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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin
Urteil verkündet am 09.06.2006
Aktenzeichen: 6 Sa 445/06
Rechtsgebiete: TzBfG, BGB


Vorschriften:

TzBfG § 9
BGB § 612a
§ 9 TzBfG zwingt den Arbeitgeber nicht, einen Arbeitsplatz mit einer vom Arbeitnehmer gewünschten längeren Arbeitszeit einzurichten und dazu vorhandene Arbeitsplätze entsprechend neu zuzuschneiden.
Landesarbeitsgericht Berlin Im Namen des Volkes Urteil

6 Sa 445/06

Verkündet am 09.06.2006

In dem Rechtsstreit

hat das Landesarbeitsgericht Berlin, 6. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 09.06.2006 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht C. als Vorsitzender sowie die ehrenamtlichen Richter B. und S.

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 18.01.2006 - 42 Ca 17666/05 - teilweise geändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 670,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.08.2005 zu zahlen.

3. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 88,78 % und die Beklagte zu 11,22 % zu tragen.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger steht seit dem 05. Januar 1996 in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten. Durch Arbeitsvertrag vom 01. November 2004 (Abl. Bl. 13 d.A.) wurde seine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 12,5 auf 20 Stunden angehoben. Zugleich verpflichtete sich der Kläger zur Leistung von Überstunden, wobei jedenfalls fünf Stunden als für ihn zumutbar gelten sollten. Außerdem wurde die (weitere) Anwendung der Tarifverträge für das Speditionsgewerbe in Berlin vereinbart. Zu dem sich daraus ergebenden Tariflohn von 8,88 € erhielt der Kläger eine anrechenbare übertarifliche Zulage in Höhe von 2,47 €.

Durch einen Vergütungstarifvertrag vom 25. April 2005 (Abl. Bl. 25-32 d.A.) wurde der Tariflohn des Klägers bis zum 30. September 2005 auf 8,88 € festgeschrieben. Zugleich sollten Arbeitnehmer, die am 01. bzw. 02. Mai 2005 in einem Beschäftigungsverhältnis standen, im Juli 2005 eine Sonderzahlung in Höhe von 180,-- € erhalten, Teilzeitbeschäftigte anteilig.

Mit Schreiben vom 08. Juni 2005 (Abl. Bl. 14 d.A.) bat der Kläger um eine Angleichung seines Arbeitsvertrags an die nach seiner Berechnung seit September 2003 bei über 30 Wochenstunden liegende Arbeitszeit. Daraufhin forderte der Center-Manager der Beklagten vom Kläger am 13. Juni 2005 unter Androhung von Konsequenzen die Rücknahme dieses Antrags. Ab Anfang Juli 2005 wurde der Kläger nur noch mit täglich vier Stunden im sog. Preload eingesetzt und sein weiterer Einsatz als Clerk Euro-Cash in der Zeit von 10.00 Uhr bis 13.00 Uhr abgelehnt.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger Feststellung einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden seit dem 01. Juli 2005, hilfsweise Verurteilung der Beklagten zu einer entsprechenden Vertragsanpassung, sowie Zahlung der Vergütungsdifferenz für die Zeit von Juli bis November 2005 und eine anteilige Einmalzahlung.

Das Arbeitsgericht Berlin hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es sei keine konkludente Vereinbarung über eine Anhebung der Arbeitszeit des Klägers zustande gekommen, weil der Kläger nicht ständig gleich bleibend mindestens 30 Stunden in der Woche, sondern teils mehr, teils weniger beschäftigt worden sei. Auch seien die über 20 Wochenstunden hinausgehenden Arbeitsstunden in den Abrechnungen als Überstunden ausgewiesen worden. Einer stillschweigenden Vertragsänderung stehe zudem das qualifizierte Schriftformerfordernis in § 12 des Arbeitsvertrags entgegen.

Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Zustimmung der Beklagten zur verlangten Arbeitszeiterhöhung. Auf eine Zusicherung des Supervisors und des vorgesetzten Disponenten komme es nicht an, weil diese zum Abschluss von Vertragsänderungen nicht befugt gewesen seien. Auch aus § 9 TzBfG habe sich weder zum 01. Juli 2005 noch zu einem späteren Zeitpunkt ein Verlängerungsanspruch ergeben, weil ein solcher eine entsprechende freie Stelle voraussetze, die einzurichten der Arbeitgeber nicht gezwungen werden könne. Es habe der Beklagten deshalb freigestanden, ab der 34. Kalenderwoche die Arbeit organisatorisch so umzugestalten, dass die Euro-Cash-Tätigkeit nunmehr parallel zum Preload in den frühen Morgenstunden durchgeführt werde. Auch habe die Beklagte die 20 Wochenstunden eines zum 01. Oktober 2005 freigewordenen Arbeitsplatzes auf zwei Kollegen des Klägers mit bislang zehn Stunden verteilen dürfen, um künftig drei Mitarbeiter rotierend mit Euro-Cash-Tätigkeit zu betrauen.

Verzugslohn stehe dem Kläger weder aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes noch wegen eines Verstoßes gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB zu, da für den Einsatz eines Kollegen des Klägers ab Juli 2005 zu dessen Einarbeitung ein zu beachtender Sachgrund vorgelegen habe. Im August 2005 habe der Kläger Urlaub gehabt. Danach sei die Tätigkeit im Euro-Cash parallel zum Preload durchgeführt worden.

Eine anteilige Einmalzahlung in Höhe von 94,74 € brutto könne der Kläger nicht verlangen, weil seine Zulage von 214,-- € im Juli 2005 darüber gelegen habe.

Gegen dieses ihm am 23. Februar 2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 08. März 2006 eingelegte und am 20. April 2006 begründete Berufung des Klägers. Er meint, für eine konkludente Vertragsänderung habe der Durchschnitt seiner Arbeitszeit in den letzten zwölf Monaten betrachtet werden müssen. Zu berücksichtigen sei auch, dass das zumutbare Maß an Überstunden auf maximal fünf Wochenstunden festgelegt worden sei. Auch müsse sich die Beklagte zurechnen lassen, dass der Supervisor und sein vorgesetzter Disponent ihm mehrfach zugesichert hätten, dass die faktisch geleistete Vertragsanpassung auf 30 Wochenstunden nunmehr auch vertraglich festgehalten würde. Die doppelte Schriftformklausel könne lediglich Ansprüche aus einer betrieblichen Übung ausschließen, anderenfalls sie nicht mehr mit den Vorschriften über die Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen in Einklang zu bringen wäre, sondern eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers darstellte.

Wie die von ihm geleisteten Überstunden zeigten, sei im Betrieb der Beklagten bereits ein Arbeitsplatz mit 30 Wochenstunden vorhanden gewesen. Darüber hinaus müsse der Arbeitgeber zur Erfüllung eines entsprechenden Wunsches des teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmers sogar Arbeitsplätze zusammenlegen, sofern ihm dies möglich sei. Als er seinen Antrag vom 08. Juni 2005 gestellt habe, sei die unternehmerische Entscheidung zur Einführung des sog. Rotationsprinzips noch keinesfalls gefallen gewesen. Dringende betriebliche Gründe, die seinem Wunsch hätten entgegenstehen können, hätten deshalb ebenfalls nicht vorgelegen.

Dass statt seiner ab 01. Juli 2005 ein Kollege als C. im Euro-Cash herangezogen worden sei, der diese Tätigkeit erst in einem Crash-Kurs habe erlernen müssen, sei eine willkürliche Maßnahme und zugleich eine Maßregelung für seinen Verlängerungswunsch gewesen. Dies um so mehr, weil - wie vom Kläger im Verhandlungstermin unwidersprochen vorgebracht - seine bisherige Kollegin im Juli 2005 im Urlaub gewesen sei, weshalb der neu angelernte Kollege ganz auf sich gestellt gewesen sei. Ab Oktober 2005 ergebe sich für ihn ein Schadensersatzanspruch daraus, dass die Beklagte anderen Mitarbeiter unter Verstoß gegen § 9 TzBfG die freien Kapazitäten übertragen habe.

Die anteile Einmalzahlung stehe ihm zu, weil ihn die getroffene Anrechnungsregelung im Arbeitsvertrag unangemessen benachteilige.

Der Kläger beantragt,

unter Änderung des angefochtenen Urteils

1. festzustellen, dass die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit im Arbeitsverhältnis der Parteien jedenfalls seit dem 01. Juli 2005 30 Stunden betrage,

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, einer Verlängerung seiner Wochenarbeitszeit von bislang 20 auf künftig 30 Stunden zuzustimmen und den Arbeitsvertrag vom 01. November 2004 ab dem 01. Juli 2005 entsprechend anzupassen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.996,30 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 695,26 € seit dem 16.08.2005 sowie aus jeweils weiteren 575,26 € seit dem 16.09., 16.10., 16.11.und 16.12.2005 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie tritt den Angriffen der Berufung im Einzelnen entgegen und verweist darauf, dass durch die gleichzeitige Verlagerung der sog. Nachbearbeitung auf die Zentrale seit Einführung des Rotationsprinzips keine Überstunden mehr im Einsatzbereich des Klägers angefallen seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die Berufung ist nur in geringem Umfang begründet.

1.1 Wie das Arbeitsgericht zutreffend dargelegt hat, ist es zu keiner konkludenten Änderung der arbeitsvertraglichen Regelung über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit des Klägers von 20 Stunden gekommen (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Ergänzend ist lediglich darauf hinzuweisen, dass gegen eine konkludente Änderung die gerade erst am 01. November 2004 ausdrücklich getroffene Vereinbarung einer Arbeitszeitverlängerung von bisher zwölfeinhalb auf nunmehr (nur) 20 Wochenstunden sprach. Indem sich der Kläger zudem noch zur Leistung von Überstunden im Umfang von fünf Wochenstunden verpflichtet hat, hätte einer weitergehenden Vertragspraxis ohnehin allenfalls eine konkludente Vereinbarung über die Anhebung der regelmäßigen Arbeitszeit auf 25 Wochenstunden entnommen werden können.

Wie das Bundesarbeitsgericht in dem vom Kläger herangezogenen Urteil vom 09.07.2003 - 10 AZR 564/02 - betont hat, sind an eine konkludente einvernehmliche Änderung von Arbeitsbedingungen hohe Anforderungen zu stellen (zu II 2 e, bb der Gründe), die dort allein aufgrund von hier nicht gegebenen Besonderheiten in Vorgeschichte sowie Einsatz- und Abrechnungspraxis des Arbeitgebers als erfüllt angesehen werden konnten.

1.2 Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Abgabe einer Erklärung der Beklagten zur vertraglichen Anhebung seiner regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit auf 30 Stunden.

1.2.1 Ein Anspruch aus einer entsprechenden Zusage scheiterte an fehlender Vertretungsmacht des Supervisors und des dem Kläger vorgesetzten Disponenten (§ 164 Abs. 1 Satz 1 BGB). Diese waren weder ausdrücklich zur Abgabe von Erklärungen auf arbeitsvertraglicher Ebene bevollmächtigt (§ 167 Abs. 1 BGB), noch ließ sich eine Duldungs- oder Anscheinsvollmacht für diesen Bereich erkennen. Dass diese beiden Mitarbeiter befugt waren, dem Kläger im Rahmen der Durchführung seines Arbeitsverhältnisses Weisungen zu erteilen, genügte dafür nicht. Desgleichen war unerheblich, dass den beiden Kollegen des Klägers vom Supervisor nach Freiwerden der Stelle seiner Kollegin "eine Vertragsanpassung gewährt" worden sein soll. Abgesehen davon, dass dies zeitlich nach der angeblichen Zusage gegen den Kläger lag, wurde daraus auch nicht erkennbar, dass der Supervisor die entsprechende Vertragsänderung mit den beiden Kollegen des Klägers als Vertreter der Beklagten vereinbart und eine solche Änderung nicht bloß initiiert hat.

1.2.2 Einen Anspruch des Klägers auf § 9 TzBfG hat das Arbeitsgericht ebenfalls mit zutreffender Begründung verneint.

Diese Vorschrift gibt einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer keinen allgemeinen Anspruch auf Verlängerung seiner Arbeitszeit, sondern nur einen Anspruch, bei Besetzung eines Arbeitsplatzes mit längerer Arbeitszeit bevorzugt berücksichtigt zu werden, zwingt den Arbeitgeber mithin nicht, einen entsprechenden Arbeitsplatz überhaupt erst einzurichten und dazu vorhandene Arbeitsplätze entsprechend neu zuzuschneiden (MK-BGB/Müller-Gloege, 4. Aufl. 2005, § 9 TzBfG R 6; ErfK/Preis, 6. Aufl. 2006, § 9 TzBfG R 6; vgl. auch BAG, Urteil vom 25.10.1994 - 3 AZR 987/83 - AuR 2001, 148 zu A II 2 der Gründe). Deshalb war es vorliegend unerheblich, dass die Beklagte erst nach dem vom Kläger geäußerten Wunsch auf Verlängerung seiner Arbeitszeit den endgültigen Entschluss gefasst hat, den Euro-Cash zeitgleich mit dem Preload erledigen zu lassen und dazu zwei weitere Arbeitnehmer unter Verlängerung deren Arbeitszeit von zehn auf 20 Stunden zusammen mit dem Kläger im Rotationsprinzip einzusetzen. Entscheidend war vielmehr, dass die Beklagte jedenfalls keinen Arbeitsplatz mit 30 Wochenstunden in diesem Bereich eingerichtet hatte.

Dass die Beklagte den Kläger längere Zeit teilweise sogar darüber hinausgehende Überstunden hat leisten lassen, genügte nicht, weil darin ja gerade zum Ausdruck kam, dass es sich dabei nicht um die regelmäßige Arbeitszeit handelte, zumal die Beklagte bereits begonnen hatte, Überlegungen darüber anzustellen, wie dieser Bereich auch im Interesse reibungsloser Urlaubs- und Krankheitsvertretung neu organisiert werden könnte.

1.3 Für Juli 2005 steht dem Kläger ein Anspruch gemäß § 615 Satz 1 BGB auf Zahlung sog. Verzugslohns in rechnerisch unstreitiger Höhe von 575,26 € brutto zu. Die Beklagte befand sich aufgrund eines entsprechenden Angebots des Klägers gemäß §§ 293, 294 BGB in dieser Zeit in Annahmeverzug. Zwar hatte der Kläger keinen vertraglichen Anspruch auf weitere Heranziehung zur Leistung von Überstunden im bisherigen Umfang. Dass die Beklagte ihn im Juli 2005 nicht mehr dazu herangezogen hat, stellte jedoch eine gemäß § 612a BGB unzulässige Maßregelung dar.

1.3.1 Nimmt der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer allein deshalb von der Zuweisung von Überstunden aus, weil dieser in zulässiger Weise seine Rechte ausgeübt hat, stellt dies eine Maßregelung i.S.d. § 612a BGB dar mit der Folge, dass er den Arbeitnehmer so stellen muss, wie dieser ohne die Maßregelung stünde (BAG, Urteil vom 07.11.2002 - 2 AZR 742/00 - BAGE 103, 265 = AP BGB § 615 Nr. 100 zu B I 1 d, bb der Gründe).

1.3.2 So verhielt es sich im vorliegenden Fall, wo der Kläger vom Center-Manager als dem Niederlassungsleiter unter Androhung von Konsequenzen zur Rücknahme seines Wunsches nach Verlängerung seiner Arbeitszeit aufgefordert und er ab dem Folgemonat nicht mehr zur Leistung von Überstunden herangezogen worden ist. Da nach der in Gegenwart des Center-Managers unwidersprochen gebliebenen Darstellung des Klägers in diesem Monat seine damalige Kollegin im Urlaub war, lag es auf der Hand, dass das Arbeitsvolumen von dem neu angelernten Kollegen allein nicht innerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit geschafft worden sein kann, mithin Überstunden im bisherigen Umfang angefallen sein müssen. Dass sich der zuständige Personal-Manager und der Center-Manager Ende des Monats für dessen Äußerung und das Vorgehen des Managements entschuldigt haben, bestätigte nur, dass der Kläger damit gemaßregelt worden war.

1.3.3 Dagegen konnte für die Zeit ab August 2005 keine weitere Maßregelung des Klägers festgestellt werden. Ab dieser Zeit war seine Kollegin aus dem Urlaub zurück, während er sich selbst im Urlaub befand, und wurden ab der 34. Kalenderwoche, d.h. ab Mitte August 2005, die Tätigkeiten in Preload und Euro-Cash zeitgleich im Rotationsverfahren ausgeübt, weshalb keine Überstunden mehr anfallen konnten, zumal ein Teil der Tätigkeiten auch noch in die Zentrale der Beklagten verlagert worden ist.

1.4 Aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme steht dem Kläger aus § 4 des Vergütungstarifvertrags vom 25. April 2005 ein Anspruch auf die anteilige Einmalzahlung bei 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit i. H. v. 94,74 € zu. Dieser Anspruch ist nicht durch die Zahlung einer übertariflichen Zulage zum Stundenlohn im Monat Juli 2005 oder in der übrigen Zeit von Juli bis September 2005 im Wege der Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB erloschen.

1.4.1 Allerdings verstößt eine arbeitsvertragliche Klausel über die Anrechnung einer Tariflohnerhöhung auf eine übertarifliche Zulage weder gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB noch gegen das Verbot eines Änderungsvorbehalts in § 308 Nr. 4 BGB (BAG, Urteil vom 01.03.2006 - 5 AZR 363/05 - zu II 4 der Gründe, z.V.b.). Entgegen der Ansicht des Klägers liegt darin auch keine unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Vielmehr wird damit lediglich dem Günstigkeitsprinzip des § 4 Abs. 3 TVG Rechnung getragen, das den Arbeitgeber nicht dazu zwingt, eine Vergünstigung bei Verbesserung tarifvertraglicher Leistungen unverändert weiter zu gewähren.

1.4.2 Eine Verrechnung der tariflichen Einmalzahlung mit der übertariflichen Zulage scheiterte daran, dass dieser Einmalzahlung keine Vergütung i.S.d. arbeitsvertraglichen Anrechnungsregelung darstellte, sondern eine vom unmittelbaren Gegenleistungsbezug unabhängige Sonderzahlung (zu dieser Differenzierung BAG, Urteil vom 16.04.2002 - 1 AZR 363/01 - AP TVG § 4 Übertarifl. Lohn u. Tariflohnerhöhung Nr. 38 zu II 3 b der Gründe).

Nach § 4 Satz 1 des Vergütungstarifvertrags vom 25. April 2005 sollten Arbeitnehmer, die am 01. bzw. 02. Mai 2005 in einem Beschäftigungsverhältnis - zu ergänzen: zu einem tarifgebundenen Arbeitgeber - stehen, im Juli 2005 eine Sonderzahlung i.H.v. 180,-- € erhalten. Da der Tariflohn bis zum 30. September 2005 unverändert bleiben und erst dann prozentual steigen sollte, ließ sich nicht feststellen, für welchen Zeitraum diese Zahlung bestimmt war. Der Monat Mai schied aus, weil die Zahlung erst im Juli erfolgen sollte, der gesamte Zeitraum von Mai bis September ebenfalls, weil ein Fortbestand des Arbeitsverhältnisses während dieser Zeit nicht Anspruchsvoraussetzung war.

Zudem hätte die Einmalzahlung als Vergütung gegen den auch von den Tarifvertragsparteien zu beachtenden Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. So sollte ein Arbeitnehmer mit einem Arbeitsverhältnis vom 02.05. bis zum 31.07.2005 den vollen Betrag erhalten, während ein anderer, der erst zum 03.05.2005 eingestellt worden ist, auch bei Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses bis zum 30.09.2005 leer ausging.

1.5 Verzugszinsen auf die sich ergebende Gesamtforderung von 670,-- € brutto schuldet die Beklagte gemäß §§ 286 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 4 Nr. 4 des Arbeitsvertrags, wonach die Bezüge bis zum jeweiligen 15. des Folgemonats abgegolten werden. Statt der gemäß § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB vorgesehenen 5 Prozentpunkte hat sich der Kläger allerdings auf 5 % über dem Basiszinssatz beschränkt (§ 308 Abs. 1 ZPO).

2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG für eine Zulassung der Revision waren nicht erfüllt. Insbesondere kam den aufgeworfenen Rechtsfragen keine grundsätzliche Bedeutung zu, weil sie entweder bereits höchstrichterlich geklärt waren oder nicht klärungsbedürftig erschienen.

Ende der Entscheidung

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