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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Bremen
Urteil verkündet am 25.03.2003
Aktenzeichen: 1 Sa 3/03
Rechtsgebiete: ZTV, MTV, TVG, ZPO, BetrAVG, BGB


Vorschriften:

ZTV § 3
ZTV § 9
MTV § 3
MTV § 3 Abs. 1
TVG § 1
ZPO § 138 Abs. 2
ZPO § 138 Abs. 4
BetrAVG § 1
BGB § 126
BGB § 242
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Bremen Im Namen des Volkes

Aktenzeichen: 1 Sa 3/03

Verkündet am: 25. März 2003

In dem Berufungsverfahren

hat das Landesarbeitsgericht Bremen - Erste Kammer - aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25. März 2003 durch die Vizepräsidentin des Landesarbeitsgerichts als Vorsitzende und die ehrenamtlichen Richter für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen vom 01.10.2002 - Az.: 2 Ca 2113/02 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.

Die Revision wird gegen dieses Urteil zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um einen Anspruch des Klägers auf Zahlung einer tariflichen Erschwerniszulage.

Der am 23.06.1963 geborene Kläger ist seit 1979 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt und seit 1986 als Wagenmeister tätig.

Im Arbeitsvertrag vom 21.06.1982 heißt es u.a.:

"Inhalt des Arbeitsvertrages sind die Bestimmungen der Tarifverträge für die Arbeiter der D. in ihrer jeweils gültigen Fassung ..."

Bis einschließlich Oktober 2001 erhielt der Kläger von der Beklagten die Zulage Nr. 18 c Anlage 1 Abschnitt E des Lohntarifvertrages (LTV) in Verbindung mit § 9 des Zulagentarifvertrages für die Arbeitnehmerin/den Arbeitnehmer der D. AG (ZTV) in Höhe von DM 0,86 bzw. € 0,44 brutto pro Stunde.

Anlage 1 Abschnitt E Nr. 18 c des LTV sieht eine Zulagenberechtigung für folgende Tätigkeiten vor:

"...

c) Arbeiten während des Betriebes ohne Sicherungsposten innerhalb des Gleis- oder Weichenbereichs ...".

Für Urlaubs-, Krankheits- und Bürostunden werden insoweit keine Zulagen gezahlt."

§ 9 ZTV hat folgenden Wortlaut:

"Besitzstandszulagen

Die Tarifstellen lfd. Nr. 15 c, 18 b und 18 c der Anlage 1 Abschnitt E LTV/LTV-DR sowie Anlage 4 Abschnitt E, Teil B Vz ATV 5 finden dem Grunde nach und in der Höhe von einheitlich 0,86 DM solange Anwendung, bis eine Prämienregelung im Sinne von § 3 ZTV für diesen Personenkreis in Kraft tritt."

Die Tarifverhandlungen sind noch nicht abgeschlossen, so dass die Regelung weiterhin Gültigkeit hat.

Zu den tarifvertraglichen Bestimmungen sind "Zusätzliche Durchführungsbestimmungen (ZD)" zum LTV ergangen, in denen es u.a. heißt:

"Zu Tarifstelle lfd. Nr. 18 c

1. Der Begriff "während des Betriebs" findet Anwendung, sobald mit einer Zug- oder Rangierfahrt gerechnet werden muss.

2. Der Begriff "innerhalb des Gleis- und Weichenbereichs" umfasst den Gefahrenbereich, in dem Arbeiter durch bewegte Schienenfahrzeuge gefährdet werden können, und den frei zu haltenden lichten Raum (vgl. auch DS 132 03, Abschnitt 2, Abs. 23 bis 25)."

In der Sammlung von Verfügungen zum LTV für die Arbeiter der D. (SVL), die Verfügungen des Vorstands und der zentralen Hauptverwaltung sowie der Bundesbahndirektionen enthält, heißt es bzgl. der Zulage 18 c:

"Die Ez für Arbeiten während des Betriebs ohne Sicherungsposten innerhalb des Gleis- oder Weichenbereichs kommt in Betracht, wenn gemäß Abschnitt 10 der DS 132 03 nach Entscheidung der Sicherungsaufsicht ohne Sicherungsposten gearbeitet werden darf."

In der DS 132 03, die in den zusätzlichen Durchführungsbestimmungen ZD zum LTV in Bezug genommen worden ist, wird beschrieben, welche Arbeiten unter dem Terminus "Arbeiten im Gleis- und Weichenbereich" zu verstehen sind. So ist unter Ziff. 2 (9) "Begriffserklärungen" ausgeführt, dass hierunter

"Alle Tätigkeiten im Gefahrenbereich der Gleise bei Erstellung, Instandhaltung (Inspektion, Wartung, Instandsetzung), Reinigung und Besichtigung von Bahnanlagen und anderen Anlagen sowie Lerngänge und Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Beseitigung von Störungen an Bahnanlagen und von Unfallfolgen."

gemeint sind. Diese Begriffsbestimmung findet sich in ähnlicher Form in der Unfallverhütungsvorschrift GUV 5.7, die die DS 132 03 am 01.01.2000 ersetzte. Wegen der weiteren Einzelheiten der DS 132 03 wird auf Bl. 39 - 41 d. A. verwiesen.

Die Tätigkeit der Wagenmeister, wie dem Kläger, ergibt sich aus dem Regelwerk Modul 936.0103 "Wagen und Ladeeinheiten und Container (LE) im Betrieb technisch behandeln Grundsätze, Aufgabenstellung". Der Kläger ist in der technischen Wagenbehandlung (TWB) als Wagenmeister im sog. "Hammerdienst" tätig. Die Aufgabenstellung umfasst:

die Untersuchung

- von Güterzügen

- von Wagen und deren Ladungen

- LE

die Beurteilung von

- Schäden und Mängeln

- Verladearten

die Behebung von

- Kleinschäden an Güterwagen das Bezetteln von

- Schadwagen

- schadhaften DB-Containern.

Die Tätigkeit im Einzelnen umfasst u.a. die Überprüfung des ordnungsgemäßen Zustandes des Laufwerks, der einwandfreien Führung der Lagergehäuse, der ordnungsgemäßen Bereifung der Räder, des Untergestells, der Tür-, Dach- und Klappenverschlüsse und anderer der Sicherheit dienenden Einrichtungen. Der Kläger ist für den betriebssicheren Zustand der Güterwagen verantwortlich. Die Untersuchung der Güterwagen wird in den Bahnhöfen der Beklagten, die sich im Bereich der jeweiligen Niederlassung befinden, am stehenden Zug vor Beginn der Zugfahrt durchgeführt. Dabei geht der Kläger am Zug entlang. Das Gleis, auf dem sich der Zug befindet, ist durch Signale abgesichert. Die Tätigkeit der Wagenmeister wird bei der Beklagten ausschließlich ohne Sicherungsposten ausgeführt.

Im Bereich der Niederlassung Bremen zahlt die Beklagte den Wagenmeistern die streitige Zulage seit ca. acht bis zehn Jahren. Die tariflichen Regelungen sind dagegen seit ca. 1960 im Wesentlichen unverändert geblieben. Weder die Wagenmeister der Beklagten im übrigen Bundesgebiet noch die Wagenmeister der DB. im Bereich Bremen erhalten eine Erschwerniszulage.

Mit Schreiben vom 16.11.2001 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Tätigkeit als Wagenmeister nicht zulageberechtigt im Sinne der Zulagenregelung Nr. 18 c Anlage E LTV sei und die Beklagte daher die Zahlung der Zulage mit sofortiger Wirkung einstelle.

Mit Schreiben vom 05.12.2001 widersprach der Kläger und forderte die Beklagte auf, die Zulage weiter zu zahlen.

Mit seiner am 07.05.2002 der Beklagten zugestellten Klage begehrte der Kläger Zahlung der Erschwerniszulage für die Monate November, Dezember 2001 und Januar bis März 2002. Mit Schriftsatz vom 08.08.2002 stellte er den Klagantrag auf Feststellung um. Die Beklagte hat erklärt, dass sie sich einer derartigen Feststellung unterwerfen würde.

Der Kläger hat vorgetragen:

Ihm stehe die geltend gemachte Erschwerniszulage bereits auf der Grundlage der tarifvertraglichen Regelungen zu. Als Wagenmeister überprüfe er die Züge auf ihre technische Sicherheit. Da er zu diesem Zweck an dem zur Überprüfung bereit gestellten Zug entlang gehe, bewege er sich innerhalb der Bahnanlagen des Rangierbahnhofes Seelze. Sämtliche nebeneinander liegenden Gleise seien in Betrieb. Zwar sei der von ihm zu überprüfende Zug durch Signale abgesichert; neben dem zu überprüfenden Zug befänden sich jedoch ungesicherte Gleise, auf denen jederzeit Züge hin- und herfahren könnten. Aus diesem Grunde liege die Voraussetzung "während des Betriebs" vor, da in dem Gleisbereich, in dem er sich als Wagenmeister aufhalte, stets mit Zug- oder Rangierfahrten gerechnet werden müsse. Eine weitere tatbestandliche Voraussetzung, nämlich eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben entweder durch sehr schnell fahrende Züge oder durch einen Abstand von weniger als einem Meter zwischen den Zügen, sei der tarifvertraglichen Bestimmung nicht zu entnehmen.

Die von der Beklagten herangezogene "Sammlung von Verfügungen zum Lohntarifvertrag für die Arbeiter der D. " sei für die Auslegung des tariflichen Anspruchs unbeachtlich; denn sie stelle nur die Auffassung der Beklagten über die Auslegung der tarifvertraglichen Bestimmungen dar.

Für den Fall, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen der tarifvertraglichen Regelung für die Erschwerniszulage nicht erfüllt seien, sei die Beklagte aus dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung dazu verpflichtet, die Zulage weiterhin zu zahlen. Da an ihn mehr als drei Mal die entsprechende Leistung erbracht worden sei, ohne dass sich die Beklagte einen Widerruf vorbehalten habe, sei sie zur Zahlung verpflichtet.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass die Beklagte dem Kläger die Zulage gemäß § 9 ZTV in Verbindung mit der Anlage 1 Abschnitt E Ziff. 18 c LTV auch über den 31.10.2001 hinaus zu zahlen hat.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen:

Die streitgegenständliche tarifliche Regelung sei unter Heranziehung der Durchführungsbestimmungen zum LTV auszulegen, welche ihrerseits auf die DS 132 03 "Unfallverhütungsvorschrift" Bezug nehme. Weitere Anhaltspunkte zur Auslegung ergäben sich aus der "Sammlung von Verfügungen zum LTV für die Arbeiter der D. " (SVL), welche Verfügungen des Vorstandes und der zentralen Hauptverwaltung sowie der Bundesbahndirektion beinhalteten. Die DS 132 03 "Unfallverhütungsvorschrift" führe aus, dass unter "Arbeiten im Gleis- und Weichenbereich alle Tätigkeiten im Gefahrenbereich der Gleise bei Erstellung, Instandhaltung (Inspektion, Wartung, Instandsetzung), Reinigung und Besichtigung von Bahnanlagen und anderen Anlagen sowie Lerngänge und Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Beseitigung von Störungen an Bahnanlagen und Unfallfolgen" gemeint seien. Der Kläger arbeite demgegenüber an stehenden Fahrzeugen/Güterwagen und somit nicht an Bahnanlagen und sonstigen Anlagen, so dass das Gefährdungskriterium nicht erfüllt sei. Weiterhin sei er nicht im Gleis- oder Weichenbereich tätig, sondern führe seine Arbeit überwiegend neben dem durch Signale gesicherten Gleis am stehenden Zug aus. Im Gefahrenbereich des Nachbargleises befinde sich der Kläger bei seiner Tätigkeit nicht (dies führt die Beklagte anhand konkreter Zahlen im Einzelnen aus; insoweit wird auf Bl. 43 d. A. verwiesen).

Nach der sonstigen Handhabung und Auslegung der Regelwerke sei die Zulage 18 c für den Personenkreis der Ober- bzw. Gleisbauarbeiter und Weichenreiniger vorgesehen, da diese unstrittig im Gleis- und Weichenbereich und an Bahnanlagen arbeiteten. Dies sei auch ausdrücklicher Wille der Tarifvertragsparteien gewesen. Eine Ausdehnung der Zahlung der Zulagen auf einen weiteren als den vorgenannten Personenkreis sei von keiner Seite vorgesehen gewesen.

Sie habe stets nur tarifgerecht vergüten wollen und sei im Hinblick auf die interne Revision auch nur hierzu berechtigt. Dies sei dem Kläger bekannt gewesen, so dass dieser nicht von einer bewusst übertariflichen Zahlung habe ausgehen können, nachdem die tarifvertraglichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Sie könne deshalb die lediglich irrtümliche übertarifliche Zahlung wieder rückgängig machen.

Das Arbeitsgericht Bremen hat am 01.10.2002 folgendes Urteil verkündet:

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger die Zulage gemäß § 9 ZTV in Verbindung mit Anlage 1 Abschnitt E Ziff. 18 c LTV auch über den 31.10.2001 hinaus zu zahlen hat.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf € 2.872,87 festgesetzt.

4. Die Berufung wird, insoweit sie nicht kraft Gesetzes zulässig ist, gesondert zugelassen.

Wegen der Einzelheiten der Begründung durch das Arbeitsgericht wird auf Bl. 59 - 66 d. A. Bezug genommen.

Gegen dieses ihr am 06.12.2002 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 02.01.2003 Berufung beim Landesarbeitsgericht eingelegt und diese am 06.02.2003 begründet.

Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ferner vor:

Eine betriebliche Übung könne nur dort entstehen, wo der Arbeitgeber in einem vertraglich nicht geregelten Bereich über längere Zeit vorbehaltlos Leistungen erbringe. Da sie nach Maßgabe eines umfassenden und differenziert geregelten Vergütungsgefüges leiste, scheide von vornherein eine betriebliche Übung aus. Die vom Bundesarbeitsgericht insoweit für den öffentlichen Dienst entwickelten Grundsätze müssten auf diesen Fall übertragen werden. Sie sei schließlich über die Bahnreform aus einem öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber entstanden und habe nach wie vor durch Übergangsregelungen normierte umfangreiche Nachwirkungen öffentlich-rechtlicher tarifgebundener Arbeitsverhältnisse zu tragen und vor allem zu beachten. Auch wenn man - wie das Arbeitsgericht - die Voraussetzungen für das Vorliegen einer betrieblichen Übung nach allgemeinen Regelungen prüfe, ergäbe sich kein Anspruch des Klägers; denn dieser hätte aus dem Erklärungsverhalten des Arbeitgebers nicht auf den Willen des Arbeitgebers, eine übertarifliche Leistung zu erbringen, schließen können. Der Kläger habe gewusst, dass er von ihr im Vergleich zu seinen Kollegen außerhalb der Bremer Niederlassung und auch gegenüber seinen Bremer Kollegen bei der DB. AG bevorzugt behandelt würde. Es seien keine Gründe dafür vorgetragen, dass er Anhaltspunkte dafür gehabt habe, dass dies aus sachlichen Gründen, die auch unter Berücksichtigung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes bestehen könnten, gerechtfertigt sei. Auch aus § 9 ZTV ergebe sich nichts anderes. Schließlich habe das Arbeitsgericht § 3 Abs. 1 des MTV für die Arbeitnehmer der D. AG übersehen, nach dem für Nebenabreden zum Arbeitsvertrag die Schriftform vorgesehen sei.

Soweit das Arbeitsgericht eine direkte Anwendung der Nr. 18 c nach Anlage 1 Abschnitt E LTV in Verbindung mit § 9 ZTV abgelehnt habe, sei dem Urteil beizutreten.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen - 2 Ca 2113/02 - vom 01.10.2002 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und trägt ferner vor:

Die Tatsache, dass die Wagenmeister stets ohne Sicherungsposten arbeiteten, sei der Beklagten bewusst gewesen. Sie habe sich deshalb nicht bei der Anwendung der tarifvertraglichen Bestimmungen geirrt.

Es werde bestritten, dass er gewusst habe, dass er von der Beklagten im Vergleich zu seinen Kollegen außerhalb der Bremer Niederlassung und auch gegenüber seinen Bremer Kollegen bei der DB. AG bevorzugt behandelt worden sei. Es werde auch mit Nichtwissen bestritten, dass Wagenmeister in anderen Niederlassungen der Beklagten ebenfalls ohne Sicherungsposten arbeiteten. Seine Erklärung in der mündlichen Verhandlung, die Wagenmeister würden stets ohne Sicherungsposten tätig, habe sich nur auf den ihm bekannten Arbeitsplatz der Wagenmeister in der Niederlassung Bremen bezogen.

Er habe einen tariflichen Anspruch auf die Zulage. Die Voraussetzungen des "Arbeitens während des Betriebes ohne Sicherungsposten innerhalb des Gleis- oder Weichenbereichs" seien erfüllt. Sinn und Zweck der verhältnismäßig geringen Zulage sei nicht der Ausgleich einer konkreten Gefahr für Leib und Leben, sondern die Erschwernis einer Tätigkeit ohne Absicherung durch Sicherungsposten im Gleis- oder Weichenbetrieb. Sonst ergebe sich der Anspruch aus betrieblicher Übung.

Ein Schriftformerfordernis für spätere Änderungen und Ergänzungen des Arbeitsvertrages sei nicht vereinbart worden. Durch das Schriftformerfordernis in § 3 Abs. 1 MTV solle nur erreicht werden, dass ein schriftlicher Arbeitsvertrag unterzeichnet werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt, insbesondere die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften und die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die an sich statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und damit insgesamt zulässige Berufung ist begründet.

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts ist kein Anspruch des Klägers auf die Zulage nach § 9 ZTV in Verbindung mit Anlage 1 Abschnitt E Nr. 18 c LTV gegeben; ein derartiger Anspruch ergibt sich auch nicht aus betrieblicher Übung.

I.

Die Klage ist zulässig.

Insoweit ist dem erstinstanzlichen Urteil zuzustimmen. Auf die Begründung des Arbeitsgerichts unter I. (S. 8 f d. A.) des angefochtenen Urteils wird verwiesen, weil das Berufungsgericht dem erstinstanzlichen Urteil insoweit folgt (§ 69 Abs. 2 ArbGG).

II.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

1. Ein tarifvertraglicher Anspruch des Klägers auf Zahlung der Zulage gemäß Anlage 1 Abschnitt E Nr. 18 c LTV in Verbindung mit § 9 ZTV D. besteht nicht.

a) Die Tarifverträge der D. AG finden auf das Arbeitsverhältnis des Klägers Anwendung, da dies in dem Arbeitsvertrag zwischen den Parteien vereinbart worden ist.

b) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat die Auslegung einer Tarifnorm entsprechend den Grundsätzen der Gesetzesauslegung zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen. Dabei ist jedoch über den reinen Tarifwortlaut hinaus der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnormen mit zu berücksichtigen, sofern und soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Hierzu ist auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abzustellen, der häufig schon deswegen mit berücksichtigt werden muss, weil nur daraus und nicht aus der einzelnen Tarifnorm auf den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien geschlossen und so nur bei Mitberücksichtigung des tariflichen Gesamtzusammenhangs der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Verbleiben bei entsprechender Auslegung des Tarifwortlautes und des tariflichen Zusammenhanges als stets und in erster Linie heranzuziehenden Auslegungskriterien im Einzelfall noch Zweifel, so kann zur Ermittlung des wirklichen Willens der Tarifvertragsparteien auf weitere Kriterien wie die Tarifgeschichte, die praktische Tarifübung und die Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages zurückgegriffen werden. Die Reihenfolge der Heranziehung der weiteren Auslegungsmittel ist dabei nicht festgelegt. Entscheidend ist lediglich, dass zunächst und zwingend die am Tarifwortlaut orientierten Auslegungsmittel und der tarifliche Gesamtzusammenhang zu berücksichtigen sind (vgl. BAG AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung m.w.N.; Schaub NZA 1994, S. 597).

c) Die tarifvertragliche Regelung ist im vorliegenden Fall auslegungsbedürftig.

aa) Das Berufungsgericht teilt die Auffassung der 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Bremen, die bereits in dem Urteil vom 06.03.2003 - Az.: 3 Sa 230/02 - ausgeführt hat, dass sich aus den Worten "Arbeiten während des Betriebs ohne Sicherungsposten", ergebe, dass im Rahmen von Nr. 18 c des LTV nur solche Tätigkeiten als gefährlich im Sinne der Zulagenregelung angesehen werden könnten, die im Regelfall oder zumindest dann und wann auch mit Sicherungsposten durchgeführt würden. In dem Urteil wird weiter ausgeführt, dass Sinn und Zweck der tariflichen Regelung die Gewährung eines finanziellen Ausgleichs für eine besondere Gefährdung sei, welche sich gerade daraus ergebe, dass die Tätigkeiten, die normalerweise mit Sicherungsposten erfolgten, ohne Sicherungsposten durchgeführt würden. Die streitige Zulage stellt nach der Bezeichnung durch die Tarifvertragsparteien eine Erschwerniszulage dar. Die Tätigkeit ohne Sicherungsposten soll deshalb eine Erschwernis bedeuten. Wenn aber grundsätzlich keine Sicherungsposten eingesetzt werden, liegen auch nach Auffassung der hier entscheidenden Kammer die Voraussetzungen der Tarifnorm nicht vor.

In dem von der 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Bremen entschiedenen Fall war unstreitig, dass die Wagenmeister ihre Tätigkeit stets ohne Sicherungsposten durchführten. Hieraus folgerte die 3. Kammer, dass die Tätigkeit der Wagenmeister auch nach Auffassung der Tarifvertragsparteien nicht den Gefährlichkeitsgrad erreiche, welchen diese bei der Zulagenregelung vorausgesetzt hätten. Die Voraussetzungen der Tarifnorm für eine Erschwernis lägen nicht vor, zumal es für die Tarifvertragsparteien einfach gewesen wäre, die Tätigkeiten der Wagenmeister im Zulagentarifvertrag ausdrücklich aufzuführen. Im vorliegenden Fall hat der Kläger zwar in der Berufungsinstanz mit Nichtwissen bestritten, dass die Wagenmeister in anderen Niederlassungen der Beklagten ebenfalls ohne Sicherungsposten arbeiteten. Dieses Bestreiten mit Nichtwissen genügt aber nicht. Die Beklagte hat dargelegt, dass die Wagenmeister stets ohne Sicherungsposten arbeiten. Dies kann der Kläger nicht einfach mit Nichtwissen bestreiten, sondern hätte gemäß § 138 Abs. 2 und 4 ZPO substantiiert darlegen müssen, wo Wagenmeister mit Sicherungsposten arbeiten sollen. Ein Bestreiten mit Nichtwissen ist nicht zulässig, wenn sich die Partei das fehlende Wissen in zumutbarer Weise verschaffen kann (vgl. BAG Urt. v. 24.03.1992 - Az.: 1 AZR 215/91; LAG Berlin Urt. v. 16.08.2002 - Az.: 2 Sa 701/02 - NZA-RR 2003, 132 m.w.N.). Der Kläger hätte sich ohne weiteres Kenntnisse darüber verschaffen können, wann und wo Wagenmeister im Bereich der hier einschlägigen Tarifverträge mit Sicherungsposten eingesetzt werden, da er weiterhin bei der Beklagten beschäftigt ist. Er hätte sich insoweit auch der Mithilfe des Betriebsrats bedienen können. Mit Rücksicht hierauf ist sein Bestreiten mit Nichtwissen nicht ausreichend. Im Übrigen trägt der Kläger insoweit auch widersprüchlich vor, weil er im Rahmen der Berufungserwiderung, die sein Bestreiten mit Nichtwissen enthält, an anderer Stelle selbst behauptet, dass der Beklagten die Tatsache, dass die Wagenmeister stets ohne Sicherungsposten arbeiteten, bewusst gewesen sei (S. 2 4. Absatz letzter Satz des Schriftsatzes vom 17.02.2003). Das Vorbringen des Klägers in demselben Schriftsatz steht sich deshalb unvereinbar gegenüber, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt sein Bestreiten mit Nichtwissen unbeachtlich ist (vgl. BAG Urt. v. 13.06.2002 - Az.: 2 AZR 589/91 - DB 2002, 2604). Damit ergibt sich vorliegend kein anderer Sachverhalt als in dem Fall, der der Entscheidung der 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 06.03.2003 - 3 Sa 230/02 - zugrunde lag. Deshalb geht auch die Berufungskammer im vorliegenden Fall davon aus, dass die Tätigkeit von Wagenmeistern nicht den Gefährlichkeitsgrad erreicht, welchen die Tarifvertragsparteien bei der Zulagenregelung vorausgesetzt haben.

Hinzu kommt, dass der Kläger auf dem Rangierbahnhof Seelze tätig ist. Wie sich aus dem der Klagschrift beiliegenden Schaubild und den Erläuterungen dazu ergibt, werden auf verschiedenen Gleisen Güterzüge zusammengestellt und von den Wagenmeistern kontrolliert. Ein fließender Verkehr wird in der Regel nur auf den Außengleisen stattfinden. Die Wagenmeister werden den überwiegenden Teil ihrer Tätigkeit innerhalb stehender und durch Signale gesicherter Züge ausüben müssen. Eine Zulage könnte jedoch nur dann gezahlt werden, wenn die Wagenmeister ihre Tätigkeit an einem Zug ausüben und auf dem Nachbargleis Züge vorbeifahren können. Dass dies ein Regelfall bei der Tätigkeit der Wagenmeister ist, ist nicht ersichtlich.

Wörtliche Auslegung und der tarifliche Gesamtzusammenhang sprechen deshalb für das Auslegungsergebnis der 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts, dem auch die hier entscheidende Berufungskammer folgt.

bb) Das Ergebnis wird auch durch die Tarifgeschichte unterstützt.

Der Kläger hat nicht bestritten, dass die hier streitigen Zulagen nur in einem kleinen Teil des Geltungsgebietes des Tarifvertrages, nämlich in der Niederlassung Bremen gezahlt werden, und zwar seit acht bis zehn Jahren, evtl. auch etwas länger. Der Kläger hat lediglich bestritten, dass er gewusst habe, dass er von der Beklagten im Vergleich zu seinen Kollegen außerhalb der Bremer Niederlassung und auch gegenüber seinen Bremer Kollegen bei der DB. AG bevorzugt behandelt worden sei. Danach ist unstreitig, dass über Jahrzehnte eine Zahlung auch in Bremen nicht erfolgte. Der Tarifvertrag ist in den hier streitigen Passagen seit ca. 1960 in Kraft und im Wesentlichen nicht verändert. 30 Jahre lang wurde in seinem gesamten Geltungsbereich diese Zulage nicht an Wagenmeister gezahlt. Die seit Anfang der 90iger Jahre in einem kleinen Teilbereich erfolgte Zahlung beeinträchtigt nicht das Ergebnis aus der Tarifgeschichte, das die Regelung über die Zulage auf Wagenmeister jahrzehntelang nicht angewendet wurde.

cc) Zu Recht hat auch die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts darauf hingewiesen, dass das Auslegungskriterium "praktische Tarifübung" vorliegend ebenfalls gegen die Annahme spricht, die Tätigkeit von Wagenmeistern würde die Voraussetzungen von Nr. 18 c der Anlage 1 Abschnitt E LTV erfüllen. Hier ist zu berücksichtigen, wie im Tarifgebiet aufgrund der Anmerkungen des Arbeitgebers zu Nr. 18 c in der Sammlung von Verfügungen zum Lohntarifvertrag für die Arbeiter der D. (SVL), der Unfallverhütungsvorschrift sowie den zusätzlichen Durchführungsbestimmungen (ZD zum LTV) mit dieser Tarifnorm "umgegangen" wurde. Dort heißt es in einer Anmerkung der Bundesbahndirektion Nr. 18 c:

"Nr. 18 c

Die Ez für Arbeiten während des Betriebs ohne Sicherungsposten innerhalb des Gleis- oder Weichenbereichs kommt in Betracht, wenn gemäß Abschnitt 10 der DS 132 03 nach Entscheidung der Sicherungsaufsicht ohne Sicherungsposten gearbeitet werden darf."

Durch diesen Hinweis wird deutlich, dass nur solche Tätigkeiten für die Zahlung einer Zulage in Betracht kommen, bei denen zumindest auch mit Sicherungsposten gearbeitet wird.

Die weiteren Hinweise in der DS 132 03, nach denen unter "Arbeiten im Gleis- und Weichenbereich" alle Tätigkeiten im Gefahrenbereich der Gleise bei Erstellung, Instandhaltung, Reinigung und Besichtigung von Bahnanlagen und anderen Anlagen sowie Lerngänge und Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Beseitigung von Störungen an Bahnanlagen und Unfallfolgen gemeint sind, sprechen ebenfalls für das hier vertretene Auslegungsergebnis.

Letztlich ist zu berücksichtigen, dass auch die Tarifvertragsparteien, und zwar auch die tarifschließende Gewerkschaft bzw. deren Rechtsnachfolgerin diese Auslegung der Nr. 18 c der Anlage 1 Abschnitt E LTV, wie sie von der Beklagten vorgenommen wurde, seit Jahrzehnten akzeptiert haben.

d) Der Kläger kann danach nicht darlegen, dass er die Voraussetzungen für einen tariflichen Anspruch auf Zahlung der Zulage nach Nr. 18 c Anlage 1 Abschnitt E LTV erfüllt. Dabei würde sich nichts anderes angeben, wenn die Grundsätze des Bundesarbeitsgerichts zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast bei korrigierender Rückgruppierung entsprechend angewendet würden.

Bei der korrigierenden Rückgruppierung ist Arbeitgeber darlegungs- und beweisbelastet für die fehlenden Voraussetzungen der bisher vorgenommenen Eingruppierung (vgl. BAG Urt. v. 20.06.2001 - Az.: 4 AZR 288/00 - ZTR 2002, 178; BAG Urt. v. 16.10.2002 - Az.: 4 AZR 447/01 - AP Nr. 12 zu § 12 AVR Caritasverband; BAG Urt. v. 16.02.2000 - Az.: 4 AZR 62/99 - AP Nr. 3 zu § 2 NachwG). Der Arbeitgeber muss dementsprechend die objektive Fehlerhaftigkeit der - evtl. auch nur konkludent - mitgeteilten Vergütung darlegen; inwieweit er sie zu beweisen hat, richtet sich danach, wie substantiiert sich der Arbeitnehmer bei seinem Bestreiten einlässt (vgl. BAG Urt. v. 17.05.2000 - Az.: 4 AZR 232/99 - AP Nr. 18 zu §§ 22, 23 BAT-O; BAG Urt. v. 17.05.2000 - Az.: 4 AZR 237/99 - AP Nr. 17 zu §§ 22, 23 BAT-O). Wie bereits ausgeführt, hat im vorliegenden Fall die Arbeitgeberin dargelegt, dass die Tätigkeit der Wagenmeister stets ohne Sicherungsposten erfolgt und sonst nirgends die streitige Zulage an Wagenmeister gezahlt wird. Das Bestreiten des Klägers mit Nichtwissen, dass die Tätigkeit der Wagenmeister sonst auch ohne Sicherungsposten erfolgt, wurde bereits oben als nicht ausreichend eingeordnet. Der Kläger hat auch nicht bestritten, dass die streitige Zulage woanders an Wagenmeister nicht gezahlt wird. Damit verbleibt es bei dem Ergebnis, dass die Zahlung der streitigen Zulage durch die Beklagte an die Wagenmeister - so auch den Kläger - in der Vergangenheit aufgrund irrtümlicher Annahme der tarifvertraglichen Voraussetzungen erfolgte und sie die Zahlung nunmehr einstellen kann.

2. Die Kläger kann den Anspruch auf Weiterzahlung der streitigen Zulage auch nicht aus betrieblicher Übung herleiten.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die betriebliche Übung ein gleichförmiges und wiederholtes Verhalten des Arbeitgebers, das den Inhalt der Arbeitsverhältnisse gestaltet und geeignet ist, vertragliche Ansprüche auf eine Leistung zu begründen, wenn die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers schließen durften, ihnen werde die Leistung auch künftig gewährt (vgl. BAG Urt. v. 16.07.1996 - Az.: 3 AZR 352/95 - AP Nr. 7 zu § 1 BetrAVG Betriebliche Übung; BAG AP Nr. 10 zu § 242 BGB Betriebliche Übung). Das Bundesarbeitsgericht hat ferner entschieden, dass der Arbeitgeber auch eine langjährig gewährte übertarifliche oder außertarifliche Leistung wieder einstellen kann, wenn er sie in falscher Anwendung von Vorschriften erbracht hat, die einen solchen Anspruch in Wirklichkeit nicht vorsehen. Im Zweifel will sich der Arbeitgeber nach dieser Rechtsprechung in diesem Fall lediglich normgemäß verhalten und keine über- oder außertariflichen Leistungen erbringen (vgl. BAG ZTR 1998, 174; BAG AP Nr. 1 zu § 8 BMT-G II; BAG Urt. v. 20.09.2000 - Az.: 5 AZR 20/99 - AP Nr. 6 zu § 2 EFZG).

b) Der Kläger hat in beiden Instanzen begründet, dass ihm seiner Auffassung nach aufgrund des Arbeitsvertrages in Verbindung mit § 9 ZTV in Verbindung mit Nr. 18 c Anlage 1 Abschnitt E LTV die Zulage zusteht, also ein tarifvertraglicher Anspruch bestehen soll. Der Kläger konnte deshalb aus dem Verhalten des Arbeitgebers nicht schließen, er wolle eine außertarifliche Leistung, zu der er nicht verpflichtet sei, aufgrund des Tarifvertrages erbringen. Denn für die Entstehung einer betrieblichen Übung ist ein Verpflichtungswille des Arbeitgebers für eine Leistung, die er nicht bereits aus einem anderen Rechtsgrund schuldet, erforderlich, wobei es nicht auf die subjektiven Vorstellungen des Arbeitgebers, sondern auf den aus dem Verhalten des Arbeitgebers zu schließenden Willen ankommt. Ausreichend ist, dass der Arbeitgeber den objektiven Tatbestand einer betrieblichen Handhabung wissentlich gesetzt hat und die Arbeitnehmer aus seinem Verhalten nach Treu und Glauben auf einen entsprechenden Willen haben schließen können (vgl. BAG AP Nr. 1, 2 und 10 zu § 242 BGB Betriebliche Übung). Der Kläger hat aber das Verhalten des Arbeitgebers nicht als Angebot einer zusätzlichen, nicht tarifvertragsgemäßen Leistung angesehen, sondern als Erfüllung des tarifvertraglich vereinbarten Anspruchs.

Daran ändert das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahrens nichts, dass der Beklagten bewusst gewesen sei, dass die Wagenmeister stets ohne Sicherungsposten arbeiteten und sie sich deshalb nicht bei der Anwendung der tarifvertraglichen Bestimmungen geirrt habe. Denn der Kläger hat gleichzeitig bestritten, dass er gewusst habe, dass er von der Beklagten im Vergleich zu seinen Kollegen außerhalb der Bremer Niederlassung und auch gegenüber seinen Bremer Kollegen bei der DB. AG bevorzugt behandelt worden sei. In diesem Zusammenhang hat er mit Nichtwissen bestritten, dass Wagenmeister in anderen Niederlassungen der Beklagten ebenfalls ohne Sicherungsposten arbeiteten. Hieraus folgt, dass der Kläger mangels Kenntnissen das Verhalten der Beklagten nicht so verstehen konnte, dass sie eine tarifvertraglich nicht vorgesehene Leistung erbringen wollte. Der Kläger hat nicht behauptet, dass die Arbeitgeberin die Zahlung dieser Zulage in irgendeiner Weise ihm gegenüber begründet hätte.

Hinzu kommt, dass diese Leistung bereits gewährt wurde zu einem Zeitpunkt, als noch die Bundesrepublik Deutschland Arbeitgeber des Klägers war. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann aber der Arbeitnehmer auf die Weitergewährung einer Zulage nur vertrauen, wenn er dafür besondere Anhaltspunkte hat, insbesondere dann, wenn die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes angewendet werden oder fortgelten (vgl. BAG AP Nr. 1 zu § 8 BMT-G II; BAG Urt. v. 18.l09.2002 - Az.: 1 AZR 477/01 - AP Nr. 59 zu § 242 BGB Betriebliche Übung). Deshalb durfte die Beklagte auf jeden Fall die übertarifliche Leistung wieder einstellen, da sie sie in falscher Anwendung von Vorschriften erbracht hat und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie diese Leistung unabhängig von der tarifvertraglichen Verpflichtung erbringen wollte. Selbst wenn der Beklagten die Tatsache, dass die Wagenmeister stets ohne Sicherungsposten arbeiteten, bewusst gewesen sein sollte - wie der Kläger behauptet -, so folgt daraus allein noch nicht, dass die Beklagte die Zulage unabhängig von den tarifvertraglichen Regelungen gewähren wollte. Irgendwelche dahingehenden Erklärungen der Beklagten hat der Kläger nicht vorgetragen.

c) Einem Anspruch aufgrund betrieblicher Übung würde im vorliegenden Fall zudem § 3 Abs. 1 MTV für die Arbeitnehmer der DB AG entgegenstehen.

aa) Auch wenn im Arbeitsvertrag lediglich einzelvertraglich die Geltung des Tarifvertrags vereinbart worden ist, ist eine im Tarifvertrag enthaltene Formvorschrift in aller Regel mit dem Inhalt und den Wirkungen einer gesetzlichen Formvorschrift anzuwenden. Die einzelvertragliche Bezugnahme der Parteien auf den Tarifvertrag ist wegen des regelmäßig vorliegenden Parteiwillens, alle Arbeitsverhältnisse auf einheitlicher Rechtsgrundlage durchzuführen, mangels im Einzelfall vorliegender abweichender Anhaltspunkte dahin auszulegen, dass sich die Arbeitsvertragsparteien in allen das Arbeitsverhältnis betreffenden Rechtsfolgen so behandeln lassen wollen, wie sich tarifgebundene Parteien kraft des Tarifvertrages behandeln lassen müssen (vgl. BAG Urt. v. 27.03.1987 - Az.: 7 AZR 527/85 - AP Nr. 29 zu § 242 BGB Betriebliche Übung; BAG Urt. v. 09.12.1981 - Az.: 4 AZR 312/79 - AP Nr. 8 zu § 4 BAT; LAG Köln Urt. v. 19.06.2001 - Az.: 13 Sa 1571/00 - NZA-RR 2002, 163). Im vorliegenden Fall sollte durch die Verweisung im Arbeitsvertrag zwischen den Parteien eine Gleichstellung des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit den tarifgebundenen Arbeitsverhältnissen erfolgen. Deshalb hat vorliegend das tarifvertragliche Schriftformgebot dieselben Auswirkungen wie bei kraft Organisationszugehörigkeit tarifgebundenen Arbeitnehmern.

bb) § 3 Abs. 1 MTV für die Arbeitnehmer der DB AG hat folgenden Wortlaut: "Der Arbeitsvertrag einschließlich Nebenabreden bedarf der Schriftform nach der Anlage 1 zu diesem Tarifvertrag."

Anlage 1 enthält ein Formular eines Arbeitsvertrages, in dem unter § 4 Folgendes bestimmt ist:

"Es wird folgende Nebenabrede vereinbart:

...

Die Nebenabrede kann schriftlich mit einer Frist von ... zum ... gekündigt werden."

Bei der Bestimmung in § 3 MTV handelt es sich um eine gesetzlich vorgeschriebene Schriftform im Sinne des § 126 BGB. Aufgrund der Formulierung, dass der Arbeitsvertrag einschließlich der Nebenabreden der Schriftform "bedarf", handelt es sich um eine konstitutive Schriftform. Ihre Nichtbeachtung führt zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wird der Begriff der Nebenabrede durch den Gegenstand bestimmt. Handelt es sich um die beiderseitigen Hauptrechte und Hauptpflichten aus dem Arbeitsvertrag - also insbesondere um Arbeitsleistung und Arbeitsentgelt -, so gilt eine Vereinbarung hierüber nicht als Nebenabrede. Als Nebenabrede betrachtet das Bundesarbeitsgericht aber eine Vereinbarung dann, wenn es um Leistungen geht, die besondere Aufwendungen des Arbeitnehmers ausgleichen sollen, wie z.B. im vorliegenden Fall nicht tarifvertraglich vereinbarte Erschwerniszuschläge. Bestimmt aber ein Tarifvertrag, dass bestimmte Vertragsabreden nur wirksam sind, wenn sie schriftlich vereinbart werden, so ist die Entstehung von Ansprüchen aufgrund betrieblicher Übung ausgeschlossen (vgl. BAG AP Nr. 29 zu § 242 BGB Betriebliche Übung; BAG Urt. v. 18.09.2002 - Az.: 1 AZR 477/01 - AP Nr. 59 zu § 242 BGB Betriebliche Übung). Da die Gewährung der streitigen Zulage nicht zu den Hauptpflichten zählt, hätte es einer ausdrücklichen schriftlichen Vereinbarung gemäß § 3 MTV bedurft. Hieran fehlt es, so dass eine betriebliche Übung wegen des Schriftlichkeitsgebots nicht entstehen konnte.

Nach allem ist die Berufung begründet. Die Klage war danach als unbegründet abzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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