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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 05.08.2004
Aktenzeichen: 1 Ta 421/04
Rechtsgebiete: KSchG, ZPO


Vorschriften:

KSchG § 4
KSchG § 5
KSchG § 5 Abs. 3
KSchG § 5 Abs. 3 S. 1
KSchG § 5 Abs. 4
ZPO § 249
ZPO § 251
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 19.05.2004 - 5 Ca 5415/03 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 21.000,00 EUR

Gründe:

I.

Die 12xx geborene, verheiratete Klägerin, die bei der Beklagten seit September 1996 als Einkäuferin beschäftigt war und zuletzt eine durchschnittliche Monatsvergütung von ca. 7.000,00 EUR brutto erzielte, erstrebt die nachträgliche Zulassung ihrer Kündigungsschutzklage. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin mit Schreiben vom 13.08.2003 zum 31.12.2003. Die Kündigung ist der Klägerin am 13.08.2003 zugegangen.

Die am 29.08.2003 beim Arbeitsgericht Dortmund eingegangene Klage vom 20.08.2003, mit der sich die Klägerin gegen die Kündigung der Beklagten wendet, ist nicht unterzeichnet. Die der Beklagten zugegangenen Abschriften des Schriftsatzes vom 20.08.2003 sind ebenfalls nicht mit einer Unterschrift versehen und tragen auch keinen Beglaubigungsvermerk.

Im Gütetermin vom 17.11.2003 hat die Kammervorsitzende die Parteien auf die fehlende Unterschrift unter der Klage vom 20.08.2003 hingewiesen.

Mit am 02.12.2003 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat die Klägerin die nachträgliche Zulassung ihrer Kündigungsschutzklage begehrt. Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Klagefrist nach § 4 KSchG sei gewahrt. Im Übrigen sei ihr das Verschulden ihrer Prozessbevollmächtigten bzw. der Angestellten ihrer Prozessbevollmächtigten nicht zuzurechnen.

Die Beklagte hat sich gegen eine nachträgliche Klagezulassung gewandt.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 19.05.2004 den Antrag auf nachträgliche Klagezulassung als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klagefrist des § 4 KSchG sei versäumt. Eine nachträgliche Klagezulassung scheitere daran, dass die Klägerin die 2-wöchige Antragsfrist des § 5 Abs. 3 S. 1 KSchG nicht gewahrt habe.

Gegen diesen ihr am 01.06.2004 zugestellten und wegen seiner weiteren Einzelheiten in Bezug genommenen Beschluss hat die Klägerin mit am 14.06.2004 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt.

Sie ist weiterhin der Auffassung, dass die Klagefrist nicht versäumt sei. Die 2-wöchige Antragsfrist des § 5 KSchG habe bis zum Ablauf der Widerrufsfrist des im Gütetermin vom 17.11.2003 geschlossenen Widerrufsvergleichs am 08.12.2003 geruht. Unberücksichtigt geblieben sei auch, dass sie die Kündigungsschutzklage auch auf nicht fristgebundene rechtliche Gesichtspunkte gestützt habe.

Die Beklagte verteidigt den angefochtenen Beschluss.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsprotokolle verwiesen.

II.

Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist nach § 5 Abs. 4 KSchG statthaft. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 78 ArbGG, 567, 569 ZPO), sie ist mithin zulässig. Sie ist jedoch unbegründet.

Auf den Antrag der Klägerin auf nachträgliche Klagezulassung kommt es nur an, wenn die 3-wöchige Klagefrist des § 4 KSchG, die am 03.09.2003 ablief, mit dem am 29.08.2003 beim Arbeitsgericht Dortmund eingegangenen Schriftsatz versäumt worden ist. Die vorliegende Entscheidung befasst sich allerdings allein mit der Frage, ob die unterstellt verspätete Klage nachträglich zuzulassen ist, ob also die formellen und materiellen Voraussetzungen einer nachträglichen Klagezulassung nach § 5 KSchG vorliegen (vgl. KR- Friedrich, 7. Aufl., § 5 KSchG Rdnr. 133 ff. m.w.N.; HK-Hauck, 4. Aufl., § 5 KSchG Rdnr. 68; APS/ Ascheid, 2. Aufl., § 5 KSchG Rdnr. 104, 131; LAG Hamm v. 29.04.2004 - 1 Ta 555/03 - ; a.A. BAG v. 28.04.1983 und 05.04.1984 AP Nr. 4, 6 zu § 5 KSchG 1969; LAG Hamm v. 07.11.1985 - LAGE § 5 KSchG Nr. 22; v. 25.02.1988 - LAGE § 130 BGB Nr. 11; v. 24.03.1988 - LAGE § 5 KSchG Nr. 32). Das Bundesarbeitsgericht begründet seine Ansicht im Wesentlichen damit, dass Voraussetzung für das Verfahren nach § 5 KSchG stets die Versäumung der Frist des § 4 KSchG sei und deshalb ein Beschluss nach § 5 KSchG nur ergehen dürfe, wenn die Klage verspätet ist. Die Klärung anderer Vorfragen (z. B. Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes; Vorliegen einer Kündigungserklärung) sei demgegenüber dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. Die im Verfahren nach § 5 KSchG zu klärenden und die dem Hauptsacheverfahren vorbehaltenen Fragen lassen sich bei Befolgung dieser Rechtsauffassung aber nur schwer unterscheiden. Es ist zudem nicht überzeugend, sie teilweise dem nachträglichen Klagezulassungsverfahren mit seiner erleichterten Beweisführung und seinem 2-Instanzenzug zu überantworten, andere Klärungen aber dem den Strengbeweis fordernden Hauptsacheverfahren, gegebenenfalls mit der Möglichkeit der Revision, zu unterwerfen, obwohl von ihnen oft genug der Ausgang des Kündigungsschutzverfahrens in gleicher Weise abhängt (ebenso: LAG Sachsen-Anhalt v. 22.10.1987 - RzK I 10 d Nr. 88; LAG Köln v. 04.03.1986 - LAGE § 5 KSchG Nr. 75). Die Gefahr bei Verfolgung dieser Rechtsansicht ein bloßes "Rechtsgutachten zu erstellen, wenn es letztlich auf eine nachträgliche Klagezulassung nicht ankommt, besteht auch, wenn man im Verfahren nach § 5 KSchG zwar über die Versäumung eine Entscheidung trifft, andere Fragen, wie etwa die der Beschäftigtenzahl, der Kündigungserklärung u.ä., aber dem Hauptsacheverfahren vorbehält.

Das Arbeitsgericht hat zutreffend den Antrag der Klägerin als unzulässig verworfen, denn die Klägerin hat die 2-wöchige Antragsfrist des § 5 Abs. 3 S. 1 KSchG nicht gewahrt. Die hier, wie oben ausgeführt, unterstellte Verspätung der Klagefrist wurde der Klägerin im Gütetermin am 17.11.2003 durch den Hinweis auf die fehlende Unterzeichnung der Klagschrift mitgeteilt. Der Antrag auf nachträgliche Klagezulassung hätte deshalb spätestens am 01.12.2003 beim Arbeitsgericht Dortmund eingegangen sein müssen.

Die 2-wöchige Antragsfrist "ruht" auch nicht durch den im Gütetermin geschlossenen Widerrufsvergleich. Die Antragsfrist nach § 5 Abs. 3 KSchG ist eine prozessuale Frist, die keine Notfrist ist (KR-Friedrich a.a.O. Rdnr. 122 m.w.N.). Unterbrechungs-, Aussetzungs- bzw. Ruhenstatbestände, die mit den Wirkungen des § 249 ZPO verbunden sind, betreffen nicht einen zwischen den Parteien geschlossenen gerichtlichen Widerrufsvergleich. Insbesondere hat das Gericht nicht das Ruhen des Verfahrens nach § 251 ZPO angeordnet. Erst eine derartige Anordnung hätte gegebenenfalls prozessuale Fristen unterbrechen können (Zöller/ Greger; ZPO, 24. Aufl., § 251 Rdnr. 3). Die Klägerin war auch nicht gehindert, während des Laufs der Widerrufsfrist - wie tatsächlich auch geschehen - den Antrag auf nachträgliche Klagezulassung zumindest vorsorglich zu stellen.

Wegen der Versäumung der Antragsfrist kam es auf die Frage eines etwaigen Verschuldens der Klägerin an der Nichteinhaltung der Klagefrist nicht mehr an.

Soweit die Klägerin geltend macht, sie stütze ihre Klage auch auf andere Gründe (welche?) als die der fehlenden sozialen Rechtfertigung nach dem Kündigungsschutzgesetz, dürfte sie, da die bis zum 31.12.2003 geltende Rechtslage Anwendung findet (vgl. Bader NZA 2004, 65, 68), nicht gehindert sein, diese auch außerhalb der Klagefrist vorzubringen. Die Nichtzulassung der Kündigungsschutzklage nach § 5 KSchG a.F. bezieht sich auf solche Gründe nicht.

Die sofortige Beschwerde ist somit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Für die Festsetzung des Beschwerdewertes war auf den Wert der Hauptsache abzustellen, der gemäß §§ 12 Abs. 7 ArbGG, 3 ZPO dem Vierteljahreseinkommen der Klägerin bei der Beklagten entspricht.

Gegen diesen Beschluss ist für keine der Parteiein ein Rechtsmittel statthaft (BAG v. 20.08.2002 - 2 AZB 16/02 - ).

Ende der Entscheidung

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