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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Bremen
Urteil verkündet am 27.06.2002
Aktenzeichen: 3 Sa 23/02
Rechtsgebiete: BGB, EFZG, TVG, Fliesenleger-TV, BRTV, ZPO, ArbGG


Vorschriften:

BGB § 612
BGB § 611
BGB § 147 Abs. 2
EFZG § 4 Abs. 1
TVG § 1
Fliesenleger-TV § 3 Ziff. 3
Fliesenleger-TV § 3 Ziff. 4
BRTV § 16
BRTV § 5 Ziff. 8
BRTV § 5 Ziff. 10
ZPO § 92 Abs. 1
ArbGG § 72 a
Nach § 3 des Tarifvertrages zur Regelung von Akkordarbeiten im Fliesen- und Plattenlegergewerbe im Lande Bremen vom 02. Oktober 1997 muss der Arbeitgeber zumindest dann, wenn keine Minderleistung des Arbeitnehmers vorliegt, den vereinbarten Mindestlohn zahlen, wenn keine Akkordabrechnungen vom Arbeitnehmer vorgelegt wurden, sondern lediglich sog. "Stundenzettel", die nur Angaben über die tägliche Arbeitszeit enthalten.
Landesarbeitsgericht Bremen Im Namen des Volkes

Aktenzeichen: 3 Sa 23/02

Verkündet am: 27. Juni 2002

In dem Berufungsverfahren

hat das Landesarbeitsgericht Bremen - Dritte Kammer - aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27. Juni 2002 durch den Präsidenten des Landesarbeitsgerichts als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen vom 25.09.2001 - Az.: 3 Ca 3024/01 + 3063/01 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 8.138,67 brutto abzgl. € 4.046,21 netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungsgesetzes ab dem 31.01.2001 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 1/28, die Beklagte 27/28.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um wechselseitige Zahlungsansprüche aus ihrem Arbeitsverhältnis mit Klage und Widerklage.

Der Kläger war in der Zeit vom 09.08.2000 bis 22.11.2000 als Fliesenleger bei der Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis ist der allgemeinverbindliche Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (im Folgenden: BRTV) anzuwenden.

In erster Instanz war unstreitig, dass der Kläger in der Zeit, in der das Arbeitsverhältnis bestanden hat, mindestens 39 Stunden pro Woche für die Beklagte gearbeitet hat, und zwar im August 2000 134,5 Stunden, im September 2000 161,5 Stunden und im Oktober 2000 175 Stunden und im November 2000 114 Arbeitsstunden. Die entsprechenden Stundenzettel, wegen deren Inhalt auf Bl. 6 bis 23 d. A. verwiesen wird, sind der Beklagten vom Kläger jeweils übersandt worden.

Ein von beiden Parteien unterschriebener Arbeitsvertrag liegt nicht vor.

Die Beklagte übersandte dem Kläger allerdings am 14.08.2000 einen schriftlichen Arbeitsvertrag, den der Kläger nicht unterschrieben hat.

In § 3 dieses Vertrages ist die Vergütung nach dem Tarifvertrag zur Regelung von Akkordarbeiten im Fliesen- und Plattenlegergewerbe im Lande Bremen vom 02.10.1997 mit dem Stundenlohnmultiplikator von 27,21 DM vereinbart worden. Im Einzelnen wird auf das Vertragsformular Bl. 62 f d. A. verwiesen.

Der Kläger nahm seine Arbeit aufgrund eines Aushangs beim Arbeitsamt, durch den bei der Firma St. (Adresse wie Beklagte) ein Fliesenleger zur Vollzeitanstellung und zur Bezahlung nach Tarif gesucht wurde, und nach einem Einstellungsgespräch mit Herrn W. , auf. Wegen der Einzelheiten des Aushangs wird auf Bl. 46 d. A. verwiesen.

Der Kläger erhielt für seine Arbeit Stundenzettel der Firma St. , mit denen er seine Arbeit gegenüber seinem Arbeitgeber belegte (Bl. 6 bis 23 d. A.).

Folgende Zahlungen leistete die Beklagte auf die Lohnforderungen des Klägers:

1. DM 2.500,00 Überweisung Abschlag August 2000, ohne Datum 2. DM 2.000,00 Scheck vom 23.10.2000, Abschlag September 2000 3. DM 2.000,00 Überweisung vom 20.11.2000, Abschlag Oktober 2000 4. DM 986,02 Überweisung, Rest (laut Abrechnung) November 2000 5. DM 326,61 Überweisung vom 27.12.2000, Rest Abr. Oktober 2000 6. DM 101,76 Überweisung vom 19.12.2000, Rest Abr. September 2000

Der Kläger machte bei der Firma St. für den Monat August mit anwaltlichem Schreiben vom 26.10.2000, das laut Rückschein des Einschreibens am 30.10.2000 zugegangen ist, Abrechnung für den Zeitraum August und September 2000 sowie Auszahlung der sich daraus ergebenden Nettobeträge geltend.

Mit Schreiben vom 21.11.2000 erklärte der Kläger seine fristlose Kündigung. In dem Schreiben ging er von einem Arbeitsverhältnis zu der Firma St. aus. Der Eingang des Schreibens wurde von der Beklagten, die unter derselben Adresse firmiert, quittiert. In dem Schreiben machte der Kläger nochmals Abrechnung der Monate August, September, Oktober und November 2000 geltend sowie die Zahlung des nicht näher spezifizierten Lohns und die Rückgabe der Arbeitsunterlagen.

Mit Schreiben vom 22.11.2000 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass dieser nicht bei der Firma St. , sondern bei der Beklagten selbst angestellt ist. Im Übrigen drohte sie mit einer arbeitsgerichtlichen Klage, wenn vom Kläger nicht bis zum 30.11.2000 Abrechnungsunterlagen eingereicht werden würden. Wegen des genauen Inhalts wird auf Bl. 47 und 48 d. A. bzgl. der Kündigung des Klägers und der Antwort der Beklagten verwiesen.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 30.11.2000 an die Beklagte, das dieser am 04.12.2000 zuging, machte der Kläger erneut Abrechnung für die Monate August bis November 2000 und dementsprechende Zahlung geltend, dabei verwies er auf einen Stundenlohn von DM 27,80 gemäß BRTV und weitere tarifliche Leistungen. Außerdem nahm er Bezug auf die übersandten Stundenzettel. Auf Bl. 95 und 96 d. A. wird wegen der Einzelheiten dieses Briefes verwiesen.

Am 08.01.2001 wurde per Anwaltsfax der Bruttolohnanspruch von insgesamt DM 16.263,00 abzgl. der bis dahin gezahlten Abschläge sowie die Abrechnung für November gefordert. Wegen des Inhalts im Einzelnen wird auf Bl. 98 und 99 d. A. verwiesen, ebenso auf die Faxbestätigung Bl. 100 d. A.

Der Kläger hat Lohnabrechnungen von der Beklagten für den Arbeitszeitraum August bis November 2000 inzwischen erhalten, und zwar zwischen dem 30.11.2000 und dem 08.01.2001.

Zunächst nicht nachgewiesene Meldungen an die Urlaubskasse sowie die Rückgabe der Lohnsteuerkarte für das Jahr 2000 sind inzwischen erfolgt.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 16.01.2001, der am 18.01.2001 beim Arbeitsgericht Bremen eingegangen ist, Klage erhoben. Die Klage wurde der Beklagten am 23.01.2001 zugestellt.

Die Beklagte hat ihrerseits mit Schriftsatz vom 15.02.2001, der am 19.02.2001 beim Arbeitsgericht eingegangen ist, Widerklage erhoben.

Der Widerklage liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Widerbeklagte (im Folgenden: Kläger) war zusammen mit den Mitarbeitern der Widerklägerin (im Folgenden: Beklagte) T. Lü. und W. B. an dem Bauvorhaben G. Str. 1 in Bremen beschäftigt. Bei diesem Bauvorhaben entstand an einem Estrichboden im November 2000 ein Schaden. Ob der Kläger dafür einzustehen hat, ist streitig.

Der Schaden wurde von der Beklagten nach einem Angebot der Firma D. (Kostenvoranschlag) vom 30.01.2001 mit DM 27.439,00 beziffert (Bl. 110 f d. A.). Diese Forderung hat die Beklagte erstmals mit außergerichtlichem Schreiben vom 12.02.2001 gegenüber dem Kläger geltend gemacht. Einerseits wurde der Schaden durch eine Regulierung der Allianz Versicherung in Höhe von DM 13.004,59 am 19.06.2001 beglichen; andererseits beläuft sich der konkrete Schaden entgegen dem Kostenvoranschlag nunmehr nach Behauptung der Beklagten nur noch auf insgesamt DM 14.459,54 (Bl. 113 f d. A.). Die Beklagte macht daraufhin nur noch die Differenz zwischen Schaden und Kostenerstattung durch die Allianz Versicherung gegenüber dem Kläger geltend.

Der Kläger hat in erster Instanz die Auffassung vertreten,

die Vergütung richte sich nach dem BRTV für das Baugewerbe und diese sei dementsprechend mit DM 27,80 pro Stunde zu berechnen. Daraus errechne sich seine Bruttoklagforderung.

Die Klagforderung werde auch nicht durch die Verfallfristen des § 16 BRTV tangiert, da die Beklagte erst nach dem 22.11.2000 Abrechnungen erteilt habe und dem Kläger erst daraufhin eine bezifferte Geltendmachung zuzumuten gewesen sei. Darüber hinaus habe der Kläger zur Zeit der Auszahlung der Abschläge angenommen, dass eine korrekte Zahlung nach Abrechnung erfolgen werde. Die Frist des Verfalls beginne somit erst nach Erteilung der Abrechnungen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 16.263,00 brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatzüberleitungsgesetzes seit dem 13.01.2001 abzgl. geleisteter Zahlungen in Höhe von DM 7.913,79 netto zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat widerklagend beantragt,

den Kläger zu verurteilen, als Gesamtschuldner neben Herrn Th. Lü. , A. 27, 3....., sowie Herrn W. B. , S. 227, 2..... , an die Beklagte DM 1.444,95 netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatzüberleitungsgesetzes seit dem 22.02.2001 zu zahlen.

Die Beklagte hat vorgetragen, die in dem dem Kläger übersandten schriftlichen Arbeitsvertrag enthaltenen Bestimmungen seien mündlich mit Herrn W. vereinbart worden. Es sei danach eine Vergütung nach dem Tarifvertrag zur Regelung von Akkordarbeit im Fliesen- und Plattenlegergewerbe im Lande Bremen vereinbart worden. Den daraus resultierenden Verpflichtungen zur Akkordabrechnung unter Mitteilung der Akkordwerte usw. sei der Kläger nicht nachgekommen. Dementsprechend stehe ihm überhaupt kein Lohnanspruch zu.

Ein evtl. Lohnanspruch des Klägers für August 2000 sei nach § 16 BRTV verfristet, da der Kläger diesen nicht konkret und rechtzeitig geltend gemacht habe. Den jetzt geltend gemachten Betrag habe der Kläger bereits früher errechnen und geltend machen können, wenn er selbst von einem Stundenlohn ausgehe.

Bzgl. der Widerklage hat die Beklagte zunächst vorgetragen, der Kläger habe höchst grob fahrlässig nicht verarbeiteten Estrich aushärten lassen und bei der Entfernung durch einen Boschhammer sei der darunterliegende Hallenfußboden auf 60 m² beschädigt worden.

Mit Schriftsatz vom 23.08.2001 hat sie vorgetragen, der Kläger habe zusammen mit zwei Arbeitskollegen mit großen Hämmern einfach auf dem Estrich herumgeschlagen, obwohl der benannte Zeuge H. "pass auf" gerufen habe. Dies werde u.a. damit belegt, dass ein Schreiben der Firma B. vom 21.11.2000 (Bl. 109 d. A.) vorgelegt werde, nach dem der ausgehärtete Estrich mit dem Presslufthammer bearbeitet worden sei.

Eine tarifliche Ausschlussfrist greife nicht, da der Kläger vorgetragen habe, die Firma St. sei Arbeitgeber. Weiter sei es richtig, dass die Schäden im November 2000 während der Tätigkeit des Klägers durch diesen mitverursacht worden seien. Der Kläger habe es unterlassen, den angelieferten Estrich zu entfernen.

Der Kläger hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Der Kläger hat bzgl. der Widerklage vorgetragen, er bestreite an dem schädigenden Ereignis beteiligt gewesen zu sein. An der besagten Baustelle habe er lediglich Estrich verlegt, jedoch nicht an der von den anderen Beteiligten vorgenommenen Estrichbeseitigung, so dass er von dem ganzen Ereignis nichts mitbekommen habe. Im Übrigen habe die Beklagte lediglich den Schaden, nicht aber die Beteiligung des Klägers beschrieben. Auch der Zeitpunkt der Schädigung sei nicht näher eingegrenzt worden.

Darüber hinaus beruft sich der Kläger auf die Verfallfrist des § 16 BRTV. Es sei auf den Zeitpunkt abzustellen, ab dem der Gläubiger das ungefähre Ausmaß des Schadens erkennen könne. Dies sei der Tag, an dem der Schaden eingetreten sei. Danach sei die Ausschlussfrist nicht eingehalten worden.

Das Arbeitsgericht Bremen hat am 25.09.2001 das folgende Urteil verkündet:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 16.263,00 brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskonsatzüberleitungsgesetzes ab dem 23.01.2001 abzgl. geleisteter Zahlungen in Höhe von DM 7.913,79 netto zu zahlen.

2. Die Widerklage wird abgewiesen.

3. Die Beklagte und Widerklägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

4. Der Streitwert wird festgesetzt auf DM 9.794,16.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Wegen der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf Bl. 142 bis 152 d. A. verwiesen.

Dieses Urteil wurde der Beklagten am 29.11.2001 zugestellt. Die Beklagte hat mit einem am Montag, den 31.12.2001 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 26.02.2002 mit einem an diesem Tage beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagte wendet sich u.a. mit Rechtsausführungen gegen das erstinstanzliche Urteil und trägt ergänzend vor:

In dem Gespräch mit Herrn W. sei eine Vereinbarung hinsichtlich der Regelung der Vergütung auf der Basis des Tarifvertrages zur Regelung von Akkordarbeiten im Fliesen- und Plattenlegergewerbe im Lande Bremen getroffen worden. Unabhängig davon, dass nach Auffassung der Beklagten ein Arbeitsvertrag zwischen den Parteien zustande gekommen sei, sei der vom Arbeitsgericht angenommene Stundenlohn nicht gemäß § 612 BGB "üblich". Insoweit sei auf den Tarifvertrag zur Regelung des Mindestlohnes im Baugewerbe hinzuweisen. Spätestens seit Übersendung des Arbeitsvertrages am 14.08.2000 habe der Kläger auch gewusst, wer sein Arbeitgeber ist. Der Kläger habe zu keinem Zeitpunkt vorgetragen, dass er effektiv 39 Stunden in dem fraglichen Zeitraum, für den er eine Vergütung geltend macht, auch tatsächlich gearbeitet habe. Es sei lediglich zugrunde zu legen das, was der Kläger tatsächlich gearbeitet habe. Entsprechende Abrechnungen habe der Kläger nicht vorgelegt. Es werde deshalb bestritten, dass er in der fraglichen Zeit wöchentlich 39 Stunden gearbeitet habe. Im Übrigen berufe sich die Beklagte auf die Verfallklausel des § 16 BRTV Bau.

Bzgl. der Widerklage wiederholt die Beklagte ihren erstinstanzlichen Vortrag, wonach der Estrich auf der Baustelle W. Bremen, G. Str. 1 in Bremen, verlegt worden sei. Der Restestrich, so trägt die Beklagte auf Bl. 9 ihres Berufungsbegründungsschriftsatzes vor, sei dann durch die Mitarbeiter Lü. und Lö. "erst am darauffolgenden Tag mit einem Boschhammer entfernt, da er ausgehärtet sei". Sodann trägt sie vor: "Der Estrich wurde dann in der Tat von den Mitarbeitern Lü. , B. und dem Kläger beseitigt." Dies sei im November geschehen. Eine Schadensbezifferung habe erst am 30.01.2001, basierend auf dem Schreiben der Firma D. , erfolgen können. § 16 BRTV greife nicht ein.

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Bremen vom 25.09.2001 die Klage abzuweisen sowie widerklagend den Kläger zu verurteilen, als Gesamtschuldner neben Herrn Th. Lü. , A. 27, 3....., sowie Herrn W. B. , S. 227, 2....., an die Beklagte € 738,79 netto nebst 5 % Punkten über den Basiszinssatz seit dem 22.02.2001 zu zahlen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen vom 25.09.2001, Az.: 3 Ca 3024, 3063/01, zurückzuweisen.

Der Kläger verweist im Wesentlichen auf seinen erstinstanzlichen Vortrag.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften sowie auf den Berufungsbegründungsschriftsatz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I

Die Berufung ist bei dem vom Arbeitsgericht festgesetzten Wert des Streitgegenstandes, der dem Beschwerdewert entspricht, statthaft. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig.

II

Die Berufung hatte nur zu einem geringen Teil Erfolg.

1. Zwischen den Parteien ist ein Arbeitsvertrag zustande gekommen, und zwar mit dem Inhalt des dem Kläger am 14.08.2000 von der Beklagten übersandten schriftlichen Angebots eines Arbeitsvertrags.

a) Der Arbeitsvertrag ist ein gegenseitiger Vertrag, auf den die Regeln des allgemeinen Teils des BGB Anwendung finden. Für den Abschluss des Arbeitsvertrages gelten deshalb grundsätzlich die Regeln der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre. Der Arbeitsvertrag bedarf zu seiner Wirksamkeit grundsätzlich keiner Form. Er muss also insbesondere nicht schriftlich abgeschlossen werden (vgl. ErfK-Preis 2. Aufl. § 611 BGB Rdz. 429). Ein Antrag unter Abwesenden, für den keine Annahmefrist bestimmt worden ist, kann danach bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, zu dem der Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen zu erwarten ist (vgl. § 147 Abs. 2 BGB). Dabei ist auch eine konkludente oder stillschweigende Annahme möglich. Diese kann auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen. In der Rechtsprechung ist anerkannt dass z.B. das Bewirken der Leistung oder die Entgegennahme der angebotenen Leistung als Annahme anzusehen ist (vgl. BGH NJW 1980 S. 2246; BGH NJW 1963 S. 1248; ErfK-Preis 2. Aufl. § 611 BGB Rdz. 429).

b) Dem Kläger ist unstreitig am 14.08.2000 der Arbeitsvertrag Bl. 62 ff. d. A. übersandt worden. Dieser Vertrag weist als Arbeitgeber die Firma St. + K. GmbH, also die Beklagte aus. Der Arbeitsvertrag enthält in § 3 eine Regelung über die Vergütung mit folgendem Inhalt:

"§ 3 Vergütung

Erfolgt nach dem Tarifvertrag zur Regelung von Akkordarbeiten im Fliesen- und Plattenlegergewerbe im Lande Bremen vom 2. Oktober 1997 mit dem jeweiligen gültigen Multiplikator von z.Zt. DM 25,74 + DM 1,47 Bauzuschlag, so dass der Stundenlohn z.Zt. DM 27,21 ausmacht."

Der Arbeitsvertrag enthält in § 4 eine Regelung über die Arbeitszeit mit folgendem Inhalt:

"§ 4 Arbeitszeit

Die Arbeitszeit regelt sich nach den gesetzlichen Bestimmungen und den betrieblichen Verhältnissen.

Derzeit beträgt die regelmäßige Arbeitszeit - ohne Pausen - Montag bis Freitag 39,00 Stunden.

Die Arbeitszeit beginnt montags bis donnerstags von 7.00 h - 16.30 h, freitags von 7.00 - 12.30 h.

Frühstückspause von 30 Minuten und eine Mittagspause von 30 Minuten."

Der Kläger hat diesen Arbeitsvertrag zwar nicht unterschrieben und an die Beklagte zurückgeschickt. Er hat jedoch in Kenntnis dieses Arbeitsvertragsangebots weitergearbeitet. Er hat seine Stundenzettel - wenn auch mit dem Kopf "St. Fliesen, Natursteine professionelle Verlegung" an die Beklagte, von der er auch die Stundenzettel erhalten hatte, oder an die unter der gleichen Anschrift firmierende Firma St. geschickt. Er hat die Verdienstabrechnungen, die im Kopf die Firma St. + K. GmbH ausweisen, entgegen genommen und auch die Überweisungen der Abschlagszahlungen mit der Absenderangabe St. + K. GmbH akzeptiert. Damit ist konkludent der Arbeitsvertrag in der Fassung, die dem Kläger schriftlich im August als Angebot zugegangen ist, zustande gekommen.

2. Der Zahlungsanspruch des Klägers ist gemäß § 611 BGB bzw. § 4 Abs. 1 EFZG dem Grunde nach gegeben.

a) Auf das Arbeitsverhältnis ist aufgrund der einzelvertraglichen Vereinbarung der Tarifvertrag zur Regelung von Akkordarbeiten im Fliesen- und Plattenlegergewerbe im Lande Bremen vom 02. Oktober 1997 (im Folgenden: Fliesenleger-TV) anwendbar.

§ 2 dieses Tarifvertrages hat folgenden Wortlaut:

"§ 2

Grundsatz

Sämtliche Arbeiten sind grundsätzlich im Akkord auszuführen. Für einzelne Arbeitnehmer kann im Einvernehmen mit der Betriebsvertretung hiervon abgewichen werden. Für Arbeiten, die nicht im Vertrag enthalten sind oder die nach übereinstimmender Ansicht von Arbeitgeber und Betriebsvertretung als nicht im Akkord auszuführen angesehen werden, ist eine Vereinbarung zu treffen."

§ 3 lautet in den Absätzen 1 bis 4 wie folgt:

"§ 3

Berechnung des Akkordlohnes

1. Für die im Akkord auszuführenden Arbeiten gelten die im Anhang zu diesem Tarifvertrag aufgeführten Leistungswerte für den dort umschriebenen Leistungsumfang.

2. Die festgelegten Leistungswerte sind mit dem jeweils tariflich vereinbarten Fliesenleger-Stundenlohn (Ecklohn) zu multiplizieren.

3. Alle Arbeiten an einem Bau, wo mehrere Fliesenleger beschäftigt sind, werden in Gemeinschaftsarbeit ausgeführt und abgerechnet. Über die geleistete Arbeitszeit der einzelnen Leger innerhalb der Akkordgemeinschaft ist ein gesonderter Wochenzettel über die tatsächlich geleisteten Akkordstunden bei der Firma abzugeben. Wochenzettel und Abrechnungsformulare sind von der Firma zu stellen. Die Akkordabrechnung (Aufmaß und Akkordwerte) ist vom Fliesenleger vorzunehmen.

4. Arbeitnehmer, die in der Regel im Akkord arbeiten oder für Akkordarbeit eingestellt sind, haben keinen Anspruch auf Weiterzahlung des Akkordverdienstes, wenn sie im Zeitlohn beschäftigt werden. Wird durch Minderleistung der Zeitlohn nicht erreicht, so ist nur dann der Zeitlohn als Mindestlohn zu zahlen, wenn die Minderleistung auf sachliche oder betriebliche Umstände zurückzuführen ist und nicht hervorgerufen wurde durch eine persönliche Minderleistung des Arbeitnehmers. Die persönliche Minderleistung muss in Übereinstimmung mit dem Betriebsrat festgestellt werden.

5. ...

6. ...

7. ..."

b) Der Kläger hat unbestritten vorgetragen, dass er die Stundenzettel Bl. 6 ff. d. A. von der Beklagten erhalten hat und an diese oder die Firma St. GmbH geschickt. Hierbei handelt es sich nicht um die Wochenzettel und Abrechnungsformulare, die in § 3 Ziff. 3 erwähnt sind. Der Kläger musste allerdings aufgrund der ihm übergebenen Stundenzettel deshalb davon ausgehen, dass er im Stundenlohn arbeitete. Auch die Beklagte hat durch die widerspruchslose Hinnahme der Stundenzettel dem Kläger gegenüber zum Ausdruck gebracht, dass auch sie davon ausging, dass der Kläger im Stundenlohn bezahlt wurde. Dabei ist unerheblich, ob die Stundenzettel die Beklagte direkt oder über die Firma St. GmbH erreichten. Die Beklagte hat durch die Entgegennahme und Beantwortung des an die Firma St. GmbH gerichteten Kündigungsschreibens, das mit ihrem Eingangsstempel versehen wurde, deutlich gemacht, dass auch an die Firma St. GmbH gerichtete Schreiben sie erreichten, von ihr bearbeitet werden. Hinzu kommt, dass nicht substantiiert bestritten wurde, dass sie die Stundenzettel des Klägers erhalten hat. Dies ist nicht per se tarifwidrig, wie eine Auslegung des Tarifvertrages ergibt.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat die Auslegung einer Tarifnorm entsprechend den Grundsätzen der Gesetzesauslegung zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen. Dabei ist jedoch über den reinen Tarifwortlaut hinaus der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnormen mit zu berücksichtigen, sofern und soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Hierzu ist auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abzustellen, der häufig schon deswegen mit berücksichtigt werden muss, weil nur daraus und nicht aus der einzelnen Tarifnorm auf den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien geschlossen und so nur bei Mitberücksichtigung des tariflichen Gesamtzusammenhangs der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Verbleiben bei entsprechender Auslegung des Tarifwortlautes und des tariflichen Zusammenhanges als stets und in erster Linie heranzuziehenden Auslegungskriterien im Einzelfall noch Zweifel, so kann zur Ermittlung des wirklichen Willens der Tarifvertragsparteien auf weitere Kriterien wie die Tarifgeschichte, die praktische Tarifübung und die Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages zurückgegriffen werden. Die Reihenfolge der Heranziehung der weiteren Auslegungsmittel ist dabei nicht festgelegt. Entscheidend ist lediglich, dass zunächst und zwingend die am Tarifwortlaut orientierten Auslegungsmittel und der tarifliche Gesamtzusammenhang zu berücksichtigen sind (vgl. zum ganzen: BAG AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung mit Hinweisen auf die weitere Rechtsprechung und Literatur sowie Schaub NZA 1994, S. 597).

bb) Nach § 2 des vereinbarten Fliesenlegertarifvertrages ist für Arbeiten, die in diesem Tarifvertrag nicht enthalten sind oder die nach übereinstimmender Ansicht von Arbeitgeber und Betriebsvertretung als nicht im Akkord auszuführen angesehen werden, eine Vereinbarung zu treffen. § 3 Ziff. 4 des genannten Tarifvertrages schreibt vor, dass dann, wenn durch Minderleistung der Zeitlohn nicht erreicht wird, nur dann der Zeitlohn als Mindestlohn zu zahlen ist, wenn die Minderleistung auf sachliche oder betriebliche Umstände zurückzuführen ist und nicht hervorgerufen wurde durch eine persönliche Minderleistung des Arbeitnehmers. Die persönliche Minderleistung muss dabei in Übereinstimmung mit der Betriebsrat festgestellt werden.

Durch widerspruchslose Hinnahme der dem Kläger von der Beklagten zuvor übergebenen Stundenzettel hat die Beklagte zum einen deutlich gemacht, dass sie die Arbeiten als nicht im Akkord auszuführen - ebenso wie der Kläger, der diese Stundenzettel und keine Akkordabrechnung vorgelegt hat - ansieht. Der Beklagten wäre es ein Leichtes gewesen, dem Kläger die Akkordabrechnungen zu übersenden und zur Abrechnung aufzufordern. Der Vortrag der Beklagten, sie habe dies getan, ist gänzlich unsubstantiiert. Die Beklagte hat weder dargelegt, wann sie den Kläger aufgefordert haben will, noch hat sie dargetan, dass sie ihrer Verpflichtung nach § 3 Ziff. 3 des Fliesenleger-TV nachgekommen ist und dem Kläger die entsprechenden Abrechnungsunterlagen "gestellt" hat. Darüber hinaus ist nicht dargetan, dass der Kläger während der Zeit, in der er für die Beklagte tätig war, Arbeiten ausgeführt hat, für die Leistungswerte im Fliesenleger-TV enthalten sind. Für bestimmte Arbeiten, die die Beklagte selbst erwähnt erscheint dies zumindest fraglich, nämlich z.B. für die Estrichverlegung.

In § 3 Ziff. 4 des Fliesenleger-TV ist festgelegt, dass der Zeitlohn als Mindestlohn zu zahlen ist, es sei denn, dass eine persönliche Minderleistung des Arbeitnehmers vorliegt. Außerdem muss die Minderleistung in Übereinstimmung mit dem Betriebsrat festgestellt werden.

Unabhängig davon, dass unbekannt ist, ob eine Betriebsvertretung bei der Beklagten besteht, ist auch nicht von der Beklagten eine Minderleistung des Klägers vorgetragen worden.

Aus dem Wortlaut der Bestimmung ergibt sich deshalb schon ein Anspruch des Klägers auf den Mindestlohn.

Sinn und Zweck des § 3 Ziff. 4 Fliesenleger-TV ist zudem, dem Arbeitnehmer zumindest den Mindestlohn unter den genannten Voraussetzungen zu garantieren. Dieser Mindestlohn muss deshalb auch gezahlt werden. Er beträgt nach dem eigenen Vortrag der Beklagten, der insoweit vom Kläger nicht bestritten wurde, nach dem Fliesenleger-TV DM 27,21.

3. Die Höhe des Anspruchs ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

a) Der Kläger hat seinen Vortrag zu der Anzahl der abgeleisteten Wochenarbeitsstunden und zu seinen Krankheitszeiten durch die Vorlage der Wochenzettel ausreichend substantiiert. Die Beklagte hat keinen substantiierten Vortrag zu Nichtleistungen bzw. den Krankheitszeiten erbracht. Gemäß § 611 BGB - und für die Krankheitszeiten gemäß § 4 Abs. 1 EntgeltfortzahlungsG - ist deshalb von den Stunden, die in den Wochenberichten aufgeführt sind, auszugehen. Sie entsprechen der Anzahl, die in der Klagschrift für die einzelnen Monate im Einzelnen benannt ist.

Zudem ist die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass die vereinbarte reguläre Arbeitszeit von 39 Wochenstunden vom Kläger nicht eingehalten wurde. Dieser Darlegungslast ist die Beklagte nicht nachgekommen.

b) Der Kläger hat im August 134,5 Stunden gearbeitet, im September einschließlich seiner Krankheitszeiten 161,5, im Oktober einschließlich Krankheitszeiten 175 und im September 114 Stunden. Dies ergibt 585 Stunden. Multipliziert man diese Zahl mit dem im Vertrag festgelegten unstreitigen Stundenlohn von DM 27,21 ergibt dies einen Betrag von DM 15.917,85 = € 8.138,67. Von diesem Betrag sind die Zahlungen der Beklagten in Höhe von DM 7.913,79 netto = € 4.046,21 netto abzuziehen.

4. Die Ansprüche sind nicht verfristet.

a) Nach § 16 des allgemeinverbindlichen Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe verfallen alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeiten gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden. Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.

Bei monatlicher Lohnabrechnung wird gemäß § 5 Ziff. 8 BRTV Bau der Anspruch auf den Lohn spätestens zur Mitte des Monats fällig, der auf den Monat folgt, für den er zu zahlen ist.

Nach § 5 Ziff. 10 des BRTV hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nach Abschluss des Lohnabrechnungszeitraums eine schriftliche Abrechnung über Lohn, vermögenswirksame Leistungen, Zulagen, Abzüge und Abschlagszahlungen zu erteilen. Bei monatlicher Lohnabrechnung hat die Abrechnung spätestens bis zur Mitte des nächsten Monats zu erfolgen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts beginnt die Frist für Ansprüche mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Berechtigte den Anspruch rechtlich und tatsächlich geltend machen kann. Danach muss der Anspruch zunächst fällig sein, ferner muss der Anspruchsberechtigte anders als bei der Verjährung objektiv in der Lage sein, die Anspruchshöhe zu beziffern. Entsprechend dem Zweck der Ausschlussfristen, Rechtssicherheit und Klarheit zu schaffen, muss der Beginn der Ausschlussfrist nach einem allgemeinen objektiven Maßstab ermittelt werden. Deshalb läuft trotz der Fälligkeit des Anspruchs eine hieran anknüpfende Ausschlussfrist nicht, wenn der Arbeitgeber verpflichtet ist, eine Abrechnung zu erteilen, damit der Arbeitnehmer seinen Anspruch geltend machen kann. Die Frist beginnt in diesem Fall vielmehr mit der Rechnungslegung zu laufen (vgl. BAG AP Nr. 93 zu § 4 TVG; BAG AP Nr. 55 zu § 4 TVG Ausschlussfristen; BAG AP Nr. 93 zu § 1 TVG Tarifverträge Metallindustrie). Verfällt der Anspruch auf Rechnungslegung, beginnt mit Erlöschen dieses Anspruchs auch die Frist für den abzurechnenden Anspruch zu laufen; denn der Lauf einer Verfallfrist wird durch die Nichterteilung der Abrechnung nur so lange gehemmt, wie die fehlende Abrechnung noch verlangt werden kann (vgl. BAG AP Nr. 89 zu § 4 TVG Ausschlussfristen).

b) Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt Folgendes:

aa) Die Lohnabrechnungen wurden dem Kläger nach seinem unbestrittenen Vortrag für die Monate August bis Oktober frühestens im November 2000 übersandt.

Ein Anspruch auf Lohnabrechnung für den Monat August verfiel gemäß § 5 Ziff. 8 BRTV in Verbindung mit § 16 BRTV deshalb am 15.11.2001. Zu diesem Zeitpunkt begann nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts jedoch erst die Verfallfrist für den Zahlungsanspruch zu laufen. Diese Verfallfrist hat der Kläger mit dem Schreiben seines Prozessbevollmächtigten für die Ansprüche August bis Oktober vom 30.11.2000, das der Beklagten am 01.12.2000 zuging, gewahrt.

bb) Der Kläger hat in diesem Schreiben auf die Stundenzettel für die Monate August, September, Oktober und November hingewiesen und den Tarifgrundlohn in Höhe von DM 27,80 brutto pro Stunde sowie für auswärtige Tätigkeiten auch die tariflichen Auslösungen verlangt. Der Kläger hat damit sein Begehren gegenüber der Beklagten ausreichend substantiiert dargestellt. Die Beklagte war im Besitz der Stundenzettel. Der vom Kläger für richtig gehaltene Stundenlohn ist ebenfalls angegeben worden, so dass die Beklagte genau erkennen konnte, für welchen Zeitraum der Kläger seinen Lohn begehrte, dass er einen Stundenlohn verlangte und von einer Bezahlung von DM 27,80 brutto pro Stunde ausging. Mehr kann die Beklagte für die Geltendmachung nicht verlangen. Sie war so in der Lage, das Begehren des Klägers im Einzelnen zu erkennen. Eine genauere Darstellung war dem Kläger auch nicht möglich, da Lohnabrechnungen von der Beklagten bis zu diesem Zeitpunkt nicht vorgelegt worden waren, der Kläger also auch noch nicht wusste, dass die Beklagte meinte, die Arbeiten müssten nach den Akkordbestimmungen des Fliesenleger-TV abgerechnet werden.

cc) Für den Monat November wahrte dann das Schreiben vom 08.01.2001, der Beklagten per Fax am gleichen Tag zugegangen, die Frist des § 16 BRTV. Auch in diesem Schreiben hat der Kläger auf die Lohnzettel, die er der Beklagten übersandt hatte, und den begehrten Stundenlohn hingewiesen.

dd) Auch die zweite Stufe der Frist ist mit der der Beklagten am 23.01.2001 zugestellten Klagschrift gewahrt. Die Frist begann frühestens am 01.12.2001. Sie beträgt zwei Monate.

Die Klage hatte mithin in Höhe von € 8.138,67 brutto abzgl. € 4.046,21 netto Erfolg.

Die weitergehende Klage war insoweit abzuweisen, im Umfange der Abweisung hatte die Berufung Erfolg.

5. Die Widerklage ist unbegründet.

Die Beklagte hat den Schadensvorfall und das Schadensereignis zum einen widersprüchlich, zum anderen unsubstantiiert dargelegt.

a) Die Beklagte hat zunächst vorgetragen und auch in der Berufungsinstanz insoweit trotz der entsprechenden Hinweise im erstinstanzlichen Urteil keine Substantiierung vorgenommen, der trocken gewordene Estrich sei mit einem Boschhammer entfernt worden. Dass alle drei nach Meinung der Beklagten an der Entfernung beteiligten Arbeitnehmer mit dem Boschhammer gearbeitet haben, ist unwahrscheinlich und auch nicht im Einzelnen dargelegt.

Später hat die Beklagte vorgetragen, die beteiligten Arbeitnehmer - drei an der Zahl u.a. der Kläger - hätten mit Vorschlaghammern wahllos auf den Estrich eingeschlagen. Der Widerspruch zwischen diesen beiden Darlegungen ist auch in der Berufungsinstanz nicht beseitigt worden, wenn es auf S. 9 der Berufungsbegründungsschrift heißt: "... der Restestrich wurde jedoch aufgrund Zuviel-Bestellung durch die Mitarbeiter Lü. , Lö. , erst am darauffolgenden Tag mit einem Boschhammer entfernt, da er ausgehärtet war" und an anderer Stelle desselben Schreibens vorgetragen wird: "der Estrich wurde dann in der Tat von den Mitarbeitern Lü. , B. und dem Kläger beseitigt, wobei den Mitarbeitern zuvor mitgeteilt wurde, vorsichtig umzugehen, damit der Fußboden nicht beschädigt würde." Zu berücksichtigen ist auch, dass im Schriftsatz vom 23.08.2001 auf S. 2 vorgetragen wurde: "Tatsache aber war, dass die Mitarbeiter Lö. und Lü. , insbesondere mit großen Hämmern einfach auf dem Estrich herumschlugen, so dass zwangsläufig der darunterliegende Estrich Risse bekommen musste und bekam."

Damit bleibt unklar, wer mit welchem Werkzeug nach Auffassung der Beklagten unsachgemäß den Estrich beseitigt hat, welchen Tatbeitrag die Beklagte als dem Kläger zurechnen will.

b) Unsubstantiiert ist auch die Angabe, wann das schadensstiftende Ereignis stattfand. Die Beklagte hat dazu lediglich vorgetragen, dies sei "im November" gewesen. Damit macht sie dem Kläger einen substantiierten Vortrag, mit dem er seine behauptete Nichtbeteiligung untermauern könnte, unmöglich.

Die Beklagte hätte insoweit zumindest den Tag, an dem der Schaden von den beteiligten Arbeitnehmern im November verursacht wurde, angeben müssen. Dann hätte sie dem Kläger auch die Möglichkeit gegeben, im Einzelnen darzulegen und notfalls unter Beweis zu stellen, auf welcher Baustelle er an diesem Tag gearbeitet hat, welche Arbeiten er dort ausgeführt hat etc., um dadurch darlegen zu können, dass er als Verursacher des Schadens gar nicht in Betracht kommt.

Der Kläger konnte auf die unsubstantiierten Behauptungen der Beklagten mithin nur unsubstantiiert erwidern. Eine Verteidigung ist ihm durch den Vortrag der Beklagten unmöglich gemacht worden. Damit ist der Vortrag der Beklagten insoweit unsubstantiiert. Hierauf hat ebenfalls das Arbeitsgericht schon hingewiesen.

c) Die Beklagte, die ganz offensichtlich haftpflichtversichert bzgl. des Schadens war, hätte ferner im Einzelnen darlegen müssen, aus welchen Gründen die Haftpflichtversicherung nicht den gesamten Schaden übernommen hat. Nur dann wäre dem Kläger eine substantiierte Einwendung bzgl. der Verursachung und der Höhe des Schadens möglich gewesen. Die Beklagte hat nicht dargelegt, welcher Teil der Kosten von der Haftpflichtversicherung beglichen wurde, welcher Teil noch übrig bleibt, so dass dem Kläger auch eine Prüfung seines Verursacherbeitrags - unterstellt der Kläger war einer der Verursacher - unmöglich ist. Auch insoweit ist der Schaden nicht substantiiert dargelegt worden.

Nach allem ist festzustellen, dass das Arbeitsgericht die Widerklage zu Recht abgewiesen hat. Die Berufung hatte insoweit keinen Erfolg.

III

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben. Wegen der Möglichkeit, Nichtzulassungsbeschwerde zu erheben, wird auf § 72 a ArbGG hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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