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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamburg
Urteil verkündet am 31.01.2003
Aktenzeichen: 6 Sa 64/02
Rechtsgebiete: RTV, EntGFZG, BUrlG, ZPO


Vorschriften:

RTV § 2
RTV § 2 Abs. 2
RTV § 2 Abs. 7
RTV § 2 Nr. 7
RTV § 2 Ziffer 7
RTV § 3
RTV § 4
RTV § 5
RTV § 11
RTV § 13
RTV § 13 Abs. 1
RTV § 13 Abs. 2
RTV § 13 Abs. 3
RTV § 13 Abs. 3 Unterabsatz 2
RTV § 14
EntGFZG § 4 Abs. 2
EntGFZG § 4 Abs. 4
BUrlG § 3 Abs. 2
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Hamburg Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftszeichen: 6 Sa 64/02

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 31. Januar 2003

erkennt das Landesarbeitsgericht Hamburg, 6. Kammer auf die mündliche Verhandlung vom 31. Januar 2003

durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Frau Kusserow als Vorsitzende den ehrenamtlichen Richter Herrn Eble den ehrenamtlichen Richter Herrn Heise

für Recht:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 11. Juni 2002 - 3 Ca 304/01 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren über die Auslegung des § 13 des Rahmentarifvertrages für die Hafenarbeiter der Deutschen Seehafenbetriebe, gültig ab 01. April 1992, betreffend die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

Der Kläger ist seit dem 19. Dezember 1977 bei der Beklagten als Hafenarbeiter beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft gegenseitiger Tarifbindung die Tarifverträge für die Hafenarbeiter der Deutschen Seehafenbetriebe Anwendung. § 13 des Rahmentarifvertrages, gültig ab 01. April 1992 (in der Fassung vom 13. September 2001 jetzt § 14) lautet:

"Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfalle

1. Die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfalle regelt sich nach dem Lohnfortzahlungsgesetz vom 27. Juli 1969, sofern nicht in diesem Tarifvertrag etwas Abweichendes bestimmt ist. 2. Der Lohnfortzahlungsbetrag wird für alle Werktage und die auf einen Werktag fallenden Feiertage gezahlt.

3. Für die Berechnung des während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit fortzuzahlenden Arbeitsentgelts ist der Durchschnittsverdienst des Hafenarbeiters in dem dem Beginn der Krankheit vorangegangen Kalenderjahr zu Grunde zu legen, jedoch darf das fortzuzahlende Arbeitsentgelt den an dem betreffenden Tag in der Frühschicht zu zahlenden Lohn (Stundenlohn multipliziert mit der Zahl der Arbeitsstunden) der jeweiligen Lohngruppe nicht unterschreiten.

Bei Wechselschichtarbeitern ist mindestens das Arbeitsentgelt zu zahlen, das im Falle der Nichterkrankung nach Schichtplan zu zahlen wäre. Eine Pauschalierung dieses Mindestlohnfortzahlungsbetrages kann durch Betriebsvereinbarung mit Zustimmung der örtlichen Tarifvertragsparteien erfolgen.

Für diejenigen Schichtarbeiter, die nicht nach einem festen Schichtplan eingesetzt werden, wird zur Feststellung des durchschnittlichen Schichtlohnes aus der regelmäßigen Arbeitszeit von 40 Stunden in der Woche der letzte abgerechnete Lohnzahlungszeitraum, mindestens 4 Wochen, herangezogen. ..."

Sowohl die Beklagte als auch andere Betriebe aus dem Hamburger Hafen, für die der Rahmentarifvertrag gilt, haben § 13 in der Vergangenheit so angewendet, dass für Sonnabende im Krankheitsfall Entgeltfortzahlung gewährt wurde, auch wenn der betreffende Hafenarbeiter nicht für eine Schicht eingeteilt war.

Mit den Sonderbestimmungen über die Einführung eines Arbeitszeitkontos für Hafenarbeiter im Hamburger Hafen wurde mit Wirkung ab 01. Mai 1997 das sogenannte Schichtlohnmodell abgelöst. Das Schichtlohnmodell beinhaltete, dass die Beschäftigten bezahlt wurden für die tatsächlich von ihnen geleisteten Schichten im Rahmen der 40-Stunden-Woche. Mir den Sonderbestimmungen über die Einführung eines Arbeitszeitkontos (Anlage Blatt 22 ff der Akte) wurde die Einführung eines Arbeitszeitkontos und die Einführung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden bei einem festen Monatsgrundlohn geregelt.

In den Sonderbestimmungen über die Einführung eines Arbeitszeitkontos für Hafenarbeiter im Hamburger Hafen heißt es in § 1 Abs. 2:

"Soweit diese Sonderbestimmungen von den §§ 2 bis 5 des Rahmentarifvertrages für die Hafenarbeiter der Deutschen Seehafenbetriebe sowie von den zu diesen Paragraphen bestehenden Sonderbestimmungen abweichende Regelungen enthalten, gehen sie den allgemeinen rahmentarifvertraglichen Regelungen und dem allgemeinen Teil der Sonderbestimmungen vor."

In Umsetzung der Sonderbestimmungen wurde bei der Beklagten eine Betriebsvereinbarung, gültig ab 01. Januar 2000, geschlossen (Anlage B 1, Blatt 17 ff der Akte).

In einer Zusatzvereinbarung zum Rahmentarifvertrag für die Hafenarbeiter der Deutschen Seehafenbetriebe vom 27. März 1992, gültig ab 01. April 1992, vom 21. Oktober 1997 (Anlage B 6, Blatt 80 f der Akte) heißt es in § 2:

"Regelungsrahmen

Die örtlichen Sonderbestimmungen und betrieblichen Regelungen im Sinne des § 1 können insbesondere folgende Regelungsgegenstände beinhalten:

...

7. Sollte sich auf Grund von Umgestaltungen der Schichtsysteme bzw. Arbeitszeiten ein Konkretisierungsbedarf in den §§ 11 und 13 RTV ergeben, so ist eine veränderte Regelung möglich."

Der Kläger war in der Zeit vom 15. November 2000 bis 24. November 2000 und im März 2001 arbeitsunfähig erkrankt. In diesen Zeiträumen entfielen auf den 18. November 2000, den 24. März 2001 und den 31. März 2001 Sonnabende, an denen der Kläger nicht zur Arbeit eingeteilt war. Es handelte sich um nicht arbeitspflichtige Sonnabende. Der Kläger arbeitete in einem System montags bis freitags - Früh- oder Spätschicht (Arbeitszeit 7,67 Stunden) - und jeden dritten Sonnabend verkürzte Frühschicht mit 5,75 Stunden (Anlage B 5, Blatt 78, 79 der Akte).

Mit seiner Klage hat der Kläger Entgeltfortzahlung für die aufgeführten Sonnabende verlangt.

Er hat sich auf den Standpunkt gestellt, aus § 13 RTV ergebe sich unmissverständlich, dass der Lohnfortahlungsbetrag für alle Werktage, also auch für Sonnabende zu zahlen sei. Die Anspruchsgrundlage in § 13RTV sei nicht vom sogenannten Schichtlohnmodell abhängig. Der Sonnabend gelte als Arbeitstag im Hafen. Die entsprechenden Tage würden bei der Berechnung des Durchschnittsverdienstes auch berücksichtigt. Im Hafen werde grundsätzlich auch am Sonntag gearbeitet. Auch diese Tage würden in die Berechnung des Durchschnittsverdienstes eingestellt, ohne dass hierfür Anspruch auf Entgeltfortzahlung bestünde. Dieser Hintergrund erkläre die tarifliche Regelung, die von der Beklagten Jahrzehnte lang so praktiziert worden sei und mit Ausnahme der Beklagten auch im Übrigen im Hafen noch praktiziert werde.

Wegen der Berechnung der Klagforderung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 25. April 2002 nebst Anlage (Blatt 61 bis 65 der Akte) verwiesen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 317,50 brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01. April 2001 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht, die Regelung in § 13 Abs. 2 RTV sei nur vor dem Hintergrund der vormals gezahlten, von einzelnen Tagesschichten abhängigen Löhne zu verstehen und nicht auf die jetzigen Verhältnisse mit einem festen Monatsgrundlohn übertragbar. Es solle das Lohnausfallprinzip gelten, diese ergebe sich auch aus § 13 Abs. 3 Unterabsatz 2 RTV, wonach auch im Falle von Wechselschichten das Lohnausfallprinzip anwendbar sei. Der alleinige Regelungsinhalt des Absatz 2 sei wohl vielmehr darin zu sehen, dass - abweichend von § 4 Abs. 2 Entgeltfortzahlungsgesetz - der nach dem Tarif (für das Schichtmodell) berechnete Lohnfortzahlungsbetrag an Feiertagen den Krankheitstagen angeglichen werden sollte. Darin erschöpfe sich jedoch auch die Regelung. Die Auffassung des Klägers liefe darauf hinaus, dass dieser im Falle von krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit Lohnfortzahlung auch für Tag erhalte, an denen er sonst nicht gearbeitet hätte, ihm also gleichsam eine "Krankheitsprämie" gezahlt würde, Krankheit sich also "lohne". Dies könne nicht gewollt sein. Dass in der Vergangenheit teilweise falsch verfahren worden sei, begründe keinen darauf gerichteten Anspruch des Klägers für die Zukunft.

Im Übrigen entspreche der vom Kläger zu Grunde gelegte Schichtlohn der Frühschicht für die Werktage Montag bis Freitag. Die erste Schicht des Sonnabends, für die der Kläger Fortzahlung begehrt, sei jedoch kürzer und weise einen geringeren Schichtlohn aus.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien in erster Instanz, ihrer Beweisantritte und der von ihnen überreichten Unterlagen sowie ihrer Rechtsausführungen wird ergänzend auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Vom Arbeitsgericht ist eine Auskunft der Tarifvertragsparteien eingeholt worden. Auf den Beschluss vom 23. November 2001 wird insoweit verwiesen (Blatt 51 der Akte).

Hinsichtlich der Auskunft des Zentralverbandes der Deutschen Seehafenbetriebe e. V. wird Bezug genommen auf das Schreiben vom 19. Dezember 2001 (Blatt 54 f der Akte). Hinsichtlich der Auskunft der Gewerkschaft Verdi wird verwiesen auf das Schreiben vom 13. Februar 2002 (Blatt 57 f der Akte).

Mit Urteil vom 11. Juni 2002 - 3 Ca 304/01 - hat das Arbeitsgericht Hamburg der Klage stattgegeben.

Es hat seine Entscheidung damit begründet, dass der Wortlaut des § 13 Abs. 2 RTV eindeutig und einer Auslegung an sich nicht zugänglich sei. Selbst wenn man trotz des eindeutigen Wortlauts den Gesamtzusammenhang berücksichtige, ergebe sich nichts anderes. Entscheidend sei auch die Handhabung des § 13 RTV durch die Beklagte in der Vergangenheit und durch die übrigen Hafenbetriebe in der Vergangenheit und in der Gegenwart.

An dieser Auslegung ändere auch nichts die Umstellung des Entlohnungssystems vom Schichtlohnmodell zur Führung eines Arbeitszeitkontos und zur Zahlung eines monatlichen Grundlohns. Die Sonderbestimmungen über die Einführung eines Arbeitszeitkontos für Hafenarbeiter im Hamburger Hafen hätten ausdrücklich nur die §§ 2 bis 5 des Rahmentarifvertrages abgeändert. § 13 RTV bleibe unberührt.

Im Übrigen lasse sich aus der Zusatzvereinbarung zum Rahmentarifvertrag für die Hafenarbeiter der Deutschen Seehafenbetriebe vom 21. Oktober 1997 ersehen, dass den Tarifvertragsparteien durchaus bewusst gewesen sei, dass es Konkretisierungsbedarf für den § 13 RTV geben könnte. Insoweit handele es sich um eine bewusste Regelungslücke, die die Gerichte nicht schließen dürften.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe (Blatt 92 bis 95 der Akte) Bezug genommen.

Gegen das der Beklagten am 13. Juni 2002 zugestellte Urteil wendet sich diese mit ihrer am 12. Juli 2002 bei Gericht eingegangenen und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 13. September 2002 am 13. September 2002 begründeten Berufung.

Die Beklagte trägt vor, die Auslegung der tariflichen Normen ergebe, dass der Anspruch des Klägers nicht gegeben ist. Eine "Krankheitsprämie" sei von den Tarifvertragsparteien weder gewollt, noch habe sie im Wortlaut des Tarifvertrages Niederschlag gefunden. Es liege auch keine bewusste Regelungslücke vor. Der Anspruch sei bereits dem Grunde nach nicht gegeben.

§ 13 RTV Hafen sei überschrieben mit Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfalle. Diesem Wortlaut lasse sich bereits entnehmen, dass eine neue, gesonderte Anspruchsgrundlage nicht geschaffen werden sollte, die über eine Fortzahlung hinaus einen einkommenserhöhenden Anspruch auf Zahlung zusätzlichen Entgelts begründen sollte.

Durch § 13 Abs. 1 RTV Hafen sei auch festgehalten, dass sich die Fortzahlung des Arbeitsentgeltes im Krankheitsfalle nach dem Lohnfortzahlungsgesetz (jetzt: Entgeltfortzahlungsgesetz) regeln sollte, sofern in diesem Tarifvertrag nichts abweichendes bestimmt ist.

Dies bestätige den arbeitsrechtlichen Grundsatz, dass entsprechend der gesetzlichen Regelung das Entgelt nur für solche Tage fortzuzahlen ist, an denen infolge der Arbeitsunfähigkeit keine Arbeitsleistung erbracht werden konnte.

Hiermit wäre es nicht vereinbar, dass ein Anspruch des Klägers zusätzlich zum laufenden monatlichen Entgelt begründet würde, für einen Tag also, an dem dieser seine Arbeitsleistung nicht hätte erbringen müssen. Dies sei bereits keine "Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle", sondern eine "Krankheitsprämie".

Richtig sei vielmehr, dass mit der Regelung des § 13 RTV Hafen entsprechend der Überschrift gewollt war, das Entgelt im Krankheitsfalle fortzuzahlen. Lediglich die Berechnung dieses fortzuzahlenden Entgelts solle sich nach besonderen Regelungen vollziehen. Insoweit sei das Lohnausfallprinzip durch ein besonderes Referenzprinzip unter Heranziehung des letzten Jahres ersetzt worden.

§ 2 Abs. 2 RTV Hafen zur Arbeitszeit lasse sich entnehmen, dass auch der Samstag als Werktag gelten sollte. Dem stehe die richtige Auslegung auch nicht entgegen. Richtigerweise seien tatsächlich aber nur solche Sonnabende als Werktage im Sinne der Regelung zu verstehen, an denen auch eine Arbeitspflicht besteht. Diese entspreche dem allgemeinen Verständnis, etwa auch bei der Auslegung des § 3 Abs. 2 BUrlG.

Der Wortlaut der Vorschrift des § 2 RTV Hafen stamme im Übrigen wohl noch aus der Zeit, als im Hafen praktisch an allen Samstagen gearbeitet wurde.

Dass in der praktischen Tarifübung dieses Problem bisher nicht aufgetaucht war, erkläre sich vermutlich durch die komplizierten und komplexen Regelungen der Berechnung der Höhe des fortzuzahlenden Entgelts. Die Beklagte selbst sei nur durch Zufall auf diesen Fehler gestoßen, da bei Fortfall der Arbeitspflicht an allen Samstagen schlicht die Berechnungsmethoden (Softwareprogramme) beibehalten worden seien. Gleiches sei ihr auf Rückfrage bei anderen Arbeitgebern im Hafen mitgeteilt worden. Es handele sich daher um keine bewusste, sondern um eine fehlerhafte Tarifübung, die keine Wirkung für die Zukunft entfalten könne.

Dass die Auslegung des Klägers nicht gewollt ist, bestätige auch die Stellungnahme des Zentralverbandes der Deutschen Seehafenbetriebe e. V. vom 19. Dezember 2001 an das Arbeitsgericht.

Im Rahmen der Tarifverhandlungen, etwa im Rahmen der Verhandlungen über die Frage, ob die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle entsprechend der gesetzlichen Regelung in 1996 umgesetzt würde, sei stets nur die Frage Gegenstand gewesen, ob der kranke Arbeitnehmer schlechtergestellt werden dürfte oder gleichgestellt bleiben müsste. Von einer Besserstellung arbeitsunfähiger Arbeitnehmer sei nie die Rede gewesen.

Im Übrigen führe eine Auslegung der tariflichen Norm im Sinne des klägerischen Begehrens zur Nichtigkeit. Sie verstieße gegen den Gleichheitsgrundsatz, da die Gruppe der arbeitsfähigen Arbeitnehmer ohne sachlichen Grund von der Prämie ausgenommen werde.

Jedenfalls sei der Anspruch der Höhe nach nicht begründet.

Die erste Schicht des Samstages, für den der Kläger die Fortzahlung begehrt, sei kürzer und weise in der Lohngruppe des Klägers einen Schichtlohn von lediglich DM 154,33 aus, so dass jedenfalls die Klage im Übrigen unbegründet wäre. Durch den direkten Bezug in § 13 Abs. 3 RTV Hafen zum Lohn der Schicht am betreffenden Tag werde hier das Lohnausfallprinzip letztlich als maßgebend erachtet.

In der Berufungsverhandlung am 31. Januar 2003 hat die Beklagte eine beispielhafte Berechnung der Entgeltfortzahlung nach dem bei ihr angewandten Computerprogramm überreicht (Blatt 142 bis 144 der Akte).

Die Beklagte beantragt,

auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 11. Juni 2002, Az. 3 Ca 304/01, abgeändert und die Klage abgewiesen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger trägt vor, die Beklagte wolle den Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle aus dem Tarifvertrag auf Tage beschränken, an denen der Kläger ohne Arbeitsunfähigkeit gearbeitet hätte. Dem stehe der tarifliche Wortlaut entgegen.

Die Beklagte lasse bei ihrer Darstellung § 13 Abs. 2 RTV Hafen einfach weg. Diese Bestimmung enthalte eine eigenständige Regelung, und zwar im Sinne des klägerischen Vortrages, der durch die tarifliche Handhabe im Hafen gestützt werde.

Die eigenständige Aussage in § 13 Abs. 2 RTV Hafen könne auch nicht darauf reduziert werden, dass Sonnabende als Werktage gelten sollen.

Auch der Hinweis der Beklagten auf die historische Entwicklung führe nicht zu dem von ihr gewünschten Ergebnis. Dem stehe der unveränderte Wortlaut des Tarifvertrages entgegen.

Die Beklagte verwende den Begriff "Krankheitsprämie", um die tarifliche Regelung zu diffamieren. Sie unterschlage dabei, dass die Einbeziehung der Sonnabende in die Entgeltfortzahlung nicht einseitig erfolge. Bei der Berechnung der Höhe der Entgeltfortzahlung würden die gearbeiteten Tage einschließlich der Sonnabende berücksichtigt. Der Kläger verweist wiederum auf die Regelung bezüglich der Sonntage. Es handele sich insgesamt um eine abgewogene und abgeschlossene Regelung, in die die Arbeitsgerichte auch dann nicht eingreifen dürften, wenn eine tarifliche Lücke bestehen sollte. Das Arbeitsgericht habe hier den zutreffenden Schluss gezogen, dass, wenn überhaupt von einer Lücke gesprochen werden könne, es sich zumindest um eine bewusste Lücke handele. Dies ergebe sich mit hinreichender Klarheit aus der Existenz von § 2 Abs. 7 der Zusatzvereinbarung zum Rahmentarifvertrag. Bei der genannten Vorschrift handele es sich im Übrigen um eine Öffnungsklausel auf der tariflichen Ebene.

Die Stellungnahme des ZDS bestätige die Position gerade nicht. Allenfalls sei man hier bemüht, im Sinne einer Regelungslücke zu argumentieren.

Auf Unkenntnis habe die bisherige Tarifübung nicht beruht.

Die Berechnung der Höhe der Entgeltfortzahlung habe mit der Frage, für welche Tage Entgeltfortzahlung zu leisten ist, nichts zu tun. Genausowenig überzeuge die Behauptung der Beklagten, dass nach Fortfall der Arbeit am Sonnabend schlicht die Berechnungsmethode beibehalten worden sei. Es zu bezweifeln, dass die Berechnung zum Zeitpunkt der Umstellung von einer 6-Tage-Woche auf eine 5-Tage-Woche schon im Wege der EDV durchgeführt worden sei.

Hinsichtlich der Höhe des Anspruchs sei darauf hinzuweisen, dass § 13 Abs. 3 Unterabsatz 1 RTV Hafen eine Mindestregelung beinhalte. Entscheidend sei die tatsächliche Höhe des durchschnittlichen Verdienstes im vorangegangenen Kalenderjahr.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird ergänzend auf die Berufungsbegründung vom 13. September 2002 und die Berufungserwiderung vom 11. Dezember 2002 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zwar wegen der Zulassung der Berufung im Urteil des Arbeitsgerichts statthaft (§ 64 Abs. 1, Abs. 2 ArbGG und § 64 Abs. 1, Abs. 2 ArbGG) und, weil sie form - und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 64 Abs. 6 Satz 1, 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 517, 519, 520 ZPO) auch im Übrigen zulässig.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg ist jedoch unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.

Die Klage ist zum Einen zulässig.

Der Antrag ist auch hinsichtlich der Bezeichnung der Zinshöhe hinreichend bestimmt gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (BAG vom 01. Oktober 2002, 9 AZR 215/01).

Die Klage ist auch begründet.

Dem Kläger steht für die Sonnabende am 18. November 2002, 24. März 2001 und 31. März 2001 eine Vergütung im Krankheitsfall in Höhe von € 317,50 brutto zu.

Die dem Anspruch zu Grunde liegende Auslegung des Arbeitsgerichts hinsichtlich der Bestimmung des § 13 des Rahmentarifvertrages für die Hafenarbeiter der Deutschen Seehafenbetriebe, gültig ab 01. April 1992, - § 14 RTV in der Fassung vom 13. September 2001 - ist nicht zu beanstanden.

Wie das Arbeitsgericht richtig ausgeführt hat, gelten nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages die für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln (vergl. BAGE 46, 308).

Seit der Entscheidung des BAG vom 12. September 1984 (a.a.O.) sind dabei die Auslegungskriterien (unter Aufgabe von BAG AP Nr. 117 zu § 1 TVG Auslegung) wie folgt festgelegt:

Es ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mitzuberücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und der Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie

Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAGE 46, 308 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung; BAG NZA 1988, 851; NZA 1989, 351; AP Nr. 265 zu §§ 22, 23 BAT 1975; AP Nr. 6 zu § 1 TVG Tarifverträge: Dachdecker).

Die teilweise vertretene Auffassung, die Auslegung einer tariflichen Norm sei zu Ende, wenn sich aus dem Wortlaut der Bestimmung bereits ein eindeutiges Auslegungsergebnis ergebe, auf andere Auslegungskriterien sei dann nicht mehr einzugehen (vergl. Schaub NZA 1994, 597, 599), erscheint dabei zu apodiktisch. Wiedemann-Wank, Tarifvertragsgesetz, 6. Auflage § 1 Rdn. 797 f weist zu Recht darauf hin, dass sich auch das Bundesarbeitsgericht im konkreten Fall mit Hilfe des Zwecks des Tarifvertrages über den Wortlaut hinwegsetzt (vergl. BAG vom 04. August 1987, AP Nr. 89 zu Art. 9 GG Arbeitskampf). So stellt Wiedemann-Wank die richtige These auf, dass erst die gesamte Auslegung nach den anderen Auslegungskriterien ergibt, ob der Wortlaut wirklich eindeutig ist (a.a.O. Rdn. 798).

Auch wenn man jedoch nicht dem apodiktischen Ansatz von Schaub folgt, ist das Auslegungsergebnis des Arbeitsgerichts korrekt.

Das Arbeitsgericht hat zum Einen zutreffend auf den eindeutigen Wortlaut des § 13 Abs. 2 RTV verwiesen. Hier heißt es völlig klar, dass der Lohnfortzahlungsbetrag für alle Werktage und die auf einen Werktag fallenden Feiertage gezahlt wird. Die These der Beklagten, der alleinige Regelungsgehalt des Abs. 2 sei darin zu sehen, dass abweichend von § 4 Abs. 2 Entgeltfortzahlungsgesetz bzw. den zuvor geltenden Lohnfortzahlungsregelungen für Feiertage und Krankheit, der nach dem Tarif (für das Schichtmodell) berechnete Lohnfortzahlungsbetrag an Feiertagen dem an Krankheitstagen angeglichen werden sollte, ist angesichts des Wortlauts: "Wird für alle Werktage ... gezahlt" nicht haltbar.

Werktage sind auch die Sonnabende. Dies entspricht nicht nur der juristischen Terminologie, z. B. in § 3 Abs. 2 BurlG und im Arbeitszeitgesetz. Danach ist Werktag jeder Tag, der nicht ein Sonn- oder gesetzlicher Feiertag ist (Erfurter Kommentar-Wank, 3.Auflage, § 3 ArbZG Rdn. 2). Dies geht auch konform mit dem allgemeinen Sprachgebrauch, wonach der Werktag mit dem Wochentag im Gegensatz zu Sonntag und Feiertag gleichzusetzen ist (Wahrig, Deutsches Wörterbuch).

Wie das Arbeitsgericht ebenfalls richtig festgestellt hat, ergibt sich keine andere Auslegung, wenn man den Gesamtzusammenhang des Tarifvertrages betrachtet.

§ 13 Abs. 1 RTV bestimmt zwar, dass sich die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfalle nach dem Lohnfortzahlungsgesetz (jetzt Entgeltfortzahlungsgesetz) richten soll, sofern nicht im Tarifvertrag etwas Abweichendes bestimmt ist. § 13 Abs. 2 RTV bestimmt aber gerade etwas Abweichendes, indem der Lohnfortzahlungsbetrag für alle Werktage gezahlt werden soll, ohne dass eine Einschränkung insofern vorgenommen wird, dass zunächst zu prüfen ist, ob der Arbeitnehmer an diesem Werktag überhaupt zur Arbeitsleistung herangezogen worden wäre.

Aus der Überschrift des § 13 "Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfalle" lässt sich entgegen der Auffassung der Beklagten ebenfalls nichts zu ihren Gunsten herleiten.

Aus der Überschrift ist nicht die Einschränkung zu entnehmen, dass keinesfalls mehr zu vergüten ist, als der Arbeitnehmer bei Nichterkrankung verdient hätte. Hier wird vielmehr nur das Thema des § 13 allgemein umschrieben, entsprechend der Terminologie des Lohnfortzahlungsgesetzes bzw. des Entgeltfortzahlungsgesetzes. Inhaltliche Aussagen zur Höhe des Anspruchs sind nicht getroffen.

Wie schon das Arbeitsgericht richtig ausgeführt hat, kennt § 13 Abs. 3 Unterabs. 3 RTV zwar das Problem der Lohnfortzahlung bei Wechselschichtarbeitern. In diesem Absatz wird aber nur festgelegt, dass mindestens das Arbeitsentgelt zu zahlen wäre, das im Falle der Nichterkrankung nach dem Schichtplan zu zahlen wäre. Die Tarifvertragsparteien kehren damit in gewisser Weise zum Lohnausfallprinzip zurück, allerdings nur in Form einer Mindestbestimmung, so dass daraus nicht ersichtlich ist, dass die Bestimmung des § 13 Abs. 2 RTV eingeschränkt werden sollte.

Zu unterscheiden ist die Frage der Berechnung der Höhe der Entgeltfortzahlung und die Frage, für welche Tage Entgeltfortzahlung zu leisten ist. Letzteres wird in § 13 Abs. 2 RTV in eindeutiger Weise geregelt.

Die Beklagte verweist nun darauf, es könne nicht angehen, dass ein Arbeitnehmer im Falle von krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit Lohnfortzahlung für Tage erhält, an denen er sonst nicht gearbeitet hätte, da ihm sonst eine "Krankheitsprämie" gezahlt würde, Krankheit sich also "lohne". Dies könne nicht so gewollt sein.

Die Argumentation betrifft das Auslegungskriterium der vernünftigen, gerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung (BAGE 46, 308).

Schon Schaub (a.a.O.) hat darauf verwiesen, dass diese Auslegungsregelung unterstelle, die Tarifvertragsparteien würden nur vernünftige und praktikable Lösungen schaffen. Ob diese Annahme schon vom Tatsächlichen her gedeckt ist, erscheine zweifelhaft. Tarifverträge seien schließlich Kompromisse, bei denen nicht immer ein etwaiger Interessenausgleich oder eine etwaige Praktikabilität zu erreichen ist.

Unabhängig davon ist darauf zu verweisen, dass die Regelung des § 13 RTV noch aus einer Zeit stammt, in der im Hafen praktisch an allen Samstagen gearbeitet wurde. Das Problem, mit dem sich die Beklagte konfrontiert sieht, hat sich erst durch die Veränderung der Rahmenbedingungen, den Wegfall der regelmäßigen Samstagsarbeit, die Umstellung des Entlohnungssystems vom Schichtlohnmodell zur Führung eines Arbeitszeitkontos und zur Zahlung eines monatlichen Grundlohns ergeben.

Da diese Problematik erst im Laufe der Zeit entstanden ist, verwundert auch die früher einhellige Übung im Hafen, den Tarifvertrag entsprechend der Auffassung des Klägers auszulegen, nicht.

Die sich jetzt stellende Problematik durch die veränderten Rahmenbedingungen ist jedoch nicht seitens der Arbeitsgerichtsbarkeit zu lösen, vielmehr wären die Tarifvertragsparteien hier am Zuge.

Die Beklagte erwartet im Grunde von der Arbeitsgerichtsbarkeit eine Anpassung des § 13 RTV an die geänderte Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse im Hafen.

Eine entsprechende Rechtsfortbildung kommt jedoch grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn eine Tarifvertragslücke vorliegt. Das Bundesarbeitsgericht unterscheidet hier zwischen einer bewussten Regelungslücke, bei der eine Fortbildung ausscheidet (BAG NZA 1988, 553) und einer unbewussten Regelungslücke, bei der die Gerichte zur Rechtsfortbildung berechtigt sind. Eine bewusste Regelungslücke kann vorliegen, wenn die Tarifvertragsparteien eine regelungsbedürftigte Frage bewusst nicht geregelt haben (BAG AP Nr. 95 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Dies kann auch dann der Fall sein, wenn die Tarifvertragsparteien sich nicht haben einigen können (BAG AP Nr. 93 zu §§ 22, 23 BAT 1975; AP Nr. 95 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Eine Fortbildung scheidet in diesen Fällen aus, weil das Gericht sonst in die Tarifautonomie eingreifen würde.

Eine unbewusste Regelungslücke ist dann gegeben, wenn die Tarifvertragsparteien einen bestimmten Sachverhalt nicht behandelt haben, weil sie ihn bei Abschluss des Tarifvertrages nicht bedacht haben (BAG NZA 1988, 553). Sie kann aber auch vorliegen, wenn die Lücke durch nachträglich eintretende Umstände erwachsen ist, z. B. weil sich die tatsächlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse geändert haben oder eine Regelung wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz unwirksam ist. Eine dritte Fallgruppe der unbewussten Regelungslücke kann gegeben sein, wenn eine Regelung auf bestimmte Sachverhalte nicht passt (vergl. Schaub a.a.O.).

Das BAG nimmt im Übrigen eine Lückenausfüllung dann nicht vor, wenn die Tarifvertragsparteien verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten haben (NZA 1989, 759).

Im vorliegenden Fall könnte man mit der Argumentation, die Rahmenbedingungen in den Arbeitsverhältnissen hätten sich in der Weise geändert, dass absurde Konsequenzen im Bereich der Entgeltfortzahlungsregelung auftreten, eine unbewusste Regelungslücke bejahen.

Hingegen ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht von einem Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz als Ansatz für eine erforderliche Lückenschließung auszugehen.

Zwar hält das BAG an seiner ständigen Rechtsprechung fest, wonach die Tarifvertragsparteien unmittelbar an den Gleichheitssatz der Verfassung gebunden sind (vergl. NZA 2002, 917).

Ein Verstoß hiergegen ist vorliegend jedoch nicht erkennbar, da alle Arbeitnehmer im Krankheitsfalle in den Genuss der von der Beklagten gerügten Konsequenz der "Krankheitsprämie" kommen.

Ebenso wenig ist aus der von der Beklagten zitierten Entscheidung des BAG vom 08. März 1989 (NZA 1989, 688) eine Unwirksamkeit der Entgeltfortzahlungsregelung und die Erforderlichkeit einer Lückenschließung herzuleiten.

Der in der Entscheidung des BAG zu beurteilende Tarifvertrag enthielt eine dem § 13 Abs. 2 RTV Hafen vergleichbare Bestimmung nicht. Dem Urteil des BAG ist auch nicht zu entnehmen, dass eine Regelung, wie in § 13 Abs. 2 RTV Hafen getroffen, als unzulässig anzusehen ist.

Die Tarifvertragsparteien sind gemäß § 4 Abs. 4 EntGFZG berechtigt, von bestimmten Normen des § 4 abweichende Bestimmungen auch zuungunsten der Arbeitnehmer zu setzen. Diese Tariföffnungsklausel ist nur für Regelungen zulasten kranker Arbeitnehmer nötig. Zugunsten der Arbeitnehmer kann von den Bestimmungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes von jedermann abgewichen werden (Erfurter Komm. - Dörner, 3. Aufl, § 4 EFZG Rdn 56).

Der Ansatz der Lückenfüllung wegen nachträglich eingetretener Veränderung der Rahmenbedingungen ist letztlich, wie schon das Arbeitsgericht ausgeführt hat, kein gangbarer Weg, da die Tarifvertragsparteien durchaus Regelungen zur Anpassung an die geänderten Verhältnisse getroffen haben, ohne jedoch die Regelung in § 13 Abs. 2 RTV Hafen anzutasten. Im Ergebnis ist von einer bewussten Regelungslücke auszugehen, bei der eine Fortbildung durch die Arbeitsgerichtsbarkeit ausscheidet.

Die Sonderbestimmungen über die Einführung eines Arbeitszeitkontos für Hafenarbeiter im Hamburger Hafen haben ausdrücklich nur die §§ 2 bis 5 des Rahmentarifvertrages abgeändert. § 13 RTV blieb unverändert.

Wie schon das Arbeitsgericht richtig festgestellt hat, lässt sich aus der Zusatzvereinbarung zum Rahmentarifvertrag für die Hafenarbeiter der Deutschen Seehafenbetriebe vom 21. Oktober 1997 ersehen, dass den Tarifvertragsparteien durchaus bewusst war, dass es, wie sie es nannten, Konkretisierungsbedarf für den § 13 RTV geben könnte, In § 2 Nr. 7 dieser Zusatzvereinbarung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine veränderte Regelung möglich sei. Die Tarifvertragsparteien wussten mithin letztlich um den Handlungsbedarf und ihre Kompetenz, hier gegebenenfalls geänderte Regelungen zu schaffen.

Auch aus dem Schreiben des Zentralverbandes der Deutschen Seehafenbetriebe vom 19. Dezember 2001 ergibt sich im Ergebnis, dass eine bewusste Regelungslücke anzunehmen ist. So wird auch hier darauf hingewiesen, dass gemäß § 2 Ziffer 7 der Zusatzvereinbarung veränderte Regelungen möglich sein sollen. Hiervon müssten die Tarifvertragsparteien dann aber auch tatsächlich Gebrauch machen.

Es ist nicht Sache der Arbeitsgerichte, den gegebenenfalls erforderlichen Anpassungsprozess zwischen betrieblicher Wirklichkeit und Ausgestaltung der Entgeltfortzahlung vorzunehmen.

Auf der Basis der hier vertretenen Auffassung ergibt sich mithin eine Vergütungspflicht bezüglich der aufgeführten Samstage.

Es ist auch nicht davon auszugehen, dass angesichts der bei der Beklagten angewandten Berechnungsmethode für die Entgeltfortzahlung von einer Erfüllung des klägerischen Anspruchs auszugehen ist. Ihrer Darlegungspflicht insoweit hat die Beklagte mit dem in der Berufungsverhandlung überreichten Rechenbeispiel nicht genügt, wenn sie sich überhaupt auf eine Erfüllung berufen will.

Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung ist auch in der vom Arbeitsgericht zugebilligten Höhe zu bejahen.

Soweit die Beklagte darauf hinweist, dass die erste Schicht des Samstags kürzer ist, ist dies letztlich angesichts des Systems in § 13 RTV nicht erheblich. Wie schon das Arbeitsgericht richtig festgestellt hat, handelt es sich bei dieser Argumentationsweise wiederum um den Versuch, das Lohnausfallprinzip durch die Hintertür weder einzuführen. Eine derartige Einschränkung findet sich in § 13 Abs. 2 in Verbindung mit § 13 Abs. 3 RTV jedoch nicht.

Das Arbeitsgericht hat daher zu Recht der Klage stattgegeben.

Hinsichtlich der Verzinsung des Bruttobetrages wird ergänzend auf die Entscheidung des Großen Senats vom 07. März 2001 (NZA 2001, 1195) verwiesen.

Die Berufung der Beklagten war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Revision ist gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen worden.

Ende der Entscheidung

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