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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Bremen
Beschluss verkündet am 25.08.2005
Aktenzeichen: 3 Ta 39/05
Rechtsgebiete: GKG, ArbGG


Vorschriften:

GKG § 42 Abs. 5 n. F.
ArbGG § 12 n. F.
ArbGG § 12 Abs. 7 a. F.
§ 42 Abs. 5 Satz 1 2. Hs GKG n. F. bezieht sich nicht auf Annahmeverzugsansprüche, die vor der mit einer Kündigungsschutzklage angegriffenen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses entstanden sind.

Die Streitwerte für den Kündigungsschutzantrag und den Annahmeverzugsantrag sind zu addieren.


Landesarbeitsgericht Bremen BESCHLUSS

Aktenzeichen: 3 Ta 39/05

In dem Beschwerdeverfahren

Bremen, den 25. August 2005

Tenor:

Auf die Beschwerden der Prozessbevollmächtigten der Parteien wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 14.07.2005 teilweise abgeändert.

Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf € 3.900,00 festgesetzt.

Die weitergehenden Beschwerden werden als unbegründet zurückgewiesen.

Die Gebühr nach Nr. 1811 KV-GKG wird auf € 25,00 ermäßigt. Diese haben die Prozessbevollmächtigten der Parteien je zur Hälfte zu tragen.

Gründe:

I

Die Klägerin ist seit dem 09.12.2004 bei der Beklagten als Friseurin zu einem Monatsbruttogehalt von € 1.300,00 beschäftigt. Am 02.04.2005 ging der Klägerin die Kündigung der Beklagten vom 15.03.2005 zu. Mit der am 15.04.2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage beantragte die Klägerin:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch die ordentliche Kündigung des Beklagten vom 15.03.2005, der Klägerin zugegangen am 02.04.2005, nicht zum 31.03.2005 beendet wird, sondern darüber hinaus unverändert fortbesteht.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 1.300,00 nebst 5 %-Punkte über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Zahlungsantrag hatte die von der Beklagten nicht gezahlte Vergütung für den Monat März 2005 zum Gegenstand.

Am 27.04.2005 ging der Klägerin die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses vom 21.04.2005 zu. Mit der Klagerweiterung vom 11.05.2005 beantragte die Klägerin,

4. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin € 1.300,00 nebst 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

5. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch die fristlose Kündigung des Beklagten vom 21.04.2005, der Klägerin zugegangen am 27.04.2005, unwirksam ist und darüber hinaus unverändert fortbesteht.

Der Zahlungsantrag zu 4. hatte die Vergütung für den Monat April 2005 zum Gegenstand.

In der Güteverhandlung vom 17.05.2005 schlossen die Parteien folgenden Vergleich:

1. Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis hat aufgrund fristgemäßer Kündigung vom 15.03.2005, zugegangen am 02.04.2005, innerhalb der Wartezeit mit Ablauf des 30.04.2005 sein Ende gefunden.

2. Der Beklagte zahlt als ausstehende Entgelte für die Monate März und April 2005 noch einen Betrag in Höhe von je € 1.300,00 brutto, also insgesamt € 2.600,00 brutto an die Klägerin.

3. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Klägerin den ihr zustehenden Urlaubsanspruch in natura erhalten hat.

4. Mit diesem Vergleich sind sämtliche wechselseitigen Ansprüche der Parteien aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung, gleich aus welchem Rechtsgrund, ob bekannt oder unbekannt, mit Ausnahme der ausstehenden Arbeitspapiere erledigt.

5. Mit diesem Vergleich ist der Rechtsstreit 2 Ca 2131/05 erledigt.

Am 29. bzw. 30.06.2005 ging den Prozessbevollmächtigten der Parteien die Ausfertigung eines Streitwertbeschlusses zu, mit dem der Streitwert wie in der Güteverhandlung gemäß Protokoll angekündigt auf € 7.800,00 festgesetzt wurde.

Am 11.07.2005 legte die Beklagte "Einspruch gegen die Kostenfestsetzung von € 7.800,00" ein. Unter dem 05.07.2005 kündigte das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven an, den Streitwert auf € 2.600,00 festsetzen zu wollen. Durch Beschluss vom 14.07.2005 wurde der Streitwert auf € 2.600,00 festgesetzt. Der Beschluss wurde den Beteiligten formlos übersandt.

Gegen diese Streitwertfestsetzung wendet sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit einem am 21.07.2005 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz. Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Beklagten ging am 25.07.2005 beim Arbeitsgericht ein. Wegen des Inhalts der Beschwerden wird auf die jeweiligen Schriftsätze verwiesen. Das Arbeitsgericht half den Beschwerden vom 21.07.2005 nicht ab und wies darauf hin, dass ein Streitwertbeschluss über € 7.800,00 von der Vorsitzenden nicht gefasst wurde und deshalb in der Akte auch nicht vorliege. Bei der Ausfertigung müsse es sich um ein gerichtsinternes Versehen handeln.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt,

den Streitwert auf einen Betrag von € 5.200,00 abzuändern.

Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten beantragt,

entsprechend dem in der Ausfertigung des Streitwertbeschlusses genannten Betrag von € 7.800,00 an diesem Betrag festzuhalten.

II

A Die Beschwerden sind zulässig.

1. Der Beschwerdewert ist erreicht.

2. Das Arbeitsgericht hat entgegen seiner Verpflichtung Entscheidungen, die mit einem befristeten Rechtsmittel angegriffen werden können, zuzustellen, die Entscheidung vom 14.07.2005 nur formlos an die Beteiligten des Festsetzungsverfahrens übersandt. Ob die Frist des § 66 GKG eingehalten ist, kann das Beschwerdegericht deshalb nicht mit letzter Sicherheit feststellen. Datum des Beschlusses und Eingang der Beschwerden sprechen allerdings dafür, dass die 14-Tagesfrist eingehalten wurde.

In jedem Fall ist die Frist des § 9 Abs. 5 ArbGG eingehalten.

Die Beschwerden sind mithin zulässig.

B Die Beschwerden sind jedoch nur zum Teil begründet.

1. a) Es kann dahinstehen, welche rechtlichen Folgerungen aus der Tatsache, dass ein Streitwertbeschluss über € 7.800,00 vom 27.06.2005 sich nicht in der Akte findet, eine entsprechende Ausfertigung des Beschlusses jedoch den Prozessbevollmächtigten am 29. bzw. 30.06.2005 zugegangen ist, gezogen werden müssen. Allerdings dürfte auch den Parteien persönlich eine entsprechende Ausfertigung eines Beschlusses übersandt worden sein. Die Beklagte hat nämlich mit Schreiben vom 09.07.2005, beim Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven eingegangen am 11.07.2005, "Einspruch gegen die Kostenfestsetzung von € 7.800,00" eingelegt. Dieser Einspruch gegen einen evtl. Beschluss des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven wäre in jedem Fall rechtzeitig, da die Ausfertigungen des Beschlusses bei den Prozessbevollmächtigten am 29. bzw. 30.06.2005 eingegangen sind. Ein als Beschwerde zu wertender Einspruch vom 11.07.2005 wahrt die Beschwerdefrist. Die Partei selbst ist auch beschwerdeberechtigt, § 66 ff. GKG i.V.m. § 32 RVG.

Ein evtl. Beschluss ist also nicht in Rechtskraft erwachsen.

b) Der Beschluss des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 14.07.2005, mit dem der Streitwert für dieses Verfahren auf € 2.600,00 festgesetzt wurde, kann zwanglos als Abänderung eines evtl. Beschlusses auf die Beschwerde der Beklagten hin angesehen werden. Dies ergibt sich aus der Begründung des Beschlusses, in dem die Beschwerde der Beklagten erwähnt wird, jedoch darauf hingewiesen wird, dass es keinen unter dem 27.06.2005 erlassenen Streitwertbeschluss gibt.

Nach allem ist die Kammer nicht gehalten, die Rechtsfolgen eines nicht erlassenen, dennoch über die Ausfertigungen "in die Welt gesetzten" Beschlusses näher zu beleuchten, da ein solcher Beschluss nicht in Rechtskraft erwachsen wäre, sondern abgeändert wurde.

2. Ganz gleich, ob man den Beschluss des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven als Abhilfebeschluss oder als erstmals ergangenen Streitwertbeschluss ansieht, in jedem Fall haben die Prozessbevollmächtigten der Parteien - wie unter A 2 begründet - rechtzeitig gegen diesen Beschluss gemäß § 32 RVG i.V.m. § 66 ff. GKG Beschwerde eingelegt.

3. Für die Festsetzung des Streitwertes ist von Folgendem auszugehen:

a) Bei der Bestimmung des Streitwerts einer Kündigungsschutzklage ist zwar von dem Klagantrag auszugehen, jedoch ist die Begründung dieses Klagantrags für die Ermittlung des Ziels der Klage mit heranzuziehen.

Die Klägerin hat mit der Klage vom 15.04.2005 ganz offensichtlich lediglich das Ziel "Einhaltung der Kündigungsfrist gemäß § 622 Abs. 1 BGB" verfolgt. Dies ergibt sich aus dem ersten Satz auf Seite 3 der Klagschrift, in dem es heißt: "Gemäß § 622 Abs. 1 BGB ist demnach eine Kündigungsfrist von vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats möglich."

Die Kündigung, die am 02.04.2005 zuging, konnte das Arbeitsverhältnis zum 31.05.2005 beenden. Das Interesse der Klägerin an einer Entscheidung beschränkt sich deshalb auf diesen Zeitraum.

Mit einem Monatsgehalt in Höhe von € 1.300,00 ist deshalb dieser Antrag zu bewerten.

b) Mit dem Klagantrag zu 2 macht die Klägerin ihre Gehaltsansprüche für März 2005, also für den Monat, der der Kündigung voraus ging, geltend.

Nach In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom 05.05.2004 sind gemäß § 42 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 GKG n.F. bei Klageeinreichung fällige Beträge im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht mehr hinzuzurechnen.

Dies könnte bedeuten, dass die Gehaltsansprüche für den März streitwertmäßig außer Betracht bleiben müssen.

aa) § 12 ArbGG enthielt bis zum 30.06.2004 Sonderregelungen für die Erhebung und Berechnung von Gerichtskosten im arbeitsgerichtlichen Verfahren sowie Vorgaben für die Streitwertfestsetzung, insbesondere bei wiederkehrenden Leistungen und im Kündigungsschutzverfahren. Die Vorschrift ist durch das Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts vom 05.05.2004 mit Wirkung ab dem 01.07.2004 grundlegend geändert worden. Die bisherigen Regelungen über die Gerichtskosten und die Streitwertfestsetzung sind nunmehr in das GKG aufgenommen worden. Fraglich ist, ob die Auswirkungen der Neuregelung auf das Kostenrecht vor den Gerichten für Arbeitssachen tatsächlich überwiegend nur redaktioneller Art sind, sodass weiterhin auf die zu § 12 ArbGG a.F. ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden kann (vgl. dazu: ErfK-Koch, 5. Aufl., § 12 ArbGG Rdz. 1).

§ 12 Abs. 7 ArbGG hatte folgenden Wortlaut:

"Für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend; eine Abfindung wird nicht hinzugerechnet. Bei Rechtsstreitigkeiten über wiederkehrende Leistungen ist der Wert des dreijährigen Bezugs und bei Rechtsstreitigkeiten über Eingruppierungen der Wert des dreijährigen Unterschiedsbetrages zur begehrten Vergütung maßgebend, sofern nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistung geringer ist; bis zur Klageerhebung entstandene Rückstände werden nicht hinzugerechnet."

Der Wortlaut dieser Bestimmung ergab deshalb eindeutig, dass vor Klageerhebung aufgelaufene Annahmeverzugsansprüche nur bei Rechtsstreitigkeiten über wiederkehrende Leistungen oder bei Eingruppierungsstreitigkeiten außer Betracht bleiben sollten. Bei Kündigungsschutzklagen war ausdrücklich lediglich ein Verbot der Hinzurechnung von Abfindungen geregelt, nicht aber von Annahmeverzugsansprüchen.

§ 42 GKG hat in Abs. 4 nunmehr folgenden Wortlaut:

"Für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend. Eine Abfindung wird nicht hinzugerechnet. Bei Rechtsstreitigkeiten über Eingruppierungen ist der Wert des dreijährigen Unterschiedsbetrages zur begehrten Vergütung maßgebend, sofern nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist."

Abs. 5 Satz 1 hat folgenden Wortlaut:

"Die bei Einreichung der Klage fälligen Beträge werden dem Streitwert hinzugerechnet; dies gilt nicht in Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen."

Insgesamt ist allerdings § 42 GKG mit "wiederkehrende Leistungen" überschrieben.

Abs. 1 beschäftigt sich mit dem Streitwert bei Ansprüchen auf Erfüllung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht, Abs. 2 mit einer Geldrente bei Tötung oder Verletzung eines Menschen, Abs. 3 mit Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen aus einem öffentlichen Dienst- oder Amtsverhältnis, einer Dienstpflicht oder einer Tätigkeit, die an Stelle einer gesetzlichen Dienstpflicht geleistet werden kann, Ansprüchen von Arbeitnehmern auf wiederkehrende Leistungen, Verfahren vor der Sozialgerichtsbarkeit auf wiederkehrende Leistungen, und Abs. 4 dann mit den im alten § 12 Abs. 7 ArbGG geregelten Verfahren.

bb) Geht man von einer wörtlichen Auslegung des § 42 Abs. 5 GKG aus, so könnte man zu der Auffassung gelangen, dass § 42 Abs. 5 Satz 1 2. Halbs. GKG auf alle in § 42 Abs. 4 GKG geregelten Fälle anwendbar ist (so auch Germelmann in Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, § 12, Rdz. 107). In § 42 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 GKG, so Germelmann, a.a.O., sei nunmehr ausdrücklich geregelt worden, dass der Grundsatz der Hinzurechnung der bei Klageeinreichung fälligen Beträge im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht mehr gelten solle.

Dieser Auffassung folgt die Kammer jedoch nicht.

Die Wortbedeutung ist nämlich nur der Ausgangspunkt jeder Auslegung (vgl. BGHZE 46 S. 74). Von einem eindeutigen Wortsinn darf abgewichen werden, wenn der aus der Entstehungsgeschichte oder auf anderen Wegen zu ermittelnde Gesetzeszweck eine abweichende Auslegung nicht nur nahe legt, sondern sogar gebietet (vgl. BGH, NJW 2003 S. 290). Zu berücksichtigen sind die Auslegungen nach dem Bedeutungszusammenhang, die von der Einsicht ausgeht, der einzelne Rechtssatz sei im Gesamtzusammenhang der Rechtsordnung zu verstehen. Die Entstehungsgeschichte ist vor allem für die Ermittlung des Gesetzeszweckes von Bedeutung (vgl. BGHZE 46 S. 74 (S. 80)). Entscheidend für das Auslegungsergebnis ist grundsätzlich die teleologische Auslegung, die sich am Gesetzeszweck, an der ratio legis, orientiert. Der BGH bezeichnet sie als Auslegung nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes (BGHZE 87 S. 381 (S. 388)). Für sie besteht gegenüber den anderen Auslegungsmethoden ein Primat. Zur ratio legis gehören die mit der konkreten Norm verfolgten Zwecke. Sie wird aber zugleich durch allgemeine Zweckmäßigkeits- und Gerechtigkeitserwägungen mitbestimmt. Die Norm ist als Teil einer gerechten und zweckmäßigen Ordnung zu verstehen. Bei ernsthaften Zweifeln sind auch die Auslegungsalternativen und ihre praktischen Konsequenzen zu berücksichtigen. Sodann ist sorgfältig gegeneinander abzuwägen, welche der Alternativen am zweckmäßigsten und gerechtesten ist und sich am Besten in den Gesamtzusammenhang der Rechtsordnung einfügt (vgl. BGHZE 82 S. 182 (S. 185)).

Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt Folgendes:

Sinn und Zweck des § 42 GKG ist, wie sich aus der Überschrift und den geregelten Tatbeständen mit Ausnahme der Regelung über das Kündigungsschutzverfahren und die dort geregelte streitwertmäßige Berücksichtigung der Abfindung ergibt, rückständige Beträge, die von der zu treffenden Entscheidung abhängen, außer Betracht zu lassen. Die Höchstbegrenzung von 36 Monaten soll nicht dadurch unterlaufen werden, dass erhebliche in der Vergangenheit fällig werdende Beträge ebenfalls geltend gemacht werden, die aber zwangsläufig von der Entscheidung über die zukünftigen Beträge betroffen sind. Sämtliche Tatbestände, mit Ausnahme des § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG, betreffen derartige Ansprüche auf monatlich oder zu anderen, wiederkehrenden Zeitpunkten fällig werdende Beträge, die von der zu treffenden Entscheidung zumindest dem Grunde nach abhängen.

Dies ist bei rückständigen Lohn- und Gehaltsansprüchen, die der Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung nicht mehr gezahlt hat, nicht der Fall. Das Kündigungsschutzverfahren hat keinen Einfluss auf Ansprüche aus Annahmeverzug, die vor Ausspruch der Kündigung entstanden sind.

Aus diesem Grunde war es einhellige Auffassung zu § 12 Abs. 7 ArbGG a.F., dass Annahmeverzugsansprüche aus der Zeit vor Ausspruch der Kündigung, die in derselben Klage geltend gemacht wurden, mit der auch die Kündigung angegriffen wurde, den Streitwert der Kündigungsschutzklage erhöhen konnten. Der Streitwert aus Annahmeverzug vor Kündigung und der Streitwert der Kündigungsschutzklage wurden kumuliert (vgl. dazu: GK ArbGG-Wenzel, Stand 2000, § 12 ArbGG, Rdnr. 149 ff.; Grunsky, ArbGG, 7. Aufl., § 12, Rdnr. 5 a). Streit herrschte lediglich über die Frage, wie Ansprüche, die nach Ausspruch der Kündigung fällig wurden, zu berücksichtigen waren. Dieser Streit besteht auch weiterhin.

Hinzu kommt, dass durch die Neuregelung der Gesetzgeber keine inhaltliche Änderung vollziehen wollte. Der gesetzgeberische Wille war, § 12 Abs. 7 ArbGG vollständig in die allgemeinen Vorschriften des § 42 Abs. 3, 4 und 5 GKG zu übernehmen (vgl. Schwab/Weth, ArbGG, § 12, Rdz. 15; ErfK-Koch, 5. Aufl., § 12 ArbGG, Rdz. 1). Während die Nichtberücksichtigung der bis zum Einreichen der Klage aufgelaufenen Ansprüche in allen übrigen Fällen dadurch zu rechtfertigen ist, dass eine Entscheidung über eine Eingruppierung, eine Rentenzahlung etc. dem Grunde nach sich auch auf vor Klageinreichung entstandene Ansprüche auswirkt, ist dies bei vor Einreichung einer Kündigungsschutzklage entstandenen Annahmeverzugsansprüchen, jedenfalls soweit die Streitwerthöhe in § 42 GKG geregelt ist, nicht der Fall.

Auch die Begründung des Bundesministeriums der Justiz zum Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts vom 27.08.2003 enthält in der Begründung den Hinweis: "Es wird vorgeschlagen, im Hinblick auf die angestrebte Verbesserung der Übersichtlichkeit der Gerichtskostenregelungen die arbeitsgerichtlichen Wert- und Kostenvorschriften (derzeit: § 12 des Arbeitsgerichtsgesetzes-ArbGG) und das Gebührenverzeichnis (derzeit: Anlage 1 zu § 12 Abs. 1 ArbGG) in das GKG einzustellen." Die Gesetzesbegründung nimmt diesen Text nahezu wörtlich auf. Gesetzgeberische Intention war deshalb, lediglich bei wiederkehrenden Leistungen - wie auch die Überschrift des § 42 GKG ausweist - im arbeitsgerichtlichen Verfahren von einer Kumulierung der rückständigen und der zukünftigen Ansprüche, die auf dem gleichen Klagegrund beruhen, abzusehen. Dieser gleiche Klagegrund liegt aber in Fällen, wie dem hier zu entscheidenden, nicht vor. Es ist deshalb eine gesetzgeberische Nachlässigkeit festzustellen, die unter Hinweis auf die Motive des Gesetzgebers, den Sinn und Zweck der Vorschrift, korrigiert werden darf.

§ 42 Abs. 5 Satz 1 2. Halbs. GKG bezieht sich nicht auf Annahmeverzugsansprüche, die vor der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses entstanden sind. € 1.300,00 (Annahmeverzugslohn für März 2004) sind deshalb streitwertmäßig zu berücksichtigen.

c) Die Forderung auf Zahlung eines Lohnes für den Monat April 2004 - Klagantrag zu 4 - ist allerdings streitwertmäßig nicht zu berücksichtigen. Mit dieser Forderung besteht wirtschaftliche Identität mit der Kündigungsschutzklage, die sich gegen die am 02.04.2004 zugegangene Kündigung richtet, da der Feststellungsanspruch insoweit die Rechtsgrundlage für die Vergütungsforderung bildet (vgl. LAG Bremen, EzA, § 61 ArbGG 79, Nr. 9 und LAGE, § 12 ArbGG 79, Streitwert Nr. 80; BAG AP Nr. 17 zu § 12 ArbGG 1953; KR-Friederich, 7. Aufl., § 4 KSchG, Rdz. 279 a mit umfassenden Hinweisen auf Literatur und Rechtsprechung).

d) Der Klagantrag zu 5 ist nach ständiger Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Bremen mit einem Monatsgehalt zu bewerten (vgl. LAG Bremen, LAGE, § 12 ArbGG 79, Nr. 62). Insgesamt ergibt sich mithin ein Streitwert von 3 x € 1.300,00 = € 3.900,00.

Die Beschwerden der Prozessbevollmächtigten hatten deshalb nur teilweise Erfolg.

4. Im Falle einer erfolglosen Beschwerde entstehen nach Nr. 1811 KV-GKG Gerichtsgebühren in Höhe von € 50,00. Wird eine Beschwerde nur teilweise verworfen oder zurückgewiesen, kann das Gericht die Gebühr nach billigem Ermessen auf die Hälfte ermäßigen oder bestimmen, dass eine Gebühr nicht zu erheben ist. Die Prozessbevollmächtigten beider Parteien hatten mit ihrer Beschwerde teilweise Erfolg. Die Beschwerdekammer hat deshalb von der Möglichkeit, die Gerichtsgebühr auf die Hälfte zu ermäßigen, Gebrauch gemacht. Da beide Prozessbevollmächtigten jedoch auch unterlegen sind, ist es angemessen, ihnen die verbleibenden Gerichtskosten in Höhe von € 25,00 je zur Hälfte aufzuerlegen in entsprechender Anwendung von §§ 97 und 92 ZPO (vgl. zum Ganzen: Mayer/Kroiß, RVG, 1. Aufl., § 33, Rdz. 30).

5. Eine weitere Beschwerde ist gemäß § 33 Abs. 6 RVG gegen diesen Beschluss nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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