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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamburg
Urteil verkündet am 27.10.2004
Aktenzeichen: 5 Sa 39/04
Rechtsgebiete: Anlage 1 a zum BAT


Vorschriften:

Vergütungsgruppe IV a Fallgr. 15 der Anlage 1 a zum BAT
Vergütungsgruppe III Fallgruppe 6 der Anlage 1 a zum BAT
Die Tätigkeit einer Sozialpädagogin mit staatlicher Anerkennung in der Funktion einer Koordinatorin von mehr als 50 Außenwohngruppen, in denen Kinder und Jugendliche mit erzieherischem Bedarf untergebracht sind, erfüllt die Tätigkeitsmerkmale der besonderen Schwierigkeit und Bedeutung der Vergütungsgruppe IV a Fallgr. 15 der Anlage 1 a zum BAT - Sozial- und Erziehungsdienst -, nicht aber das Merkmal der erheblichen Heraushebung durch das Maß der damit verbundenen Verantwortung i.S.d. Vergütungsgruppe III Fallgruppe 6
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 13. Januar 2004 - 25 Ca 483/02 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die tarifgerechte Eingruppierung der Klägerin, insbesondere darüber, ob sich die Tätigkeit der Klägerin durch das Maß der damit verbundenen Verantwortung erheblich aus den unter Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 15 der VergGr für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst des Abschnitts G des Teil II der Anlage 1 a zum BAT fallenden Tätigkeiten heraushebt und sie deswegen aus der VergGr III Fallgruppe 6 in die Vergütungsgruppe II a Fallgruppe 2 im Wege der Bewährung aufgestiegen ist.

Die 1947 geborene Klägerin ist ausgebildete Erzieherin, Sozialpädagogin mit staatlicher Anerkennung und Diplom-Psychologin. Sie arbeitet seit dem 15.6.1993 im Landesbetrieb Erziehung und Berufsbildung, der Beklagten. Seit dem 16.6.1995 ist ihr die Tätigkeit einer Koordinatorin für die Außenwohngruppen übertragen. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung der BAT nebst Anlagen Anwendung.

Ursprünglich war die Klägerin in VergGr IV a der Anl. 1 a BAT, Fallgruppe 15 eingruppiert. Aufgrund Bewährungsaufstiegs wird sie derzeit nach VergGr III, Fallgruppe 7 vergütet.

In einer von ihr selbst gefertigten Arbeitsplatzbeschreibung, die die Beklagte als zutreffend anerkannt hat, sind ihre Aufgaben und Tätigkeiten wie folgt beschrieben:

1. Eigenverantwortliche Bearbeitung von Grundsatzfragen

a. Eigenverantwortliche Bearbeitung konzeptioneller, finanzieller und struktureller Grundsatzfragen einschließlich der notwendigen Recherche (5,10 %).

b. Anfertigung schriftlicher oder mündlicher Stellungnahmen oder deren Vorbereitung einschließlich der notwendigen Recherche (12,71%).

2. Fachcontrolling

Quantitatives und qualitatives Fachcontrolling, Daten optimieren und auswerten. Aufbau eines internen Berichtswesens (Interne Adressaten: Controllingabteilung, Personalabteilung, sichten), Erstellung von Kostenrechnungen (5,47 %).

3. Administration

a. Gespräche führen, Informationen aufnehmen, Post bearbeiten, Termine planen und Absprachen treffen (7,41%).

b. Besprechungstermine wahrnehmen (Erziehungskonferenzen, Leitungsbesprechungen, Projektbesprechungen, Dienstbesprechungen und Teilnahme an Gremien u.a.) (11,80 %).

4. Dienst- und Fachaufsicht

a. Elemente der Dienst-und Fachaufsicht bezüglich der AWGn: Übermittlung von Weisungen, Überwachung der Erfüllung von Auflagen, Sicherstellung einer vertragsgemäßen und gesetzeskonformen (KJHG) Durchführung der vertraglich vereinbarten Arbeit der BetreiberInnen (17,83 %).

b. Dienst- und Fachaufsicht bezüglich der Verwaltungskräfte: Erteilung von Weisungen (1,75).

5. Eigenverantwortliche Beratung

Eigenverantwortliche pädagogische und/oder psychologische Beratung, Konfliktbearbeitung: Analyse, Moderation, Erarbeitung einer Lösung. Gespräche mit BetreiberInnen, Bewerbern, Mitarbeitern anderer Dienststellen, wie fallzuständige Fachkräfte, Vormünder, Diplompsychologen des JPPD, Lehrern, Schulleitern u.a., Vermittlung von Kindern in die AWGn (38,2 %).

Die Außenwohngruppen sind ein stationäres Angebot für Kinder und Jugendliche mit erzieherischem Bedarf. Ziel und Aufgabe der AWG ist es, einen verlässlichen und stabilen Lebensraum zu schaffen, in dem Kinder und Jugendliche quasi familienähnlich aufwachsen können. Eine AWG bietet meistens zwei bis drei, höchstens fünf Plätze an mit bis zu zwei professionellen Betreuungspersonen. Im Jahr 2002 gab es 56 AWG mit 169 Plätzen.

Die Betreiber der AWG sind auf Grund freier Dienstverträge tätig.

Für die Zuweisung von Jugendlichen in eine AWG ist das Bezirksjugendamt in Hamburg zuständig.

Für die Außenwohngruppen stand im Jahr 2001 ein Finanzvolumen von ca. 15 Millionen DM zur Verfügung.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand der erstinstanzlichen Entscheidung Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 27. Mai 1999 machte die Klägerin Ansprüche gegenüber der Beklagten auf Höhergruppierung geltend.

Mit ihrer am 19. Dezember 2002 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihre Höhergruppierungsbegehren weiter.

Die Klägerin hat beantragt,

es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie seit dem 16. Juni 2000 nach VergGr II a der Anl. 1 a zum BAT zu bezahlen und die sich zwischen den Vergütungsgruppen III und II a ergebenden Differenzen seit Rechtshängigkeit mit 5% über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Durch das ihr am 11. März 2004 zugestellte Urteil vom 13. Januar 2004, auf das zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben.

Hiergegen richtet sich die am 8. April 2004 eingelegte und mit am 7. Juni 2004 beim Landesarbeitsgericht Hamburg eingegangenem Schriftsatz begründete Berufung der Beklagten, nachdem am 3. Mai 2004 die Berufungsbegründungsfrist bis zum 8. Juni 2004 verlängert worden war.

Die Beklagte vertritt weiterhin die Auffassung, dass die Klägerin zutreffend eingruppiert sei.

Sie beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Hamburg vom 13. Januar 2004 - 25 Ca 483/02 - die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil mit Rechtsausführungen,

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien, ihrer Beweisantritte und der von ihnen überreichten Unterlagen sowie ihrer Rechtsausführungen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung der Beklagten ist gemäß § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthaft und im Übrigen form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden und damit zulässig (§§ 64 Abs. 6, 66 ArbGG, 519, 520 ZPO). In der Sache konnte der Berufung der Erfolg nicht versagt werden.

II. 1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft einzelvertraglicher Vereinbarung der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und die Anlage 1 a Anwendung.

2. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt somit davon ab, ob mindestens die Hälfte der die gesamte Arbeitszeit der Klägerin ausfüllenden Arbeitsvorgänge den Tätigkeitsmerkmalen der von ihr in Anspruch genommenen Vergütungsgruppe II a des Abschn. G "Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst" des Teils II der Anl. 1 a zum BAT entspricht (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT).

Damit ist von dem von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entwickelten Begriff des Arbeitsvorgangs auszugehen. Diesen hat das BAG verstanden als eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten (BAGE 51, 59; 51, 282; 51, 356 = AP Nr. 115, 116 und 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Dabei ist es zwar rechtlich möglich, dass die gesamte Tätigkeit des Angestellten nur einen Arbeitsvorgang bildet, wenn der Aufgabenkreis nicht weiter aufteilbar und nur einer einheitlichen rechtlichen Bewertung zugänglich ist (vgl. BAG vom 24. September 1997 - 4 AZR 431/96 - AP Nr. 226 zu §§ 22, 23 BAT, vom 30. Januar 1985 - 4 AZR 184/83 - AP Nr. 101 zu §§ 22, 23 BAT 1975; vom 23. Februar 1983 - 4 AZR 220/80 - BAGE 42, 29 = AP Nr. 70 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Tatsächlich trennbare Tätigkeiten mit unterschiedlicher Wertigkeit können jedoch nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefasst werden (vgl. BAG vom 20. Oktober 1993 - 4 AZR 45/93 - AP Nr. 172 zu §§ 22, 23 BAT 1975; vom 20. März 1991 - 4 AZR 471/90 - AP Nr. 156 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

Von diesen Grundsätzen ist auch das Arbeitsgericht ausgegangen, das die gesamte Tätigkeit der Klägerin als einen Arbeitsvorgang angesehen hat. Bei der Prüfung, ob sich die Tätigkeit der Klägerin durch das Maß ihrer Verantwortung erheblich aus der VergGr. IV a Fallgr. 15 BAT heraushebt, geht es auf die Funktionsbezeichnung "Koordination für Außenwohngruppen" ein und führt aus, dass sich diese Bezeichnung auf das Ergebnis der Tätigkeit der Klägerin bezieht, nämlich die Durchführung aller Tätigkeiten, die der Gesamtaufgabe des Betriebs der Außenwohngruppen zuzuordnen sind. Es versteht also die Koordinationsleistung der Klägerin als Arbeitsvorgang im Tarifsinne, nach dem sich, da er den überwiegenden Anteil der Gesamtarbeitszeit der Klägerin einnimmt, allein ihre Eingruppierung bestimmt.

Es spricht viel dafür, dass es sich bei der Koordination der Außenwohngruppen um einen Arbeitsvorgang im Tarifsinne handelt. Die Tätigkeit der Klägerin in dieser Funktion insbesondere die Konzeption, Aufsicht über die Außenwohngruppen, die Regelung von Einzelfragen zwischen den Außenwohngruppen und der Beklagten, das Belegmanagement und die Beratung der Außenwohngruppen dient der Erfüllung des Auftrages, die Außenwohngruppen im Interesse der Beklagten zu koordinieren und pädagogisch sinnvoll zu nutzen. Hierbei handelt es sich um die in der von der Klägerin erstellten und von der Beklagten akzeptierten Stellenbeschreibung genannten Tätigkeiten zu Ziffer 3, 4 a und 5, die mehr als 50 % ihrer Tätigkeit ausmachen. Diese Tätigkeit führt damit zu einem Arbeitsergebnis, das sich von dem der anderen Tätigkeiten der Klägerin, insbesondere dem der Bearbeitung von Grundsatzfragen und dem Fachcontrolling, die nach dem eigenen Vortrag der Klägerin einen Anteil von 23,28 % an ihrer Arbeitszeit haben, unterscheidet. Da die Koordination somit den überwiegenden Anteil an ihrer Gesamtarbeitszeit belegt, kommt es auf der Grundlage ihres Vortrages nach den Eingruppierungsmerkmalen, auf die die Klägerin ihre Forderung stützt, auf ihre übrigen Tätigkeiten nicht an.

Letztlich bedarf es jedoch keiner abschließenden Entscheidung, in wie viele Arbeitsvorgänge die Tätigkeiten der Klägerin, die in der von ihr erstellten Arbeitsplatzbeschreibung aufgeführt sind, gegliedert sind. Denn der Klägerin steht bei jedem denkbaren Zuschnitt der Arbeitsvorgänge nach ihrem eigenen Tatsachenvortrag kein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. II a BAT zu.

3. Für die Eingruppierung der Klägerin sind die speziellen Tätigkeitsmerkmale für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst der Anl. 1 a zum BAT maßgebend. Diese haben, soweit sie für den Rechtsstreit von Bedeutung sind, folgenden Wortlaut:

"Vergütungsgruppe V b

...

10. Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit ...

Vergütungsgruppe IV b

...

16. Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit ... mit schwierigen Tätigkeiten.

(Hierzu Protokollnotizen Nr. 1 und 5)

...

Vergütungsgruppe IV a

...

15. Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit ..., deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 heraushebt.

...

Vergütungsgruppe III

...

6. Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit,... deren Tätigkeit sich durch das Maß der damit verbundenen Verantwortung erheblich aus der Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 15 heraushebt.

Vergütungsgruppe II a

...

2. Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit ..., deren Tätigkeit sich durch das Maß der damit verbundenen Verantwortung erheblich aus der Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 15 heraushebt, nach fünfjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe III Fallgruppe 6."

Die Protokollnotiz Nr. 5 zu den Vergütungsgruppen für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst lautet:

"Schwierige Tätigkeiten sind z. B. die

a) Beratung von Suchtmittel-Abhängigen,

b) Beratung von HIV-Infizierten oder an Aids erkrankten Personen,

c) begleitende Fürsorge für Heimbewohner und nachgehende Fürsorge für ehemalige Heimbewohner,

d) begleitende Fürsorge für Strafgefangene und nachgehende Fürsorge für ehemalige Strafgefangene,

e) Koordinierung der Arbeiten mehrerer Angestellter mindestens der Vergütungsgruppe V b."

4. Die von der Klägerin in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmale der VergGr. III Fallgr. 6 und - nach fünfjähriger Bewährung in dieser Tätigkeit - der VergGr. II a Fallgr. 2 bauen auf der VergGr. IV a Fallgr. 15 auf, die ihrerseits die Erfüllung der Anforderungen der VergGr. IV b Fallgr. 16 voraussetzt, wobei die VergGr. IV b Fallgr. 16 auf der VergGr. V b Fallgr. 10 BAT aufbaut. Zunächst müssen daher die Voraussetzungen der Ausgangsgruppe erfüllt sein. Anschließend sind die weiteren Merkmale der darauf aufbauenden höheren Vergütungsgruppen zu prüfen (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. vom 24. September 1980 - 4 AZR 727/78 - BAGE 34, 158 = AP Nr. 36 zu §§ 22, 23 BAT 1975; vom 17. August 1994 - 4 AZR 644/93 - AP Nr. 183 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Dabei genügt eine pauschale Überprüfung, soweit die Parteien die Tätigkeit der Klägerin als unstreitig ansehen und die Beklagte die Tätigkeitsmerkmale als erfüllt erachtet (vgl. BAG z. B. Urteil vom 6. Juni 1984 - 4 AZR 203/82 - AP Nr. 91 zu §§ 22, 23 BAT 1975; Urteil vom 17. August 1994 - 4 AZR 644/93 - aaO).

Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen der VergGr. V b Fallgr. 10 BAT. Die Klägerin ist Sozialpädagogin mit staatlicher Anerkennung. Diesem Berufsbild entspricht ihre Tätigkeit. In der Protokollnotiz Nr. 5 ist die begleitende Fürsorge für Heimbewohner als schwierige Tätigkeit von Sozialarbeitern/Sozialpädagogen aufgeführt. Dann aber rechnet auch die begleitende Fürsorge von Außenwohngruppenbewohnern, die u.a. den Inhalt hat zu überprüfen, ob die Wahrung der Interessen und Bedürfnisse der Bewohner der Außenwohngruppen gewährleistet ist, zur Tätigkeit der Sozialarbeiter/Sozialpädagogen.

Die Klägerin erfüllt auch die Voraussetzungen der VergGr. IV b Fallgr. 16 BAT, da sie "schwierige Tätigkeiten" im Sinne dieser Vergütungs- und Fallgruppe ausübt. Wenn nach der Protokollnotiz Nr. 5 Buchst. c die begleitende Fürsorge für Heimbewohner eine schwierige Tätigkeit im Sinne der VergGr. IV b Fallgr. 16 BAT ist, so gilt das auch für die fachliche Beratung und Koordination von Außenwohngruppen. Auch insoweit ist ein weites und schwieriges Feld abzudecken, das von Rechtsfragen des SGB IV über die Finanzierung bis zu Personalfragen reicht.

Die Tätigkeit der Klägerin hebt sich aus der VergGr. IV b Fallgr. 16 durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung im Sinne der VergGr. IV a Fallgr. 15 BAT heraus mit der Folge, dass die Klägerin die Voraussetzungen der VergGr. IV a Fallgr. 15 BAT erfüllt. Es ist dabei zu berücksichtigten, dass die Beklagte dies ausdrücklich in ihrem Schreiben vom 13.12.2001 (Anl. K 10) angenommen hat.

Die Heraushebung durch die besondere Schwierigkeit und Bedeutung der Tätigkeit verlangt, was die Schwierigkeit angeht, eine beträchtliche, gewichtige Heraushebung in den fachlichen Anforderungen gegenüber der VergGr. IV b Fallgr. 16 BAT. Bei der gesteigerten Bedeutung der Tätigkeit genügt eine deutlich wahrnehmbare Heraushebung. Sie muss sich auf die Auswirkungen der Tätigkeit beziehen und kann sich aus der Bedeutung oder Größe des Aufgabenkreises sowie der Tragweite für den innerdienstlichen Bereich und die Allgemeinheit ergeben (vgl. BAG vom 29. Januar 1986 - 4 AZR 465/84 - BAGE 51, 59, 90 f. = AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAG vom 29. September 1993 - 4 AZR 690/92 - AP Nr. 7 zu §§ 22, 23 BAT Sozialarbeiter; BAG vom 6. März 1996 - 4 AZR 775/94 - AP Nr. 23 zu §§ 22, 23 BAT Sozialarbeiter).

Es ist eine nur pauschale Überprüfung der Voraussetzungen des Eingruppierungsmerkmals der VergGr. IV a Fallgr. 15 BAT veranlasst, da die Parteien die Tätigkeit der Klägerin im Wesentlichen als unstreitig ansehen und die Beklagte das Tätigkeitsmerkmal als erfüllt erachtet (z. B. BAG vom 17. August 1994 - 4 AZR 644/93 - aaO). Die Klägerin kann ihren Koordinierungsaufgaben nur durch ein breites Fachwissen gerecht werden, das sich über viele Bereiche erstreckt. Zu Recht hat die Klägerin schon in ihrer Klagschrift darauf hingewiesen, dass die konzeptionelle Verantwortung für ein solches System deutlich höhere Anforderungen an das pädagogische Wissen und Können als die eigentliche sozialpädagogische Arbeit in einem derartigen System stellt. Auch bei der Erstellung von Sonderkostenrechnungen ist nicht eine reine Verwaltungstätigkeit gefordert, sondern es überwiegt der pädagogische Anteil. Sonderkostenrechnungen sind dann erforderlich, wenn ein besonderer pädagogischer Hilfebedarf vorliegt, der zunächst erkannt und analysiert werden muss, damit in einem zweiten Schritt die angezeigte pädagogische Maßnahme ausgewählt werden kann. Die Klägerin hat die dafür benötigten finanziellen Mittel bei der zuständigen Stelle, z. B. dem Jugendamt, einzuwerben. Die Begründung muss die verantwortliche Stelle davon überzeugen, dass ein zusätzlicher Hilfebedarf vorliegt und die ausgewählte Maßnahme zur Abhilfe erforderlich und geeignet ist. Diese Aufgabe und die dafür benötigten Kenntnisse gehen über eine "normale" sozialpädagogische Tätigkeit hinaus.

Auch das Heraushebungsmerkmal der Bedeutung ist deshalb als erfüllt anzusehen, weil die Klägerin Einrichtungen koordiniert, konzeptionell gestaltet, überwacht, beratend betreut und das Belegungsmanagement entscheidend mitprägt, in denen Kinder und Jugendliche mit erzieherischem Bedarf betreut werden. Die Erfüllung der Koordinierungstätigkeiten hat deutliche Auswirkungen auf die Betreiber von Außenwohngruppen, deren Hilfskräfte und die betreuten Kinder und Jugendlichen und weist von daher eine rechtserhebliche Tragweite im angesprochenen tariflichen Sinne auf. Dies gilt auch für die von der Klägerin bereits in der Klagschrift dargelegten finanziellen Auswirkungen.

5. Der Klägerin steht die geforderte Vergütung nach der VergGr. II a BAT aber deshalb nicht zu, weil sich ihre Tätigkeit entgegen der vom Arbeitsgericht vertretenen Auffassung nicht durch das Maß der damit verbundenen Verantwortung erheblich aus der VergGr. IV a Fallgr. 15 BAT im Sinne der VergGr. III Fallgr. 6 BAT heraushebt, so dass sie nicht nach fünfjähriger Bewährung in dieser Vergütungs- und Fallgruppe in die VergGr. II a Fallgr. 2 BAT aufgestiegen sein kann.

In der VergGr. III Fallgr. 6 BAT fordern die Tarifvertragsparteien ausdrücklich eine erhebliche Heraushebung, so dass - ausgehend von der Basis der Anforderungen der VergGr. IV a Fallgr. 15 BAT - eine beträchtliche, gewichtige Heraushebung und damit eine besonders weitreichende hohe Verantwortung zu fordern ist (vgl. BAG vom 28. Oktober 1981 - 4 AZR 244/79 - BAGE 36, 392 = AP Nr. 54 zu §§ 22, 23 BAT 1975; vom 29. Januar 1986 - 4 AZR 465/84 - BAGE 51, 59 = AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975; vom 6. März 1996 - 4 AZR 775/94 - aaO, vom 9. Juli 1997 - 4 AZR 780/95 - AP Nr. 39 zu §§ 22, 23 BAT Sozialarbeiter). Dieses angesprochene Maß der Verantwortung kann nur in einer Spitzenposition des gehobenen Angestelltendienstes erreicht werden. Dieses Tätigkeitsmerkmal erfüllen beispielsweise Angestellte, die entweder große Arbeitsbereiche bei Verantwortung für mehrere Arbeitsgruppen mit qualifizierten Gruppenleitern leiten oder besonders schwierige Grundsatzfragen bei der Lösung von Fragen mit richtungweisender Bedeutung für nachgeordnete Bereiche oder die Allgemeinheit bearbeiten (vgl. BAG vom 21. Januar 1970 - 4 AZR 106/69 - BAGE 22, 247 = AP Nr. 30 zu §§ 22, 23 BAT).

Bei diesem Tätigkeitsmerkmal der VergGr. III "Heraushebung durch das Maß der Verantwortung" handelt es sich um einen sehr allgemein gehaltenen unbestimmten Rechtsbegriff (BAG Urteil vom 28. Juni 1972 - 4 AZR 362/71 - AP Nr. 56 zu §§ 22, 23 BAT).

Das BAG hat in seinem Urteil vom 29. Januar 1986 (- 4 AZR 465/84 - BAGE 51, 59 = AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975) seine frühere Rechtsprechung zu dem Qualifizierungsmerkmal der erheblichen Heraushebung durch das Maß der Verantwortung teilweise aufgegeben. Es hat ausgeführt, zum Begriff der qualifizierten Verantwortung habe es in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, sie könne sich beispielsweise aus den Auswirkungen der Tätigkeit im Behördenapparat, leitenden Funktionen, aber auch aus der besonderen Schwierigkeit einzelner Aufgaben ergeben, sofern daraus bedeutsame Auswirkungen auf die Belange des Dienstherrn oder die Allgemeinheit oder die Lebensverhältnisses Dritter herzuleiten seien, wobei das Gericht bisher davon abgesehen habe, den tariflichen Begriff der Verantwortung selbst seinerseits zu definieren. Der 4. Senat hat weiter ausgeführt, an dieser Rechtsprechung zum Begriff der Verantwortung im tariflichen Sinne könne nicht festgehalten werden. Sie verwische die von den Tarifvertragsparteien verwendeten unterschiedlichen Begriffe der Schwierigkeit und Bedeutung der Tätigkeit auf der einen und der geforderten Verantwortung auf der anderen Seite. Damit werde sie sowohl dem Tarifwortlaut als auch dem tariflichen Gesamtzusammenhang nicht mehr gerecht. Das hat der 4. Senat im Einzelnen in dem Urteil vom 29. Januar 1986 (aaO), aber auch in dem Urteil vom 16. April 1986 (- 4 AZR 595/84 - BAGE 51, 356 = AP Nr. 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975) begründet.

Eine besonders weitreichende hohe Verantwortung im Sinne der neueren Rechtsprechung des BAG lässt sich nicht mit den von der Klägerin für ihre Auffassung angeführten tatsächlichen - und auch nicht mit sonst ersichtlichen - Umständen begründen. Insoweit hat die Klägerin zunächst vorgetragen, die mangelnde Unterschriftsbefugnis könne einer Eingruppierung in VergGr III Fallgruppe 6 nicht entgegenstehen. Das ist sicherlich richtig, belegt aber andererseits nicht das Vorliegen des Tarifmerkmals der Heraushebung durch das Maß der Verantwortung. Gleiches gilt für die mit der Überwachungsaufgabe der Außenwohngruppen verbundene Verantwortung, die - jedenfalls nicht entscheidend - nicht dadurch geschmälert wird, dass die Betreiber dieser Wohngruppen aus vielfältigen Gründen nicht Arbeitnehmer der Beklagten sind und eine arbeitsrechtliche Weisungsgebundenheit nicht besteht oder anders gesagt: Die fehlende Arbeitnehmereigenschaft der Betreiber steht weder einer Annahme des Tarifmerkmals "Heraushebung durch das Maß der Verantwortung" entgegen, noch belegt sie sie.

Dennoch ist die Fach- und Dienstaufsicht für den Umfang der von der Klägerin zu tragenden Verantwortung ein entscheidendes Kriterium. Vertraglich unterliegen die Außenwohngruppenbetreiber keinem Weisungsrecht. Es gehört gleichwohl zu den Aufgaben der Klägerin sicherzustellen, dass Weisungen umgesetzt und die Erfüllung von Auflagen im Sinne einer vertragsgemäßen und gesetzeskonformen Durchführung in den Außenwohngruppen erfolgt. Das Mittel hierzu sind Gespräche, Berichte und dienstvertragsrechtliche Konsequenzen. Entscheidungen unterhalb der Ebene der dienstvertragsrechtlichen Konsequenzen werden aber konsensual von den Beteiligten und in schwierigen Fällen am "runden" Tisch getroffen. Bei dienstvertragsrechtlichen Konsequenzen - etwa der Kündigung des Dienstvertrages mit dem Ziel der Auflösung der Wohngruppe - werden die Entscheidungen innerhalb der Dienststelle einvernehmlich getroffen, die Verantwortung wird verteilt, jedenfalls nicht der Klägerin aufgebürdet. Die Klägerin ist nach ihrer Kompetenz und Persönlichkeit hierbei oft federführend, ihre Vorgaben werden - wie die Parteien vortragen - häufig "durchgewunken", gleichwohl trägt sie - ihre Stelle ist auf vierter Ebene in der Hierarchie der Beklagten angesiedelt - damit im tariflichen Sinne keine Verantwortung, die in erheblichem Maße herausgehoben ist.

Gleiches gilt für den wichtigen Bereich des Belegmanagements. Zwar sucht die Klägerin für die Kinder und Jugendlichen eine geeignete Wohngruppe, die Entscheidung fällt erneut einvernehmlich, aber die Betreiber können ablehnen. Es gibt eine Erziehungskonferenz, in der der Vertreter des Jugendamtes eine hervorgehobene Stellung hat.

Die Klägerin wirkt damit nur bei der Auswahl der Wohngruppe direkt auf das Kindeswohl ein, im Übrigen aber nur indirekt durch die Erstellung von Konzepten hinsichtlich der Schaffung neuer Außenwohngruppen und deren anschließende Überwachung und Beratung. Das damit einhergehende Erfordernis einer hohen - unbestrittenen - Fachkompetenz ist durch das Tatbestandsmerkmal der besonderen Schwierigkeit abgedeckt. Die Klägerin trägt eine Normalverantwortung für ihre Tätigkeit. Sie hat insoweit fach- und sachgerecht zu entscheiden, wozu sie aufgrund ihrer hervorragenden Qualifikation in der Lage ist. Das Maß ihrer Verantwortung erhöht sich auch nicht durch die Zahl der von ihrer Tätigkeit betroffenen Personen und Einrichtungen. Die Klägerin muss aufgrund der Anzahl weder zusätzliche Fachkompetenz haben noch wird ihre Tätigkeit dadurch bedeutungsvoller, dass sie sich auf eine Vielzahl von Einrichtungen bezieht.

Die übrigen in ihrer Stellenbeschreibung - S. 2 - unter "Befugnisse" aufgeführten Tätigkeiten gehören zu denen einer Sozialpädagogin in gehobener Stellung, also mit Heraushebung durch die besondere Schwierigkeit und Bedeutung.

Sind schon nach dem eigenen Vortrag der Klägerin nicht die Voraussetzungen der VergGr. III Fallgr. 6 BAT erfüllt, sind damit auch nicht diejenigen der VergGr. II a Fallgr. 2 BAT aufgrund Bewährung in der Ausgangsfallgruppe gegeben.

III. Deshalb war die erstinstanzliche Entscheidung abzuändern mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO. Die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, es handelt sich um die Entscheidung eines Einzelfalles bei der Anwendung des BAT unter Zugrundelegung der Rechtssprechung des BAG.



Ende der Entscheidung

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