Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Bremen
Urteil verkündet am 19.03.2003
Aktenzeichen: 2 Sa 248/02
Rechtsgebiete: ZTV, MTV, BGB, BetrAVG


Vorschriften:

ZTV § 3
ZTV § 9
MTV § 3
MTV § 3 Abs. 1
BGB § 126
BGB § 138 Abs. 2
BGB § 138 Abs. 4
BGB § 242
BGB § 611
BetrAVG § 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Bremen Im Namen des Volkes

Aktenzeichen: 2 Sa 248/02

Verkündet am: 19. März 2003

In dem Berufungsverfahren

hat das Landesarbeitsgericht Bremen - Zweite Kammer - aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. März 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter und

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten hin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen vom 07.08.2002 - Az.: 7 Ca 7238/02 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um einen Anspruch des Klägers auf Zahlung einer tariflichen Erschwerniszulage.

Der Kläger ist seit 1995 bei der Beklagten als Wagenmeister beschäftigt.

Im Arbeitsvertrag vom 23.01.1996 heißt es u.a. in § 2:

"Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der DB AG (MTV), gültig vom 1. Januar 1994 an, und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen. Außerdem finden die für die Arbeitnehmer der DB AG jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung."

In § 5 heißt es:

"Änderungen des Arbeitsvertrages und der Nebenabreden sind nur wirksam, wenn sie schriftlich vereinbart werden."

Bis einschließlich Oktober 2001 erhielt der Kläger von der Beklagten die Zulage Nr. 18 c Anlage 1 Abschnitt E des Lohntarifvertrages (LTV) in Verbindung mit § 9 des Zulagentarifvertrages für die Arbeitnehmerin/den Arbeitnehmer der D. B. AG (ZTV) in Höhe von DM 0,86 bzw. € 0,44 brutto pro Stunde.

Anlage 1 Abschnitt E Nr. 18 c des LTV sieht eine Zulagenberechtigung für folgende Tätigkeiten vor:

"...

c) Arbeiten während des Betriebes ohne Sicherungsposten innerhalb des Gleis- oder Weichenbereichs ...".

Für Urlaubs-, Krankheits- und Bürostunden werden insoweit keine Zulagen gezahlt."

§ 9 ZTV hat folgenden Wortlaut:

"Besitzstandszulagen

Die Tarifstellen lfd. Nr. 15 c, 18 b und 18 c der Anlage 1 Abschnitt E LTV/LTV-DR sowie Anlage 4 Abschnitt E, Teil B Vz ATV 5 finden dem Grunde nach und in der Höhe von einheitlich 0,86 DM solange Anwendung, bis eine Prämienregelung im Sinne von § 3 ZTV für diesen Personenkreis in Kraft tritt."

Die Tarifverhandlungen sind noch nicht abgeschlossen, so dass die Regelung weiterhin Gültigkeit hat.

Zu den tarifvertraglichen Bestimmungen sind "Zusätzliche Durchführungsbestimmungen (ZD) zum LTV" ergangen, in denen es u.a. heißt:

"Zu Tarifstelle lfd. Nr. 18 c

1. Der Begriff "während des Betriebs" findet Anwendung, sobald mit einer Zug- oder Rangierfahrt gerechnet werden muss.

2. Der Begriff "innerhalb des Gleis- und Weichenbereichs" umfasst den Gefahrenbereich, in dem Arbeiter durch bewegte Schienenfahrzeuge gefährdet werden können, und den frei zu haltenden lichten Raum (vgl. auch DS 132 03, Abschnitt 2, Abs. 23 bis 25)."

In der Sammlung von Verfügungen zum LTV für die Arbeiter der D. B. (SVL), die Verfügungen des Vorstands und der zentralen Hauptverwaltung sowie der B. -direktionen enthält, heißt es bzgl. der Zulage 18 c:

"Die Ez für Arbeiten während des Betriebs ohne Sicherungsposten innerhalb des Gleis- oder Weichenbereichs kommt in Betracht, wenn gemäß Abschnitt 10 der DS 132 03 nach Entscheidung der Sicherungsaufsicht ohne Sicherungsposten gearbeitet werden darf."

In der DS 132 03, die in den zusätzlichen Durchführungsbestimmungen ZD zum LTV in Bezug genommen worden ist, wird beschrieben, welche Arbeiten unter dem Terminus "Arbeiten im Gleis- und Weichenbereich" zu verstehen sind. So ist unter Ziff. 2 (9) "Begriffserklärungen" ausgeführt, dass hierunter

"Alle Tätigkeiten im Gefahrenbereich der Gleise bei Erstellung, Instandhaltung (Inspektion, Wartung, Instandsetzung), Reinigung und Besichtigung von Bahnanlagen und anderen Anlagen sowie Lerngänge und Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Beseitigung von Störungen an Bahnanlagen und von Unfallfolgen."

Zu verstehen sind. Diese Begriffsbestimmung findet sich in ähnlicher Form in der Unfallverhütungsvorschrift GUV 5.7, die die DS 132 03 am 01.01.2000 ersetzte. Wegen der weiteren Einzelheiten der DS 132 03 wird auf Bl. 46 - 50 d. A. verwiesen.

Die Tätigkeit von Wagenmeistern, wie dem Kläger, wird im Regelwerk Modul 936.0103 "Wagen und Ladeeinheiten und Container (LE) im Betrieb technisch behandeln Grundsätze, Aufgabenstellung" beschrieben. Der Kläger ist in der technischen Wagenbehandlung (TWB) als Wagenmeister im sog. "Hammerdienst" tätig. Die Aufgabenstellung umfasst:

die Untersuchung

- von Güterzügen

- von Wagen und deren Ladungen

- LE

die Beurteilung von

- Schäden und Mängeln

- Verladearten

die Behebung von

- Kleinschäden an Güterwagen das Bezetteln von

- Schadwagen

- schadhaften DB-Containern.

Die Tätigkeit im Einzelnen umfasst u.a. die Überprüfung des ordnungsgemäßen Zustandes des Laufwerks, der einwandfreien Führung der Lagergehäuse, der ordnungsgemäßen Bereifung der Räder, des Untergestells, der Tür-, Dach- und Klappenverschlüsse und anderer der Sicherheit dienenden Einrichtungen. Der Kläger ist für den betriebssicheren Zustand der Güterwagen verantwortlich. Die Untersuchung der Güterwagen wird in den Bahnhöfen der Beklagten, die sich im Bereich der jeweiligen Niederlassung befinden, am stehenden Zug vor Beginn der Zugfahrt durchgeführt. Dabei geht der Kläger am Zug entlang. Das Gleis, auf dem sich der Zug befindet, ist durch Signale abgesichert. Die Tätigkeit der Wagenmeister wird bei der Niederlassung Bremen der Beklagten ausschließlich ohne Sicherungsposten ausgeführt. Ob dies im gesamten Bereich der Beklagten ebenso ist, hat der Kläger in 2. Instanz mit Nichtwissen bestritten.

Im Bereich der Niederlassung Bremen zahlte die Beklagte den Wagenmeistern die streitige Zulage seit ca. acht bis zehn Jahren. Die tariflichen Regelungen sind dagegen seit ca. 1960 im Wesentlichen unverändert geblieben. Weder die Wagenmeister der Beklagten im übrigen Bundesgebiet noch die Wagenmeister der DB Regio im Bereich Bremen erhalten eine Erschwerniszulage.

Mit Schreiben vom 16.11.2001 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Tätigkeit als Wagenmeister nicht zulageberechtigt im Sinne der Zulagenregelung Nr. 18 c Anlage E LTV sei und die Beklagte daher die Zahlung der Zulage mit sofortiger Wirkung einstelle.

Mit Schreiben vom 03.01.2002 widersprach der Kläger und forderte die Beklagte auf, die Zulage weiter zu zahlen.

Mit seiner am 21.05.2002 der Beklagten zugestellten Klage begehrte der Kläger zunächst Zahlung der Erschwerniszulage für die Monate November, Dezember 2001 und Januar bis März 2002. In Termin vom 07.08.2002 vor dem Arbeitsgericht Bremen stellte er den Klagantrag auf Feststellung um. Die Beklagte hat im Termin vom 7.8.2002 erklärt, dass sie sich einer derartigen Feststellung unterwerfen würde.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, ihm stehe die geltend gemachte Erschwerniszulage bereits auf der Grundlage der tarifvertraglichen Regelungen zu. Als Wagenmeister überprüfe er die Züge auf ihre technische Sicherheit. Da er zu diesem Zweck an dem zur Überprüfung bereit gestellten Zug entlang gehe, bewege er sich innerhalb der Bahnanlagen des Rangierbahnhofes Seelze. Sämtliche nebeneinander liegenden Gleise seien in Betrieb. Zwar sei der von ihm zu überprüfende Zug durch Signale abgesichert; neben dem zu überprüfenden Zug befänden sich jedoch ungesicherte Gleise, auf denen jederzeit Züge hin- und herfahren könnten. Aus diesem Grunde liege die Voraussetzung "während des Betriebs" vor, da in dem Gleisbereich, in dem er sich als Wagenmeister aufhalte, stets mit Zug- oder Rangierfahrten gerechnet werden müsse. Eine weitere tatbestandliche Voraussetzung, nämlich eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben entweder durch sehr schnell fahrende Züge oder durch einen Abstand von weniger als einem Meter zwischen den Zügen, sei der tarifvertraglichen Bestimmung nicht zu entnehmen.

Die von der Beklagten herangezogene "Sammlung von Verfügungen zum Lohntarifvertrag für die Arbeiter der Deutschen Bundesbahn" sei für die Auslegung des tariflichen Anspruchs unbeachtlich; denn sie stelle nur die Auffassung der Beklagten über die Auslegung der tarifvertraglichen Bestimmungen dar.

Für den Fall, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen der tarifvertraglichen Regelung für die Erschwerniszulage nicht erfüllt seien, sei die Beklagte aus dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung dazu verpflichtet, die Zulage weiterhin zu zahlen. Da an ihn mehr als drei Mal die entsprechende Leistung erbracht worden sei, ohne dass sich die Beklagte einen Widerruf vorbehalten habe, sei sie zur Zahlung verpflichtet.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass die Beklagte dem Kläger die Zulage Nr. 18 c nach Anlage 1 Abschnitt E LTV in Verbindung mit § 9 ZTV auch über den 31.10.2001 hinaus zu gewähren hat.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die streitgegenständliche tarifliche Regelung sei unter Heranziehung der Durchführungsbestimmungen zum LTV auszulegen, welche ihrerseits auf die DS 132 03 "Unfallverhütungsvorschrift" Bezug nehme. Weitere Anhaltspunkte zur Auslegung ergäben sich aus der "Sammlung von Verfügungen zum LTV für die Arbeiter der Deutschen Bundesbahn" (SVL), welche Verfügungen des Vorstandes und der zentralen Hauptverwaltung sowie der Bundesbahndirektion beinhalteten. Die DS 132 03 "Unfallverhütungsvorschrift" führe aus, dass unter "Arbeiten im Gleis- und Weichenbereich alle Tätigkeiten im Gefahrenbereich der Gleise bei Erstellung, Instandhaltung (Inspektion, Wartung, Instandsetzung), Reinigung und Besichtigung von Bahnanlagen und anderen Anlagen sowie Lerngänge und Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Beseitigung von Störungen an Bahnanlagen und Unfallfolgen" gemeint seien. Der Kläger arbeite demgegenüber an stehenden Fahrzeugen/Güterwagen und somit nicht an Bahnanlagen und sonstigen Anlagen, so dass das Gefährdungskriterium nicht erfüllt sei. Weiterhin sei er nicht im Gleis- oder Weichenbereich tätig, sondern führe seine Arbeit überwiegend neben dem durch Signale gesicherten Gleis am stehenden Zug aus. Im Gefahrenbereich des Nachbargleises befinde sich der Kläger bei seiner Tätigkeit nicht (dies führt die Beklagte anhand konkreter Zahlen im Einzelnen aus; insoweit wird auf Bl. 24 d. A. verwiesen).

Nach der sonstigen Handhabung und Auslegung der Regelwerke sei die Zulage 18 c für den Personenkreis der Ober- bzw. Gleisbauarbeiter und Weichenreiniger vorgesehen, da diese unstrittig im Gleis- und Weichenbereich und an Bahnanlagen arbeiteten. Dies sei auch ausdrücklicher Wille der Tarifvertragsparteien gewesen. Eine Ausdehnung der Zahlung der Zulagen auf einen weiteren als den vorgenannten Personenkreis sei von keiner Seite vorgesehen gewesen.

Sie habe stets nur tarifgerecht vergüten wollen und sei im Hinblick auf die interne Revision auch nur hierzu berechtigt. Dies sei dem Kläger bekannt gewesen, so dass dieser nicht von einer bewusst übertariflichen Zahlung habe ausgehen können, nachdem die tarifvertraglichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Sie könne deshalb die lediglich irrtümliche übertarifliche Zahlung wieder rückgängig machen.

Die Beklagte hat weiter darauf hingewiesen, dass mit Ausnahme des Bereichs der ehemaligen Bundesbahndirektion Hannover die streitige Zulage an Wagenmeister nicht gezahlt worden sei. Die DB Regio AG zahle ebenfalls keine Zulage an Wagenmeister.

Das Arbeitsgericht Bremen hat am 07.08.2002 folgendes Urteil verkündet:

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger die Zulage gemäß § 9 ZTV in Verbindung mit Anlage 1 Abschnitt E Ziff. 18 c LTV auch über den 31.10.2001 hinaus zu zahlen hat.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf € 1844,24 festgesetzt.

4. Die Berufung wird, insoweit sie nicht kraft Gesetzes zulässig ist, gesondert zugelassen.

Wegen der Einzelheiten der Begründung durch das Arbeitsgericht wird auf Bl. 70 - 76 d. A. Bezug genommen.

Gegen dieses ihr am 01.10.2002 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 01.11.2002 Berufung beim Landesarbeitsgericht eingelegt und diese am 29.11.2002 begründet.

Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ferner vor:

Eine betriebliche Übung könne nur dort entstehen, wo der Arbeitgeber in einem vertraglich nicht geregelten Bereich über längere Zeit vorbehaltlos Leistungen erbringe. Da sie nach Maßgabe eines umfassenden und differenziert geregelten Vergütungsgefüges leiste, scheide von vornherein eine betriebliche Übung aus. Die vom Bundesarbeitsgericht insoweit für den öffentlichen Dienst entwickelten Grundsätze müssten auf diesen Fall übertragen werden. Sie sei schließlich über die Bahnreform aus einem öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber entstanden und habe nach wie vor durch Übergangsregelungen normierte umfangreiche Nachwirkungen öffentlich-rechtlicher tarifgebundener Arbeitsverhältnisse zu tragen und vor allem zu beachten. Auch wenn man - wie das Arbeitsgericht - die Voraussetzungen für das Vorliegen einer betrieblichen Übung nach allgemeinen Regelungen prüfe, ergäbe sich kein Anspruch des Klägers; denn dieser hätte aus dem Erklärungsverhalten des Arbeitgebers nicht auf den Willen des Arbeitgebers, eine übertarifliche Leistung zu erbringen, schließen können. Der Kläger habe gewusst, dass er von ihr im Vergleich zu seinen Kollegen außerhalb der Bremer Niederlassung und auch gegenüber seinen Bremer Kollegen bei der DB Regio AG bevorzugt behandelt würde. Es seien keine Gründe dafür vorgetragen, dass er Anhaltspunkte dafür gehabt habe, dass dies aus sachlichen Gründen, die auch unter Berücksichtigung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes bestehen könnten, gerechtfertigt sei. Auch aus § 9 ZTV ergebe sich nichts anderes. Schließlich habe das Arbeitsgericht § 3 Abs. 1 des MTV für die Arbeitnehmer der Deutschen Bahn AG übersehen, nach dem für Nebenabreden zum Arbeitsvertrag die Schriftform vorgesehen sei.

Soweit das Arbeitsgericht eine direkte Anwendung der Nr. 18 c nach Anlage 1 Abschnitt E LTV in Verbindung mit § 9 ZTV abgelehnt habe, sei dem Urteil beizutreten.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen - 7 Ca 7238/02 - vom 07.08.2002 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und trägt ferner vor:

Die Tatsache, dass die Wagenmeister stets ohne Sicherungsposten arbeiteten, sei der Beklagten bewusst gewesen. Sie habe sich deshalb nicht bei der Anwendung der tarifvertraglichen Bestimmungen geirrt.

Es werde bestritten, dass er gewusst habe, dass er von der Beklagten im Vergleich zu seinen Kollegen außerhalb der Bremer Niederlassung und auch gegenüber seinen Bremer Kollegen bei der DB Regio AG bevorzugt behandelt worden sei. Es werde auch mit Nichtwissen bestritten, dass Wagenmeister in anderen Niederlassungen der Beklagten ebenfalls ohne Sicherungsposten arbeiteten. Seine Erklärung in der mündlichen Verhandlung 1. Instanz, die Wagenmeister würden stets ohne Sicherungsposten tätig, habe sich nur auf den ihm bekannten Arbeitsplatz der Wagenmeister in der Niederlassung Bremen bezogen.

Er habe einen tariflichen Anspruch auf die Zulage. Die Voraussetzungen des "Arbeitens während des Betriebes ohne Sicherungsposten innerhalb des Gleis- oder Weichenbereichs" seien erfüllt. Sinn und Zweck der verhältnismäßig geringen Zulage sei nicht der Ausgleich einer konkreten Gefahr für Leib und Leben, sondern die Erschwernis einer Tätigkeit ohne Absicherung durch Sicherungsposten im Gleis- oder Weichenbetrieb. Sonst ergebe sich der Anspruch aus betrieblicher Übung.

Ein Schriftformerfordernis für spätere Änderungen und Ergänzungen des Arbeitsvertrages sei nicht vereinbart worden. Durch das Schriftformerfordernis in § 3 Abs. 1 MTV solle nur erreicht werden, dass ein schriftlicher Arbeitsvertrag unterzeichnet werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt, insbesondere die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften und die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die an sich statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und damit insgesamt zulässige Berufung ist begründet.

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts ist kein Anspruch des Klägers auf die Zulage nach § 9 ZTV in Verbindung mit Anlage 1 Abschnitt E Nr. 18 c LTV gegeben; ein derartiger Anspruch ergibt sich auch nicht aus betrieblicher Übung.

I.

Die Klage ist zulässig.

Insoweit ist dem erstinstanzlichen Urteil zuzustimmen. Auf die Begründung des Arbeitsgerichts unter I. (S. 7 f d. A.) des angefochtenen Urteils wird verwiesen, weil das Berufungsgericht dem erstinstanzlichen Urteil insoweit folgt (§ 69 Abs. 2 ArbGG).

II.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

1. Ein tarifvertraglicher Anspruch des Klägers auf Zahlung der Zulage gemäß Anlage 1 Abschnitt E Nr. 18 c LTV in Verbindung mit § 9 ZTV D. B. besteht nicht.

a) Die Tarifverträge der Deutschen Bahn AG finden auf das Arbeitsverhältnis des Klägers Anwendung, da dies in dem Arbeitsvertrag zwischen den Parteien vereinbart worden ist.

b) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Zunächst ist dabei vom Tarifwortlaut auszugehen. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften (§ 133 BGB). Über den reinen Tarifwortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mitzuberücksichtigen, sofern und soweit er in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Hierzu ist auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abzustellen, der häufig schon deswegen berücksichtigt werden muß, weil nur daraus und nicht aus der einzelnen Tarifnorm auf den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien geschlossen und nur so bei Mitberücksichtigung des tariflichen Gesamtzusammenhangs der Sinn und Zweck der Tarifnormen zutreffend ermittelt werden kann. Verbleiben bei entsprechender Auswertung des Tarifwortlautes und des tariflichen Gesamtzusammenhanges als den stets und in erster Linie heranzuziehenden Auslegungskriterien im Einzelfall noch Zweifel, so kann zur Ermittlung des wirklichen Willens der Tarifvertragsparteien auch auf weitere Kriterien, wie die Tarifgeschichte, die praktische Tarifübung und die Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrags zurückgegriffen werden, wobei es für die Gerichte eine Bindung an eine bestimmte Reihenfolge bei der Heranziehung dieser weiteren Auslegungsmittel nicht gibt (BAGE 46, 308, 313 ff. = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung = EzA § 1 TVG Auslegung Nr. 14; BAGE 60, 219, 223 ff. = AP Nr. 127 zu § 611 BGB Gratifikation; BAGE 42, 86, 89 = AP Nr. 128 zu § 1 TVG Auslegung). Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen; dabei gebührt im Zweifel derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt.

c) Die für den Anspruch des Klägers maßgebliche Norm, Ziff. 18 c des ZTV ist auslegungsbedürftig. Das Tatbestandsmerkmal "Arbeiten innerhalb des Gleis- bzw. Weichenbereichs" wirft zunächst die Frage auf, wie dieser Bereich zu definieren sei. Weiter drängt sich auf zu fragen, welche Art die zulagenberechtigende Arbeit ist und welchem Gegenstand sie gilt. Schließlich legt die Formulierung "ohne Sicherungsposten" nahe, nur solche Arbeiten, für die ansich ein Sicherungsposten vorgesehen ist, für zulageberechtigt zu halten.

Der Tarifvertrag selbst enthält keine nähere Erläuterung der verwendeten Begriffe. Da aber anzunehmen ist, dass die Tarifvertragsparteien Tatbestandsmerkmale verwendet haben, die innerhalb des Bahnbetriebes eine festumrissene Bedeutung haben, ist zur Auslegung der Ziff. 18 c ZTV auf den bei der Bahn verwendeten Sprachgebrauch unter Berücksichtigung der im Bahnbetrieb geltenden Normen und innerbetrieblichen Regelungen abzustellen.

aa) Die Kammern 1 und 3 des LAG Bremen haben in ihren Entscheidungen vom 06.03.2003 - Az.: 3 Sa 230/02 und vom 25.03.2003 - Az.: 1 Sa 3/03 angenommen, aus den Worten "Arbeiten während des Betriebs ohne Sicherungsposten", ergebe sich, dass im Rahmen von Nr. 18 c des LTV nur solche Tätigkeiten als gefährlich im Sinne der Zulagenregelung angesehen werden könnten, die im Regelfall oder zumindest dann und wann auch mit Sicherungsposten durchgeführt würden. Weiter wird ausgeführt, Sinn und Zweck der tariflichen Regelung sei die Gewährung eines finanziellen Ausgleichs für eine besondere Gefährdung, welche sich gerade daraus ergebe, dass die Tätigkeiten, die normalerweise mit Sicherungsposten erfolgten, ohne Sicherungsposten durchgeführt würden. Die streitige Zulage stelle nach der Bezeichnung durch die Tarifvertragsparteien eine Erschwerniszulage dar. Die Tätigkeit ohne Sicherungsposten solle deshalb eine Erschwernis bedeuten. Wenn aber grundsätzlich keine Sicherungsposten eingesetzt werden, liegen nach Auffassung der dort entscheidenden Kammern die Voraussetzungen der Tarifnorm nicht vor.

Die 2. Kammer teilt diese Auslegung der zulagebegründenden Norm. Sie wird bestätigt dadurch, dass die innerbetrieblich geltenden Regelungen, insbesondere die Unfallverhütungsvorschrift (UVV) für die Tätigkeit des Klägers als Wagermeister Sicherungsposten nicht vorsehen. Die UVV GUV 5.7 - gültig seit dem 01.01.2000 - definiert ihren Geltungsbereich ebenso wie die von ihr abgelöste UVV DS 132 03. Sie gilt für Arbeiten im Gleisbereich, worunter alle Tätigkeiten verstanden werden, die zur Errichtung, Instandhaltung, Änderung und Beseitigung von Bahn- und anderen Anlagen im Gleisbereich durchgeführt werden, einschließlich der damit zusammenhängenden Arbeiten. Für solche Arbeiten ist eine Sicherung vorgesehen, die von einer Sicherungsaufsicht durchzuführen und zu überwachen ist. Diese wiederum entscheidet, ob ohne Sicherungsposten gearbeitet werden kann.

Die "zusätzliche Durchführungsbestimmungen (ZD) zum LTV" beziehen sich ausdrücklich auf die UVV DS 132 03 und den danach gegebenen Entscheidungsspielraum der Sicherungsaufsicht.

Diese Regelungen sind zur Auslegung der zulagenbegründenden Norm heranzuziehen. Nur im Zusammenhang mit der ZD z. LTV und der DS 132 03 bzw. GUV 5.7 erhält die Ziff. 18 c des ZTV klare Konturen. Danach ist der tarifvertragliche Anspruch auf die Zulage dann begründet, wenn die Tätigkeit des Klägers der einschlägigen UVV, die eine Sicherungsaufsicht erfordert, unterfällt, die wiederum über die Notwendigkeit von Sicherungsposten entscheiden kann.

bb) Die Beklagte stützt ihre Entscheidung, die Zulage zu streichen, auf diesen Umstand. Sie ist der Auffassung, dem Kläger stünde die Zulage nicht zu, da er nicht an den Bahnanlagen arbeitet. Der Kläger hingegen hat nicht vorgetragen, dass dies der Fall ist. Er hat lediglich die Behauptung der Beklagten mit Nichtwissen bestritten, dass Wagenmeistertätigkeit im Bereiche der Beklagten stets ohne Sicherungsposten durchgeführt wird. Notwendig zur Darlegung der Berechtigung seines Anspruches auf die Zulage wäre allerdings gewesen, vorzutragen, dass seine Tätigkeit eine solche ist, die in den Geltungsbereich einer bei der Beklagten existierenden Regelung fällt, die eine Sicherungsaufsicht vorsieht.

cc) Die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Bremen hat in der zitierten Entscheidung als unstreitig angenommen, dass die Wagenmeister ihre Tätigkeit im gesamten Bereich der Beklagten mit Ausnahme des Bereichs der Bezirksdirektion Bremen und auch hier ohne den Bereich der DB Regio AG stets ohne Sicherungsposten durchführten. Weiter war dort wie im vorliegenden Fall unstreitig, dass die umstrittene Zulage erst seit ca. 8 bis 10 Jahren im Bereich der Niederlassung Bremen gezahlt wurde, obwohl der Zulagentarifvertrag seit rund 40 Jahren ohne wesentliche Änderungen gilt.

Hieraus hat die Kammer 3 folgende Schlußfolgerungen gezogen:

Sie hat ihr Ergebnis der Tarifauslegung zum Einen durch die Tarifgeschichte unterstützt gesehen. Zum Anderen hat sie darauf hingewiesen, dass das Auslegungskriterium "praktische Tarifübung" ebenfalls gegen die Annahme spricht, die Tätigkeit von Wagenmeistern würde die Voraussetzungen von Nr. 18 c der Anlage 1 Abschnitt E LTV erfüllen. In diesem Zusammenhang hat sie berücksichtigt, wie im Tarifgebiet aufgrund der Anmerkungen des Arbeitgebers zu Nr. 18 c in der Sammlung von Verfügungen zum Lohntarifvertrag für die Arbeiter der Deutschen Bundesbahn (SVL), der Unfallverhütungsvorschrift sowie den zusätzlichen Durchführungsbestimmungen (ZD zum LTV) mit dieser Tarifnorm "umgegangen" wurde. Durch die Anmerkung der Bundesbahndirektion zu Nr. 18 c) werde deutlich, dass nur solche Tätigkeiten für die Zahlung einer Zulage in Betracht kommen, bei denen zumindest auch mit Sicherungsposten gearbeitet werde. Auch die DS 132 03, nach der unter "Arbeiten im Gleis- und Weichenbereich" alle Tätigkeiten im Gefahrenbereich der Gleise bei Erstellung, Instandhaltung, Reinigung und Besichtigung von Bahnanlagen und anderen Anlagen sowie Lerngänge und Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Beseitigung von Störungen an Bahnanlagen und Unfallfolgen gemeint sind, spreche ebenfalls für das von ihr vertretene Auslegungsergebnis.

Die Kammer 2 macht sich diese Auffassung zur Stützung ihrer unter Zi. II.2.c) aa) gemachten Ausführungen ebenso zu eigen wie die Kammer 1 in der o.a. Entscheidung. Allerdings hat der Kläger wie auch der in dem von der Kammer 1 entschiedenen Fall mit Nichtwissen bestritten, dass Wagenmeister in anderen Niederlassungen der Beklagten ohne Sicherungsposten arbeiten.

Das Bestreiten dieses Umstandes mit Nichtwissen durch den Kläger beeinträchtigt das Gewicht dieser Argumente aber nicht. Die Beklagte hat dargelegt, dass die Wagenmeister stets ohne Sicherungsposten arbeiten. Sie hat dies auch damit begründet, dass die Unfallverhütungsvorschrift, die Sicherungsposten regelt, für die Tätigkeit der Wagenmeister nicht gilt. Dies kann der Kläger nicht einfach mit Nichtwissen bestreiten, er hätte vielmehr gemäß § 138 Abs. 2 und 4 ZPO substantiiert darlegen müssen, wo Wagenmeister mit Sicherungsposten arbeiten sollen. Bei der Auslegung der tariflichen Bestimmungen durch die Beklagte, die die Berufungskammer - wie oben ausgeführt - für richtig hält, hätte der Kläger darlegen müssen, dass die Auslegung keine Stütze in der Tarifgeschichte und der Tarifpraxis findet. Ein Bestreiten mit Nichtwissen ist darüber hinaus dann unbeachtlich, wenn sich die Partei das fehlende Wissen in zumutbarer Weise verschaffen kann (vgl. BAG Urt. v. 24.03.1992 - Az.: 1 AZR 215/91; LAG Berlin Urt. v. 16.08.2002 - Az.: 2 Sa 701/02 - NZA-RR 2003, 132 m.w.N.). Der Kläger hätte sich ohne weiteres Kenntnisse darüber verschaffen können, wann und wo Wagenmeister im Bereich der hier einschlägigen Tarifverträge mit Sicherungsposten eingesetzt werden, da er weiterhin bei der Beklagten beschäftigt ist. Er hätte sich insoweit auch der Mithilfe des Betriebsrats bedienen können. Mit Rücksicht hierauf ist sein Bestreiten mit Nichtwissen nicht ausreichend. Im Übrigen trägt der Kläger insoweit auch widersprüchlich vor, weil er im Rahmen des selben Schriftsatzes, der sein Bestreiten mit Nichtwissen enthält, an anderer Stelle selbst behauptet, dass der Beklagten die Tatsache, dass die Wagenmeister stets ohne Sicherungsposten arbeiteten, bewusst gewesen sei. Das Vorbringen des Klägers in demselben Schriftsatz steht sich deshalb unvereinbar gegenüber, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt sein Bestreiten mit Nichtwissen unbeachtlich ist (vgl. BAG Urt. v. 13.06.2002 - Az.: 2 AZR 589/91 - DB 2002, 2604). Die Auslegung der anspruchsbegründenden Norm unter Berücksichtigung der betrieblichen Regelungen einschließlich der DS 1132 03 und der tarifliche Gesamtzusammenhang sprechen deshalb für das Auslegungsergebnis der Kammern des Landesarbeitsgerichts Bremen.

d) Der Kläger kann danach nicht darlegen, dass er die Voraussetzungen für einen tariflichen Anspruch auf Zahlung der Zulage nach Nr. 18 c Anlage 1 Abschnitt E LTV erfüllt. Dabei würde sich nichts anderes ergeben, wenn die Grundsätze des Bundesarbeitsgerichts zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast bei korrigierender Rückgruppierung entsprechend angewendet würden.

Bei der korrigierenden Rückgruppierung ist Arbeitgeber darlegungs- und beweisbelastet für die fehlenden Voraussetzungen der bisher vorgenommenen Eingruppierung (vgl. BAG Urt. v. 20.06.2001 - Az.: 4 AZR 288/00 - ZTR 2002, 178; BAG Urt. v. 16.10.2002 - Az.: 4 AZR 447/01 - AP Nr. 12 zu § 12 AVR Caritasverband; BAG Urt. v. 16.02.2000 - Az.: 4 AZR 62/99 - AP Nr. 3 zu § 2 NachwG). Der Arbeitgeber muss dementsprechend die objektive Fehlerhaftigkeit der - evtl. auch nur konkludent - mitgeteilten Vergütung darlegen; inwieweit er sie zu beweisen hat, richtet sich danach, wie substantiiert sich der Arbeitnehmer bei seinem Bestreiten einlässt (vgl. BAG Urt. v. 17.05.2000 - Az.: 4 AZR 232/99 - AP Nr. 18 zu §§ 22, 23 BAT-O; BAG Urt. v. 17.05.2000 - Az.: 4 AZR 237/99 - AP Nr. 17 zu §§ 22, 23 BAT-O). Wie bereits ausgeführt, hat im vorliegenden Fall die Arbeitgeberin dargelegt, dass die Tätigkeit der Wagenmeister stets ohne Sicherungsposten erfolgt und sonst nirgends die streitige Zulage an Wagenmeister gezahlt wird. Das Bestreiten des Klägers mit Nichtwissen, dass die Tätigkeit der Wagenmeister sonst auch ohne Sicherungsposten erfolgt, wurde bereits oben als nicht ausreichend eingeordnet. Der Kläger hat auch nicht behauptet, dass die streitige Zulage woanders an Wagenmeister gezahlt wird. Damit verbleibt es bei dem Ergebnis, dass die Zahlung der streitigen Zulage durch die Beklagte an die Wagenmeister - so auch den Kläger - in der Vergangenheit aufgrund irrtümlicher Annahme der tarifvertraglichen Voraussetzungen erfolgte und sie die Zahlung nunmehr einstellen kann (vgl. LAG Bremen vom 6.3.2003 - Az.: 3 Sa 230/02 und vom 25.3.2003 - Az.: 1 Sa 3/03).

Der Kläger hat nicht bestritten, dass die hier streitigen Zulagen nur in einem kleinen Teil des Geltungsgebietes des Tarifvertrages, nämlich in der Niederlassung Bremen gezahlt werden, und zwar seit acht bis zehn Jahren, evtl. auch etwas länger. Der Kläger hat lediglich bestritten, er habe gewusst, dass er von der Beklagten im Vergleich zu seinen Kollegen außerhalb der Bremer Niederlassung und auch gegenüber seinen Bremer Kollegen bei der DB Regio AG bevorzugt behandelt worden sei. Danach ist unstreitig, dass über Jahrzehnte eine Zahlung auch in Bremen nicht erfolgte. Der Tarifvertrag ist in den hier streitigen Passagen seit ca. 1960 in Kraft und im Wesentlichen nicht verändert. 30 Jahre lang wurde in seinem gesamten Geltungsbereich diese Zulage nicht an Wagenmeister gezahlt. Die seit Anfang der 90iger Jahre in einem kleinen Teilbereich erfolgte Zahlung beeinträchtigt nicht das Ergebnis aus der Tarifgeschichte, das die Regelung über die Zulage auf Wagenmeister jahrzehntelang nicht angewendet wurde.

2. Die Kläger kann den Anspruch auf Weiterzahlung der streitigen Zulage auch nicht aus betrieblicher Übung herleiten. Auch hier teilt die Berufungskammer die Auffassung der Kammern 1 und 3 in den angegebenen Urteilen. Die Kammer 1 hat hierzu unter Berücksichtigung des Vortrages des dortigen Klägers, der dem des Klägers im vorliegenden Verfahren entspricht - mit Ausnahme von Ausführungen, die sich auf die Betriebszugehörigkeit stützen -ausgeführt:

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die betriebliche Übung ein gleichförmiges und wiederholtes Verhalten des Arbeitgebers, das den Inhalt der Arbeitsverhältnisse gestaltet und geeignet ist, vertragliche Ansprüche auf eine Leistung zu begründen, wenn die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers schließen durften, ihnen werde die Leistung auch künftig gewährt (vgl. BAG Urt. v. 16.07.1996 - Az.: 3 AZR 352/95 - AP Nr. 7 zu § 1 BetrAVG Betriebliche Übung; BAG AP Nr. 10 zu § 242 BGB Betriebliche Übung). Das Bundesarbeitsgericht hat ferner entschieden, dass der Arbeitgeber auch eine langjährig gewährte übertarifliche oder außertarifliche Leistung wieder einstellen kann, wenn er sie in falscher Anwendung von Vorschriften erbracht hat, die einen solchen Anspruch in Wirklichkeit nicht vorsehen. Im Zweifel will sich der Arbeitgeber nach dieser Rechtsprechung in diesem Fall lediglich normgemäß verhalten und keine über- oder außertariflichen Leistungen erbringen (vgl. BAG ZTR 1998, 174; BAG AP Nr. 1 zu § 8 BMT-G II; BAG Urt. v. 20.09.2000 - Az.: 5 AZR 20/99 - AP Nr. 6 zu § 2 EFZG).

b) Der Kläger hat in beiden Instanzen begründet, dass ihm seiner Auffassung nach aufgrund des Arbeitsvertrages in Verbindung mit § 9 ZTV in Verbindung mit Nr. 18 c Anlage 1 Abschnitt E LTV die Zulage zusteht, also ein tarifvertraglicher Anspruch bestehen soll. Der Kläger konnte deshalb aus dem Verhalten des Arbeitgebers nicht schließen, er wolle eine außertarifliche Leistung, zu der er nicht verpflichtet sei, aufgrund des Tarifvertrages erbringen. Denn für die Entstehung einer betrieblichen Übung ist ein Verpflichtungswille des Arbeitgebers für eine Leistung, die er nicht bereits aus einem anderen Rechtsgrund schuldet, erforderlich, wobei es nicht auf die subjektiven Vorstellungen des Arbeitgebers, sondern auf den aus dem Verhalten des Arbeitgebers zu schließenden Willen ankommt. Ausreichend ist, dass der Arbeitgeber den objektiven Tatbestand einer betrieblichen Handhabung wissentlich gesetzt hat und die Arbeitnehmer aus seinem Verhalten nach Treu und Glauben auf einen entsprechenden Willen haben schließen können (vgl. BAG AP Nr. 1, 2 und 10 zu § 242 BGB Betriebliche Übung). Der Kläger hat aber das Verhalten des Arbeitgebers nicht als Angebot einer zusätzlichen, nicht tarifvertragsgemäßen Leistung angesehen, sondern als Erfüllung des tarifvertraglich vereinbarten Anspruchs.

Daran ändert das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahrens nichts, dass der Beklagten bewusst gewesen sei, die Wagenmeister arbeiteten stets ohne Sicherungsposten, sie habe sich deshalb nicht bei der Anwendung der tarifvertraglichen Bestimmungen geirrt. Denn der Kläger hat gleichzeitig bestritten, dass er gewusst habe, dass er von der Beklagten im Vergleich zu seinen Kollegen außerhalb der Bremer Niederlassung und auch gegenüber seinen Bremer Kollegen bei der DB Regio AG bevorzugt behandelt worden sei. In diesem Zusammenhang hat er mit Nichtwissen bestritten, dass Wagenmeister in anderen Niederlassungen der Beklagten ebenfalls ohne Sicherungsposten arbeiteten. Hieraus folgt, dass der Kläger mangels Kenntnissen das Verhalten der Beklagten nicht so verstehen konnte, dass sie eine tarifvertraglich nicht vorgesehene Leistung erbringen wollte. Der Kläger hat nicht behauptet, dass die Arbeitgeberin die Zahlung dieser Zulage in irgendeiner Weise ihm gegenüber begründet hätte.

c) Einem Anspruch aufgrund betrieblicher Übung würde im vorliegenden Fall zudem § 3 Abs. 1 MTV für die Arbeitnehmer der DB AG entgegenstehen.

aa) Auch wenn im Arbeitsvertrag lediglich einzelvertraglich die Geltung des Tarifvertrags vereinbart worden ist, ist eine im Tarifvertrag enthaltene Formvorschrift in aller Regel mit dem Inhalt und den Wirkungen einer gesetzlichen Formvorschrift anzuwenden. Die einzelvertragliche Bezugnahme der Parteien auf den Tarifvertrag ist wegen des regelmäßig vorliegenden Parteiwillens, alle Arbeitsverhältnisse auf einheitlicher Rechtsgrundlage durchzuführen, mangels im Einzelfall vorliegender abweichender Anhaltspunkte dahin auszulegen, dass sich die Arbeitsvertragsparteien in allen das Arbeitsverhältnis betreffenden Rechtsfolgen so behandeln lassen wollen, wie sich tarifgebundene Parteien kraft des Tarifvertrages behandeln lassen müssen (vgl. BAG Urt. v. 27.03.1987 - Az.: 7 AZR 527/85 - AP Nr. 29 zu § 242 BGB Betriebliche Übung; BAG Urt. v. 09.12.1981 - Az.: 4 AZR 312/79 - AP Nr. 8 zu § 4 BAT; LAG Köln Urt. v. 19.06.2001 - Az.: 13 Sa 1571/00 - NZA-RR 2002, 163). Im vorliegenden Fall sollte durch die Verweisung im Arbeitsvertrag zwischen den Parteien eine Gleichstellung des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit den tarifgebundenen Arbeitsverhältnissen erfolgen. Deshalb hat vorliegend das tarifvertragliche Schriftformgebot dieselben Auswirkungen wie bei kraft Organisationszugehörigkeit tarifgebundenen Arbeitnehmern.

bb) § 3 Abs. 1 MTV für die Arbeitnehmer der DB AG hat folgenden Wortlaut: "Der Arbeitsvertrag einschließlich Nebenabreden bedarf der Schriftform nach der Anlage 1 zu diesem Tarifvertrag."

Anlage 1 enthält ein Formular eines Arbeitsvertrages, in dem unter § 4 Folgendes bestimmt ist:

"Es wird folgende Nebenabrede vereinbart:

...

Die Nebenabrede kann schriftlich mit einer Frist von ... zum ... gekündigt werden."

Bei der Bestimmung in § 3 MTV handelt es sich um eine gesetzlich vorgeschriebene Schriftform im Sinne des § 126 BGB. Aufgrund der Formulierung, dass der Arbeitsvertrag einschließlich der Nebenabreden der Schriftform "bedarf", handelt es sich um eine konstitutive Schriftform. Ihre Nichtbeachtung führt zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wird der Begriff der Nebenabrede durch den Gegenstand bestimmt. Handelt es sich um die beiderseitigen Hauptrechte und Hauptpflichten aus dem Arbeitsvertrag - also insbesondere um Arbeitsleistung und Arbeitsentgelt -, so gilt eine Vereinbarung hierüber nicht als Nebenabrede. Als Nebenabrede betrachtet das Bundesarbeitsgericht aber eine Vereinbarung dann, wenn es um Leistungen geht, die besondere Aufwendungen des Arbeitnehmers ausgleichen sollen, wie z.B. im vorliegenden Fall nicht tarifvertraglich vereinbarte Erschwerniszuschläge. Bestimmt aber ein Tarifvertrag, dass bestimmte Vertragsabreden nur wirksam sind, wenn sie schriftlich vereinbart werden, so ist die Entstehung von Ansprüchen aufgrund betrieblicher Übung ausgeschlossen (vgl. BAG AP Nr. 29 zu § 242 BGB Betriebliche Übung; BAG Urt. v. 18.09.2002 - Az.: 1 AZR 477/01 - AP Nr. 59 zu § 242 BGB Betriebliche Übung). Da die Gewährung der streitigen Zulage nicht zu den Hauptpflichten zählt, hätte es einer ausdrücklichen schriftlichen Vereinbarung gemäß § 3 MTV bedurft. Hieran fehlt es, so dass eine betriebliche Übung wegen des Schriftlichkeitsgebots nicht entstehen konnte.

cc) Bereits aus der im Arbeitsvertrag verwendeten Formulierung, das Arbeitsverhältnis bestimme sich nach dem Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der DB AG (MTV), und der Regelung wonach Änderungen des Arbeitsvertrages und der Nebenabreden nur wirksam sind, wenn sie schriftlich vereinbart werden, wird hinreichend der Wille der Arbeitsvertragsparteien zum Ausdruck gebracht, dass die tarifvertraglichen Regelungen nicht etwa nur als Mindestbedingungen für das Arbeitsverhältnis gelten sollen, sie sollen vielmehr das Arbeitsverhältnis abschließend regeln, es sei denn, es werde dies ausdrücklich gesondert schriftlich vereinbart. Die Ausformulierung des Arbeitsvertrages kann beim Kläger keinen Zweifel daran aufkommen lassen, dass auch die privatisierte Bahn sich gehalten sieht, nur nach den tariflichen Normen zu vergüten. Insoweit gilt auch mangels anderer arbeitsvertraglicher Vereinbarung der Grundsatz des Normvollzuges.

Nach allem ist die Berufung begründet. Die Klage war danach als unbegründet abzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.

Ende der Entscheidung

Zurück