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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamburg
Urteil verkündet am 29.06.2001
Aktenzeichen: 6 Sa 28/01
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 917 Abs. 1
Bewusst arbeitsvertragswidriges Verhalten genügt für sich allein nicht, um daraus den Arrestgrund des § 917 Abs. 1 ZPO herzuleiten. Auch eine den zu sichernden Anspruch auslösende und gegen das Vermögen des Gläubigers gerichtete Straftat reicht allein nicht aus, um davon ausgehen zu können, dass der Schuldner eine Vollstreckung durch unlauteres Verhalten unmöglich machen oder erschweren werde.
Landesarbeitsgericht Hamburg Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftszeichen: 6 Sa 28/01

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 29. Juni 2001

erkennt das Landesarbeitsgericht Hamburg, Sechste Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 29. Juni 2001 durch

die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht xxxxxxxx als Vorsitzende d. ehrenamtlichen Richter xxxxxxxx d. ehrenamtlichen Richter xxxxxxxx

für Recht:

Tenor:

Die Berufung der Arrestklägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 1. März 2001 ­ 8 Ga 7/00 ­ wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob der durch Beschluss vom 15. November 2000 angeordnete dingliche Arrest auf den Widerspruch des Arrestbeklagten hin aufzuheben ist.

Der Arrestbeklagte war seit dem 1. Oktober 1996 bei der Arrestklägerin, die erotische Telefondienste anbietet, als Geschäftsstellenleiter tätig. Darüber hinaus war er als Geschäftsführer der xxxxxxxxxx, einer Tochtergesellschaft der Arrestklägerin, angestellt. Am 7. November 2000 wurde zum einen der Geschäftsführerdienstvertrag für die Tochtergesellschaft gekündigt, zum anderen eine Kündigung des Anstellungsverhältnisses bei der Arrestklägerin zum 1. Februar 2001 ausgesprochen. Gegen letztere Kündigung wehrt sich der Arrestbeklagte im Rechtsstreit 8 Ca 493/00.

Die Arrestklägerin führte seit dem 9. November 2000 eine interne Revision durch, zu der sie die Mitarbeiter xxxxxx, xxxxx und den Wirtschaftsprüfer xxxxxxxxxxxxx eingesetzt hat. Die Revisoren nahmen am 9. November 2000 dem Chefbuchhalter und Betriebsratsvorsitzenden xxxxxxxxx einen Umschlag ab, der zahlreiche Bar- und Verrechnungsschecks der Commerzbank enthielt, die der Arrestbeklagte blanko unterzeichnet hatte. Eine Rückfrage bei der Commerzbank ergab, dass zuvor folgende Schecks eingelöst wurden, und zwar durch Auszahlung auf das Konto des Lebensgefährten des Herrn xxxxxxxxxx, Herrn xxxxxxx: 28. Juli 2000 30.000,00 DM 2. Oktober 2000 Festgeld" 80.000,00 DM 12. Oktober 2000 60.000,00 DM 9. Oktober 2000 9.480,00 DM

Wegen des Gesamtbetrages von 179.480,00 DM, als gesamtschuldnerischer Erstattungsanspruch, gerichtet gegen Herrn xxxxxxx, Herrn xxxxxxx und den Arrestbeklagten des vorliegenden Rechtsstreits, wurde auf Antrag der Arrestklägerin am 15. November 2000 ein dinglicher Arrest erlassen ­ 10 Ga 8/00 - . Der Arrestbeklagte hat am 28. November 2000 Widerspruch gegen den Arrestbeschluss eingelegt. Der ihn betreffende Arrestantrag ist vom Arbeitsgericht abgetrennt worden.

Die Arrestklägerin hat vorgetragen, der Arrestbeklagte habe in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit Herrn xxxxxxxxxx und Herrn xxxxxxxx Untreue und Unterschlagung zu Lasten der Arrestklägerin begangen. Weitere Recherchen hätten bisher einen Gesamtbetrag von 403.494,00 DM an rechtswidrig eingelösten Schecks ergeben. Der Arrestbeklagte sei in keinem Fall befugt gewesen, Blankoschecks zu unterzeichnen. Im Übrigen sei seine Vollmacht im Innenverhältnis auf 1.000,00 DM begrenzt worden.

Im Übrigen sei dem Verfügungsbeklagten Spesenbetrug und Untreue auf Grund weiterer Sachverhalte vorzuwerfen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Arrestklägerin vom 15. Dezember 2000 (Bl. 27-36 d.A.) verwiesen.

Die Arrestklägerin hat beantragt,

den Arrestbeschluss vom 15. November 2000 aufrechtzuerhalten.

Der Arrestbeklagte hat beantragt,

den Arrestbeschluss vom 15. November 2000 aufzuheben.

Der Arrestbeklagte hat bestritten, zum Nachteil der Arrestklägerin im Zusammenwirken mit anderen Beschäftigten 403.494,00 DM dem Vermögen der Arrestklägerin entzogen zu haben. Er hat vorgetragen, seine Vollmacht im Innenverhältnis sei nicht auf Beträge bis zu 1.000,00 DM beschränkt worden. Das Vorhalten von Blankoschecks und Blankoüberweisungsträgern sei mit Abstimmung und auf ausdrücklichen Wunsch des Geschäftsführers xxxxxxxxx der Arrestklägerin erfolgt. Im Vorfeld seines Urlaubs vom 25. September bis 6. Oktober 2000 habe er weisungsgemäß Blankoschecks und Überweisungsträger unterzeichnet, die im Personalschrank der Buchhaltung aufbewahrt worden seien. Er habe nicht wissentlich und willentlich Barschecks an Dritte begeben, um sich oder Dritte zu bereichern oder das Unternehmen zu schädigen. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Mit Urteil vom 1. März 2001, zugestellt an die Arrestklägerin am 20. März 2001, hat das Arbeitsgericht Hamburg den Arrestbefehl betreffend den Arrestbeklagten xxxxx aufgehoben. Auf die Begründung wird verwiesen (Bl. 63-65 d.A.).

Hiergegen richtet sich die am 29. März 2001 bei Gericht eingegangene und am 24. April 2001 begründete Berufung der Arrestklägerin.

Sie trägt vor, im Laufe des Jahres 2000 seien unter der Regie des Arrestbeklagten über 430.000,00 DM durch Schecks mit seiner Unterschrift missbräuchlich verwendet worden. Hinzu kämen Betrügereien mit gefälschten Lieferantenrechnungen, Reisespesen und Aufwanderstattungen in der Größenordnung weiterer ca. 300.000,00 DM. Keine Einzelne dieser Taten hätte ohne das Zutun des Arrestbeklagten begangen werden können. Mit seiner Unterschrift, in der Regel sogar auch durch vorherige ausdrückliche Freigabe der Zahlung auf dem Beleg, habe er an jeder dieser Taten, insgesamt Hunderte Einzeltaten, mitgewirkt.

Auf Grund neuer Erkenntnisse habe sich ein weiterer Erstattungsanspruch gegen den Arrestbeklagten in Höhe von 65.179,24 DM ergeben, der hilfsweise als Arrestanspruch geltend gemacht werde. Die Buchhaltung sei durch vorgetäuschte Buchungen zu seinen Gunsten verfälscht und anschließend körperlich vernichtet worden. Der Ausgleich" privater Ausgaben sei durch Gegenbuchungen auf Grund fingierter Rechnungen auf dem Verrechnungskonto xxxxx 1552" erfolgt. Anschließend sei zur Vertuschung des Vorganges das Konto gelöscht worden. Das heißt: Die Privataufwendungen des Arrestbeklagten seien durch Buchungen kompensiert, deren Belege entweder gefälscht seien oder vollständig fehlten. Auf Grund gefälschter Rechnungen der Firma xxxxxx und xxxxxxx ergebe sich der Erstattungsbetrag von 65.179,24 DM. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 19. April 2001 verwiesen.

Auch ein Arrestgrund im Sinne des § 917 ZPO sei gegeben. Tatsachen, die den Gegenstand eines vermögensbezogenen Strafgesetzes erfüllen, bildeten regelmäßig einen solchen Arrestgrund.

Die Arrestklägerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Hamburg vom 1. März 2001, Az. 8 Ga 7/00, den Arrestbeschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 15. November 2000, Az. 10 Ga 8/00, zu bestätigen.

Der Verfügungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, im Hinblick auf den von der Arrestklägerin beantragten Arrest bestünden weder Arrestansprüche noch ein Arrestgrund. Die Arrestklägerin erhebe unberechtigte Vorwürfe und eine Flut von pauschalen Verdächtigungen und versuche, den Arrestbeklagten zu kriminalisieren, um so von eigenen Defiziten abzulenken und negative Stimmungsmache zu betreiben. Er habe sich im Hinblick auf die aufgeführten Schecks in der Gesamthöhe von 403.494,00 DM nichts zu Schulden kommen lassen, was eine zivilrechtliche Haftung oder gar strafrechtliche Verantwortung begründen könnte. Die Arrestklägerin versuche aus dem Umstand, dass (wohl) ein Großteil der erwähnten Schecks die Unterschrift des Beklagten ausweisen, in pseudostrafrechtlicher Tatbestandssubsumtion herzuleiten, dass der Arrestbeklagte zum Nachteil der Arrestklägerin Untreue und Unterschlagung begangen habe. Wider besseres Wissen lasse die Arrestklägerin dabei unter Vorlage einer nicht authentischen, dem Arrestbeklagten jedenfalls nicht bekannten Innenvollmacht vom 5. Mai 1999 vortragen, dass ihm im Innenverhältnis nur Verfügungen bis zu 1.000,00 DM erlaubt waren. Schließlich versuche die Arrestklägerin dem Arrestbeklagten die Zuständigkeit für Buchhaltung, Rechnungswesen und Controlling anzudichten und den Schein zu erwecken, als wenn das Unternehmen ­ bis auf die schlüpfrige Dienstleistung Telefonsex ­ nach den Grundsätzen eines ordentlichen Kaufmanns von den Herren Geschäftsführern geführt worden wäre. Auf Grund von Beschwerden im Sommer 1999 bei einigen Live-Callern" darüber, dass sie nicht sofort nach ihrer Arbeit Bargeld oder Barschecks erhielten, habe der Geschäftsführer xxxxx ausdrücklich selbst das Vorhalten unterfertigter Blankoüberweisungen und Blankoschecks, auch Blanko-Barschecks, angeregt. Die Aufsicht und Kontrolle über die Blankoschecks und Blankoüberweisungen habe, wenn überhaupt, bei der aufbewahrenden Buchhaltung gelegen. Die missbräuchliche Ausfüllung, Nutzung und Einlösung diverser verfahrensgegenständlicher Schecks sei jedenfalls vom Arrestbeklagten, der hiervon nichts mitbekommen habe, nicht zu vertreten.

Auch sonstige Pflichtverletzungen, Untreue- oder Betrugshandlungen seien dem Arrestbeklagten nicht vorzuwerfen. Die Nutzung der Firmenkreditkarte sowohl für geschäftliche Zwecke als auch private Zwischenfinanzierungen sei ausdrücklich vom Geschäftsführer gebilligt worden. Bei privaten Ausgaben habe er die Anweisung an die Buchhaltung gegeben, entsprechende Kosten an ihn weiter zu belasten. Eine Erstattungspflicht bezüglich einer privaten New York-Reise sei zwar gegeben, jedoch mache er insoweit ein Zurückbehaltungsrecht wegen ausstehender Gehaltsforderungen seit November 2000 geltend. Auf der Originalabrechnung in der Buchhaltung müsste auf seine Anweisung hin der Zusatz weiterbelasten an xxxxxxxxx" vermerkt sein.

Wegen des Vorbringens zu den einzelnen Ausgabeposten wird im Übrigen auf die Berufungserwiderung vom 6. Juni 2001 verwiesen (Bl. 299-308 d.A.).

Das Verrechnungskonto Nr. 1552 sei dem Arrestbeklagten nicht bekannt; die hier gebuchten Transaktionen würden ebenso wie die Authentizität der Kontoblattrekonstruktion bzw. Wiederherstellung von Daten in Abrede gestellt. Soweit es ein Verrechnungskonto 1552 xxxx" gegeben haben sollte, seien entsprechende Buchungen hierauf jedenfalls vom Arrestbeklagten nicht veranlasst worden. Absurd sei der Vorhalt, der Arrestbeklagte habe Rechnungen der Firma xxxxxxxxx bzw. der Firma xxxxxxxx gefälscht bzw. Scheinrechnungen erstellt und in das Verrechnungskonto stellen lassen. Wenn es derartige Manipulationen gegeben haben sollte, so seien sie vom Arrestbeklagten nicht vorgenommen worden und weder von ihm veranlasst noch von ihm zu vertreten. Keineswegs habe der Arrestbeklagte, der keinerlei Buchhaltungszuständigkeiten inne gehabt hätte, irgendein Konto vernichtet, verdichtet, gelöscht oder unkenntlich gemacht oder hieran mitgewirkt.

Auch ein Arrestgrund sei nicht gegeben. Dass der Arrestbeklagte Vorkehrungen zur Beiseiteschaffung von Vermögenswerten getroffen hat, werde nicht einmal von der Arrestklägerin behauptet, geschweige denn glaubhaft gemacht. Dabei sei im Übrigen zu berücksichtigen, dass er über keinerlei nennenswertes Vermögen verfüge und verfügt habe. Eine Wiederholungsgefahr sei auf Grund des erzwungenen Ausscheidens des Arrestbeklagten aus dem Unternehmen ausgeschlossen, selbst wenn der Arrestbeklagte die ihm zu Unrecht vorgenommenen Handlungen vorgenommen hätte.

Der Gegenwert der Schecks, die nach Darstellung der Arrestklägerin unberechtigt eingelöst wurden, sei in jedem Fall ­ unstreitigerweise ­ auf dem Konto xxxxxxxx" eingegangen und habe zu keiner Zeit dem Zugriff des Arrestbeklagten offen gestanden.

Es sei in keiner Hinsicht erkennbar, inwieweit ein vorläufiger Vollstreckungstitel die vermeintlichen Ansprüche der Arrestklägerin gegen den Arrestbeklagten sichern helfen könnte. Abgesehen davon, dass Vermögensmasse des Arrestbeklagten als potentieller Vollstreckungsschuldner nicht vorhanden sei, habe der Arrestbeklagte keinerlei Anstalten gemacht, um die Realisierung des potentiellen Schadensersatzanspruches der Arrestklägerin zu vereiteln.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Arrestklägerin ist an sich statthaft (§ 64 Abs. 1, Abs. 2 ArbGG) und, weil sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 64 Abs. 6 Satz 1, 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, §§ 518, 519 ZPO) auch im Übrigen zulässig.

Die Berufung der Arrestklägerin ist jedoch unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat auf den Widerspruch des Arrestbeklagten gemäß § 924 ZPO zu Recht gemäß § 925 ZPO den Arrestbefehl vom 15. November 2000, soweit er den Arrestbeklagten im vorliegenden Rechtsstreit betraf, aufgehoben.

Ein Arrestgrund gemäß § 917 ZPO bezüglich des Arrestbeklagten xxxxxx ist nicht gegeben. Da eine Vollstreckungsnotwendigkeit im Ausland gemäß § 917 Abs. 2 ZPO auch von der Arrestklägerin nicht behauptet wird, findet der dingliche Arrest gemäß § 917 Abs. 1 ZPO nur dann statt, wenn zu besorgen ist, dass ohne seine Verhängung die Vollstreckung des Urteils vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde. Dabei ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Urteil oder ein anderer Vollstreckungstitel bereits vorliegt; vielmehr geht es nur um die Sicherung eines später zu titulierenden Arrestanspruchs (Zöller/Vollkommer, ZPO, 22. Aufl., § 917 Rdn. 4). Von einer entsprechenden Vollstreckungsvereitelung oder Erschwerung ist im vorliegenden Fall nicht auszugehen.

Der Arrest soll vor unlauterem Verhalten des Schuldners schützen; er wird etwa begründet durch: Beiseiteschaffen von Vermögensstücken, Verdacht der Veräußerung von erheblichen Vermögenswerten, Verschiebung ins Ausland, Verschleierung ihres Verbleibs und allgemein der Vermögensverhältnisse, verschwenderische Lebensweise, Spielleidenschaft, Verschleuderung von Waren, Abtretung aller fälligen und erst in Aussicht stehenden Ansprüche, unsteter Aufenthalt, Aufgabe des Wohnsitzes, häufiger Wechsel des Wohnsitzes, Wegzug ins Ausland (Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 917 Rdn. 5 m.w.N.).

Derartige vollstreckungshindernde oder ­erschwerende Handlungen des Arrestbeklagten sind im vorliegenden Fall nicht feststellbar. Es sind keinerlei Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass er das Beiseiteschaffen von Vermögenswerten betreibt. Die Arrestklägerin beruft sich in diesem Zusammenhang zwar auf den Vorwurf von Leichtfertigkeit und Verschwendung, insbesondere im Hinblick auf den Wochenendausflug nach New York für 24.000,00 DM. Dieser Vorfall in der Vergangenheit lässt jedoch nicht den Schluss zu, dass der Arrestbeklagte derzeit einen Lebensstil pflegt, der von Verschwendungssucht geprägt und geeignet ist, eine spätere Vollstreckung zu gefährden, auch wenn man mit Erstaunen den Kostenumfang für einen solchen Wochenendtrip zur Kenntnis nimmt. In der Vergangenheit liegende Handlungen ergeben nur dann einen Arrestgrund, wenn gerade sie die erforderliche Besorgnis rechtfertigen (BGH VersR 75, 764). Es spricht vorliegend nichts dafür, dass der Arrestbeklagte trotz des Wegfalls seiner bei der Arrestklägerin bezogenen Vergütung Ausgaben in einem Umfang tätigt, der auf das Verschleudern von vorhandenen Vermögensressourcen hinweist.

Das Vorliegen eines Arrestgrundes gemäß § 917 Abs. 1 ZPO kann auch nicht aus einer bewussten Verletzung arbeitsvertraglicher Verpflichtungen seitens des Arrest- beklagten hergeleitet werden. Insofern konnte dahinstehen, ob der Arrestbeklagte gegen eine interne Beschränkung seiner Verfügungsvollmacht verstoßen bzw. pflichtwidrig Blankoschecks unterschrieben oder aber deren Verwendung unter Verstoß gegen eine arbeitsvertragliche Kontrollpflicht nicht überprüft hat. Bewusst vertragswidriges Verhalten des Schuldners genügt für sich allein nicht als Arrestgrund. Vielmehr müssen weitere Sachverhaltsmerkmale hinzukommen, um die notwendige Gefährdung darzutun (Münchener Kommentar ­ Heinze, ZPO, § 917 Rdn. 6; Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 917 Rdn. 6). Jedenfalls hinsichtlich der nicht strafbaren Vertragsverletzungen hat auch der Bundesgerichtshof seinen Standpunkt (Arrest nur bei Hinzutreten weiterer Umstände) nicht aufgegeben (BGH VersR 75, 764; BGH WM 83, 614; vgl. Fischer MDR 95, 990).

Fraglich und umstritten ist, inwiefern jedenfalls beim Vorwurf strafbaren Verhaltens erleichterte Voraussetzungen an die Darlegung des Arrestgrundes zu stellen sind. Einig ist man sich jedenfalls darin, dass nicht irgendeine Straftat für einen Arrestgrund ausreichen kann. Die Straftat muss sich vielmehr gegen das Vermögen des Gläubigers richten. In Betracht kommen daher typischerweise Diebstahl, Betrug, Untreue und Unterschlagung (vgl. Fischer MDR 95, 988). Weiterhin ist davon auszugehen, dass der Verdacht einer Straftat allein nicht ausreichend für den Arrestgrund sein kann, die Straftat muss vielmehr glaubhaft gemacht werden (Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 917 Rdn. 6; Fischer a.a.O.).

Ob eine glaubhaft gemachte Konnexe" Straftat eine Indizwirkung hinsichtlich einer zukünftigen wesentlichen Vollstreckungserschwernis entfaltet oder ob noch weitere Anhaltspunkte hierfür erforderlich sind, ist weiterhin streitig. Überwiegend wird heute in Rechtsprechung und Literatur die Ansicht vertreten, eine gegen das Vermögen des Gläubigers gerichtete Straftat des Schuldners allein genüge nicht, um einen Arrestgrund darzutun, vielmehr müssten konkrete Umstände hinzu kommen, um die in § 917 Abs. 1 ZPO angesprochene Besorgnis der Vollstreckungsvereitelung oder -erschwerung zu begründen (OLG Köln, MDR 00, 49; OLG Schleswig, MDR 1983, 141; OLG Koblenz WM 1987, 310; OLG Düsseldorf NJW­RR 1986, 1192; OLG Bremen vom 11.03.1993 ­ 1 W 17/93 ­ über juris; OLG Hamburg VersR 1982, 341; OLG Köln, MDR 1986, 595; OLG Düsseldorf VersR 1980, 50; Münchener Kommentar ­ Heinze, a.a.O., § 917 Rdn. 6; Thomas-Putzo, ZPO, 22. Aufl., § 917 Rdn. 1, jeweils m.w.N.; anders Fischer, a.a.O.; OLG Dresden, MDR 1998, 795; OLG München, MDR 1970, 934; LAG Frankfurt NJW 1965, 989; Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 917 Rdn. 6). Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verneinte zunächst in deutlicher Form die Indizwirkung der strafbaren Handlung für den Arrestgrund. Der BGH hat hierzu ausgeführt, mit einem allgemeinen Erfahrungssatz, wonach derjenige, der einmal unredlich gewesen ist, das auch in Zukunft sein werde, sei es nicht getan (BGH VersR 1975, 643). Eine neuere Entscheidung (WM 1983, 614) hat Anlass zu unterschiedlichen Interpretationen gegeben (vgl. Thomas-Putzo, a.a.O.: Unklar"). Richtigerweise wird wohl davon auszugehen sein, dass der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung nicht korrigieren wollte. Denn unter 3. d) seiner Entscheidung in WM 1983, 614 führt er aus, dass auch eine im zivilrechtlichen Sinne arglistige Vertragsverletzung nur dann den Erlass eines Arrestes rechtfertigt, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Schuldner sein Vermögen dem Zugriff der Gläubiger entziehen will. Insoweit kann auf die Entscheidungen des OLG Düsseldorf, NJW-RR 1986, 1192 und OLG Bremen vom 11. März 1993 verwiesen werden.

Die Berufungskammer geht mit der herrschenden Meinung davon aus, dass nicht allein eine glaubhaft gemachte Konnexe strafbare Handlung ausreicht, um davon ausgehen zu können, der Schuldner werde eine Vollstreckung durch unlauteres Verhalten unmöglich machen oder erschweren. Die Vermutung weiterer Unredlichkeiten zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung ist nicht per se begründet. Es existiert kein Erfahrungssatz dahin, dass ein Schuldner, der durch kriminelle Handlungen den Gläubiger geschädigt hat, sich nach deren Aufdeckung weiterhin unredlich verhalten, d.h. versuchen wird, die ihm wegen der Schadensersatzforderung drohende Vollstreckung in seinem Vermögen zu vereiteln oder wesentlich zu erschweren (OLG Köln, MDR 00, 49 m.w.N.). Mit der Aufdeckung der Straftat ist für den Schuldner, worauf bereits das OLG Düsseldorf VersR 1980, 50 mit Recht hinweist, eine neue Situation eingetreten. Es ist nicht für den Regelfall davon auszugehen, dass die kriminelle Energie des Schuldners nun auch darauf gerichtet sein wird, eine Vollstreckung des Gläubigers wegen dessen Ersatzforderung in sein Vermögen zu vereiteln oder wesentlich zu erschweren. Zu verlangen sind daher stets konkrete Anhaltspunkte für die erforderliche Besorgnis, der Schuldner werde in Fortsetzung seines unredlichen Verhaltens auch sein Vermögen dem drohenden Zugriff des Gläubigers entziehen.

Im vorliegenden Fall hat sich die Arrestklägerin letztlich für den Arrestgrund gemäß § 917 Abs. 1 ZPO auf die Darlegung der behaupteten strafbaren Handlungen des Arrestbeklagten beschränkt. Weitere Anhaltspunkte für ein geplantes Beiseiteschaffen von Vermögenswerten sind nicht vorhanden. Eine Wiederholungsgefahr (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1986, 1192) ist nicht feststellbar, da der Arrestbeklagte nicht mehr im Unternehmen der Arrestklägerin tätig ist. Die Motivation der Sicherung der Beute" (vgl. OLG München, MDR 1970, 934; OLG Dresden, MDR 1998, 795; OLG Schleswig, MDR 1983, 141; LAG Frankfurt, NJW 1965, 989) spielt im vorliegenden Fall ohnehin keine wesentliche Rolle, da das nach den Darlegungen der Arrestklägerin mit Hilfe der Schecks transferierte Kapital der Arrestklägerin nicht auf einem Konto des Arrestbeklagten im vorliegenden Fall, sondern auf einem Konto des Herrn xxxxxx gesammelt worden ist. Eine Verfügungsgewalt des Arrestbeklagten xxxxxx über dieses Konto ist nicht erkennbar. Ihre These, wonach die Beute" unter Einbeziehung des Arrestbeklagten xxxxxx geteilt worden ist, bezeichnet die Arrestklägerin selbst in der Berufungsbegründung zu Recht als Vermutung.

Auch wenn man eine regelhafte Indizwirkung zwischen vorausgegangener strafbarer Handlung und Vorliegen eines Arrestgrundes gemäß § 917 Abs. 1 ZPO verneint und konkrete Anhaltspunkte für die erforderliche Besorgnis, der Schuldner werde in Fortsetzung seines unredlichen Verhaltens auch sein Vermögen dem drohenden Zugriff des Gläubigers entziehen, können sich solche Anhaltspunkte im Ausnahmefall allerdings bereits aus der Art, der Intensität und den Umständen der Straftat ergeben (OLG Köln, MDR 2000, 49; OLG Köln, MDR 1986, 595; OLG Düsseldorf VersR 1980, 50). Nur insoweit ist auch dem Ausgangspunkt des OLG Dresden (MDR 1998, 795) zu folgen. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist jedoch im vorliegenden Fall das Vorliegen eines Arrestgrundes gemäß § 917 Abs. 1 ZPO nicht zu bejahen.

Mit dem OLG Köln (MDR 2000, 49) ist davon auszugehen, dass selbst glaubhaft gemachte Spesenbetrügereien von der Intensität der kriminellen Handlung her nicht geeignet sind, einen solchen Ausnahmefall darzustellen. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass nach der spezifizierten Einlassung des Arrestbeklagten in der Berufungserwiderung zu den einzelnen Posten dieses Komplexes es dem Hauptsacheverfahren überlassen bleiben muss zu klären, welche Ausgaben des Arrestbeklagten tatsächlich privater Natur waren bzw., soweit der private Charakter unstreitig ist, ob der Versuch unternommen worden ist, diese Unkosten dauerhaft der Arrestklägerin aufzubürden.

Soweit sich die Arrestklägerin auf Manipulationen bei der Führung des Verrechnungskontos xxxxx 1552" beruft, in dem unter Zuhilfenahme gefälschter Rechnungen aufrechenbare Gegenposten für Privatausgaben des Arrestbeklagten erfunden und die Kontoaufzeichnungen zur Kaschierung anschließend vernichtet worden sein sollen, kann dieser Vorwurf zunächst einmal nur den Buchhalter xxxxxxxx betreffen. Eine Verantwortlichkeit des Arrestbeklagten für derartige Manipulationen ist nicht ohne weitere Anhaltspunkte zu unterstellen. Die Arrestklägerin hat weder glaubhaft gemacht, dass seitens des Arrestbeklagten xxx Rechnungen gefälscht bzw. gefälschte Rechnungen eingereicht wurden noch, dass eine Anweisung des Arrestbeklagten an den Buchhalter für eine derartige Verfahrensweise bestand. Der vorgelegte handschriftliche Vermerk, in dem die Begleichung eines Rechnungsbetrages durch die GSL" festgehalten ist, stammt von Herrn xxxxxx und nicht vom Arrestbeklagten des vorliegenden Rechtsstreits. Mutmaßungen darüber, welches Motiv Herr xxxxxxx für die von der Arrestklägerin behauptete Begünstigung des Arrestbeklagten xxxxx gehabt haben könnte, sind nicht geeignet, sonstige konkrete Anhaltspunkte für eine Verantwortlichkeit des Arrestbeklagten Kruse persönlich zu ersetzen.

Die Arrestklägerin stellt insoweit einen Zusammenhang her zu dem behaupteten gemeinschaftlichen Beiseiteschaffen von Kapital der Arrestklägerin im Umfang von mehreren 100.000,00 DM durch den Arrestbeklagten des vorliegenden Rechtsstreits sowie die Herren xxxxxxxx und xxxxxxx. Sie geht von einem systematischen kriminellen Zusammenwirken über lange Zeit aus, spricht insoweit vom Bestehen einer kriminellen Vereinigung". Das kollusive Zusammenwirken des Arrestbeklagten xxxx mit den beiden anderen Herren zur Begehung strafbarer Handlungen erscheint der Berufungskammer jedoch nicht hinreichend geklärt, um im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gerichtlich einschreiten zu können. Die Aufklärung muss insoweit vielmehr dem Hauptsacheverfahren vorbehalten werden. Immerhin haben auch zwei Gerichtsinstanzen in Österreich bezüglich der Sicherung von Ansprüchen des Arrestbeklagten gegen das Tochterunternehmen der Arrestklägerin eine Verantwortlichkeit des Arrestbeklagten für strafbare Handlungen, soweit sie überhaupt zu bejahen sind, verneint. Auch wenn man als richtig unterstellt, dass Herr xxxxxx im Zusammenwirken mit seinem Lebensgefährten xxxxxxx mit Hilfe von Schecks, die vom Arrestbeklagten xxxxxx unterzeichnet waren, Gelder der Arrestklägerin im behaupteten erheblichen Umfang auf das Privatkonto des Herrn xxxxxxx übertragen hat, muss der Arrestbeklagte xxxxx nicht zwangsläufig an solchen Machenschaften beteiligt gewesen sein. Selbst wenn man davon ausgeht, dass es keine Anweisung der Geschäftsführung zum Vorhalten von Blankoschecks gegeben hat und die Innenvollmacht des Arrestbeklagten auf 1.000,00 DM beschränkt war, was im Hauptverfahren abschließend zu klären sein wird, muss nicht automatisch ein kollusives Zusammenwirken des Arrestbeklagten xxxxx mit den beiden anderen Personen bejaht werden. Eventuelle Pflichtverstöße des Arrestbeklagten xxxxxx durch das höchst gefährliche Ausstellen von Blankoschecks und fehlende Kontrolle bezüglich des Verbleibs können zwar ebenfalls zu Schadensersatzansprüchen der Arrestklägerin führen, sind aber nicht geeignet, eine Basis für einen Arrestgrund gemäß § 917 Abs. 1 ZPO darzustellen, ohne dass weitere Anhaltspunkte für ein beabsichtigtes Beiseiteschaffen von vorhandenem Vermögen festzustellen sind.

Das Arbeitsgericht hat daher im Ergebnis zu Recht den Arrestbefehl vom 15. November 2000, soweit er den Arrestbeklagten des vorliegenden Verfahrens betraf, aufgehoben.

Die Berufung der Arrestklägerin gegen diese Entscheidung war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ein Rechtsmittel gegen dieses Urteil ist nicht gegeben, § 72 Abs. 4 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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