einer öffentlichen Urkunde, § 182 ZPO i.V.m. § 418 ZPO. Sie beweist damit in vollem Umfange die darin bezeugten Tatsachen, § 418 Abs. 1 ZPO. Zwar ist der Beweis der Unrichtigkeit der in der Urkunde bezeugten Tatsachen möglich, § 418 Abs. 2 ZPO. Der Sachvortrag der Beklagten ist jedoch insoweit nicht ausreichend. Aus ihm können nicht einmal Zweifel entnommen werden, dass die Bekundungen in der Zustellungsurkunde unzutreffend sein sollten. Selbst wenn man die Behauptungen der Beklagten als zutreffend unterstellt, war in der Zeit bis 9.50 Uhr und von 9.59 Uhr bis 10.46 Uhr kein Mitarbeiter der Beklagten in deren Betrieb anwesend. Es ist damit nicht auszuschließen, dass gerade in diesen Zeiten ein Zustellungsversuch stattgefunden hat.

Die Frist zur Begründung der Berufung nach § 66 Abs. 1 ArbGG begann daher mit dem 27. September 2003. Sie lief ab am 27. November 2003, einem Donnerstag. Die Berufungsbegründungsschrift der Beklagten ist erst am 01. Dezember 2003 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen. Dieser Eingang ist verspätet.

2. Der Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ist innerhalb der Frist des § 234 ZPO gestellt worden. Die Beklagte hat Kenntnis von dem verspäteten Eingang der Berufungsbegründung am 05. Dezember 2003 erhalten. Der Wiedereinsetzungsantrag ist am 19. Dezember 2003 bei Gericht eingegangen. Der Antrag ist auch formgerecht, § 236 ZPO. Er hatte keinen Erfolg.

3. Nach § 233 ZPO kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gewährt werden, wenn die Partei ohne Verschulden an der rechtzeitigen Vornahme dieser Prozesshandlung gehindert war. Der Verschuldensbegriff richtet sich dabei nach den Regelungen des § 276 Abs. 2 BGB, wobei auch die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen sind. Das Verschulden eines Vertreters steht der Wiedereinsetzung entgegen. Das Verschulden von Angestellten ist dabei von der Partei nicht zu verantworten, wenn ein eigenes Verschulden ihrerseits ausscheidet.

Es kann offen bleiben, ob der Sachvortrag der Beklagten für die Gewährung der Wiedereinsetzung schon deshalb unzureichend ist, weil sie hinsichtlich des Fristversäumnisses und der Ursache hierfür zwei Möglichkeiten aufgezeigt hat. Einerseits soll nach ihrem Sachvortrag die Möglichkeit bestanden haben, dass der Briefumschlag, auf dem sich der Vermerk über den Zustellzeitpunkt gemäß § 180 Satz 3 ZPO befunden hat, schon bei der Eintragung im Postbuch verloren gegangen sei. Als zweite Möglichkeit ist der Verlust des Briefumschlages bei der Bearbeitung des Eingangs durch den Justitiar, Herrn H., aufgezeigt worden. Zwar ist es grundsätzlich notwendig, bei der Begründung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, einen in sich schlüssigen Sachvortrag vorzutragen. Selbst wenn man jedoch den Sachvortrag von zwei möglichen Verfahrensabläufen hier ausreichen lassen will, ergibt sich bei beiden Darstellungen ein Verschulden der Beklagten bzw. ihrer Vertreter.

a) Geht man davon aus, dass der Briefumschlag bei Eintragung des Eingangs in die Posteingangsliste verloren gegangen ist, ergibt sich das Verschulden der Beklagten daraus, dass sie keine hinreichenden Vorkehrungen getroffen hat, um derartige Fehlverhaltensweisen auszuschließen.

Zwar hat die Mitarbeiterin R. in ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 19. Dezember 2003 bestätigt, dass ihr bei ihrem Dienstantritt am 02. Januar 2003 bei der Beklagten von der Mitarbeiterin W., die den Posteingang bis zu diesem Zeitpunkt betreut hatte, mitgeteilt worden sei, dass der Vorstand eine Arbeitsanweisung dahingehend erteilt habe, dass eingehende Post von der Poststelle zu öffnen und der Inhalt gut sichtbar mit einem Eingangsstempel zu versehen sei. Hierbei sollte der Eingangsstempel das Datum ausweisen, an dem die Post zugegangen war. Danach sollte die Post unter Angabe des Absenders, des Inhalts und des Datums in die Postliste eingetragen werden. Aus dieser Anweisung ergibt sich nicht, dass bei Zustellungen auch zu beachten war, dass Briefumschläge, die einen Zustellvermerk enthielten, aufzubewahren und mit dem Schriftstück weiter zu leiten sei. Eine entsprechende Anweisung soll erst später von dem Justitiar, Herrn H., erteilt worden sein. Wann diese entsprechende weitergehende Anweisung erteilt wurde, ergibt sich weder aus dem Sachvortrag der Beklagten noch aus der eidesstattlichen Versicherung der Mitarbeiterin R.. Auch fehlt insoweit ein Hinweis, dass bei amtlichen Schriftstücken, die an einem Montag in dem Briefkasten vorgefunden werden, in besonderer Weise darauf zu achten wäre, ob Briefumschläge mit Zustellvermerken vorhanden sind. Hinzu kommt, dass sich weder aus der eidesstattlichen Versicherung der Mitarbeiterin R. noch aus dem Sachvortrag der Beklagten im Einzelnen ergibt, dass die Mitarbeiterin R. während ihrer Beschäftigungszeit vor dem 27. September 2003 kontrolliert worden wäre. Zwar ergibt sich aus der eidesstattlichen Versicherung der Mitarbeiterin R., dass sie von dem Justitiar H. in unregelmäßigen Abständen stichprobenweise durch Vergleich des Zugangsvermerkes des Zustellers und des Eingangsstempels des Posteinganges überwacht worden sei. Wann derartige Stichproben durchgeführt worden sind, ergibt sich jedoch nicht, insbesondere ist auch nicht erkennbar, dass diese vor dem 27. September 2003 durchgeführt worden wären. Auch ist nicht erkennbar, wie im Einzelnen dieser Vergleich durchgeführt worden sein soll, es ist nicht erkennbar in welcher Häufigkeit derartige Zustellungen bei der Beklagten eingegangen sind. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch, dass eine schriftliche Anweisung der Beklagten hinsichtlich der Postbearbeitung nicht existiert.

Auch der weitergehende Vortrag, der aus der eidesstattlichen Versicherung der Mitarbeiterin R. entnommen werden kann, ist nicht geeignet, eine Wiedereinsetzung zu rechtfertigen. Die Mitarbeiterin hat zwar bekundet, dass sie "entweder den vermerkten Eingang nicht mit dem auf dem Briefumschlag ausgewiesenen Zustellungsvermerk verglichen oder die "sieben" für eine "neun" gehalten "habe". Daraus ergibt sich aber nicht einmal, dass sie bestätigen will, dass tatsächlich an diesem Tage ein Briefumschlag vorhanden gewesen ist, der einen entsprechenden Zustellvermerk enthalten hat. Es ist nicht zu entnehmen, ob sie überhaupt den Briefumschlag zur Kenntnis genommen hat.

Selbst wenn man aber davon ausgeht, dass der Brief korrekterweise mit dem Briefumschlag dem Justitiar, Herrn H., zugeleitet worden ist, ist auch hier nicht erkennbar, dass ein Verschulden der Beklagten hinsichtlich der unzutreffenden Postbearbeitung nicht trifft. Zwar ergibt sich aus dem Sachvortrag der Beklagten und aus der eidesstattlichen Versicherung des Herrn H., dass eine Anweisung des Vorstands der Beklagten hinsichtlich der Postbearbeitung vorhanden gewesen sein soll. Auch diese von dem Justitiar in seiner eidesstattlichen Versicherung erwähnte Anweisung betraf aber nicht die Bearbeitung von Postsendungen, die an einem Sonnabend zugestellt worden sind und bei denen ein Zustellvermerk auf dem Briefumschlag gemäß § 180 Satz 3 ZPO angebracht war. Zwar ergibt sich aus der eidesstattlichen Versicherung des Herrn H., dass er diese allgemeine Arbeitsanweisung des Vorstandes der Beklagten erweitert hat. Nach seiner Erklärung soll diese Erweiterung der Arbeitsanweisung erfolgt sein, nachdem Frau R. die Bearbeitung des Posteingangs übernommen hatte. Auch hier fehlen jedoch schriftliche Arbeitsanweisungen. Es ist auch nicht erkennbar, dass er Frau R. entsprechend überwacht hätte. Aus der eidesstattlichen Versicherung ergibt sich lediglich, dass eine Überwachung nach Zugang des Schreibens am 27. September 2003 durchgeführt worden ist.

Selbst wenn im Übrigen der Justitiar H. bei der Bearbeitung des Posteinganges den ihm mit überreichten Briefumschlag nicht beachtet und vernichtet haben sollte, würde dies für die Beklagte keine Entlastung darstellen können. Zum einen hat sie selbst Herrn H. gegenüber keine konkreten Anweisungen erteilt. Zum anderen aber hat sie auch seine Tätigkeit nicht im Einzelnen überwacht. Es ist nicht erkennbar, wann und zu welchen Zeiten Herr H. von dem Vorstand der Beklagten auf die korrekte Einhaltung der von ihr erteilten Weisungen hingewiesen worden wäre. Dass Herr H. selbst als Rechtsanwalt zugelassen ist, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. Er ist in dem vorliegenden Verfahren nicht als Rechtsanwalt, sondern als Mitarbeiter der Beklagten tätig geworden.

Da nicht von einem fehlenden Verschulden der Beklagten ausgegangen werden kann, konnte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist nicht gewährt werden.

III.

Über die Zurückweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist und die Verwerfung der Berufung als unzulässig konnte gemäß § 238 ZPO einheitlich entschieden werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Es ist nicht erkennbar, dass die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG vorliegen.

Ende der Entscheidung

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