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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin
Beschluss verkündet am 08.12.2005
Aktenzeichen: 6 Ta 2199/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 117 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 118 Abs. 2 Satz 4
ZPO § 571 Abs. 2 Satz 1
Die Fristsetzung gemäß § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO dient allein der Nachholung einer Glaubhaftmachung oder der Beantwortung bestimmter Fragen, enthebt die Partei aber nicht davon, überhaupt erst einmal eine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abzugeben, was sie nach Abschluss der Instanz nicht mehr nachholen kann.
Landesarbeitsgericht Berlin Beschluss

6 Ta 2199/05

In der Beschwerdesache

Tenor:

wird die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des ArbG Berlin vom 15.08.2005 - 81 Ca 13090/05 - zurückgewiesen.

Gründe:

1. Obwohl der Kläger seine Beschwerde gegen einen Beschluss vom 27.10.2005 gerichtet hat, war diese aufgrund der Beschwerdebegründung als gegen den Beschluss vom 15.08.2005 gerichtet anzusehen, zumal ein Beschluss unter dem 27.10.2005 überhaupt nicht ergangen ist, dieses Datum sich allerdings fälschlich auf der Zustellungsurkunde findet.

2. Die am 30.11.2005 eingegangene Beschwerde ist entgegen den Ausführungen im Nichtabhilfebeschluss vom 01.12.2005 nicht wegen verspäteter Einlegung unzulässig. Mangels Rücksendung des Empfangsbekenntnisses durch die Prozessbevollmächtigte des Klägers, konnte eine Zustellung bereits im August 2005 nicht festgestellt werden (§ 174 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Vom Vorliegen der Voraussetzungen für eine Heilung des Zustellungsmangels durch tatsächlichen Zugang gemäß § 189 ZPO konnte ebenfalls nicht ausgegangen werden.

Ob der Beschluss vom 15.08.2005 am 31.10.2005 zugestellt worden ist, was aufgrund der Angabe des 27.10.2005 auf der Zustellungsurkunde nicht erkennbar war, oder ob er der Klägervertreterin an diesem Tag zumindest tatsächlich zugegangen ist, konnte dahinstehen, weil die Beschwerde auf jeden Fall die einmonatige Beschwerdefrist des § 127 Abs. 3 Satz 3 ZPO gewahrt hat.

3. Die Beschwerde ist unbegründet.

3.1 Soweit das ArbG im Nichtabhilfebeschluss mit zutreffender Begründung die gemäß § 114 ZPO erforderliche Erfolgsaussicht der Klage an sich zu Recht verneint hat, genügte dies jedoch nicht, um dem Kläger auch eine Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten wegen offensichtlicher Mutwilligkeit gemäß § 11a Abs. 2 ArbGG zu versagen.

3.2 Der Kläger hat die gemäß § 117 Abs. 2 ZPO, § 11a Abs. 3 ArbGG vorgeschriebene Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen erst zwei Monate nach Abschluss des Rechtsstreits durch Wirksamwerden des Prozessvergleichs vom 21.07.2005 eingereicht, was zu spät war.

Nach § 114 ZPO wird der mittellosen Partei Prozesskostenhilfe nur für eine beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung bewilligt. Der mittellosen Partei sollen die Prozesshandlungen ermöglicht werden, die für sie mit Kosten verbunden sind. Hat jedoch die Partei oder ihr Prozessbevollmächtigter die aus ihrer bzw. seiner Sicht notwendigen Prozesshandlungen schon vor der ordnungsgemäßen Beantragung von Prozesskostenhilfe vorgenommen, so hängen diese nicht mehr davon ab, dass sie zuvor - etwa durch einen Vorschuss nach § 9 RVG - die entsprechenden Kosten deckt. Vielmehr geht es dann nur noch darum, ihrem Prozessbevollmächtigten durch nachträgliche Bewilligung von Prozesskostenhilfe einen Zahlungsanspruch gegen die Staatskasse gemäß § 45 ff. RVG zu verschaffen. Vom Zweck der Prozesskostenhilfe ist deshalb eine Bewilligung nach Instanzende nur möglich, wenn das Gericht zuvor über den Antrag hätte positiv entscheiden können (BGH 30.09.1981 - IVb ZR 694/80 - NJW 1982, 446 zu II 1 der Gründe) oder das Gericht eine Frist zur Nachreichung der fehlenden Unterlagen und Belege nach Instanzende gesetzt hat (BAG, Beschluss vom 03.12.2003 - 2 AZB 19/03 - MDR 2004, 415 zu II 2 b der Gründe). Beides war vorliegend nicht der Fall.

Dem steht nicht entgegen, dass die Beschwerde gemäß § 571 Abs. 2 Satz 1 ZPO an sich auch auf neue Angriffsmittel gestützt werden kann. Die Regelung über die Versäumung einer gemäß § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO gesetzten Ausschlussfrist schließt eine Anwendung des § 571 Abs. 2 Satz 1 ZPO aus, andernfalls das Ausgangsgericht sehenden Auges zu einer vom Beschwerdegericht aufzuhebenden Entscheidung gezwungen wäre. Etwas anderes ergibt sich nur, wenn das Hauptsacheverfahren noch nicht abgeschlossen ist, weil dann etwa das Nachreichen von Belegen als neuer Antrag angesehen werden kann (LAG Nürnberg, Beschluss vom 15.04.2003 -, 6 Ta 134/02 - LAGE ZPO 2002 § 118 Nr. 1 zu II der Gründe).

Dass das ArbG dem Kläger keine Frist gemäß § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO gesetzt hat, war unerheblich. Diese Fristsetzung dient allein der Nachholung einer Glaubhaftmachung oder der Beantwortung bestimmter Fragen, enthebt die Partei aber nicht von ihrer Last, überhaupt erst einmal eine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abzugeben. Eine Partei, die bereits dies versäumt hat, kann daraus verfahrensrechtlich keinen Vorteil ziehen. Vielmehr liegt noch überhaupt kein formgerechter Antrag vor. Dieser Mangel kann in der Beschwerdeinstanz nicht mehr geheilt werden (vgl. BFH, Beschluss vom 24.04.2001 - X B 56/00 - BFH/NV 2001, 1412 zu II der Gründe).

Eine Ausnahme davon kommt im Hinblick auf das Prozessgrundrecht auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG lediglich in Betracht, wenn die Partei schuldlos gehindert war, rechtzeitig einen formgerechten Antrag zu stellen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.04.1991 - A 16 S 335/91 - JurB 1991, 1114). Dies traf indessen auf den Kläger gerade nicht zu, der bloß allgemein vorgebracht hat, seine Unterlagen seien bei einem Umzug verlegt worden.

4. Mangels Zulassung der Rechtsbeschwerde, für die gemäß §§ 72 Abs. 2, 78 Satz 2 ZPO keine Veranlassung bestand, ist diese Entscheidung nicht anfechtbar.

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