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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin
Urteil verkündet am 27.05.2005
Aktenzeichen: 6 Sa 1499/04
Rechtsgebiete: AÜG, BetrVG, BGB, RiL 98/59/ EG, KSchG


Vorschriften:

AÜG Art. 1 § 1 Abs. 1
AÜG Art. 1 § 9 Nr. 1
AÜG Art. 1 § 10 Abs. 1 Satz 1
BetrVG § 113 Abs. 3
BGB § 288 Abs. 2
BGB § 613 a Abs. 1 Satz 1
RiL 98/59/ EG Art. 1 Abs. 2 lit. b
KSchG § 1 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3
KSchG § 17 Abs. 1
KSchG § 18 Abs. 1
KSchG § 23 Abs. 2
1. Auf eine GmbH, deren Alleingesellschafter die Bundesrepublik Deutschland ist und die als Verwaltungshelfer bei Erfüllung einer staatlichen Aufgabe tätig wird, sind die Vorschriften der §§ 17, 18 KSchG über eine Massenentlassungsanzeige gemäß § 23 Abs. 2 KSchG nicht anzuwenden.

2. Es liegt keine unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung vor, wenn die Arbeitnehmer einer GmbH, deren Alleingesellschafter die Bundesrepublik Deutschland ist, in den Räumen einer Behörde des Bundes nach Weisungen des Geschäftsführers, dessen Beamtenverhältnis für diese Zeit zum Ruhen gebracht worden ist, mit der Erledigung staatlicher Aufgaben beschäftigt werden.

3. Ein Nachteilsausgleich gemäß § 113 Abs. 3 BetrVG muss mit Rücksicht auf seinen Sanktionscharakter eine Sozialplanabfindung grundsätzlich übersteigen.

4. Auf einen Anspruch auf Nachteilsausgleich ist nur eine bereits gezahlte Sozialplanabfindung anzurechnen.


Landesarbeitsgericht Berlin Im Namen des Volkes Urteil

6 Sa 1499/04

Verkündet am 27. Mai 2005

In dem Rechtsstreit

hat das Landesarbeitsgericht Berlin, 6. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 29.04.2005 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Corts sowie die ehrenamtlichen Richter Janke und Ahr

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 27. Mai 2004 - 36 Ca 16079/03 - im Kostenausspruch und dahingehend geändert, dass die Beklagte zu 1 verurteilt wird, an den Kläger 80.684,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2004 zu zahlen.

2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

3. Die Gerichtskosten erster Instanz haben bei einem Streitwert von 130.451,65 EUR der Kläger zu 38,15 % und die Beklagte zu 1 zu 61,85 % zu tragen, während die Gerichtskosten der Berufungsinstanz bei einem Streitwert von 127.750,30 EUR vom Kläger zu 36,84 % und von der Beklagten zu 1 zu 63,16 % zu tragen sind.

Der Kläger hat die erstinstanzlichen Kosten der Beklagten zu 1 zu 22,09 % und deren zweitinstanzliche Kosten zu 20 % sowie sämtliche Kosten der Beklagten zu 2 zu tragen, während die Beklagte zu 1 die erstinstanzlichen Kosten des Klägers zu 61,85 % und seine zweit-instanzlichen Kosten zu 63,16 % zu tragen hat.

4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der am ..... 1961 geborene Kläger stand seit dem 15. Mai 1991 in einem Arbeitsverhältnis zur T. (THA), der späteren Bundesanstalt für v. S. (BvS), und wurde zuletzt als Gruppenleiter im Bereich Vermögenszuordnung/Kommunalisierung (VK) beschäftigt. Die Erledigung dieser Aufgaben wurde für die Zeit ab 01. Januar 1999 aufgrund eines Rahmenvertrags auf die Beklagte zu 1 übertragen, die sie nach entsprechender Zuständigkeitsübertragung seit dem 01. Juli 1999 für den O.präsidenten (OFP) der O. Berlin durchführte. Die Beklagte zu 1 war von der BvS gegründet worden, die ihre Gesellschaftsanteile später auf die Beklagte zu 2 übertrug.

Das Arbeitsverhältnis des Klägers bestand zur Beklagten zu 1 weiter, wie durch inzwischen rechtskräftiges Urteil der Kammer vom 22.03.2002 - 6 Sa 2314/01 und 527/02 - festgestellt wurde. Das Gehalt des Klägers belief sich zuletzt auf 6.723,70 € brutto im Monat.

Mit Schreiben des Bundesministeriums der F. (BMF) vom 05. Februar 2003 wurde die Beklagte zu 1 angewiesen, sich und die Arbeitsverhältnisse der rund 150 Arbeitnehmer zum 31. Dezember 2003 aufzulösen. Das durch den Rahmenvertrag begründete Vertragsverhältnis wurde vom OFP mit Schreiben vom 28. März 2003 gekündigt.

Nach Anhörung des Betriebsrats kündigte die Beklagte zu 1 dem Kläger mit Schreiben vom 26. Mai 2003 zum 31. Dezember 2003. Unter dem 02. Oktober 2003 vereinbarte sie mit dem Betriebsrat einen Sozialplan (Ablichtung Bl. 132 - 234 d.A.), wonach der Kläger eine Abfindung in Höhe von 74.988,-- € zu erhalten hat. Auf eine Massenentlassungsanzeige der Beklagten zu 1 vom 27. Oktober 2003 verhängte die Bundesanstalt für A. mit inzwischen bestandskräftigem Bescheid vom 26. November 2003 eine Entlassungssperre bis zum folgenden Tag.

Seit dem 01. Januar 2004 werden die Aufgaben der Beklagten zu 1 vom B.amt zur R. o.V. (BARoV) erledigt, das hierzu sämtliche Verfahrensakten von der Beklagten zu 1 übernahm.

Mit seiner Klage wendet sich der Kläger gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses. Zugleich möchte er den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses zur Beklagten zu 2 festgestellt wissen und von dieser weiter beschäftigt werden. Hilfsweise nimmt er die Beklagte zu 1 auf Zahlung eines Nachteilsausgleichs in Höhe von erstinstanzlich 83.385,75 € in Anspruch.

Das Arbeitsgericht Berlin hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Kündigung vom 26. Mai 2003 sei aufgrund der beabsichtigt gewesenen Stilllegung des Betriebs der Beklagten zu 1, die zum Kündigungszeitpunkt auch schon greifbare Formen angenommen habe, betriebsbedingt gewesen. Dass die Aufgaben der Beklagten zu 1 seit dem 01. Januar 2004 vom BARoV erledigt würden, habe weder zu einem Betriebs- noch zu einem Betriebsteilübergang geführt. Die Wirksamkeit der Kündigung scheitere nicht an § 17 KSchG, weil die Beklagte zu 1 ausweislich des Bescheids der Bundesanstalt für A. ihren Pflichten nach diesem Gesetz nachgekommen sei, und die Massenentlassungsrichtlinie auf die Beklagte zu 1 als einen privaten Arbeitgeber keine unmittelbare Anwendung finde und diese auch Vertrauensschutz vor einer rückwirkenden Änderung der Gesetzesauslegung genieße.

Ein Arbeitsverhältnis zur Beklagten zu 2 habe sich auch nicht aufgrund unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung oder wegen Gesetzesumgehung der Aufgabenübertragung auf die Beklagte zu 1 ergeben.

Schließlich könne der Kläger auch keinen Nachteilsausgleich verlangen. Zwar habe die Beklagte zu 1 gegen ihre Pflicht verstoßen, mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich zu versuchen. Auf dem mit Rücksicht auf das Alter des Klägers auf ein halbes Monatseinkommen pro Beschäftigungsjahr zu beschränkenden Ausgleichsanspruch sei jedoch die darüber hinausgehende Sozialplanabfindung des Klägers anzurechnen.

Gegen dieses ihm am 16. Juni 2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 14. Juli 2004 eingelegte und am 16. September 2004 nach entsprechender Verlängerung der Begründungsfrist begründete Berufung des Klägers. Er rügt Verletzung der richterlichen Hinweispflicht und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen zu einer Arbeitnehmerüberlassung durch die Beklagte zu 1 an die Beklagte zu 2, sieht zumindest einen Gestaltungsmissbrauch bzw. ein Umgehungsgeschäft und meint, dass sein Arbeitsverhältnis jedenfalls aufgrund (Teil-)Betriebsübergangs auf die Beklagte zu 2 übergegangen sei. Mit Rücksicht auf eine neuere Entscheidung des EuGH zur Auslegung des Begriffs Entlassung im Sinne von Kündigung sei die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses als unwirksam anzusehen.

Seinen Hilfsantrag auf Zahlung eines Nachteilsausgleichs hat der Kläger auf 12 Monatseinkommen reduziert, wobei er die Beschränkung auf ein halbes Monatseinkommen pro Beschäftigungsjahr für verfehlt erachtet, weil keine Rede davon sein könne, dass er mit seinerzeit 42 Jahren "noch recht jung" gewesen sei. Wie seine jahrelangen vergeblichen Bemühungen zeigten, habe er keine reale Chance mehr, eine auch nur annähernd gleichwertige neue Anstellung zu finden.

Der Kläger beantragt

1. festzustellen, dass die von der Beklagten zu 1 gegenüber ihm mit Schreiben vom 26. Mai 2003 ausgesprochene Kündigung unwirksam sei und sein Arbeitsverhältnis hierdurch nicht beendet werde,

2. festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 2 bestehe, und diese zu verurteilen, ihn über den 31. Dezember 2003 hinaus zu unveränderten Bedingungen weiter zu beschäftigen,

hilfsweise,

die Beklagte zu 1 zu verurteilen, an ihn einen Nachteilsausgleich in Höhe von 80.684,40 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. Januar 2004 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie treten den Angriffen der Berufung im Einzelnen entgegen, wobei die Beklagte zu 2 die Berufung aufgrund unzutreffender Angaben zum Sitz des OFP der OFD Berlin bereits für unzulässig hält.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Die Beklagten haben zu einem zwei Tage vor dem zweiten Verhandlungstermin vom Kläger eingereichten Schriftsatz innerhalb der dafür eingeräumten Frist schriftsätzlich Stellung genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die fristgemäß eingelegte und innerhalb der verlängerten Begründungsfrist ordnungsgemäß begründete Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig.

1.1 Dass der Kläger in der Berufungsschrift für den OFP der OFD Berlin als gesetzlichen Vertreter der Beklagten zu 2 die Adresse einer Dienststelle des Bundesministeriums der F. in B. aus dem erstinstanzlichen Urteil übernommen hat, war unschädlich, nachdem der Kläger bereits mit Schriftsatz vom 29. August 2003 in einer den Anforderungen der §§ 130 Nr. 1, 253 Abs. 4 ZPO genügenden Weise klargestellt hatte, dass die Beklagte zu 2 "durch die O. Berlin, diese vertreten durch den O.präsidenten", vertreten werde, wie es § 8 Abs. 1 Satz 1 FinVerwG i.d.F.v. 30.08.1971 (BGBl. I S. 1426) entspricht. Damit bestand entgegen der Ansicht der Beklagten zu 2 keine Perplexität hinsichtlich ihrer gesetzlichen Vertretung, soweit es um ihre Inanspruchnahme wegen unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung oder Gestaltungsmissbrauchs ging.

1.2 Soweit der Kläger die Beklagte zu 2 auf Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses aufgrund Betriebsübergangs in Anspruch genommen, ist deren gesetzlicher Vertreter in Person des Präsidenten des BARoV zweitinstanzlich am Rechtsstreit beteiligt worden. Dieser hat die vorangegangene Prozessführung genehmigt, indem er die bisherigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 2 ebenfalls mandatiert hat, was genügte (vgl. § 579 Nr. 4 ZPO).

2. Die Berufung ist nur hinsichtlich des Hilfsantrags begründet.

2.1 Das Arbeitsverhältnis des Klägers zur Beklagten zu 1 ist durch deren ordentliche Kündigung vom 26. Mai 2003 fristgemäß zum 31. Dezember 2003 aufgelöst worden.

2.1.1 Die Kündigung war nicht gemäß § 1 Abs. 1 KSchG mangels sozialer Rechtfertigung unwirksam. Vielmehr lagen dringende betriebliche Erfordernisse vor, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers im Betrieb der Beklagten zu 1 entgegenstanden (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Alt. 3 KSchG).

2.1.1.1 Dringende betriebliche Erfordernisse können sich aus einer unternehmerischen Entscheidung ergeben, den Betrieb stillzulegen. Erforderlich ist der ernstliche und endgültige Entschluss des Betriebsinhabers, die Betriebs- und Produktionsgemeinschaft mit den Arbeitnehmern für einen seiner Dauer nach unbestimmten, wirtschaftlich nicht unerheblichen Zeitraum aufzuheben. Dabei kann die Kündigung bereits vor der Stilllegung ausgesprochen werden, wenn die dahingehende unternehmerische Entscheidung bereits greifbare Formen angenommen hat und eine vernünftige betriebswirtschaftliche Prognose gestellt werden kann, dass der Arbeitnehmer bei Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr benötigt wird (BAG, Urteil vom 18.01.2001 - 2 AZR 514/99 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 115 zu 2 der Gründe). Hat der Arbeitgeber dagegen vor, seinen Betrieb auf einen Erwerber zu übertragen, mangelt es an einer Stilllegungsabsicht (BAG, Urteil vom 16.05.2002 - 8 AZR 319/01 - AP BGB § 613a Nr. 237 zu B III 1 b, bb (2) der Gründe).

2.1.1.2 Auch nach Darstellung des Klägers konnte nicht davon ausgegangen werden, dass bereits bei Ausspruch der Kündigung ein Betriebs(teil)übergang geplant gewesen war. Vielmehr hatte der OFP der OFD Berlin das Vertragsverhältnis zur Beklagten zu 1 mit Schreiben vom 28. März 2003 gekündigt und war diese durch ein Schreiben des BMF als Vertreter der Beklagten zu 2, die sämtliche Gesellschaftsanteile hielt, angewiesen worden, ihre Liquidation zum 31. Dezember 2003 zu betreiben und alle Arbeitsverhältnisses zu beenden, was diese dann auch getan hat. Damit hatte die beabsichtigte Betriebsstilllegung greifbare Formen angenommen und lagen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Betrieb als organisatorische Einheit oder zumindest Teile davon unter Identitätswahrung auf einen anderen Inhaber übertragen werden sollten. Dass die noch nicht abgeschlossenen Vorgänge weiter zu bearbeiten waren, stand dem nicht entgegen, weil dies auch durch andere bereits vorhandene Einrichtungen der Beklagten zu 2 im Wege bloßer Funktionsnachfolger hatte geschehen können. Genau dies war im Schreiben des BMF vom 24. Juli 2003 (Ablichtung Bl. 198 f d.A.) zum Ausdruck gelangt, wo davon die Rede war, dass für die Erledigung der verbliebenen Aufgaben an drei Standorten in voraussichtlich Ch., C.und R. qualifiziertes Personal des Bundes aus der Bundesvermögensverwaltung zur Verfügung stehe, das schon bisher langjährig in der Vermögenszuordnung eingesetzt gewesen sei und über Erfahrungen auf diesem Gebiet verfüge.

2.1.2 Die Kündigung war schon deshalb nicht gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 KSchG wegen Verletzung der Anzeigepflicht aus § 17 Abs. 1 KSchG unwirksam, weil diese Vorschriften auf den Betrieb der Beklagten zu 1 keine Anwendung fanden.

2.1.2.1 Gemäß § 23 Abs. 2 Satz 1 KSchG gelten die Vorschriften des Dritten Abschnitts, der mit § 17 beginnt, für Betriebe und Verwaltungen des privaten Rechts sowie für Betriebe die von einer öffentlichen Verwaltung geführt werden, soweit sie wirtschaftliche Zwecke verfolgen. Von einer öffentlichen Verwaltung geführt wird ein Betrieb auch, wenn sein Träger eine juristische Person des Privatrechts ist, deren Anteile von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts gehalten werden (vgl. KR/Weigand, 7.Aufl., 2004, § 23 KSchG R 71). Ein wirtschaftlicher Zweck wird verfolgt, wenn der Betrieb wirtschaftlichen Bedürfnissen zu dienen bestimmt ist, mag auch im Einzelfall kein Gewinn erzielt werden (BAG, Urteil vom 21.05.1970 - 2 AZR 294/69 - BAGE 22, 336 = AP KSchG § 15 Nr. 11 zu I 3 c der Gründe).

2.1.2.2 Der Ausschluss von Betrieben der öffentlichen Verwaltung, die keine wirtschaftlichen Zwecke verfolgen, ist von Art. 1 Abs. 2 lit. b RiL 98/59/EG gedeckt, wonach die sog. Massenentlassungsrichtlinie keine Anwendung findet auf Arbeitnehmer öffentlicher Verwaltungen oder von Einrichtungen des öffentlichen Rechts (oder in Mitgliedsstaaten, die diesen Begriff nicht kennen, von gleichwertigen Stellen). Dabei sind unter öffentlicher Verwaltung solche Stellen zu verstehen, die eine unmittelbare oder mittelbare Teilnahme an der Ausübung hoheitlicher Befugnisse und an der Wahrnehmung solcher Aufgaben mit sich bringen, die auf die Wahrung der allgemeinen Belange des Staates oder anderer öffentlicher Körperschaften gerichtet sind (EuGH, Urteil vom 02.07.1996 - Rs. C-473/93 - AP EWG-Vertrag Art. 48 Nr. 23 zu 2 der Gründe). Keine Einrichtung des öffentlichen Rechts ist eine Einrichtung, die in einem wettbewerblich geprägten Umfeld tätig wird, mag sie auch selbst keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgen (EuGH, Urteil vom 10.05.2001 - Rs. C - 223/99 u. C 260/99 - EuGH I 2001, 3605 zu 40 und 42 der Gründe). Obschon diese Entscheidungen mit Art. 48 Abs. 4 EWG-Vertrag und Art. 1 lit. b UAbs. 2 RiL 92/50/EWG zwei andere Normen des Europarechts zum Gegenstand hatten, war nicht ersichtlich, weshalb Art. 1 Abs. 2 lit. b RiL 9859 EG in einem anderen Sinne zu verstehen sein sollte.

2.1.2.3 Mit dem Betrieb der Beklagten zu 1 wurde von der Beklagten zu 2 als deren staatlicher Alleingesellschafterin kein wirtschaftlicher Zweck verfolgt. Vielmehr war Gegenstand des Unternehmens laut Gesellschaftsvertrag "die Erledigung von Aufgaben in Verwaltungsverfahren zugunsten von Behörden, die auf Grundlage des Vermögenszuordnungsrechts tätig sind. Die Gesellschaft wird insoweit als Verwaltungshelfer tätig und ist zur Erbringung von hoheitlichen Tätigkeiten nicht berechtigt." Eine entsprechende Übertragung dieser Unterstützungsleistung erfolgte durch den Rahmenvertrag der Beklagten zu 1 zunächst mit dem Präsidenten der BvS und später mit dem OFP der OFD Berlin aufgrund § 1 ZOZÜV vom 14.05.1999 (BGBl. I S. 1098) als jeweiligem Vertreter der Beklagten zu 2. Daneben wurde der Kläger durch Ermächtigung vom 08. Oktober 2002 (Ablichtung Bl. 115 d.A.) ebenso wie einige seiner Kollegen u.a. mit dem Erlass von Bescheiden nach dem Vermögenszuordnungsrecht betraut. Auch wenn dem für die Betroffenen erhebliche wirtschaftliche Bedeutung zukam, verfolgte die Beklagte zu 1 damit doch keine wirtschaftlichen Zwecke, sondern wirkte bei der Erledigung einer staatlichen Aufgabe mit.

2.2. Das Arbeitsverhältnis des Klägers zur Beklagten zu 1 konnte schon deshalb nicht gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB infolge Betriebs(teil)übergangs auf die Beklagte zu 2 übergegangen sein, weil es zum 31. Dezember 2003 durch die Kündigung vom 26. Mai 2003 aufgelöst worden ist. Dem Kläger stand aber auch kein Anspruch auf Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses gegen die Beklagte zu 2 als einer Betriebserwerberin zu, den er mit seinem bereits vor Ablauf der Kündigungsfrist anhängig gemachten Beschäftigungsantrag allerdings rechtzeitig konkludent geltend gemacht hätte (dazu BAG, Urteil vom 12.11.1998 - 8 AZR 265/97 - BAGE 90, 153 = AP KSchG 1969 § 1 Wiedereinstellung Nr. 5 zu B III 1 der Gründe).

2.2.1 Gibt der Arbeitgeber nach Ausspruch einer wirksamen Kündigung seine Absicht auf, den Betrieb stillzulegen, um diesen stattdessen mit Ablauf der Kündigungsfrist auf einen Erwerber zu übertragen, so kann der Arbeitnehmer von diesem seine Wiedereinstellung verlangen (BAG, Urteil vom 13.11.1997 - 8 AZR 295/95 = BAGE 87, 115 = AP BGB § 613a BGB Nr. 169 zu II 3 c der Gründe), sofern dem nicht berechtigte Interessen des Erwerbers entgegen stehen (vgl. BAG, Urteil vom 28.06.2000 - 7 AZR 904/98 - BAGE 95, 171 = AP BGB § 613a Nr. 6 zu II B 3 c der Gründe).

2.2.2 Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Betrieb der Beklagten zu 1 oder zumindest der Teil, in welchem der Kläger beschäftigt war, auf die Beklagte zu 2 durch Rechtsgeschäft übergegangen ist.

2.2.2.1 Ein Betriebsübergang i.S.d. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB liegt vor, wenn eine wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität von einem neuen Rechtsträger fortgeführt wird (BAG, Urteil vom 11.12.1997 - 8 AZR 426/94 - BAGE 87, 296 = AP BGB § 613a Nr. 171 zu B I der Gründe im Anschluss an EuGH, Urteil vom 11.03. 1997 - Rs. C-13/95 - AP EWG-Richtlinie Nr. 77/187 Nr. 14 zu 10 der Gründe). Auch öffentlich-rechtlich organisierte Einheiten zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben können übergangsfähige Betriebe darstellen. Dabei kommt allerdings der vorhandenen Organisation große Bedeutung zu. Die Wahrung der Identität einer Verwaltung ist bei Fortführung der Aufgaben innerhalb einer gänzlich andersartigen Arbeitsorganisation der übernehmenden Verwaltung nicht denkbar. In einem solchen Fall würden lediglich Aufgaben im Sinne einer bloßen Tätigkeit übertragen (BAG, Urteil vom 26.06.1997 - 8 AZR 426/95 - BAGE 86, 148 = AP BGB § 613a Nr. 165 zu I 3 a der Gründe).

2.2.2.2 Die von der Beklagten zu 1 unterhaltene organisatorische Einheit ist als solche zum 31. Dezember 2003 vollständig aufgelöst worden. Die Aufgaben nach dem Vermögenszuordnungsgesetz (VZOG) werden seitdem von der Beklagten zu 2 durch das BARoV im Rahmen dessen bereits vorhanden gewesener Organisation an verschiedenen Standorten wahrgenommen. Angesichts dessen genügte es nicht, dass das BARoV sämtliche Akten und nach Darstellung des Klägers auch das Mobiliar und die Datenbanken der Beklagten zu 1 übernommen hat. Hinzu kam, dass der arbeitstechnische Zweck der Beklagten zu 1 in der Erbringung von Dienstleistungen bestand, bei denen es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft und das sog. Know-how der Arbeitnehmer ankommt. In einem solchen Fall genügt die Übernahme unverzichtbarer Betriebsmittel nicht (vgl. EuGH, Urteil vom 20.11.2003 - Rs. C-340/01 - AP EWG-Richtlinie Nr. 77/187 Nr. 134 zu 36 der Gründe). Vielmehr müsste der Nachfolger auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernehmen (EuGH, Urteil vom 11.03.1997 - Rs. C-13/95 - AP EWG-Richtlinie Nr. 77/187 Nr. 14 zu 21 der Gründe; BAG, Urteil vom 22.07.2004 - 8 AZR 350/03 - AP BGB § 613a Nr. 274 zu B II 1 der Gründe). Dass dies vorliegend der Fall war, hat der Kläger aber nicht behauptet. Vielmehr soll es nach seiner Darstellung im zweiten Quartal 2004 zur Ausschreibung von 75 neuen Planstellen beim BARoV gekommen sein.

2.2.2.3 Soweit der Kläger zuletzt tatsächlich in der Gruppe Grundsätze/Recht/Prozesse (GRP), dem sog. Justitiariat, und nicht, wie von der Beklagten zu 1 behauptet, in der Gruppe "Th." eingesetzt gewesen sein sollte, wäre auch insoweit nicht von einem Betriebsteilübergang auszugehen gewesen.

2.2.2.3.1 Es war bereits nicht erkennbar, dass es sich bei der Gruppe GRP überhaupt um eine hinreichend verselbständigte Teileinheit handelte. Insoweit hat das Arbeitsgericht Berlin in einem von der Beklagten zu 2 herangezogenen Urteil vom 29.04.2004 - 63 Ca 16127/03 - (Ablichtung Bl. 307 - 325 d.A.) darauf hingewiesen, dass die Gruppe GRP nicht nur für die Prozessführung zuständig war, sondern auch als Anlaufstelle für die Mitarbeiter anderer Gruppen bei Grundsatz- und Rechtsfragen diente und damit nicht ausschließlich einen von der übrigen Organisation abtrennbaren Zweck verfolgte (S 13).

2.2.2.3.2 Jedenfalls hätte die Gruppe GRP mit der Aufgabenübernahme durch das BARoV aus den unter 2.2.2. genannten Gründen ebenfalls ihre Identität verloren. Dabei hat sich auch die Behauptung des Klägers, vier von sechs Mitarbeitern dieser Gruppe seien übernommen worden, als unzutreffend erwiesen. Vielmehr haben die von ihm benannten Mitarbeiter ebenfalls Kündigungen erhalten, wobei einer der darüber geführten Rechtsstreite durch klagabweisendes Urteil beendet worden ist, während in den drei anderen Fällen die Akten wegen Nichtbetreibens weggelegt worden sind.

2.3 Der Kläger kann von der Beklagten zu 2 auch nicht aufgrund eines bereits früher schon infolge unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung begründeten Arbeitsverhältnisses Beschäftigung verlangen.

2.3.1 Für die Zeit vor Übergang des Arbeitsverhältnisses des Klägers auf die Beklagte zu 1 per 01. Januar 1999 lag keinesfalls Arbeitnehmerüberlassung vor, weil der Kläger bis dahin als Beschäftigter der THA/BvS dieser juristischen Person des öffentlichen Rechts durch § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VZOG zugewiesene Aufgaben innerhalb deren Behörde zu erfüllen hatte (LAG Berlin, Urteil vom 05.08.2004 - 16 Sa 585/04 - zu 2.2.2.1 der Gründe).

2.3.2 Eine etwa für die Zeit ab 01. Januar 1999 gemäß Art. 1 § 1 Abs. 2 AÜG zu vermutende Arbeitsvermittlung durch die Beklagte zu 1 zunächst für die BvS und ab 01. Juli 1999 für die Beklagte zu 2, vertreten durch den OFP der OFD Berlin, konnte nach ersatzloser Streichung des Art. 1 § 13 AÜG mit Wirkung vom 01. April 1997 kein Arbeitsverhältnis zur Beklagten zu 2 begründet haben (vgl. dazu BAG, Urteil vom 28.06.2000 - 7 AZR 100/99 - BAGE 95, 165 = AP AÜG § 13 Nr. 3 zu III der Gründe).

2.3.3 Ein Arbeitsverhältnis zur Beklagten zu 2 ist auch nicht gemäß Art. 1 §§ 1 Abs. 1 Satz 1, 9 Nr. 1, 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG begründet worden. Nach diesen Vorschriften gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer als zustande gekommen, wenn der Vertrag zwischen Verleiher und Entleiher deshalb unwirksam ist, weil dem Verleiher die für eine gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung erforderliche Erlaubnis fehlt.

2.3.3.1 Arbeitnehmerüberlassung i.S.d. AÜG setzt eine Vereinbarung zwischen Vertragsarbeitgeber und Drittem voraus, wonach der Arbeitnehmer aufgrund der damit eingegangenen Verpflichtung seines Arbeitgebers bei dem Dritten zur Förderung von dessen Betriebszwecken tätig wird (BAG, Urteil vom 03.12.1997 - 7 AZR 764/96 - BAGE 87, 186 = AP AÜG § 1 Nr. 24 zu I 1 der Gründe). Vorliegend stellte die Erledigung der aufgrund Rahmenvertrags der beiden Beklagten auf die Beklagte zu 1 übertragenen Aufgaben jedoch gerade deren eigenen Betriebszweck dar, was der Kläger verkannt hat.

2.3.3.1.1 Wenn der Kläger im Rahmen dieser Aufgabenerledigung nach außen im Namen des OFP der OFD Berlin auftrat, ließ dies keinen Rückschluss auf eine Arbeitnehmerüberlassung zu. Dies galt auch, soweit der Kläger vom OFP eine Ermächtigung zur Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben nach dem VZOG und eine Prozessvollmacht zur Vertretung der Beklagten zu 2 vor dem VG Berlin und dem BVerwG erhalten hat und er deshalb eine Verpflichtungserklärung gemäß § 1 des Gesetzes über die förmliche Verpflichtung nicht beamteter Personen vom 02.03.1994 (BGBl. I S. 547) hat abgeben müssen. Dass sein unmittelbarer Dienstvorgesetzter Ministerialrat beim BMF war, gab ebenfalls nichts her, weil dessen Beamtenverhältnis während seiner Bestellung zum Geschäftsführer der Beklagten zu 1 geruht hatte.

2.3.3.1.2 Soweit der Kläger pauschal behauptet hat, voll in die Arbeitsorganisation der Beklagten zu 2 eingebunden gewesen zu sein, war dies unergiebig, weil über eine solche Eingliederung hinaus der Inhaber des Betriebs die typischen Entscheidungen über den Arbeitseinsatz der Mitarbeiter seines Auftragnehmers auch nach Zeit und Ort zu treffen haben müsste (vgl. BAG, Beschluss vom 05.03.1991 - 1 ABR 39/90 - BAGE 67, 290 = AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 90 zu B I der Gründe). Dabei ist es sogar unschädlich, wenn der Vertragsarbeitgeber notwendige Einzelweisungen an seine Arbeitnehmer nicht selbst erteilt, sondern dem Auftraggeber deren unmittelbare Erteilung gestattet (BAG, a.a.O., zu B II 4 der Gründe). Worin eine über fachspezifische Vorgaben hinausgehende Wahrnehmung arbeitsrechtlicher Weisungsbefugnis durch den OFP bestanden haben soll, hat der Kläger nicht dargelegt, selbst wenn es aber im Einzelfall zur Erteilung solcher Weisungen am Geschäftsführer der Beklagten zu 1 vorbei gekommen sein sollte, wäre noch immer nicht erkennbar gewesen, dass es sich dabei um eine durchgängige Vertragspraxis handelte, die Vorrang gegenüber den Regelungen im Rahmenvertrag gehabt hätte (vgl. BAG, Urteil vom 07.08.2003 - 7 AZR 180/03 - AP AÜG § 9 Nr. 6 zu II 2 b der Gründe).

2.3.3.1.3 Unergiebig war auch das Fehlen einer eigenen Personalabteilung bei der Beklagten zu 1. Abgesehen davon, dass die Beklagte zu 1 im ersten Verhandlungstermin der Berufungsinstanz darauf hingewiesen hat, dass die Personalakten ihrer Arbeitnehmer von einer namentlich benannten Mitarbeiterin geführt worden seien, ließe das Fehlen einer eigenen Personalabteilung nicht darauf schließen, dass der Geschäftsführer der Beklagten zu 1 auch von seinen Weisungsbefugnissen als Arbeitgeber keinen Gebrauch gemacht hätte.

2.3.3.1.4 Für die rechtliche Beurteilung unergiebig waren auch das am Sitz der Beklagten zu 1 angebrachte Behördenschild (Ablichtung Bl. 126 d.A.) und die Visitenkarte des Klägers (Ablichtung Bl. 117 d.A.), auf der zudem die Beklagte zu 1 in der Fußzeile ausgewiesen war. Auch der "Organisationsplan der OFD Berlin" (Ablichtung Bl. 118 - 120 d.A.) und die "Organisationsübersicht der OFD Berlin und der ihr nach geordneten Dienststellen" (Ablichtung Bl. 121 d.A.) besagten nichts über die rechtliche Ausgestaltung der Beziehung zu den Beschäftigten der dort aufgeführten Beklagten zu 1.

2.3.3.1.5 Weiterhin vermochte der Kläger auch aus einem Schreiben des Bundesministeriums der J. (BMJ) an das BMF vom 27. März 1998 nichts für seinen Standpunkt herzuleiten. Soweit in dem von ihm mit Schriftsatz vom 20.10.2003 auf S.11 (Bl. 101 f d.A.) zitierten Passus von dem Modell "Arbeitnehmerüberlassung" die Rede war, fiel schon auf, dass dieser Begriff in Anführungsstriche gesetzt war, was auf einen untechnischen Gebrauch hindeutete. Wie aus dem Antwortschreiben des BMF vom 22. Mai 1998 (Ablichtung Bl. 194 f d.A.) ersichtlich, wurde dort als federführender Stelle auch gerade Wert darauf gelegt, es nicht zu einer Arbeitnehmerüberlassung im technischen Sinne kommen zu lassen. Dies ist auch in dem Entwurf eines Aktenvermerks des Leitungsausschusses (Ablichtung Bl. 128 - 192 d.A.), einer nach Angabe des Klägers vom BMF eingesetzten Expertenkommission, auf S. 20 f zum Ausdruck gelangt. Wenn man sich sonach im Bewusstsein der arbeitsrechtlichen Risiken gleichwohl zur Aufgabenübertragung auf die Beklagte zu 1 entschloss, sprach dies gerade dafür, dass darauf geachtet wurde, die Vorraussetzungen für eine zulässige Tatbestandsvermeidung zu schaffen.

2.3.3.1.6 Der Annahme einer Arbeitnehmerüberlassung durch die Beklagte zu 1 an die Beklagte zu 2 stand schließlich noch entgegen, dass der Geschäftsführer der Beklagten zu 1 als gesetzlicher Vertreter des Vertragsarbeitgebers des Klägers in denselben Räumlichkeiten wie dieser seine Funktion erfüllte und dementsprechend vom Kläger als sein unmittelbarer Vorgesetzter bezeichnet worden ist. Soweit der Kläger und seine Kollegen daneben auch arbeitsrechtliche Weisungen von Vertretern der Beklagten zu 2 zu befolgen gehabt haben sollten, hätte ein einheitlicher Leitungsapparat zur gemeinsamen Verfolgung des arbeitstechnischen Zwecks dieser organisatorischen Einheit vorgelegen. Bei einem Gemeinschaftsbetrieb fehlt es aber am Erfordernis für eine Arbeitnehmerüberlassung, dass der Arbeitnehmer vollständig in einen Betrieb des Entleihers eingegliedert wird (BAG, Urteil vom 03.12.1997 - 7 AZR 764/96 - BAGE 87, 186 = AP AÜG § 1 Nr. 24 zu I 2 b der Gründe).

2.3.3.2 Es lag zudem keine Gewerbsmäßigkeit auf Seiten der Beklagten zu 1 vor. Gewerbsmäßig ist jede auf eine gewisse Dauer angelegte und auf die Erzielung unmittelbarer oder mittelbarer wirtschaftlicher Vorteile gerichtete selbstständige Tätigkeit (BAG, Urteil vom 08.11.1978 - 5 AZR 261/77 - BAGE 31, 135 = AP AÜG § 1 Nr. 2 zu II 2 a der Gründe). An einer Gewinnerzielungsabsicht fehlt es, wenn der Verleiher sich nur seine Personalkosten erstatten lassen will (Kokemoor NZA 2000, 1077, 1080 f), wie dies bei der Beklagten zu 1 der Fall war.

2.4 Der Kläger vermochte auch aus einem Missbrauch der Gestaltungsform nichts für sich herzuleiten.

2.4.1 Darin, dass die Beklagte zu 2 die Übertragung eines Teils der Aufgaben der BvS auf die Beklagte zu 1 veranlasst und vorsorglich erst in zeitlichem Abstand dazu die Zuständigkeit des OFP der OFD Berlin begründet hat, war entgegen der Ansicht des Klägers kein solcher Missbrauch oder der Versuch einer Umgehung des Kündigungsschutzgesetzes zu sehen. Denn die sonstigen Aufgaben der BvS waren offensichtlich in wesentlich weitergehendem Umfang erledigt als die Vermögenszuordnung/Kommunalisierung, weshalb die BvS ihre letzte Dienststelle bereits zum 31. Dezember 2000 geschlossen hat. Auch wenn es nicht per 01. Januar 1999 zu einem Betriebsteilübergang auf die Beklagte zu 1 gekommen wäre, hätte sich mithin die kündigungsschutzrechtliche Stellung des Klägers nicht günstiger, sondern im Hinblick auf eine ggf. durchzuführende Sozialauswahl im Rahmen betriebsbedingter Kündigungen sogar eher schlechter dargestellt. Zudem hätte der Kläger einem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte zu 1 widersprechen können, während er den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses zur Beklagten zu 1 sogar gerichtlich hat feststellen lassen.

2.4.2 Der vom Kläger noch herangezogenen Vorschrift des Art. 33 Abs. 4 GG, wonach die Ausübung hoheitlicher Aufgaben auf Angehörige des öffentlichen Dienstes zu übertragen ist, kommt kein dem institutionellen Gewährleistungsgehalt korrespondierender subjektiv-rechtlicher Gehalt zu (Dreyer/Lübbe-Wolff, GG, 1998, Art. 33 R 54). Damit scheidet auch bei Wahrnehmung hoheitlicher Befugnisse ein - ohnehin vor den Gerichten für Verwaltungssachen zu verfolgender - Anspruch auf Übernahme in das Beamtenverhältnis aus (Maunz/Dürig, GG, 8. Lfg, März 1966, Art. 33 R 40).

2.5 Der Kläger hat gegen die Beklagte zu 1 einen Anspruch auf Nachteilsausgleich gemäß § 113 Abs. 2 BetrVG in Höhe von 80.684,40 € nebst Rechtshängigkeitszinsen.

2.5.1 Die Beklagte zu 1 hat mit Ausspruch der Kündigungen ihre geplante Betriebsänderung in Form der Stilllegung des ganzen Betriebs mit weit mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern (§ 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG) durchgeführt, ohne darüber mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich versucht zu haben, mit der Folge, dass der Kläger entlassen worden ist. Ein solcher Versuch war auch nicht ausnahmsweise entbehrlich gewesen. Dies ist etwa der Fall, wenn unter besonderen Umständen Verhandlungen über einen Interessenausgleich nichts anderes als eine leere Förmelei wären und den betroffenen Arbeitnehmern nur Nachteile brächten (BAG, Urteil vom 23.01.1979 - 1 AZR 64/76 - AP BetrVG 1972 § 113 Nr. 4). Dass die Stilllegung des Betriebs unausweichliche Folge einer wirtschaftlichen Zwangslage ist und es zu ihr keine sinnvolle Alternative gibt, genügt dafür nicht (BAG, Urteil vom 22.07.2003 - 1 AZR 541/02 - = AP BetrVG 1972 § 113 Nr. 42 zu B I 2 a der Gründe). Auch wenn wie im vorliegenden Fall die Gesellschafter einer GmbH den Entschluss zur Betriebsstilllegung gefasst haben, ist der Geschäftsführer weder tatsächlich noch rechtlich gehindert, sich aus Verhandlungen mit dem Betriebsrat ergebende Alternativen an die Gesellschafter weiterzuleiten, um eine Änderung der Pläne zu erreichen (BAGE, Urteil vom 30.03.2004 - 1 AZR 7/03 - AP BetrVG 1972 § 113 Nr. 47 zu I 2 der Gründe). Denkbar wäre insoweit gewesen, den Betrieb der Beklagten zu 1 nicht vollständig stillzulegen, sondern zumindest teilweise auf andere Träger übergehen zu lassen.

2.5.2 Die entsprechende Anwendung von § 113 Abs. 1 BetrVG mit dessen Verweisung auf § 10 KSchG bedeutete, dass für den seinerzeit 42-jährigen Kläger als Nachteilsausgleich ein Betrag bis zu zwölf Monatsverdiensten festzusetzen war. Diesen Rahmen auszuschöpfen, hat die Kammer für angemessen erachtet.

Dafür war maßgebend, dass die Beklagte zu 1 den Betriebsrat nur allgemein über die Entwicklung unterrichtet und Verhandlungen über einen Interessenausgleich offenbar von vornherein für entbehrlich erachtet hatte. Zudem hat sich gezeigt, dass der Kläger weder während der Kündigungsfrist noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eine gleichwertige Stelle hat finden können. Schließlich war zu berücksichtigen, dass der Kläger bereits aufgrund des Sozialplans vom 02. Oktober 2003 eine Abfindung in Höhe von 74.988,-- € zu erwarten hat. Da nun ein Sozialplan regelmäßig das Interesse des Arbeitgebers an einer möglichst geringeren finanziellen Belastung berücksichtigt, verlöre ein dahinter zurückbleibender Nachteilsausgleich seinen Sanktionscharakter (vgl. GK-BetrVG/Fabricius/Oetker, 7. Aufl., 2002, § 113 R 68), weil der Arbeitnehmer nicht Sozialplanabfindung und Nachteilsausgleich zugleich verlangen kann (dazu BAG, Urteil vom 20.11.2001 - 1 AZR 97/01 - BAGE 99, 377 = AP BetrVG 1972 § 113 Nr. 39 zu II 1 b der Gründe).

2.5.3 Da die Beklagte zu 1 die Sozialplanabfindung mangels Fälligkeit noch nicht an den Kläger ausgezahlt hat, war nicht bloß die Differenz zum Nachteilsausgleich, sondern der volle Betrag auszuurteilen. Anzurechnen ist nur eine bereits gezahlte Sozialplanabfindung (vgl. BAG, Urteil vom 13.06.1989 - 1 AZR 819/87 - BAGE 62, 88 = AP BetrVG 1972 § 113 Nr. 19 zu B III 3 a der Gründe; Urteil vom 20.11.2001 - 1 AZR 97/01 - BAGE 99, 377 = AP BetrVG 1972 § 113 Nr. 39 zu II der Gründe). Die bloße Anspruchskonkurrenz vermag die Höhe des Anspruchs wie auch sonst, etwa bei Schadenersatz gemäß § 823 Abs. 1 BGB und Eingriffskondiktion gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB, nicht zu beeinflussen. Die Frage, ob mit Rücksicht auf das europarechtliche Effektivitätsgebot in Art. 6 RiL 98/59/EG eine Anrechnung ganz oder zumindest teilweise zu unterbleiben hat, was ggf. auch Anlass zu einer niedrigeren Dimensionierung des Nachteilsausgleichs gegeben hätte, stellte sich vorliegend nicht, weil diese Richtlinie, wie unter 2.1.2.2 ausgeführt, auf die Beklagte zu 1 keine Anwendung fand.

2.5.4 Die Zinsforderung ergab sich aus § 291 Satz 1 BGB, §§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1, 495 ZPO, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, weil der vorzeitig rechtshängig gemachte Anspruch auf Nachteilsausgleich mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 271 Abs. 1 BGB fällig geworden ist. Der Höhe nach konnten dem Kläger gemäß § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB lediglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zugesprochen werden. 8 Prozentpunkte gemäß § 288 Abs. 2 BGB kamen nicht in Betracht. Entweder war der Kläger Verbraucher i.S.d. § 13 BGB oder es war eine einschränkende richtlinienkonforme Beschränkung auf Rechtsgeschäfte im Geschäftsverkehr geboten (so LAG Berlin, Urteil vom 26.03.2004 - 8 Sa 262/04 - ZTR 2004, 379 zu II der Gründe).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Für die Ermittlung der Kostenquoten waren gemäß §§ 3 Hs. 1, 5 Hs. 1 ZPO neben dem bezifferten Antrag der Kündigungsschutzantrag und der wirtschaftlich nicht identische allgemeine Feststellungsantrag gemäß §§ 12 Abs. 7 Satz 1 Hs. 1 ArbGG mit je drei Monatseinkommen und der Beschäftigungsantrag mit einem weiteren Monatseinkommen in Ansatz zu bringen.

Die Zulassung der Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung entscheidungserheblicher Rechtsfragen geboten.

Ende der Entscheidung

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