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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 23.05.2002
Aktenzeichen: 3 TaBV 2/01
Rechtsgebiete: BetrVG, BRAGO


Vorschriften:

BetrVG § 9
BRAGO § 8 Abs. 2
BRAGO § 8 Abs. 2 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gericht: lag-hamburg Landesarbeitsgericht Hamburg Beschluss

Geschäftszeichen: 3 TaBV 2/01 (14BV11/00)

In der Betriebsverfassungssache

beschließt das Landesarbeitsgericht Hamburg, Dritte Kammer, durch xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxx als Vorsitzenden

am 23. Mai 2002:

Tenor:

Der Gegenstandswert für die Beschwerdeinstanz wird auf € 11.500,00 festgesetzt.

Gründe:

Die Gegenstandswertfestsetzung hat vorliegend gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) zu erfolgen, weil das zu Grunde liegende Verfahren einen nicht vermögensrechtlichen Streitgegenstand hatte.

Dabei ist der Gegenstandswert nach billigem Ermessen zu bestimmen und, wie es weiter im Gesetz heißt, auf € 4.000,00, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über € 500.000,00 anzunehmen. Neben dem Umfang und der Schwierigkeit einer Sache und dem daraus resultierenden Arbeitsaufwand für den Rechtsanwalt finden insbesondere die Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten, deren ideelles und materielles Interesse bei der Gegenstandswertfestsetzung Berücksichtigung. Eine Festsetzung auf den in § 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGO genannten Wert von € 4.000,-, früher DM 8.000,00, kommt nur in Betracht, wenn Anhaltspunkte für eine individuelle Bewertung der Angelegenheit nicht gegeben sind. Bei dem Betrag von € 4.000,00 handelt es sich nicht um einen Regelwert, sondern um einen Hilfswert (vgl. LAG Hamburg, Beschluss vom 04. August 1992 - 2 Ta 6/92 -LAGE § 8 BRAGO Nr. 18 m. w. N.).

Die trotz des ungewöhnlich weit reichenden Streitwertrahmens gänzlich undifferen-zierte Streitwertgrundnorm des § 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGO stellt die Rechtsprechung vor die Aufgabe, die im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren in Frage kommenden Streitgegenstände innerhalb des vorgegebenen Bewertungsrahmens in ein Bewertungssystem einzubinden, das falladäquate Abstufungen zulässt und zugleich tragenden Grundsätzen des Arbeitsgerichtsprozesses ausreichend Rechnung trägt. Die Herausarbeitung typisierender Bewertungsgrundsätze ist Grundbedingung der gleichförmigen Rechtsanwendung und erweist sich damit als Anwendungsfall des Gleichheitsgrundsatzes (GK-ArbGG/Wenzel § 12 Rn. 264 m. w. N. aus Rechtsprechung und Literatur).

In der Rechtsprechung besteht weitgehende Einigkeit darüber, dass in Anwendung dieser Grundsätze der Gegenstandswert einer Betriebsratswahlanfechtung maßgeblich in Orientierung an der Größe des Betriebes und der Zahl der zu wählenden Arbeitnehmer anzuknüpfen ist (I_AG Bremen, Beschluss vom 11. April 1988 - 2 Ta 75/87 -). Weitgehende Einigkeit besteht außerdem in der Rechtsprechung darüber, dass bei der Wertfestsetzung eine Staffelung entsprechend § 9 BetrVG nach der Anzahl der Betriebsratsmitglieder zu erfolgen hat (Berteismann, Gegenstandswerte im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren,2000, S 37 f.; Schäder, Streitwertlexikon, S. 75 f.; Meier, Streitwert im Arbeitsrecht, Rz. 356 bis 365; jeweils mit Nachweisen aus der Rechtsprechung).

Entsprechend hat die beschließende Kammer einen Beschluss vom 03. August 1995 - 3 Ta 27/94 - (n. v.) es als sachgerecht angesehen, bei der Anfechtung der Wahl eines dreiköpfigen Betriebsrates regelmäßig einen Wert von DM 20.000 entsprechend dem 2 1/2-Fachen des damals geltenden Hilfswertes von DM 8.000 in Ansatz zu bringen und den Gegenstandswert bei der Wahl nur eines Betriebsobmannes angemessen niedriger und bei der Wahl eines größeren Betriebsrates angemessen höher zu bemessen. Ein grundsätzlich niedrigerer Gegenstandswert für Betriebsratswahlanfechtungsverfahren, wie er z. B. vom LAG Schleswig-Holstein in einem Beschluss vom 14. September 1994 -2 Ja 101/94 - angenommen worden ist, ist nach Auffassung der beschließenden Kammer mit Rücksicht auf die Bedeutung einer Wahlanfechtung für die Beteiligten nicht angemessen.

Im Anschluss an den Beschluss des LAG Hamm vom 09. März 2001 - 13 TaBV 7/01 (NZA 2002, 350) wird die bisherige Festsetzungspraxis der erkennenden Kammer dahingehend ergänzt und konkretisiert, dass der Gegenstandswert für die Anfechtung der Wahl eines einköpfigen Betriebsrates in der Regel auf das 1,5-Fache des Ausgangswertes des § 8 Abs. 2 BRAGO festzusetzen ist. Dies entspricht z. B. auch dem Beschluss des LAG Berlin vom 17. Februar 1991 -1 Ta 50/91 - . Bei der Anfechtung der Wahl eines mehrköpfigen Betriebsrates ist - wiederum in Anschluss an den Beschluss des LAG Hamm vom 03. März 2001 -für jede weitere Staffel des § 9 BetrVG jeweils der einfache Hilfswert des § 8 Abs. 2 BRAGO zusätzlich in Ansatz zu bringen. Hierdurch wird einerseits dem berechtigten Interessen der beteiligten Rechtsanwälte angemessen Rechnung getragen und andererseits die Gefahr von überhöhten Ansätzen vermieden. Für einen dreiköpfigen Betriebsrat entspricht dies im Ergebnis dem zitierten Beschluss der erkennenden Kammer vom 03. März 1995 - 3 Ta 27/94 -. Sofern das Verfahren hinsichtlich seiner Schwierigkeit und seines Umfangs Besonderheiten aufweist, kommt abweichend von diesen typisierenden Bewertungsgrundsätzen auch eine niedrigere oder höhere Festsetzung in Betracht. Ob entsprechend einem Beschluss des LAG Brandenburg vom 21. September 1995-2 Ta 155/95 - (NZA 1996, 112) ab der 6. Staffel des § 9 BetrVG ein geringerer Steigerungswert angemessen ist, kann bei der vorliegend streitgegenständlichen Wahl eines 7-köpfigen Betriebsrates dahingestellt bleiben.

Nach diesen typisierenden Bewertungsgrundsätzen ergibt sich für die Anfechtung der Wahl eines 7-köpfigen Betriebsrats im Ausgangspunkt ein Gegenstandswert von € 23.000,-. Dieser Wert ist vorliegend für das Beschwerdeverfahren in erheblichem Umfang zu kürzen, weil es, wie sich unmittelbar aus dem Beschluss des Arbeitsgerichts ergibt, in der Beschwerdeinstanz nur noch um einen äußerst einfach gelagerten Streitpunkt gehen konnte. Im Hinblick hierauf entspricht es billigem Ermessen, den Gegenstandswert auf die Hälfte des sich nach den typisierenden Bewertungsgrundsätzen ergebenden Betrages festzusetzen.

Ende der Entscheidung

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