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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamburg
Urteil verkündet am 20.09.2004
Aktenzeichen: 8 Sa 109/03
Rechtsgebiete: BetrVG, KSchG, BGB


Vorschriften:

BetrVG § 3
BetrVG § 3 V n. F.
BetrVG § 3 V 1
BetrVG § 102
BetrVG § 102 I
BetrVG § 102 I 2
BetrVG § 102 I 3
BetrVG § 111
KSchG § 1
KSchG § 1 II
KSchG § 1 III
KSchG § 1 V n. F.
KSchG § 17
BGB § 626
Ein für die Annahme einer Betriebsreinheit notwendiger gemeinsamer Leitungsapparats zweier Unternehmen, welcher sich auf die wesentlichen Funktionen des Arbeitgebers in personellen und sozialen Angelegenheiten erstreckt, ist durch die Existenz zweier Betriebsräte in beiden Unternehmen nicht zwangsläufig ausgeschlossen.

Voraussetzung für die Annahme eines gemeinsamen Leitungsapparates ist in diesem Fall, dass das in der Existenz unterschiedlicher Betriebsräte liegende starke Indiz für getrennte Leitungsfunktionen durch konkrete Indizien für eine gemeinsame Leitung überlagert wird. Solche Indizien können eine weitgehende Identität der Führungskräfte und eine gemeinsame Personalverwaltung sein.

Die Fiktion des § 3 V BetrVG n. F. beschränkt sich auf den Bereich des Betriebsverfassungsrechts und ist für den Betriebsbegriff i. S. des Kündigungsrechts ohne Bedeutung.

Die Möglichkeit des Arbeitgebers, zur Unterrichtung des Betriebsrats gemäß § 102 I BetrVG pauschal auf Informationen Bezug zu nehmen, die der Betriebsrat zuvor zu einer Betriebsänderung i. S. v. § 111 BetrVG erhalten hat, lässt die Darlegungslast des Arbeitgebers im Kündigungsrechtsstreit unberührt. Nur wenn der Arbeitgeber die Informationen des Betriebsrat gemäß § 111 BetrVG im Kündigungsrechtsstreit im Einzelnen vorgetragen hat, kann er sich bei der Darstellung der Unterrichtung i. S. v. § 102 BetrVG auch hier auf eine pauschale Bezugnahme beschränken, solange der Arbeitnehmer nicht konkret vorgetragen hat, welche Informationen dem Betriebsrat vorenthalten worden sind.

Die Entscheidung des konzernabhängigen Unternehmens, wie eine Einsparverpflichtung im Unternehmen u. a. auch durch Personalabbau umgesetzt werden soll, ist eine Unternehmerentscheidung i. S. v. § 1 II KSchG und von den Gerichten für Arbeitssachen deshalb nur beschränkt überprüfbar.


Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 19. Juni 2004 - 4 Ca 74/02 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung.

Die Beklagte, die Telekommunikations-Dienstleistungen erbringt, ist über internationale Zwischengesellschaften eine 100 %ige Tochter der W Inc. mit Sitz in Mississippi / USA. Mit ihrer Muttergesellschaft ist die Beklagte durch einen Beherrschungsvertrag verbunden. Geschäftsführerin der Beklagten war Ende 2002 L. A. W., deren Dienstsitz sich in der Europazentrale des Konzerns in L. befand. In Europa hatte der Konzern ca. 2.000 Mitarbeiter. Country Manager für Deutschland war F. I.. Die Personalabteilung der Beklagten befand sich in F. In der Niederlassung H. waren ca. 30 Mitarbeiter beschäftigt. Alle Niederlassungen wurden deutschlandweit zentral geführt.

Der Vertrieb der Beklagten war nach der Bedeutung der Kunden in drei Segmente gegliedert. In allen Vertriebssegmenten war die Leitung nicht regional nach Niederlassung, sondern funktionsorientiert und überregional im Sinne einer Matrix organisiert. Im Bereich "Global Accounts" wurden die Kunden betreut, die für den Konzern weltweit von Bedeutung waren. Leiter dieses Bereichs war M. S. Der Bereich "Corporate Accounts" betreute wichtige Kunden auf nationaler Ebene. Leiter für den norddeutschen Raum war J. S., der in H. gleichzeitig für büroorganisatorische Fragestellungen zuständig war. Auf Bundesebene war F. H. Leiter des Bereichs. Im Segment "Business Markets" wurden alle anderen Kunden betreut, die unterhalb einer bestimmten Größe oder Umsatzgrenze lagen. Der Bereich wurde im Norden bis November 2002 von D. O. geleitet, danach von A. S.. Bundesweit war Herr L. die zuständige Führungskraft

Ab Anfang 2002 gab es eine Kooperation der Beklagten mit der Firma U GmbH (im Folgenden: U) mit Sitz in D.. In H. waren die Vertriebsmitarbeiter beider Firmen in den gleichen Räumen untergebracht und unter einer einheitlichen Telefonnummer erreichbar. Bei den täglichen Abläufen im Vertrieb gab es keine Trennung. Die Mitarbeiter beider Firmen wurden von den gleichen Vertriebsassistenten unterstützt. Urlaubsplanung und Vertretungsregelungen wurden aufeinander abgestimmt. Ende 2002 waren 7 Mitarbeiter von U in der H. Niederlassung im Bereich Vertrieb und Projektmanagement tätig.

Geschäftsführerin der U Deutschland GmbH war Ende 2002 ebenfalls L. A. W., Country Manager für Deutschland P. R.. Die Personalabteilung von U befand sich jedenfalls bis April 2002 in D.. Sowohl bei der Beklagten als auch bei U gab es bundesweit gewählte Betriebsräte, mit denen jeweils unterschiedliche Betriebsvereinbarungen abgeschlossen worden waren. Auch die Arbeitsverträge waren in beiden Unternehmen in mehreren Punkten unterschiedlich gestaltet. Nach Ablauf des Jahres 2002 sind die Beklagte und die U Deutschland GmbH verschmolzen.

Am 26. 4. 2002 teilte I. N. als "Human Ressources Director" per email (Anl. BG 1, Bl. 235 d. A.) allen deutschen Mitarbeitern beider Unternehmen mit, der HR-Support werde in F. zentralisiert. Für beide Unternehmen wurden in der Mail gemeinsame Zuständigkeiten nach Vertriebssegmenten mitgeteilt.

Der 1952 geborene Kläger war seit dem 1. 1. 2001 bei der Beklagten beschäftigt. Nach dem am 19. 12. 2000 geschlossenen Arbeitsvertrag (Anl. B 1, Bl. 39 ff d. A.) ist der Kläger als "Account Manager Corporate Accounts" sowie für die damit im Zusammenhang stehenden Arbeitsleistungen eingestellt. Er erhält ein Jahresgrundgehalt von EUR 49.085,- sowie eine variable Erfolgsbeteiligung in Höhe von EUR 32.723,- bei 100 % Erfüllung der mit dem Arbeitgeber vereinbarten Ziele. Nach § 10 des Arbeitsvertrags hat die Beklagte dem Kläger einen PKW für Dienst- und Privatfahrten zur Verfügung zu stellen, was einer monatlichen Bruttovergütung von weiteren EUR 563,- entspricht. Als Dienstort ist in § 1 des Arbeitsvertrags H., als Erfüllungsort Deutschland angegeben. Der Kläger ist verpflichtet, seine "Arbeitsleistung zeitweise an einem Dienstort .... innerhalb Deutschlands oder auch kurzzeitig im Ausland zu erbringen." In § 13 ist ein Schriftformerfordernis für Änderungen und Ergänzungen des Arbeitsvertrages vereinbart.

Der Kläger wurde zunächst im Bereich "Corporate Accounts", seit Anfang 2002 im Bereich "Business Markets" eingesetzt.

Im Laufe des Jahres 2002 geriet die Muttergesellschaft der Beklagten in den USA in wirtschaftliche Schwierigkeiten, nachdem dort Bilanzmanipulationen in der Größenordnung von ca. 40 Milliarden US-$ entdeckt worden waren. Im Juli 2002 beantragte die Muttergesellschaft Gläubigerschutz nach Chapter 11 der US-amerikanischen Insolvenzordnung. Weltweit wurden danach im Konzern ca. 17.000 Stellen abgebaut. Auch die Beklagte wurde dazu verpflichtet, einschneidende Sparmaßnahmen durchzuführen. Anfang September wurde der Konsolidierungsplan des Konzerns von der Gläubigerversammlung in den USA genehmigt.

Am 18. 9. 2002 unterrichtete die Beklagte ihren Betriebsrat über das Chapter 11 - Verfahren in den USA. Ende September teilte sie dem Betriebsrat die organisatorischen Überlegungen zur Umsetzung der betriebsbedingten Kündigungen, die angestrebten Beendigungszeitpunkte und die ungefähre Anzahl der abzubauenden Arbeitsplätze - damals ca. 300 - mit. Am 20. 10. 2002 kam es zwischen der Beklagten und ihrem Betriebsrat zum Abschluss eines Interessenausgleichs und Sozialplans (Anl. B4, Bl. 49 - 58). Für U wurden im Rahmen der Restrukturierung mit dem dortigen Betriebsrat ebenfalls Interessenausgleich und Sozialplan vereinbart, dessen Regelungen auch hinsichtlich der Sozialauswahl von dem für die Beklagte geltenden Sozialplan abwichen.

Mit Schreiben vom 30. 10. 2002, welches am 31. 10. 2002 beim Betriebsrat einging, unterrichtete die Beklagte den Betriebsrat über die beabsichtigte Kündigung des Klägers zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Wegen des Inhalts des Schreibens wird auf Anl. B 3 (Bl. 47 f d. A.) Bezug genommen. Der Betriebsrat widersprach der Kündigung mit Schreiben vom 7. 11. 2002 (Anl. K 2, Bl. 6 d. A.) mit der Begründung, die Sozialauswahl sei fehlerhaft, da sie nicht abteilungsübergreifend unter Einbeziehung der Account Manager des "Corporate Account" - Segments durchgeführt worden sei.

Mit Schreiben vom 11. 11. 2002 (Anl. K 1, Bl. 4 f d. A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 31. 12. 2002 und bot ihm entsprechend dem Interessenausgleich und Sozialplan vom 29. 10. 2002 eine Abfindung in Höhe von EUR 14.140, 19 an.

In der Niederlassung H. war im Bereich "Business Markets" B. P. als Account-Manager für die Beklagte tätig, welcher sozial schutzwürdiger war als der Kläger. Die im Segment "Corporate Accounts" tätigen Account Manager C., R. und S. schieden zum 31. 12. 2002 aus. Das gleiche gilt für die im Bereich ""Global Accounts"" für die Beklagte tätigen Herren G. und D.. Für U waren im Bereich "Corporate Accounts" die Herren H. und W. tätig. Im Segment "Business Markets" war kein Mitarbeiter von U tätig. U. J., der von einem Home-Office aus für U im Bereich "Business Markets" gearbeitet hatte, wurde zum 31. 12. 2002 gekündigt. L. Ö. war bei U bereits zum 29. 9. 2002 ausgeschieden.

Vor der Kündigung des Klägers hat die Beklagte nur Herrn P. in eine Sozialauswahl einbezogen.

Mit Schreiben vom 22. 11. 2002 (Anl. B 15, Bl. 109f) unterrichtete die Beklagte das Arbeitsamt über die geplante Entlassung von 8 Arbeitnehmern zum 31. 12. 2002.

Mit der am 29. 11. 2002 bei Gericht eingegangenen Klage macht der Kläger die Unwirksamkeit der Kündigung geltend.

Er hat behauptet, sein Arbeitsplatz sei nicht weggefallen und der Betriebsrat sei vor der Kündigung nicht ordnungsgemäß unterrichtet worden. Im November / Dezember 2002 sei eine Stelle im Bereich "Global Accounts" ausgeschrieben gewesen, auf welcher er hätte weiterbeschäftigt werden können. Er sei auch bereit gewesen, an anderen Orten in Deutschland zu arbeiten. So hätte er die Stelle von T. T. im Bereich "Business Markets" Le / Dr einnehmen können, deren Probezeit erst im Dezember 2002 geendet habe.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 11. 11. 2002 nicht zum 31. 12. 2002 geendet hat.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, aufgrund des Beherrschungsvertrags sei die Muttergesellschaft verpflichtet gewesen, alle Kosten der deutschen Tochterfirmen zu tragen. Nach Entdeckung der Bilanzmanipulationen in den USA sei ein konzernweiter Restrukturierungsplan erarbeitet worden. Vorgabe der Muttergesellschaft sei gewesen, im 1. Quartal 2003 einen positiven Cash-Flow zu erreichen, um auf die bis dahin regelmäßig erfolgten Zuschüsse der Muttergesellschaft verzichten zu können. Die Beklagte habe pro Monat ca. 10 Mio. EUR Defizit erwirtschaftet, da infolge der Vorkommnisse in den USA der Umsatz auch in Europa dramatisch eingebrochen sei und es so gut wie kein Neugeschäft gegeben haben. Ein Viertel des Defizits, also 2, 5 Mio. EUR hätten durch Personalabbau eingespart werden sollen, der Rest durch Verzicht auf geplante Investitionen. Nach dem erarbeiteten Einsparkonzept sei im Bereich "Business Markets" in H. eine Stelle zu streichen gewesen.

Der Kläger sei aufgrund seiner Fähigkeiten im Bereich "Global Accounts" nicht einsetzbar gewesen.

Der Betriebsrat sei neben der schriftlichen Anhörung durch die Personalabteilung bei jeder Kündigung mündlich über die Vergleichbarkeit und die konkrete Sozialauswahl informiert worden. Bereits in den Verhandlungen über den Sozialplan sei der Betriebsrat darüber unterrichtet worden, wie sich die Beklagte den Personalabbau vorstelle. Dabei seien Listen der betroffenen Mitarbeiter und ihrer Sozialdaten an den Betriebsrat übergeben worden.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Es bestünden erhebliche Zweifel, ob die soziale Rechtfertigung der Kündigung hinreichend dargelegt worden sei. Dies könne jedoch dahinstehen, weil die Kündigung jedenfalls gemäß § 102 I 3 BetrVG unwirksam sei. Die Beklagte habe den Betriebsrat vor der Kündigung nicht ausreichend informiert. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf Bl. 8 ff des angefochtenen Urteils (Bl. 121 ff d. A.) verwiesen.

Gegen das am 19. 6. 2003 verkündete und dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 1. 9. 2003 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 30. 9. 2003 Berufung eingelegt und diese am Montag, dem 3. 11. 2003, begründet.

Die Beklagte meint, das Arbeitsgericht habe die subjektive Determination der Betriebsratsanhörung und den Umstand verkannt, dass der Betriebsrat durch die vorangegangenen Verhandlungen über Interessenausgleich und Sozialplan über die von der Beklagten geplanten Maßnahmen umfassend informiert gewesen sei.

Sie behauptet, zu Beginn der Sozialplanverhandlungen am 11. 10. 2002 habe der Country Manager F. I. dem Betriebsrat dargestellt, dass es aufgrund der Insolvenz der Muttergesellschaft zu massiven Kundeneinbrüchen in Deutschland gekommen sei, so dass der Vertrieb weniger als 50 % der erwarteten Ziele erreicht habe. Darüber hinaus sei der Betriebsrat darüber informiert worden, dass die Muttergesellschaft kein Geld mehr nach Deutschland transferieren könne, ohne die eigene Restrukturierung zu gefährden. Der vom US - Insolvenzgericht genehmigte Restrukturierungsplan habe deshalb vorgesehen, dass von der Beklagten im ersten Quartal 2003 ein positives Monatsergebnis zu erwirtschaften sei. Dem Betriebsrat sei bereits bei der ersten Verhandlung eine Liste übergeben worden, in der aufgeschlüsselt worden sei, welche Abteilung des Unternehmens wie viele Personen einzusparen habe (Anl. B 16, Bl. 178 d. A.).

Am 16. 10. 2002 seien die Sozialplanverhandlungen fortgesetzt worden. Telefonisch sei J. W. zugeschaltet gewesen, ein Mitglied der Restrukturierungskommission der Muttergesellschaft bei dem Insolvenzgericht in den USA. J. W. habe dem Betriebsrat die Einzelheiten des Restrukturierungsplan erläutert und insbesondere darauf hingewiesen, dass sämtliche Maßnahmen in Deutschland vom "court monitor" (Insolvenzgericht) genehmigt werden müssten, soweit für die Muttergesellschaft Kosten entstünden. J. W. habe verdeutlicht, dass das Budget für die Restrukturierungsmaßnahme von der Gläubigerversammlung, insbesondere von den dort vertretenen kreditgebenden Banken zur Verfügung gestellt werden müsste, da weder die Muttergesellschaft noch die Beklagte liquide gewesen seien. Die Personalleiterin der Beklagten, Frau S., habe die dem Betriebsrat bereits vorliegenden Zahlen für den Personalabbau in den einzelnen Abteilungen erläutert.

Am 21. 10. 2002 sei dem Betriebsrat mitgeteilt worden, dass sich aufgrund der bis zu diesem Zeitpunkt erfolgten freiwilligen Austritte mit Stichtag 18. 10. 2002 die Zahl der zu kündigenden Mitarbeiter auf 222 reduziert habe. Es seien sodann die Kriterien für die Sozialauswahl und das Punktesystem für den Sozialplan besprochen und die Stichtage für die Berechnung der Sozialpunkte festgelegt worden. Ferner sei ein Freiwilligenprogramm verabschiedet und im Unternehmen bekannt gemacht worden. Dem Betriebsrat sei dann die Liste mit den zu kündigenden Mitarbeitern mit Stand 21. 10. 2002 übergeben worden. Auf dieser Liste habe sich auch der Name des Klägers befunden Am 23. 10. 2002 habe der Betriebsrat die Personalabteilung um die genauen Geburtsdaten und die Grade eventueller Schwerbehinderungen gebeten. Der Betriebsrat habe die gewünschten Angaben und eine Übersicht mit der Argumentation der Beklagten erhalten, weshalb nach ihrer Auffassung die Vertriebssegmente bei der Sozialauswahl nicht miteinander vergleichbar seien.

Vor dem Hintergrund dieser Vorinformationen sei dem Betriebsrat am 31. 10. 2002 die schriftliche Anhörung zur Kündigung des Klägers übergeben worden. Am selben Tag hätten die Direktorin des Vertriebssegments "Business Markets" für Deutschland, K. D., und die Personalreferentin, C. K., dem Betriebsrat die Einzelheiten der Kündigung des Klägers erläutert. Frau K. D. habe während der Sozialplanverhandlungen einen Vorschlag erarbeitet gehabt, welche Stellen in ihrem Vertriebssegment wegfallen müssten, und diese Entscheidung mit dem Country Manager der Beklagten abgestimmt.

Von Seiten des Betriebsrats seien am 31. 10. 2002 dessen Vorsitzender, U. S., seine Vertreterin, I. R. sowie die Mitglieder B., Ka. und Ko. anwesend gewesen. Herr B. habe Frau K. D. in Bezug auf die Kündigung des Klägers gefragt, weshalb die Sozialauswahl nicht für die Vertriebssegmente übergreifend erfolgt sei. Frau K. D. habe daraufhin die Situation des Segments "Business Markets" in H. erläutert und dargestellt, weshalb aus ihrer Sicht keine Vergleichbarkeit mit dem Segment "Corporate Accounts" gegeben sei. Selbst wenn dies anders wäre, so habe Frau K. D. gegenüber dem Betriebsrat weiter erklärt, sei der Kläger sozial nicht hinreichend schutzwürdig, da den ggf. vergleichbaren Mitarbeitern des Segments "Corporate Accounts" ebenfalls gekündigt werde.

Die Beklagte ist der Auffassung, der Kläger sei nur mit anderen Mitarbeitern im Bereich "Business Markets" in H. vergleichbar gewesen. Die Sozialauswahl habe deshalb auf diesen Bereich beschränkt werden können. Der Kläger sei insbesondere nicht mit Mitarbeitern in Segment "Global Accounts" vergleichbar. Dort würden Kunden betreut, die weltweit Telekommunikationsanwendungen der Beklagten nutzten. Diese Kunden seien für den weltweiten Umsatz des Konzerns von zentraler Bedeutung. Aus der völlig anderen Kundengröße ergäben sich völlig andersartige Aufgabenstellungen. Die Beklagte betrachte den Vergleich zwischen "Corporate Accounts" und "Global Accounts" als vertikalen Vergleich. Die Mitarbeiter im Bereich "Global Accounts" verdienten mehr, da sie höher qualifiziert seien und daher besser eingestuft würden. Sie benötigten einen akademischen Abschluss oder jahrelange Erfahrungen in der Betreuung internationaler Großkunden. Außerdem müssten sie verhandlungssicher Englisch beherrschen, mit größeren Ausschreibungen und deren Kalkulation vertraut sein und Erfahrung mit komplexen Präsentationen von Produkten haben. Dies alles sei beim Kläger nicht der Fall. Schließlich sei der Kläger ausdrücklich für "Corporate Accounts" eingestellt. Der Unterschied zwischen den Vertriebssegmenten komme auch dadurch zum Ausdruck, dass sie von unterschiedlichen "Country Sales Directors" geleitet würden.

Ein gemeinsamer Betrieb der Beklagten und der U Deutschland GmbH habe nicht bestanden. Die Personalverantwortung sei in beiden Unternehmen vom jeweiligen Country Manager wahrgenommen worden. Dieser sei als Prokurist für alle Personalentscheidungen verantwortlich und zuständig gewesen, habe über Betriebsvereinbarungen verhandelt und diese unterschrieben. Die Geschäftsführung habe für alle europäischen Konzerngesellschaften agiert und strategische Funktionen ausgeübt, ohne unmittelbare Einfluss auf operative personelle Entscheidungen zu nehmen.

Die Beklagte und U verfügten über eigene, auch räumlich getrennte Personalabteilungen. Entscheidungen würden dort nur für das jeweils eigene Unternehmen getroffen.

Gegen eine Betriebseinheit spreche bereits, dass sich die Kooperation der beiden Unternehmen auf den Vertrieb, also auf ca. 1/3 der Mitarbeiter beschränkt habe. Selbst dort hätten die Mitarbeiter der Beklagten schwerpunktmäßig Telekommunikationsprodukte, die Mitarbeiter von U in der Hauptsache Internetdienstleistungen betreut. Andere Firmenbereiche wie Technik, Operations, Rechnungsstellung, Mahnabteilung und Kundendienst seien in beiden Unternehmen getrennt geblieben.

Im Zeitpunkt der Kündigung habe U nach wie vor über eine eigene Personalabteilung in D. verfügt. Durch den Weggang mehrerer Mitarbeiter habe sich kurzfristig die Notwendigkeit ergeben, die Personalbetreuung sicherzustellen. Vor diesem Hintergrund sei die Mail von Frau N. vom 26. 4. 2002 zu verstehen. Nach der üblichen Terminologie der Beklagten sei mit Betreuung in der Mail fachlicher Rat und Unterstützung bei schlichten Problemen, nicht jedoch die arbeitsrechtliche Zuständigkeit gemeint. Für den Bereich "Corporate Accounts" in H. sei bei der Fa. U allein F. T. in D. zuständig gewesen, der keinen Zugang zu den Datenbanken der Beklagten gehabt habe. Im Juni 2002 sei die Personalarbeit wieder dezentralisiert worden.

Für die Mitarbeiter von U habe der Country Manager P. R. letztlich die Entscheidungen in arbeitsrechtlichen Streitfragen getroffen.

Gewinne und Verluste der Beklagten und von U seien nicht zusammengeführt worden. Beide Unternehmen hätten eine eigene Buchführung betrieben und getrennte Jahresabschlüsse erstellt. Die Finanzabteilung der Beklagten sei durch E. L., diejenige von U. von U. P. geleitet worden.

Die Beklagte meint, das Vorhandensein unterschiedlicher Betriebsräte in beiden Unternehmen schließe eine Betriebseinheit bereits aus rechtlichen Erwägungen aus. Nach § 3 V 1 BetrVG konstituiere der auf Initiative der Arbeitnehmer gegründete unternehmenseinheitliche Betriebsrat das Vorliegen eines Betriebes. Einer unternehmensübergreifenden Sozialauswahl stünden die insoweit unterschiedlichen Vereinbarungen mit den Betriebsräten im Wege.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 19. 6. 2003 (4 Ca 74/02) abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und widerspricht den weiteren Ausführungen der Beklagten zur Information des Betriebsrats. Er bestreitet die Richtigkeit der als Anlage B 16 (Bl. 178) eingereichten Liste. Die Information des Betriebsrats lasse nach wie vor nicht erkennen, weshalb gerade für den Kläger keine Beschäftigungsmöglichkeit bestanden habe. Eine Liste mit den zu kündigenden Mitarbeitern und deren Sozialdaten sei dem Betriebsrat nicht vorgelegt worden, insbesondere habe sich der Name des Kläger nicht auf einer solchen Liste befunden.

Die Führung der Beklagen und der U GmbH sei in allen Bereichen gemeinsam durch Mitarbeiter der Beklagten erfolgt. Vertriebsmitarbeiter beider Unternehmen hätten ohne Einschränkungen jeweils auch die Produkte des anderen Unternehmens angeboten. Die Geschäftsführerin habe ihre Entscheidungskompetenz auch tatsächlich ausgeübt und u. a. die zentralen Personalentscheidungen für den Bereich Europa / Nordafrika getroffen.

Der Country Manger von U habe seine Tätigkeit nur pro forma ausgeübt und seine Kompetenzen tatsächlich an F. I., den Country Manager der Beklagten, übergeben.

Die Personalabteilungen der Unternehmen seien ab Mai 2002 in F. zusammengelegt worden. In D. habe es nur noch eine Sprechstunde für Mitarbeiter gegeben. Dies ergebe sich aus der Mail von I. N. vom 26. 4. 2002.

Im Bereich ""Global Accounts"" seien in H. mindestens vier Mitarbeiter vorhanden. Wegen der überregionalen Aufstellung der Kunden sei der Dienstsitz des Betreuers ohne Bedeutung. Der Kläger könne auch in diesem Segment eingesetzt werden. Er verfüge nicht nur über eine, sondern über zwei akademische Ausbildungen und über eine 12jährige Erfahrung im Großkundensektor bei seinem früheren Arbeitgeber. Eine feste Bindung der Kunden an bestimmte Betreuer bestehe auch im Segment "Global Accounts" nicht. Gewinne und Verluste beider Firmen seien zusammengeführt worden.

Im Berufungsverfahren hat der Kläger die ordnungsgemäße Unterrichtung gemäß § 17 KSchG nicht mehr in Frage gestellt.

Das Gericht hat Beweis erhoben über die Behauptung des Klägers, die Personalverwaltungen der Beklagten und der Fa. U seien im Frühjahr 2002 zusammengelegt worden und von diesem Zeitpunkt an von F. aus für beide Unternehmen einheitlich erfolgt, durch Vernehmung der stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden der Beklagten, I. R. als Zeugin. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll (Bl. 308 ff d. A.) verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das erstinstanzliche Urteil sowie die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung der Beklagten vom 11. 11. 2002 nicht beendet worden. Die Kündigung ist unwirksam.

Anders als in erster Instanz ist die Kündigung nicht bereits nach dem Sachvortrag der Beklagten gemäß § 102 I 3 BetrVG unwirksam, denn die Beklagte hat in der Berufungsinstanz eine ordnungsgemäße Unterrichtung des Betriebsrats schlüssig dargelegt (I). Das gleiche gilt auch für das Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse (II). Die Kündigung ist aber gleichwohl sozial ungerechtfertigt, weil die Beklagte bei der Auswahl des zu Kündigenden soziale Gesichtspunkte nicht ausreichend berücksichtigt hat (III). Tatsachen, aus denen sich die Möglichkeit einer anderweitigen Beschäftigung des Klägers auf einem freien Arbeitsplatz ergibt, konnten wiederum nicht festgestellt werden (IV). Im Einzelnen:

I. Nach dem Sachvortrag der Beklagten ist die Kündigung nicht gemäß § 102 I 3 BetrVG unwirksam.

1) Gemäß § 102 I BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören. Für eine ordnungsgemäße Anhörung ist dem Betriebsrat zunächst mitzuteilen, welcher Arbeitnehmer gekündigt werden soll und ob es sich um eine außerordentliche oder um eine ordentliche Kündigung handeln soll. Im letzteren Fall muss auch das beabsichtigte Kündigungsdatum genannt werden. Es genügt allerdings auch, wenn der Arbeitgeber mitteilt, es solle zum nächstmöglichen Zeitpunkt gekündigt werden und die einzuhaltende Frist mitteilt (BAG, Urt. v. 29. 8. 91 - 2 AZR 59/91 - NZA 92, 416; Urt. v. 26. 1. 95 - 2 AZR 386/94 - NZA 95, 672, 673). In der Regel sind auch Lebensalter und Dauer der Betriebszugehörigkeit anzugeben (BAG, Urt. v. Urt. v. 15. 11. 95 - 2 AZR 974/94 - NZA 96, 419, 421).

Bei der nach § 102 I 2 BetrVG notwendigen Mitteilung der Kündigungsgründe darf sich der Arbeitgeber in der Regel nicht auf Schlagworte oder Werturteile beschränken. Es muss die Tatsachen, auf denen sein Kündigungsentschluss beruht, substantiiert und vollständig in einer Weise darstellen, die es dem Betriebsrat ermöglicht, ohne weitere Erkundigungen dazu Stellung zu nehmen (BAGE 44, 249, 259; Urt. v. 3. 12. 1998 - 2 AZR 234/98 - NZA 99, 477, 478). Bei betriebsbedingten Kündigungen muss die Unterrichtung auch die für die Sozialauswahlerforderlichen Daten und die dabei angelegten Kriterien umfassen (BAG, Urt. v. 29. 3. 84 - 2 AZR 429/83 - NJW 84, 2374). Eine pauschale Bezugnahme ist zulässig auf Umstände, die dem Betriebsrat im einzelnen bereits bekannt sind (BAGE 44, 249, 259; BAG v. 15. 12. 94 -2 AZR 327/94 - NZA 95, 521, 523).

Da der Zweck des § 102 BetrVG darin besteht, den Betriebsrat in die Lage zu versetzen, den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers zu beeinflussen (BAG v. 26. 1. 95 - 2 AZR 386/94 - NZA 95, 672, 673; Urt. v. 3. 12. 1998 - 2 AZR 234/98 - NZA 99, 477, 478), muss der Arbeitgeber seine Kündigungsgründe vollständig und richtig mitteilen (vgl. BAG, Urt. v. 22. 9. 1994 - 2 AZR 31/94 - NZA 95, 363, 365). Andererseits ist es unschädlich, wenn der Arbeitgeber objektiv relevante Umstände unerwähnt lässt, die seine Kündigungsentscheidung nicht beeinflusst haben (BAGE 59, 295 = NZA 89, 852; Urt. v. 3. 12. 1998 - 2 AZR 234/98 - NZA 99, 477, 478; Urt. v. 7. 11. 2002 - 2 AZR 599/01 - DB 03, 724). Ob die dem Betriebsrat mitgeteilten Umstände eine Kündigung rechtfertigen, ist im Rahmen des § 102 BetrVG irrelevant (subjektive Determination). Mit ihm bekannten, dem Betriebsrat aber nicht mitgeteilten Kündigungsgründen, ist der Arbeitgeber allerdings im Rahmen von § 1 KSchG, bzw. § 626 BGB präkludiert. (vgl. Urt. v. 26. 9. 1991 - 2 AZR 132/91 - NZA 92, 1073).

2) Das Arbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Sachvortrag der Beklagten in erster Instanz eine gemessen an diesen Kriterien ordnungsgemäße Unterrichtung des Betriebsrats nicht erkennen ließ. Das Arbeitsgericht hat dabei weder die subjektive Determination der Betriebsratsanhörung noch die Möglichkeit des Arbeitgebers verkannt, auf Umstände, die dem Betriebsrat bereits bekannt sind, pauschal Bezug zu nehmen.

Die Beklagte meint, bei einer Kündigung im Anschluss an Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan könne der Arbeitgeber auch im Kündigungsrechtsstreit pauschal auf Vorinformationen des Betriebsrats verweisen und müsse diese erst substantiiert vortragen, wenn der Arbeitnehmer konkret gerügt habe, in welchem Punkt der Betriebsrat nicht ausreichend informiert worden sei. Die Beklagte beruft sich für ihren Rechtsstandpunkt auf die Urteile des BAG v. 20. 5. 1999 (2 AZR 532/98 - NZA 99, 1101) und v. 21. 2. 2002 (2 AZR 581/00 - ZBVR 02, 218).

Die Kammer folgt der Interpretation der Beklagten nicht. In der Entscheidung vom 20. 5. 1999 (aaO) ist bereits dem Leitsatz 2 zu entnehmen, dass der Arbeitgeber auch behauptete Vorkenntnisse des Betriebsrats im Prozess konkret darlegen und ggf. beweisen muss. Etwas anderes ist auch dem Urteil vom 21. 2. 2002 (aaO) nicht zu entnehmen. Die Ausführungen zu II 2 b d. Gr. beziehen sich zunächst auf die Unterrichtung des Betriebsrats. Allein dem Satz, es könne zur Darlegung einer ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG ausreichen, wenn der Arbeitgeber zur Betriebsratsanhörung weitgehend auf den dem Betriebsrat aus den Verhandlungen über den Interessenausgleich und die Namensliste bekannten Sachverhalt Bezug nehme, ist nach Ansicht der Kammer keine Einschränkung der Darlegungspflicht des Arbeitgebers zu entnehmen. Dagegen sprechen die Ausführungen im folgenden Abschnitt (II 2 c), in denen der Senat darstellt, welche Feststellungen das LAG zur Vorinformation des Betriebsrats getroffen hat. Dass die Vorinformation im dortigen Prozess im einzelnen dargelegt worden war, ergibt sich auch aus dem Tatbestand des Urteils. Der Rechtsansicht der hiesigen Beklagten könnte nur gefolgt werden, wenn der Abschluss eines Interessenausgleichs oder eines Sozialplans eine tatsächliche Vermutung für eine den Anforderungen von § 102 BetrVG genügende Unterrichtung begründen würde. Von einem entsprechenden Erfahrungssatz geht die Kammer nicht aus. Auch § 1 V KSchG n. F., welcher auf den vorliegenden Rechtsstreit noch nicht anwendbar ist, beschränkt die Vermutungswirkung einer Namensliste auf die Richtigkeit der Sozialauswahl und das Vorliegen eines dringenden betrieblichen Erfordernisses.

3) In der Berufungsinstanz hat die Beklagte die Vorinformation des Betriebsrats im Einzelnen dargelegt und insbesondere mitgeteilt, welche Informationen der Betriebsrat zur Umsetzung der Sanierungsvorgabe, zur Verteilung der Einsparverpflichtung auf die einzelnen Bereiche und zur Sozialauswahl innerhalb der Bereiche erhalten hatte. Nach ihrem eigenen Sachvortrag hat die Beklagte alle für sie bei der Kündigungsentscheidung relevanten Tatsachen und alle für sie tragenden Gründe dem Betriebsrat offen gelegt.

Der Kläger hat den Sachvortrag der Beklagten allerdings teilweise bestritten. Dies gilt insbesondere für die Übergabe der Namensliste mit den Sozialdaten der zu kündigenden Mitarbeiter.

Von einer Beweisaufnahme hat die Kammer abgesehen, da die Kündigung aus anderen Gründen unwirksam ist.

II. Eine Unwirksamkeit der Kündigung ergibt sich allerdings auch nicht bereits aus § 1 II KSchG, denn die Beklagte kann sich auf dringende betriebliche Erfordernisse berufen.

1) Dringende betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung können sich sowohl aus innerbetrieblichen Gründen (Rationalisierung, Produktionsumstellung etc.) als auch aus außerbetrieblichen Gründen (Auftragsrückgang etc.) ergeben. Erforderlich ist in beiden Varianten der betriebsbedingten Kündigung, dass das Bedürfnis für die Beschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer weggefallen ist (st. Rspr. BAG, Urt. v. 7. 12. 1978 - 2 AZR 155/77 - BAGE 31, 157, 161 = NJW 79, 1902; Urt. v. 12. 4. 2002 - 2 AZR 256/01 - NZA 02, 1205, 1206). Das ist der Fall, wenn mehr Arbeitskräfte vorhanden als für die Erledigung der anfallenden Arbeiten erforderlich sind (Überkapazität).

Stützt der Arbeitgeber seine Kündigung auf außerbetriebliche Gründe, so muss er den Arbeitskräftebedarf konkret darlegen und der - in den einzelnen Beschäftigtengruppen - vorhandenen Arbeitskapazität gegenüberstellen. Führt der Arbeitgeber innerbetriebliche Gründe für die Kündigung an, so hat das Arbeitsgericht in vollem Umfang zu überprüfen, ob die behaupteten Maßnahmen (z.B. Rationalisierungsprojekte) tatsächlich erfolgt sind und ob sie zu einer Verringerung des Arbeitskräftebedarfs im behaupteten Umfang geführt haben (BAG, Urt. v. 7. 12. 1978 - 2 AZR 155/77 - BAGE 31, 157, 162; Urt. v. 17. 6. 99 - 2 AZR 522/98 - NZA 99, 1095, 1096). Die vom Arbeitgeber getroffenen organisatorischen oder technischen Maßnahmen sind demgegenüber nicht daraufhin zu überprüfen, ob sie sinnvoll und erfolgversprechend sind. Die sog. Unternehmerentscheidung ist nur beschränkt daraufhin überprüfbar, ob sie offensichtlich sinnlos oder missbräuchlich ist (BAG, Urt. v. 30. 4. 1987 - 2 AZR 184/86 - BAGE 55, 262, 270 = NZA 87, 776; Urt. v. 26. 9. 1996 - 2 AZR 200/96 - BAGE 84, 209, 213 = NZA 97, 202; Urt. v. 26. 9. 2002 - 2 AZR 636/01 - DB 03, 946). Hierfür trägt der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast (BAG, Urt. v. 27. 9. 2001 - 2 AZR 246/00 - ARSt 2002, 158).

2) Die Beklagte beruft sich für ihre Kündigung nicht auf außerbetriebliche Gründe, denn sie behauptet nicht, durch den Auftragseinbruch sei die Arbeitsmenge unmittelbar reduziert worden. Dies ist vielmehr erst durch die Umsetzung des Reorganisationskonzepts geschehen, welches u. a. durch den Auftragsrückgang veranlasst wurde, hauptsächlich aber durch die Einsparvorgabe des Mutterkonzerns.

Nach Auffassung der Kammer handelt es sich bei der Entscheidung, wie eine solche Einsparverpflichtung, die für die Beklagte nicht zur Disposition stand, umgesetzt wird, um eine Unternehmerentscheidung i. S. des Kündigungsrechts. Die Beklagte hat diese Entscheidung durch die Anlage B 16 (Bl. 178 d. A.) hinreichend dargelegt. Eine weitere Substantiierung wäre nur erforderlich gewesen, wenn der Kläger konkrete Angaben bestritten hätte. Dies ist nicht geschehen. Der Kläger hat sich vielmehr auf ein pauschales Bestreiten der "Richtigkeit" der Liste beschränkt und den Wegfall seines Arbeitsplatzes vor der Umsetzung der Unternehmerentscheidung bestritten. Letzteres hatte die Beklagte nicht behauptet.

Unschädlich ist, dass die Beklagte die Gründe dafür, weshalb welche Bereiche mit wie hohen Einsparungen belastet wurden, nicht im Einzelnen dargestellt hat. Denn dies ist Kern der Unternehmerentscheidung und wäre folglich von der Kammer ohnehin nur auf Willkür überprüfbar gewesen. Anhaltspunkte für eine willkürliche Verteilung der Einsparlasten hätte aber der Kläger vortragen müssen (vgl. BAG, Urt. v. 27. 9. 2001 - 2 AZR 246/00 - ARSt 2002, 158).

III. Die Kündigung ist jedoch gemäß § 1 III KSchG sozial ungerechtfertigt, weil die Beklagte bei der Auswahl des Klägers soziale Gesichtspunkte nicht ausreichend berücksichtigt hat.

1) Nach der bei Zugang der Kündigungserklärung geltenden Fassung von § 1 III KSchG waren die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter des Arbeitnehmers, die Zahl der Unterhaltsberechtigten und evtl. Behinderungen stets zu berücksichtigen (Ascheid in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 3. Aufl. 2003, § 1 KSchG Rz 492 m. w. N.). Darüber hinaus durften weitere Kriterien berücksichtigt werden, soweit sich diese unter den Begriff der sozialen Gesichtspunkte subsumieren ließen (vgl. z. B. BAG, Urt. v. 13. 6. 1986 - 7 AZR 623/84 - BAGE 52, 210 = NZA 1987, 155). Soziale Gesichtspunkt müssen lediglich "ausreichend" berücksichtigt werden, woraus zu entnehmen ist, dass dem Arbeitgeber ein Beurteilungsspielraum zusteht, auch wenn er die Auswahlentscheidung alleine trifft (BAG, Urt. v. 18. 10. 1984 - 2 AZR 543/83 - BAGE 47, 80, 92f = NZA 85, 423).

In die Sozialauswahl sind alle vergleichbaren Arbeitnehmer einzubeziehen. Die Vergleichbarkeit richtet sich in erster Linie nach der ausgeübten Tätigkeit (BAG, Urt. v. 25. 4. 1985 - 2 AZR 140/84 - BAGE 48, 314, 323 = NZA 86, 64). Es ist zu prüfen, ob der Arbeitnehmer, dessen Tätigkeit weggefallen ist, die Funktion des anderen Arbeitnehmers wahrnehmen kann. Die Notwendigkeit einer gewissen Einarbeitungszeit schließt die Vergleichbarkeit nicht aus (BAG v. 25. 4. 1985, aaO). Die Vergleichbarkeit ist auf die Ebene der Betriebshierarchie zu beschränken, welcher der zu Kündigende angehört ("horizontale Vergleichbarkeit", vgl. BAG v. 7. 2. 85 - 2 AZR 91/84 - NZA 86, 260; Urt. v. 29. 3. 1990 - 2 AZR 369/89 - BAGE 65, 61 = NZA 91, 181).

Die Sozialauswahl ist grundsätzlich betriebsbezogen (st. Rspr. vgl. BAG v. 22. 5. 1986 - 2 AZR 612/85 - NZA 87, 125; Urt. v. 26. 2. 87 - 2 AZR 177/86 - DB 87, 2158; KR-Etzel 7. Aufl. 2004 § 1 KSchG Rz 608). Dabei bleibt es auch, wenn zwei Unternehmen einen gemeinsamen Betrieb führen. Die Sozialauswahl hat dann i. Erg. unternehmensübergreifend zu erfolgen (st. Rspr. vgl. BAG v. 13. 9. 1995 - 2 AZR 954/94 - NZA 96, 307, 308; Urt. v. 27. 11. 2003 - 2 AZR 48/03 - NZA 04, 477, 478).

2) Zu Recht hat die Beklagte danach nur die in H. tätigen Mitarbeiter in die Auswahl einbezogen, denn der Kläger war nach seinem Arbeitsvertrag an den Dienstsitz H. gebunden. Die Beklagte war nicht berechtigt, den Kläger dauerhaft an einem anderen Standort einzusetzen, weil diese Befugnis nach dem Arbeitsvertrag auf die zeitweise Arbeitsleistung an einem anderen Dienstort beschränkt war. Auch die Vereinbarung Deutschlands als Erfüllungsort gab der Beklagten nicht die Befugnis, den Kläger dauerhaft an einen anderen Ort zu versetzen.

3) Soweit es um Mitarbeiter der Beklagten geht, ist es unschädlich, dass die Beklagte die Sozialauswahl auf das Segment "Business Markets" beschränkt hat.

a) Zu Unrecht hat die Beklagte allerdings Mitarbeiter des Segments "Corporate Accounts" als mit dem Kläger nicht vergleichbar angesehen. Das kann schon deshalb nicht richtig sein, weil der Kläger nach seinem Arbeitsvertrag als Account Manager für eben dieses Segment eingestellt und bis Ende 2001 auch dort tätig war. Das Einverständnis des Klägers mit der Umsetzung in das Segment "Business Markets" hat nicht zu einer Änderung des Arbeitsvertrags in dem Sinne geführt, dass eine Tätigkeit im Segment "Corporate Accounts" danach nicht mehr zu den vertraglich geschuldeten Leistungen gehören sollte. Es fehlen Anhaltspunkt für einen dahingehenden Willen der Parteien. Außerdem spricht das Schriftformerfordernis in § 13 Ziffer 2 des Arbeitsvertrags gegen eine Vertragsänderung.

b) Der Fehler bei der Festlegung des Kreises der vergleichbaren Arbeitnehmer ist jedoch im Ergebnis unschädlich, soweit lediglich Mitarbeiter der Beklagten betrachtet werden. Denn unstreitig waren in den anderen beiden Vertriebssegmenten für die Beklagte in H. keine Mitarbeiter tätig, denen nicht ebenfalls spätestens zum Jahresende 2002 gekündigt worden war.

4) Die Beklagte hat aber zu Unrecht die in H. Vertrieb tätigen Mitarbeiter von U nicht in die Sozialauswahl einbezogen. Denn die Beklagte und die U Deutschland GmbH führten im Zeitpunkt der Kündigung einen einheitlichen Betrieb.

a) Von einem gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auszugehen, wenn die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt werden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird. Die beteiligten Unternehmen müssen sich zumindest stillschweigend zu einer gemeinsamen Führung rechtlich verbunden haben. Die einheitliche Leitung muss sich auf die wesentlichen Funktionen des Arbeitgebers in personellen und sozialen Angelegenheiten erstrecken. Eine lediglich unternehmerische Zusammenarbeit genügt nicht. Vielmehr müssen die Funktionen des Arbeitgebers institutionell einheitlich für die beteiligten Unternehmen wahrgenommen werden (BAG v. 11.02.04 - 7 ARB 27/03 - NZA 04, 618; 22.10.2003 - 7 ABR 18/03 - EzA § 1 BetrVG 2001 Nr. 1; 18.09.2003 - 2 AZR 79/02 - NZA 04, 375; 21.02.2001 - 7 ABR 9/00 - NZA 02, 56; 09.02.2000 - 7 ABR 21/98 - DB 2000, 384). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn mehrere Unternehmen in einem Konzern verbunden sind. Aus der gesellschaftsrechtlichen Weisungsbefugnis der Konzernholding gegenüber Tochtergesellschaften in bestimmten Bereichen kann weder auf einen gemeinsamen Betrieb zwischen der Konzernholding und einer oder mehreren Tochtergesellschaften noch auf einen gemeinsamen Betrieb zwischen einzelnen Tochtergesellschaften geschlossen werden (BAG v. 18.09.2003 - 2 AZR 79/02 - NZA 04, 375; 13.06.2002 - 2 AZR 327/01 - BAGE 101, 321 = NZA 02, 1147).

b) Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall jedenfalls für den Vertrieb beider Unternehmen gegeben.

aa) Die gemeinsame Nutzung materieller und immaterieller Betriebsmittel bezog sich zunächst auf die Büroräume. Die Mitarbeiter beider Firmen saßen - zumindest soweit der Vertrieb betroffen war - in gemeinsamen Büros und waren über eine gemeinsame Telefonnummer erreichbar. Die ebenfalls unstreitige Abstimmung von Urlaubsplänen spricht für eine enge organisatorische Verbindung und belegt, dass sich die Mitarbeiter jedenfalls teilweise gegenseitig vertreten konnten und mussten.

bb) Die Kammer geht auch von einem zumindest komplementären arbeitstechnischen Zweck aus. Selbst wenn, wie die Beklagte behauptet, die Mitarbeiter der Beklagten vornehmlich Telekommunikationsprodukte und die Mitarbeiter von U vornehmlich Internetprodukte angeboten hätten, stünde dies einer Betriebseinheit nicht entgegen. Denn es handelt sich in beiden Fällen um technische Produkte, welche Firmen für ihre interne und externe Kommunikation benötigen. Eine fachliche Aufteilung zwischen unterschiedlichen Vertriebsmitarbeitern je nach deren besonderer Sachkunde ist auch in einem Betrieb eines Unternehmens insbesondere bei technischen Produkten nicht ungewöhnlich.

cc) Die Kammer geht auch von einer gemeinsamen Leitung aus, die sich auf die wesentlichen Funktionen des Arbeitgebers in personellen und sozialen Angelegenheiten erstreckte und für die Beteiligten verbindlich geregelt war. Dafür sprechen insbesondere die weitgehende Identität des Führungspersonal und die seit Mitte 2002 bestehende gemeinsame Personalabteilung.

(1) Geschäftsführerin beider Unternehmen war im Zeitpunkt der Kündigung L. A. W., Auch wenn mangels konkreter gegenteiliger Behauptungen des Klägers von der Richtigkeit der Darstellung der Beklagten auszugehen ist, dass sich ihre Rolle in beiden Unternehmen auf strategische Fragen beschränkte, so gehören dazu auch personelle und soziale Angelegenheiten von strategischer Bedeutung. Eine Personenidentität in der Geschäftsführung wird vom BAG folglich auch als Indiz für eine Betriebseinheit gewertet, welches allerdings für sich genommen nicht ausreicht, um eine Betriebseinheit zu begründen (BAG, Urt. 11.02.2004 - 7 ARB 27/03 - NZA 04, 618 = DB 04, 1213 zu II 2 b) bb) d. Gr;).

(2) Wesentliche Entscheidungen für den Vertrieb wurden von den Leitungskräften der Segmente jeweils für ihre Bereiche getroffen. Dies ergibt sich aus dem unstreitigen Sachvortrag der Parteien und wird anschaulich ergänzt durch die Ausführungen der Zeugin R.. Diese hat bekundet, dass Personalentscheidungen, z. B. Einstellungen von den Leitern der Vertriebssegmente getroffen wurden. Dabei sei nicht danach unterschieden worden, mit welchem Unternehmen der Mitarbeiter einen Arbeitsvertrag abschloss. Die Zeugin hat auch auf Nachfrage des Prozessbevollmächtigten der Beklagten bestätigt, dass bei den dezentralen Führungskräften die materielle Entscheidung lag, lediglich die formalen Erfordernisse seien getrennt nach Unternehmen geprüft und die notwendigen Unterschriften möglicherweise von Bevollmächtigten der jeweiligen Unternehmen geleistet worden.

Die Kammer hat keine Zweifel an der Richtigkeit der Aussage der Zeugin. Sie hat einen unbefangenen und offenen Eindruck hinterlassen. Auf Fragen hat sie spontan und differenziert geantwortet und offen gelegt, wenn sie sich an konkrete Umstände nicht mehr erinnern konnte.

(3) Die Rolle der jeweils für ihr Unternehmen tätigen Country Manager war hingegen nicht so dominierend, dass ihr Vorhandensein einer Betriebseinheit entgegen stehen würde. Unstreitig haben die Country Manager ihre jeweiligen Unternehmen gegenüber den Betriebsräten vertreten, z. B. bei Verhandlungen über Interessenausgleich und Sozialpläne. Dies allein verleiht ihnen gegenüber den unternehmensübergreifend tätigen Führungskräften (Geschäftsführerin und Leiter der Vertriebssegmente) jedoch kein Übergewicht. Die Beklagte hat keine konkreten Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergibt, dass die Country Manager weitere Führungsfunktionen tatsächlich ausgeübt haben. Dass die Leitung der Vertriebssegmente in den Händen der dortige Führungskräfte lag, hat die Beklagte ausdrücklich zugestanden.

(4) Die Existenz zweier Betriebsräte steht der Annahme einer Betriebseinheit nicht zwangsläufig entgegen. Da die Wahrnehmung von Leitung in sozialen und personellen Angelegenheiten zu einem nicht unwesentlichen Teil in der Kooperation mit dem Betriebsrat besteht, ist die Existenz zweier Betriebsräte allerdings ein starkes Indiz gegen die Betriebseinheit, welches jedoch im konkreten Fall durch andere Gesichtspunkte überlagert werden kann.

So interpretiert die Kammer auch die Entscheidung des BAG vom 18.09.2003 (2 AZR 79/02 - NZA 04, 375, zu B I 4 b d. Gr.). Der Auffassung der Beklagten, das BAG habe dort eine Betriebseinheit bei Existenz zweier Betriebsräte ausgeschlossen, folgt die Kammer nicht. Dagegen spricht auch die Entscheidung des 7. Senats vom 03.12.1997 (7 AZR 764/96 - BAGE 87, 186, 190 f. = NZA 98, 876), wo - für das bis 2000 geltende BetrVG - ausgeführt wurde, die Existenz eines einheitlichen Betriebsrats sei ein starkes Indiz für die Betriebseinheit, welche daraus jedoch nicht zwangsläufig abzuleiten sei.

Auch der Auffassung der Beklagten, nach der Neufassung von § 3 V BetrVG sei bei Existenz zweier Betriebsräte zwingend auch von zwei Betrieben auszugehen sei, vermag die Kammer nicht zu folgen.

Der Wortlaut der Norm trägt diese Rechtsfolge nicht. Die Fiktion gilt nur für betriebsverfassungsrechtliche Organisationseinheiten, die aufgrund eines Tarifvertrages oder einer Betriebsvereinbarung nach Absatz 1 Nr. 1 - 3 des § 3 BetrVG gebildet worden sind. Im vorliegenden Fall fehlt jeglicher Anhaltspunkt dafür, dass einer dieser Fälle gegeben ist. Unabhängig davon beschränkt § 3 V BetrVG die Fiktion ausdrücklich auf den Geltungsbereich des BetrVG (ebenso: Eisemann in: ErfK 5. Aufl. 2005 § 3 Rz 12: Für den Betriebsbegriff in anderen Gesetzen, insb. für das KSchG bedeutungslos.) Hier geht es jedoch um das Vorliegen eines Betriebs i. S. v. § 1 KSchG.

(5) Als weiteres wesentliches Indiz für eine Betriebseinheit ist die Zusammenlegung der Personalabteilungen beider Unternehmen im Jahr 2002 zu bewerten.

Dass die Zusammenlegung erfolgt ist, ergibt sich aus der glaubhaften Aussage der Zeugin R.. Sie hat bekundet, beide Personalabteilungen seien ab diesem Zeitpunkt von einer Person geleitet und - wie in der Mail vom 26. 4. 2002 angekündigt - unternehmensübergreifend tätig geworden. An eine Anordnung, welche die Zusammenführung der Personalabteilungen wieder aufhob, konnte sich die Zeugin nicht erinnern. Die Kammer geht davon aus, dass ihr eine so weitreichende Entscheidung auch nach dem Wechsel von der Personalabteilung in den Betriebsrat nicht verborgen geblieben wäre. Die Zeugin konnte auch die Tätigkeit der in D. verbliebenen früheren Mitarbeiter der Personalabteilung von U als dezentrale Serviceleistung der neuen Personalabteilung erklären.

Nach den detaillierten Angaben der Zeugin R., welche die Darstellung des Klägers zur Zusammenlegung der Personalabteilung bestätigt haben, hat die Beklagte ihre gegenteiligen Behauptung nicht weiter substantiiert. Insbesondere hat sie auch nach dem Hinweis der Kammer, das viele Anzeichen für eine Betriebseinheit sprächen, weder in der Stellungnahme zur Beweisaufnahme (Schriftsatz vom v. 21. 6. 04, Bl. 326 ff) noch in der Fortsetzung der mündlichen Verhandlung am 29. 9. 04 dargelegt, von wem und durch welche konkreten Maßnahmen die Personalarbeit Mitte 2002 wieder dezentralisiert worden sein soll. Mangels konkreter Angaben war der von der Beklagten benannte Zeuge folglich nicht zu vernehmen.

Das Vorhandensein einer gemeinsamen Personalabteilungen ist stets als starkes Indiz für eine Betriebseinheit zu werten (ebenso: BAG v. 11.02.2004 - 7 ARB 27/03 - NZA 04, 618 = DB 04, 1213, zu II 2 b) bb) d. Gr.; 22.10.2003 - 7 ABR 18/03 - EzA § 1 BetrVG 2001 Nr. 1 zu II 1 d. Gr.; 21.02.2001 - 7 ABR 9/00 - NZA 02, 56, zu II d) Gr.; 03.12.1997 - 7 AZR 764/96 - BAGE 87, 186, 190 f. = NZA 98, 876, zu I 3 d) d. Gr.).

(6) Der Annahme eines einheitlichen Betriebes stünde es nicht entgegen, wenn sich die Kooperation der Beklagten mit U auf den Vertrieb beschränkt hätte. Denn es handelt sich um einen abgrenzbaren Betriebsteil.

Betriebsteil ist eine Teilorganisation, in der sächlich und organisatorisch abgrenzbare arbeitstechnische Teilzwecke erfüllt werden, bei denen es sich um bloße Hilfsfunktionen handeln kann (BAG v. 23. 9. 1999 - 8 AZR 650/98 - (juris); Urt. v. 20. 6. 2003 - 8 AZR 459/01 - NZA 03, 318, 320). Betriebsteile zeichnen sich dadurch aus, dass sie über einen eigenen Arbeitnehmerstamm, eigene technische Hilfsmittel und eine durch die räumliche und funktionelle Abgrenzung vom Hauptbetrieb bedingte relative Selbständigkeit verfügen. Andererseits fehlt ihnen aber ein eigenständiger Leitungsapparat (BAG, Urt. v. 15. 3. 2001 - 2 AZR 151/00 - NZA 01, 831). Das Merkmal des Teilzwecks dient zur Abgrenzung der organisatorischen Einheit. Im Teilbetrieb müssen nicht andersartige Zwecke als im Hauptbetrieb verfolgt werden (BAG, Urt. v. 8. 8. 2002 - 8 AZR 583/01 - NZA 03, 315, 317).

Der Vertrieb der Beklagten und der Fa. U verfolgte einen abgrenzbaren Teilzweck, der für die Unternehmen von erheblicher Bedeutung war. Ca. 1/3 des gesamten Personals war für den Bereich tätig, der sogar über wesentliche Elemente eigenständiger Leitung im personellen und sozialen Bereich verfügte.

Auf die Richtigkeit der Behauptung des Klägers, die Kooperation habe das gesamte Tätigkeitsfeld der Beklagten umfasst, die von der Zeugin R. jedenfalls für den wichtigen Bereich der Personalverwaltung bestätigt worden ist, kam es daher nicht an.

(7) Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die für die Annahme einer Betriebseinheit notwendige Führungsvereinbarung im Sinne einer gemeinsamen Wahrnehmung wesentlicher Arbeitgeberfunktionen vorlag. Das dagegen sprechende Indiz getrennter Betriebsräte wird durch die weitgehende Identität der Führungskräfte und die gemeinsame Personalverwaltung relativiert. Auch die später erfolgte Verschmelzung beider Unternehmen ist ein Indiz dafür, dass bereits im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt an einer Zusammenführung der Unternehmen gearbeitet wurde. Die geraume Zeit zuvor getroffene Entscheidung, getrennte Betriebsräte zu wählen, wird deshalb in ihrer Bedeutung auch durch die weitere Entwicklung des Konzerns relativiert.

c) Dass die Beklagte die für U in H. im Segment "Corporate Accounts" tätigen Mitarbeiter H. und J. W. bei der Sozialauswahl unberücksichtigt gelassen hat, ist zwischen den Parteien unstreitig. Mit ihrem Vortrag, beide seien sozial schutzwürdiger als der Kläger, ist die Beklagte präkludiert, da sie die Sozialdaten dieser Mitarbeiter und ihre Auswahlüberlegungen dem Betriebsrat vor der Kündigung nicht mitgeteilt hatte (vgl. BAG, Urt. v. 26. 9. 1991 - 2 AZR 132/91 - NZA 92, 1073; Urt. v. 7. 11. 2002 - 2 AZR 599/01 - EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 50; Urt. v. 11. 12. 2003 - 2 AZR 536/02 - EzA § 102 BetrVG 2001 Nr 5, zu II 3 a d. Gr.). Nach dem Sachvortrag der Beklagten kann auch ausgeschlossen werden, dass dem Betriebsrat der Beklagten die Sozialdaten der Herren H. und J. W. bekannt waren, denn die Beklagten stützt ihre Auffassung, es hätte keine Betriebseinheit vorgelegen, gerade auf die separaten Betriebsräte. Aus Sicht der Beklagten bestand daher kein Grund, ihrem Betriebsrat Daten von U-Mitarbeitern mitzuteilen.

IV. Die Kündigung ist nicht deshalb sozialwidrig, weil es der Beklagten möglich war, den Kläger im Unternehmen weiterzubeschäftigen.

1) Einen freien Arbeitsplatz im Segment "Global Accounts" hat der Kläger nicht mehr dargelegt, nachdem die Beklagte seiner Behauptung, im zeitlichen Zusammenhang mit seiner Kündigung sei für H. eine Stelle in diesem Bereich ausgeschrieben worden, entgegengetreten war. Auf die unterschiedlichen Einschätzungen der Parteien zu der Frage, ob der Kläger im Segment "Global Accounts" eingesetzt werden kann, kommt es daher nicht an.

2) Der Kläger hat auch keinen freien Arbeitsplatz im Segment "Business Markets" in Dr dargelegt. Seiner unwidersprochenen Behauptung zufolge lief die Probezeit von Frau T. T. im Dezember ab, die daraufhin in ein festes Arbeitsverhältnis übernommen worden ist. Der Arbeitsplatz war demnach im fraglichen Zeitraum nicht frei. Die Beklagte war nicht verpflichtet, das Arbeitsverhältnis mit Frau T. T. zu kündigen, um dem Kläger ggf. im Wege der Änderungskündigung diesen Arbeitsplatz anzubieten. Ob dies anders zu beurteilen wäre, wenn Frau T. T. zunächst bis Ende 2002 befristet beschäftigt worden wäre, kann mangels entsprechenden Sachvortrags des Klägers dahin stehen.

V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 VI ArbGG i. V. m. § 97 ZPO.

Die Zulassung der Revision erfolgt gemäß § 72 II Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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