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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin
Urteil verkündet am 27.05.2002
Aktenzeichen: 7 Sa 493/02
Rechtsgebiete: VTV-Bau


Vorschriften:

VTV-Bau § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 25
Werden in Betrieben fast ausschließlich Fernwärmekontrollsysteme, die zugleich Leckwarnsysteme sind, auf ansonsten fertiggestellte Fernwärmeleitungsnetze aufmontiert, dann stellt dies eine Tätigkeit des Rohrleitungsbaus dar. Der Betrieb unterfällt dem VTV-Bau
Landesarbeitsgericht Berlin Im Namen des Volkes Urteil

7 Sa 493/02

Verkündet am 27.05.2002

In Sachen

pp

hat das Landesarbeitsgericht Berlin, 7. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 27.05.2002 durch den Richter am Arbeitsgericht Klueß als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlicher Richter Ehlert und Standfuß für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 31. Januar 2002 - 64 Ca 66523/01, verbunden mit 64 Ca 62033/01, 64561/01 u. 66795/01 - abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger auf dem vorgeschriebenen Formular Auskunft darüber zu erteilen, wie viel gewerbliche Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, in den Monaten April 1999 bis Dezember 1999 sowie März 2001 bis August 2001 in dem Betrieb der Beklagten beschäftigt wurden, welche Bruttolohnsumme und welche Sozialkassenbeiträge insgesamt für diese Arbeitnehmer in den jeweils genannten Monaten angefallen sind;

2. für den Fall, dass diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung erfüllt wird, an den Kläger eine Entschädigungssumme in Höhe von 35.550,00 DM zu zahlen.

3. Das Versäumnisurteil vom 18.9.2001 wird aufrechterhalten.

4. Die weiteren Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

II. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger, die tarifvertraglich bestimmte Einzugsstelle der Sozialkasse des Baugewerbes, nimmt die Beklagte auf Erteilung von Auskunft über die Höhe der Bruttolohnsumme der bei dieser beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer für die Monate April 1999 bis August 2002 gemäß den Bestimmungen des Verfahrenstarifvertrages für die Sozialkassen im Baugewerbe (VTV) in der jeweils geltenden und für allgemeinverbindlich erklärten Fassung in Anspruch, wobei er für den Fall der nicht fristgerechten Erfüllung dieser Verpflichtung Entschädigung in Gesamthöhe von 69.100,-- DM beansprucht. Der Streit der Parteien geht ausschließlich darum, ob die unstreitig im Betrieb der Beklagten überwiegend durchgeführten Arbeiten solche des Rohrleitungsbaus sind.

Die Beklagte handelt im arbeitszeitlichen Umfang von höchstens 10 % mit Fernwärmemeßsystemen. Die von der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer führen zu mehr als 80 % ihrer persönlichen Tätigkeiten, die zusammengerechnet mehr als 50 % der durchschnittlichen betrieblichen Gesamtarbeitszeit ausmachen, die Installation von Fernwärmemeß- und Kontrollsystemen nebst der Montage von Dehnpolstern und Schrumpfmuffen aus.

Die Installation der Fernwärme-Kontrollsysteme erfolgt in folgenden Schritten:

a) Die Beklagte erhält von einschlägig bekannten Rohrverlegeunternehmen in Deutschland und den Benelux-Ländern den Auftrag zur Installation der Fernwärme-Kontrollsysteme.

b) Sie weist ihre Mitarbeiter an, zur jeweiligen Baustelle zu fahren. Dort wird die Rohrleitung inspiziert, insbesondere, ob Bau- und Montagefreiheit vorhanden ist. Dies ist notwendig, weil die Systeme schlagsensibel sind.

c) Die Rohrleitungen liegen neben dem Graben oder Ständer oder sind durch Provisorien angehoben worden. Die Rohrleitungen werden in der Regel durch den Auftraggeber selbst erstellt. Diese sind also verschweißt, isoliert und aufgerichtet.

d) Sodann wird auf die bestehenden isolierten Rohrleitungen in regelmäßigen Abständen, insbesondere an den Hausstationsabgängen jeweils ein Fernwärme-Kontrollsystem montiert. Hierfür sind die Mitarbeiter mit Handwerkszeug (Zange, Schraubendreher etc.), einem Meßkoffer und einem Fahrzeug ausgestattet. Teilweise werden Dehnpolster und Schrumpfmuffen durch die Beklagte angebracht, soweit dies nicht durch den Auftraggeber oder Dritte erfolgt.

e) Wenn das gesamte Fernwärme-Kontrollsystem errichtet ist, wird eine Kontrollmessung vorgenommen.

f) Sodann erfolgt die Abnahme durch den Auftraggeber.

g) Der Auftraggeber senkt die Fernwärmeleitungen in der Regel in Gräben - bei Heizwasser kann aus Gewichtsgründen keine Ständerleitung errichtet werden - ansonsten werden Dampfleitungen oft auf dem Boden oder Betonständern verlegt - und schüttet die Gräben zu. Auch dies ist nicht Aufgabe der Beklagten.

h) Bei selten vorkommenden Gewährleistungsarbeiten an den Kontrollsystemen wird teilweise von der Beklagten eine manuelle Suchschachtung nach den Kontrollsystemen vorgenommen. Diese Tätigkeiten werden nicht überwiegend im Sinne des Verfahrenstarifvertrages ausgeführt.

Nicht jede Fernwärmeleitung, egal ob sie mit Dampf- oder Heizwasser betrieben wird, bedarf aus wirtschaftlichen oder technischen/ökologischen Gründen eines von der Beklagten betriebenen Fernwärme-Kontrollsystems. Insbesondere bei einer kürzeren Leitung oder wenigen Abnehmern kann die Steuerung auch nur über die Rücklauftemperatur erfolgen, da hier der Rückfluss aufgrund der kurzen Leitungswege sehr schnell im Heizwerk spürbar ist. In diesen Fällen wird oftmals ein schlichtes Leckwarnsystem installiert.

Bei langen Rohrleitungssystemen oder Leitungen mit vielen Abnehmern wird durch das aufmontierte Kontrollsystem frühzeitig der verbrauchsabhängige Wärmebedarf mitgeteilt. Diese Systeme sind auch in der Lage, eventuelle Leckagen der Steuerzentrale zu melden.

Nach Beendigung der Montage der Rohrleitungen wird eine Testphase an dem Betriebssystem vorgenommen, die sich Monate hinziehen kann. Dann wird vom Betreiber, regelmäßig Energieversorgungsunternehmen, entschieden, ob Fernwärme-Kontrollsysteme aufmontiert werden sollen.

Durch Bescheid des Landesarbeitsamtes S.-A./Th. vom 10. März 1999 (Kopie Bl. 16 d.A.) ist die Beklagte von der Entrichtung der Winterbauumlage entbunden worden.

Der Kläger hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, dass erst durch die Montage der Fernwärme-Kontrollsysteme der bestimmungsgemäße Gebrauch der Rohrleitungen ermöglicht wurde. Insofern werde Rohrleitungsbau ausgeübt. Dass es sich um Rohrleitungsbauarbeiten handele, werde auch durch Ausführungen in den Blättern für Berufskunde bestätigt, da hiernach der Rohrleitungsbauer auch den Einbau von Meßgeräten beherrschen muß.

Nachdem das Arbeitsgericht durch Versäumnisurteil vom 18. September 2001 die Beklagte zur Auskunft für die Monate Januar 2000 bis Februar 2001 und bei nicht rechtzeitiger Erfüllung zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 33.600,-- DM verurteilt hatte, hat es insgesamt vier Verfahren gegen die Beklagte miteinander verbunden.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, ihm auf dem vorgeschriebenen Formular Auskunft darüber zu erteilen, wie viel gewerbliche Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, in den Monaten April 1999 bis Dezember 1999 sowie März 2001 bis August 2001 in dem Betrieb der Beklagten beschäftigt wurden, welche Bruttolohnsumme und welche Sozialkassenbeiträge insgesamt für diese Arbeitnehmer in den jeweils genannten Monaten angefallen sind;

2. für den Fall, dass diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung erfüllt wird, an den Kläger eine Entschädigungssumme in Höhe von 35.550,-- DM zu zahlen;

3. das Versäumnisurteil vom 18. September 2001 aufrechtzuerhalten.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen und das Versäumnisurteil vom 18. September 2001 aufzuheben.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass kein Rohrleitungsbau vorliege, da auch ohne die Kontrollsysteme die Rohrleitungen funktionstüchtig seien.

Das Arbeitsgericht hat durch das Urteil vom 31. Januar 2002 unter Aufhebung des Versäumnis(teil-)urteils vom 18. September 2001 die Klage insgesamt abgewiesen, da keine Teiltätigkeiten des Rohrleitungsbaus, sondern der Regel- und Meßtechnik vorlägen. Sinn der Montage sei die Erfassung von Meßdaten. Es sei unerheblich, ob ohne die Vorrichtungen der Beklagten die Rohrleitungsanlage ihrem bestimmungsgemäßen Gebrauch nicht zugeführt werden könne, denn zum einen handele es sich nicht um Rohrleitungsarbeiten und zum anderen würden derartige Tätigkeiten üblicherweise nicht durch Baubetriebe ausgeübt werden.

Gegen diese ihm am 18. Februar 2002 zugestellte Entscheidung hat der Kläger mit einem am 18. März 2002 beim Landesarbeitsgericht Berlin eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und sie am 18. April 2002 begründet.

Der Kläger ist weiterhin der Ansicht, dass die Montage von Dehnpolstern, Schrumpfmuffen und der Einbau der Kontrollsysteme der Fertigstellung der Fernwärmeleitungen diene. Er meint, dass ohne die Kontrollsysteme die Rohrleitungen nicht in Betrieb genommen werden durften. Er verweist im Übrigen auf die Möglichkeit, durch landesgesetzliche Regelungen Zuschüsse für die Einführung von energiesparenden oder energieoptimierenden technischen Anlagen zu erhalten. Auch werde durch Bauordnungen zum Beispiel der Länder Hessen und Thüringen vorgeschrieben, dass Wärmeschutzmaßnahmen bezüglich Fernwärmeleitungen erforderlich sind.

Der Kläger beantragt,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 31. Januar 2002 - 64 Ca 66523/01 - abzuändern;

2. a) die Beklagte zu verurteilen, ihm auf dem vorgeschriebenen Formular Auskunft darüber zu erteilen, wie viel gewerbliche Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) versicherungspflichtigeTätigkeit ausübten, in den Monaten April 1999 bis Dezember 1999 sowie März 2001 bis August 2001 in dem Betrieb der Beklagten beschäftigt wurden, welche Bruttolohnsumme und welche Sozialkassenbeiträge insgesamt für diese Arbeitnehmer in den jeweils genannten Monaten angefallen sind;

b) für den Fall, dass diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung erfüllt wird, an den Kläger eine Entschädigungssumme in Höhe von 35.550,00 DM zu zahlen;

3. das Versäumnisurteil vom 18. September 2001 aufrechtzuerhalten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

die Beklagte vertritt die Ansicht, dass keine typische bauhandwerkliche Tätigkeit im Rohrleitungsbau ausgeübt werde. Da nur der Betrieb des Leitungsmediums kontrolliert und koordiniert werde, nicht aber die physische Leitung selbst, müssen diese Tätigkeiten dem Bereich der Betriebs-, Meß-, Steuer- und Regelungstechnik zugeordnet werden.

Entscheidungsgründe:

I.

Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht im Sinne der §§ 61 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden.

II.

Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Der Betrieb der Beklagten wurde im Klagezeitraum mit der arbeitszeitlich überwiegenden und unstreitigen Tätigkeit vom betrieblichen Geltungsbereich des für allgemeinverbindlich erklärten VTV in der jeweils gültigen Fassung erfasst, denn die Beklagte betreibt Rohrleitungsbau. Sie ist daher für die Zeit vom 1. April 1999 bis 31. Dezember 1999 gemäß § 49 des VTV vom 12. November 1986 und für die Zeit vom 1. Januar 2000 bis 31. August 2001 gemäß § 21 des VTV vom 20. Dezember 1999 zur beantragten Auskunft verpflichtet. Die Pflicht zur Entschädigungszahlung folgt aus § 61 Abs. 2 ArbGG. Daher war das Versäumnisteilurteil vom 18. September 2001 aufrechtzuerhalten.

1.

Die Erfassung eines Betriebes vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV bewirkt über die Allgemeinverbindlicherklärung gemäß § 5 Abs. 4 TVG regelmäßig die Tarifbindung des Arbeitgebers mit der Folge, dass der VTV im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Kläger gemäß § 4 Abs. 1 und Abs. 2 TVG unmittelbar und zwingend gilt. Dies ist auch mit dem Grundgesetz vereinbar (BAG vom 22.09.1993 - 10 AZR 535/91 - AP Nr. 168 zu § 1 TVG Tarifverträge Bau).

2.

Ein Betrieb fällt nach § 1 Abs. 2 Abschnitt VI VTV als Ganzes unter den betrieblichen Geltungsbereich des Verfahrenstarifvertrages, wenn in ihm im Anspruchszeitraum mit der überwiegenden Arbeitszeit der Arbeitnehmer Arbeiten ausgeführt werden, die gemäß § 1 Abs. 2 VTV als baugewerblich anzusehen sind. Handelt es sich um Arbeiten, die im Beispielskatalog des § 1 Abs. 2 Abschnitt V VTV genannt sind, bedarf es nach ständiger Rechtsprechung nicht der zusätzlichen Feststellung, ob auch die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Abschnitt I bis Abschnitt III VTV erfüllt sind (BAG a.a.O.).

3.

Der Betrieb der Beklagten führt Rohrleitungsbauarbeiten im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 25 VTV aus. Dazu gehört auch das Aufmontieren von Fernwärmekontrollsystemen einschließlich der Montage von Dehnpolstern und Schrumpfmuffen.

a)

Rohrleitungen im Zuge eines Versorgungsnetzes sind Bauwerke im Sinne der Bautarife (BAG a.a.O.). Daher sind auch die hiesigen Fernwärmeleitungen Bauwerke.

Ein Bauwerk ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erst dann erstellt und damit baulich vollendet, wenn es in vollem Umfang seinen bestimmungsgemäßen Zweck zu erfüllen in der Lage ist. Zur Erstellung eines Bauwerks zählt daher nicht nur die Fertigstellung des Rohbaus, sondern auch der vollständige Ausbau, wie er vom Bauherrn in Auftrag gegeben worden ist (BAG vom 11.06.1997 - 10 AZR 525/96 - NZA 1997, 1353, 1354).

b)

Bei Anwendung dieser Kriterien sind die Fernwärmeleitungen erst dann erstellt, wenn die Fernwärmekontrollsysteme, die zugleich Lenkwarnsysteme darstellen, angebracht sind. Zum bestimmungsgemäßen Zweck der Rohrleitungen gehört es nämlich nicht nur, Heizwasser oder Dampf irgendwie zu den Verbrauchern zu transportieren, sondern dies soll vielmehr in möglichst enger Ankoppelung an den tatsächlichen Verbrauch erfolgen. Alles andere wäre wirtschaftlich nicht sinnvoll. Gleichzeitig sollen auftretende Lecks umgehend festgestellt werden. Dazu sind dient das aufgebrachte Kontrollsystem, dass die Vorgänge im Rohr hinsichtlich Temperatur und Leckagen überwacht. Dieses System ist, folgt man dem Vorbringen der Beklagten, technisch und kostenmäßig am ausgereiftesten, denn der Einbau von funkgesteuerten Wärmemeßzählern an den Übergabestellen wäre sehr teuer und würde zusätzlich den Bau einer Leckwarnanlage erfordern.

Unerheblich ist der Einwand der Beklagten, dass sämtliche Fernwärmesysteme ohne die von ihr angebrachten Kontrollsysteme in Betrieb genommen werden, da erst Tests am Betriebssystem durchgeführt werden, bevor die Betreiber sich entscheiden, ob das Rohrleitungssystem mit oder ohne Wärmekontrolleinrichtungen betrieben werden soll. Hierdurch würde nur verdeutlicht, dass über den vollständigen Ausbaustand erst zeitlich verzögert nach einer Testphase entschieden wird. Dies ändert jedoch nichts an der Charakterisierung, dass die von der Beklagten vorgenommenen Tätigkeiten dem Rohrleitungsbau zuzurechnen sind. Im Übrigen ist es bei komplizierteren Bauwerken nichts Ungewöhnliches, dass die endgültige Festlegung der Ausbaustufe erst nach Durchführung einer praktischen Erprobung vorgenommen wird.

Dahingestellt bleiben kann auch, ob durch öffentlich-rechtliche Vorgaben der Einbau von Fernwärmekontrollsystemen zwingend erforderlich ist (so auch LAG Berlin vom 26.10.2001 - 7 Sa 942/01 - zum Einbau von Leckwarnsystemen; rechtskräftig). Der bestimmungsgemäße Zweck eines Bauwerks wird nicht nur durch derartige Normen bestimmt, sondern jeder Bauherr hat es in der Hand, über diesen Minimalstandard hinaus weitere Anforderungen an die Gebrauchstauglichkeit zu stellen.

Soweit die Beklagte erstinstanzlich vorgetragen hat, dass die von ihr ausgeführten Arbeiten ähnlich auch bei Industriepipelines, im Kraftwerksbereich und im Schiffbau durchgeführt werden, ohne dass dies dem VTV unterfalle, ändert dies an den Erwägungen nichts. Mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist dies nur anders, wenn der betroffene Betrieb ausschließlich oder wenigstens überwiegend Rohre im Rahmen des industriellen Anlagenbaus verlegt (BAG vom 22.09.1993 a.a.O.). Die Beklagte behauptet ähnliches aber nicht.

Dass die Montage der Fernwärmekontrollsysteme noch zum vollständigen Ausbau des Rohrsystems gehört, wird auch dadurch bestätigt, dass nach dem unstreitigen Vorbringen der Beklagten in der ersten Instanz die in der Regel in Gräben verlegten Leitungen erst dann zugeschüttet werden, wenn das gesamte Fernwärmekontrollsystem errichtet worden ist und Kontrollmessungen vorgenommen worden sind. Auch hierdurch macht der Betreiber optisch klar, dass nunmehr das Rohrleitungssystem entsprechend seinen Vorgaben vollendet ist.

Für das hiesige Ergebnis spricht auch, dass in den Blättern für Berufskunde für den "Rohrleitungsbauer/in (1-II A 506) gefordert wird, dass dieser auch den Einbau von Schiebern, Hydranten und Meßgeräten beherrschen muß (Seite 9).

Auch soweit in den hiesigen Arbeiten eine Zusammenhangstätigkeit mit dem "Metallbau" gesehen werden könnte, ändert dies am gefundenen Ergebnis nichts. Das Bundesarbeitsgericht hat vielmehr aus der Entwicklung der Bautarifverträge nachvollziehbar abgeleitet, dass der "Metallbau" im Geltungsbereich der baugewerblichen Tarifverträge einbezogen ist (BAG vom 22.09.1993 a.a.O.).

Rechtlich nicht relevant ist auch der Umstand, dass die Beklagte im Rahmen des Widerspruchsverfahrens durch Bescheid des Landesarbeitsamtes S.-A./Th. vom 10. März 1999 von der Zahlung der Winterbauumlage befreit wurde. Die Gerichte für Arbeitssachen sind an derartige Verwaltungsentscheidungen nicht gebunden. Selbst eine mehrjährige Kenntnis der ZVK von einer solchen Entbindung führt nicht einmal zur Verwirkung ihrer Ansprüche (BAG vom 11.06.1997 a.a.O.).

4.

Der hiesige Betrieb der Beklagten wird auch nicht durch eine der Ausnahmetatbestände des § 1 Abs. 2 Abschnitt VII VTV erfasst.

III.

Gemäß § 91 ZPO hat die Beklagte auch die weiteren Kosten des Rechtsstreites zu tragen.

IV.

Die Revision ist gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen worden. Bisher liegt keine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zu der Rechtsfrage vor, ob das Aufmontieren von Fernwärmekontrollsystemen, die zugleich Leckwarnsysteme sind, auf ansonsten fertiggestellte Fernwärmeleitungsnetze Rohrleitungsbauarbeiten im Sinne des VTV sind.

Ende der Entscheidung

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