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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin
Urteil verkündet am 12.08.2005
Aktenzeichen: 8 Sa 826/05
Rechtsgebiete: VTV-Bau


Vorschriften:

VTV-Bau § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 13
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Berlin Im Namen des Volkes Urteil

8 Sa 826/05

Verkündet am 12.08.2005

In Sachen

hat das Landesarbeitsgericht Berlin, 8. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 12. August 2005 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Albrecht-Glauche als Vorsitzende sowie die ehrenamtlichen Richter Gemeinhardt und Rieke

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 17. Februar 2005 - 62 Ca 63566/04 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten an den Kläger als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes Sozialkassenbeiträge für die Monate Dezember 1999 bis November 2001 zu zahlen.

Die Beklagte unterhielt im Streitzeitraum als Inhaberin einen Betrieb, in dem sie mit ihren Arbeitnehmern überwiegend Holzkonstruktionen z.B. für Holzhäuser, Dachstühle, Carports herstellte und den überwiegenden Teil ihrer Produktion an die Firma Holzbau T. GmbH lieferte. Die Beklagte war an der Firma Holzbau T. GmbH, deren Geschäftsführer und Mitgesellschafter ihr Ehemann war, mit einer Einlage von 20.000.- DM beteiligt, was - wie die Beklagte in der Berufungsinstanz unbestritten dargelegt hat - unter Berücksichtigung der Erhöhung des Stammkapitals der GmbH im Dezember 1997 um 100.000.- DM auf 150.000.- DM und im Dezember 2000 um weitere 200.000.- DM auf 350.000.- DM einer Beteiligung von 13,33 % bzw. 5,71 % entsprach.

Mit der am 22. Oktober 2004 bei dem Arbeitsgericht Berlin eingegangenen Klage hat der Kläger die Beklagte zunächst auf Zahlung von 124.032.- EUR in Anspruch genommen und geltend gemacht, der Betrieb falle gemäß § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 13 VTV-Bau unter dessen betrieblichen Geltungsbereich. Der Kläger hat nach Rücknahme der weitergehenden Klage erstinstanzlich zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 65.964.- EUR zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, ein Unternehmenszusammenschluss im Tarifsinn sei nicht gegeben.

Von der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird unter Bezugnahme auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 35-36 d.A.) abgesehen (§ 69 Abs. 3 ArbGG).

Durch das Urteil vom 17. Februar 2005 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen, die Kosten des Rechtsstreits bei einem Gesamtstreitwert von 124.032.- EUR dem Kläger auferlegt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, ein Unternehmenszusammenschluss zwischen dem Einzelunternehmen der Beklagten und der Firma Holzbau T. GmbH könne allein aus dem Umstand, dass die Beklagte an der GmbH zu einem geringen Anteil beteiligt gewesen sei, nicht hergeleitet werden. Wegen der weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils (Bl. 37-38 d.A.) verwiesen.

Gegen das dem Kläger am 21. März 2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 21. April 2005 bei dem Landesarbeitsgericht Berlin eingegangene Berufung, die der Kläger mit einem am Montag, dem 23. Mai 2005 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Kläger und Berufungskläger macht weiterhin geltend, die Beklagte sei tarifunterworfen, weil ein Unternehmenszusammenschluss im Sinne des § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 13 VTV-Bau immer dann gegeben sei, wenn - wie vorliegend - eine unmittelbare gesellschaftsrechtliche Verbindung zwischen dem produzierenden und dem verarbeitenden Unternehmen bestehe.

Der Kläger und Berufungskläger beantragt,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 17.02.2005 - 62 Ca 63566/04 - abzuändern,

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 65.964.- EUR zu zahlen.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

und verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der Berufungsbegründung vom 23. Mai 2005 (Bl. 58-63 d.A.), der Berufungsbeantwortung vom 11. Juli 2005 (Bl. 77-81 d.A.), der Schriftsätze des Klägers vom 5. August 2005 (Bl. 95-98 d.A.), der Beklagten vom 8. August 2005 (Bl. 102-104 d.A.) nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 12. August 2005 (Bl. 106-107 d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht im Sinne der §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden.

II.

Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.

Auch nach Auffassung des Berufungsgerichts unterfiel der Betrieb der Beklagten im Streitzeitraum nicht dem VTV-Bau nach dem in Bezug genommenen § 1 Abs. 2 Abschnitt V, Nr. 13 VTV-Bau, der wie folgt lautet:

"Fertigbauarbeiten: Einbauen und Zusammenfügen von Fertigbauteilen zur Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung oder Änderung von Bauwerken; ferner das Herstellen von Fertigbauteilen, wenn diese zum überwiegenden Teil durch den Betrieb, einen anderen Betrieb desselben Unternehmens oder innerhalb von Unternehmenszusammenschlüssen - unbeschadet der gewählten Rechtsform - durch den Betrieb mindestens eines beteiligten Gesellschafters zusammengefügt oder eingebaut werden;".

Die Beklagte unterhielt im Klagezeitraum keinen Betrieb, der den überwiegenden Teil der von ihm hergestellten Bauteile durch den Betrieb eines beteiligten Gesellschafters innerhalb eines Unternehmenszusammenschlusses einbauen ließ.

Zwar war die Beklagte im Streitzeitraum mit 13,33 % bzw. seit Dezember 2000 mit 5,7 % der Anteile als Gesellschafterin an der Firma Holzbau T. GmbH beteiligt und hat den überwiegenden Teil der von ihr hergestellten Bauteile an diese Gesellschaft geliefert, ein Zusammenschluss beider Unternehmen im Tarifsinn kann jedoch nicht festgestellt werden. Zwar hält auch das Berufungsgericht eine gesellschaftsrechtliche Verbindung beider Unternehmen für erforderlich, um einen Unternehmenszusammenschluss feststellen zu können (so auch Hessisches LAG, Urteil vom 19.4.2004 - 16 Sa 971/03 - Revision anhängig zur Geschäftsnummer 10 AZR 471/04), allein die Gesellschafterstellung des Inhabers des herstellenden Betriebes in dem hier vorliegenden Umfang begründet jedoch - ohne das Hinzutreten weiterer, hier weder dargelegter noch ersichtlicher Umstände - keinen Zusammenschluss im Sinne des § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 13 VTV-Bau.

Die Tarifvertragsparteien haben den Begriff des Unternehmenszusammenschlusses nicht definiert, eine Definition findet sich auch nicht in anderen Tarifverträgen oder Gesetzen. Allerdings wird der Begriff des "Zusammenschlusses" bezogen auf Betriebe im Betriebsverfassungsgesetz (dort § 106 Abs. 3 Nr. 8 und § 111) und bezogen auf Unternehmen im Bereich der Fusionskontrolle in § 37 GWB verwandt. Gemeinsam wird in beiden Fällen von einem rechtlich relevanten Zusammenschluss dann ausgegangen, wenn festgestellt werden kann, dass - sei es durch Vertrag, durch tatsächliche Zusammenarbeit oder durch Gesellschafterstellung - ein bestimmender Einfluss auf den Betrieb oder das Unternehmen ausgeübt werden kann, wobei für die Zusammenschlusskontrolle nach §§ 35 ff. GWB mindestens 25 % der Anteile an dem anderen Unternehmen gehalten werden müssen. Dieses Verständnis des Begriffs "Unternehmenszusammenschluss" lässt nach Auffassung des Berufungsgerichts nur den Schluss zu, dass auch die Tarifvertragsparteien im Fall des § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 13 VTV-Bau eine reine Minderheitsbeteiligung des Inhabers des herstellenden an dem einbauenden Betrieb ohne weitere, auf einen bestimmenden Einfluss deutende Umstände, nicht ausreichen lassen wollten, um einen die Tarifunterworfenheit begründenden Unternehmenszusammenschluss anzunehmen. Da ein bestimmender Einfluss der Beklagten auf die Fa. Holzbau T. GmbH nicht festgestellt werden kann, war der Klage der Erfolg zu versagen.

III.

Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.

IV.

Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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