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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 03.09.2008
Aktenzeichen: 8 Ta 27/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 883
ZPO § 888
Ein Titel auf Herausgabe von Arbeitspapieren kann in der Regel nicht dahingehend ausgelegt werden, dass er auch die Verpflichtung zur Erstellung der Papiere beinhaltet. Das gilt auch dann, wenn die Herausgabe die Erstellung durch den Arbeitgeber logisch voraussetzt.
Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde des Gläubigers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 09.11.2007 (19 Ca 137/07) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Das Ausgangsverfahren endete am 26.04.2007 durch ein Versäumnisurteil, in dem der Schuldner u. a. verurteilt wurde, die Arbeitspapiere des Gläubigers, bestehend aus Lohnsteuerbescheinigung für das Kalenderjahr 2006 und Sozialversicherungsausweis, an den Gläubiger herauszugeben. Auf Antrag des Gläubigers verhängte das Arbeitsgericht am 14.06.2007 zur Erzwingung dieser Verpflichtung ein Zwangsgeld in Höhe von EUR 250,- ersatzweise für den Fall, dass das Zwangsgeld nicht beigetrieben werden kann, ein Tag Zwangshaft je Papier. In der Folgezeit wurde der Sozialversicherungsausweis an den Gläubiger herausgegeben, nicht jedoch die Lohnsteuerbescheinigung. Am 27.07.2007 gab der Schuldner die eidesstattliche Versicherung ab. Da das Zwangsgeld nicht beigetrieben werden konnte, beantragte der Schuldner am 07.11.2007 den Erlass eines Haftbefehls. Diesen Antrag wies das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 09.11.2007 als unzulässig zurück. Die Vollstreckung habe nach § 883 zu erfolgen, nicht nach § 888 ZPO, da das Rechtsschutzziel nicht in der Vornahme einer nicht vertretbaren Handlung bestehe, sondern in der Herausgabe einer bestimmten Sache. Der Beschluss vom 14.06.2007 sei insoweit zu Unrecht erlassen worden und begründe keine Berechtigung, einen gesetzlich nicht vorgesehenen Weg der Zwangsvollstreckung zu beschreiten. Der Beschluss wurde dem Gläubiger am 14.11.2007 zugestellt, der am 19.11.2007 sofortige Beschwerde einlegte. Der Gläubiger meint, der Schuldner sei aufgrund des gegen ihn ergangenen Versäumnisurteils verpflichtet, dem Gläubiger eine Lohnsteuerbescheinigung für das Kalenderjahr zu erstellen. Dabei handele es sich um eine nicht vertretbare Handlung, deren Vollstreckung sich nach § 888 ZPO richte. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen, da ein Ausfüllen der Lohnsteuerkarte vom Titel nicht erfasst sei.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig jedoch nicht begründet.

1. Die Beschwerde ist gemäß § 78 Satz 1 ArbGG i. V. m. 891 ZPO statthaft. Sie auch zulässig, da sie form- und fristgerecht eingelegt worden ist (§ 78 ArbGG i. V. m. § 567 ZPO).

2. In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg, denn das Arbeitsgericht hat den Erlass eines Haftbefehls gegen den Gläubiger zu Recht abgelehnt.

Ein Titel, welcher den Schuldner verpflichtet, eine Lohnsteuerbescheinigung zu erstellen, liegt nicht vor.

Vollstreckungstitel sind der Auslegung zugänglich (Zöller-Stöber ZPO § 704 Tz 5). Im formalisierten Zwangsvollstreckungsverfahren ist grundsätzlich allein der Inhalt des Vollstreckungstitels maßgebend (BGH v. 08.07.2008 - VII ZB 64/07 - juris, Tz 13; LAG Rheinland-Pfalz v. 01.10.2004 - 8 Ta 199/04 - juris, Tz 13). Das Vollstreckungsorgan ist nicht befugt, eigene Entscheidungen zur materiellen Rechtslage oder zur Sinnhaftigkeit bestimmter Anträge anzustellen.

Dass der Schuldner keine Verpflichtung zur Erstellung einer Lohnsteuerbescheinigung übernommen hat, ergibt sich aus dem Wortlaut des Versäumnisurteils, welches ausdrücklich zwischen der Erteilung einer Abrechnung für März 2006 in Absatz 2 und der Herausgabe der Arbeitspapiere in Absatz 3 unterscheidet. Zwar trägt der Gläubiger zutreffend vor, dass die Herausgabe einer Lohnsteuerbescheinigung nur möglich ist, wenn diese zuvor vom Arbeitgeber erstellt worden ist. Diese Erkenntnis hätte allerdings bei der Formulierung der Anträge berücksichtigt werden müssen.

III.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt aus § 97 I ZPO.

IV.

Ein Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 S. 2 i. V. m § 72 II ArbGG) ist nicht gegeben, da es um die Auslegung des im konkreten Fall vorliegenden Titels geht.

Damit ist dieser Beschluss unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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