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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin
Beschluss verkündet am 18.06.2002
Aktenzeichen: 2 Ta 945/02
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO


Vorschriften:

ArbGG § 9
ZPO § 127
ZPO § 118
ZPO § 117
1. Die Frist für eine sofortige Beschwerde nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO beginnt nur, wenn der Beschluss des Arbeitsgerichts mit vollständiger Rechtsmittelbelehrung unterschrieben ist. Der Hinweis auf ein beizufügendes Formular genügt nicht.

2. Ein Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ist nur dann vollständig gestellt mit der Möglichkeit der rückwirkenden Bewilligung, wenn die nach § 117 Abs. 2 ZPO erforderlichen Erklärungen und Belege beigefügt sind.


Landesarbeitsgericht Berlin Beschluss

2 Ta 945/02

In der Beschwerdesache

pp

Tenor:

wird die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 11. April 2002 - 55 Ca 35744/01 - bei einem Verfahrenswert von 1.075,20 EUR (tausendfünfundsiebzig 20/100) auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

I. In dem vorliegenden Verfahren haben die Parteien in der ersten Instanz über Entgeltansprüche des Klägers gestritten. Die Klage ist durch am 11. April 2002 verkündetes Urteil des Arbeitsgerichts Berlin auf Kosten des Klägers abgewiesen worden.

Den von dem Kläger gestellten Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe hat das Arbeitsgericht durch Beschluss vom 11. April 2002 zurückgewiesen, da bis zum Termin zur Verkündung einer Entscheidung am 11. April 2002 weder eine ausgefüllte "Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse" noch die dieser Erklärung beizufügenden Anlagen eingereicht worden seien, auch hätte die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Gegen diesen ihm am 22. April 2002 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 16. Mai 2002 sofortige Beschwerde eingelegt. Hinsichtlich der Begründung wird auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 16. Mai 2002 (Bl. 41, 42 d.A.) Bezug genommen.

II. Die sofortige Beschwerde ist statthaft. Zwar hat der Kläger die nach § 78 ArbGG n.F. i.V.m. § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO n.F. i.V.m. § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO n.F. geltende Frist für die Einlegung der sofortigen Beschwerde nicht eingehalten. Der Beschluss des Arbeitsgerichts vom 11. April 2002 enthielt jedoch keine von dem Richter unterzeichnete Rechtsmittelbelehrung. Wie sich aus dem Inhalt der Akten (Bl. 35) ergibt ist nicht der vollständige Beschluss mit der vollständigen Rechtsmittelbelehrung von dem Richter unterzeichnet worden, vielmehr enthielt der unterzeichnete Beschluss lediglich den Hinweis "RMB für Kl.: ArbG 884.1 PKH 1 neu", der Text dieser Rechtsmittelbelehrung war nicht beigefügt. Ein solcher Hinweis auf ein Formular für eine Rechtsmittelbelehrung genügt jedoch nicht den Anforderungen, die nach § 9 Abs. 5 ArbGG bei der Belehrung über ein einzulegendes Rechtsmittel einzuhalten sind (BAG NZA 1994, 1053 sowie NJW 1999, 1205; Prütting bei Germelmann u.a., ArbGG, 4. Auflage, 2002 § 9 Rn. 36 m.w.N.). Nach § 9 Abs. 5 Satz 4 ArbGG konnte die sofortige Beschwerde noch innerhalb eines Jahres seit Zustellung des Beschlusses über die Zurückweisung des Antrages auf Gewährung der Prozesskostenhilfe erfolgen.

III. Die sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Zwar konnte die Gewährung der Prozesskostenhilfe nicht deshalb zurückgewiesen werden, weil der Klägervertreter trotz der von ihm im Termin am 21. März 2002 gegebenen Zusage, die für eine Entscheidung erforderlichen Unterlagen unverzüglich nachzureichen, bis zum Verkündungstermin am 11. April 2002 nicht erfüllt hat. Nach § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO kann nämlich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nur dann abgelehnt werden, wenn der Antragsteller innerhalb einer vom Gericht gesetzten Frist die erforderlichen Unterlagen nicht einreicht. Im vorliegenden Verfahren hat das Gericht jedoch dem Kläger keine Frist gesetzt. Die Zusage des Klägervertreters, unverzüglich die erforderlichen Unterlagen einzureichen, ersetzt nicht die nach § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO notwendige Fristsetzung.

Der Antrag auf Gewährung der Prozesskostenhilfe konnte jedoch keinen Erfolg haben, weil die erforderlichen Unterlagen, die die Bewilligungsreife innerhalb der Instanz zur Folge hatten, erst nach Beendigung der Instanz eingereicht worden sind. Grundsätzlich kommt eine Gewährung der Prozesskostenhilfe nur dann in Betracht, wenn die Bewilligungsreife auch noch innerhalb der Instanz eintritt. Nur dann ist eine rückwirkende Bewilligung möglich (BGH NJW 1985, 922; OLG Frankfurt/Main, Juristisches Büro 1995, 205; OLG Zweibrücken, Juristisches Büro 2000, 312). Dass der Antrag auf Gewährung der Prozesskostenhilfe hierbei bereits zu einem früheren Zeitpunkt gestellt worden ist, ist unerheblich. Der Antrag ist erst dann ausreichend gestellt, wenn die nach § 117 Abs. 2 ZPO erforderlichen Erklärungen und Belege beigefügt sind.

Etwas anderes kann allerdings dann gelten, wenn der Antragsteller Unterlagen erst nach dem Fristende einreichen konnte (BGH Versicherungsrecht 1984, 600; OLG Bamberg, Juristisches Büro 1985, 141). Diese Voraussetzung ist jedoch im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Dass nach Behauptung des Klägers die Originalprozesskostenhilfeunterlagen auf dem Postwege verloren gegangen sein sollen, kann unterstellt werden. Das Risiko einer Postübermittlung trägt jedoch der Kläger. Im Übrigen hätte der Kläger auch ebenso, wie er eine Fotokopie der vorgeschriebenen Erklärung zu den Akten eingereicht hat, auch bereits das Original einreichen können. Warum dies unterblieben ist, ergibt sich aus dem Sachvortrag des Klägers nicht.

Ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung Aussicht auf Erfolg hat, konnte offen bleiben.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 97 Abs. 1 ZPO. Bei der Festsetzung des Verfahrenswertes war von zwei Gebühren gemäß § 123 BRAGO zuzüglich 20,-- EUR Auslagenpauschale und 16 % MWSt. unter Hinzurechnung der durch das Urteil der ersten Instanz entstandenen Gerichtsgebühren auszugehen.

Ende der Entscheidung

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