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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 25.10.2005
Aktenzeichen: 1 Ta 653/05
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 23.08.2005 - 5 Ca 939/05 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 6.000,00 €

Gründe: I. Der Kläger erstrebt die nachträgliche Zulassung seiner Kündigungsschutzklage. Der im März 1980 geborene, verheiratete und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger war bei der Beklagten seit 21.05.2002 als Tauchpolierer beschäftigt. Sein monatlicher Bruttoverdienst lag bei ca. 2.000,00 €. Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger am 15.02.2005 seitens der Beklagten ein Kündigungsschreiben übergeben wurde. Der Kläger, der den Erhalt eines Kündigungsschreibens bestreitet und behauptet, er habe erst über ein Schreiben der Beklagten vom 24.03.2005 von einer angeblich ihm überreichten Kündigung vom 15.02.2005 erfahren, hat sich gegen diese Kündigung mit am 30.03.2005 beim Arbeitsgericht Iserlohn eingegangenen Schriftsatz vom 29.03.2005 gewandt. Zuvor hatte er bereits mit Schriftsatz vom 21.03.2005 eine mündliche Kündigung der Beklagten vom 14.03.2005 angegriffen, die, wie inzwischen unstreitig ist, tatsächlich nicht erklärt wurde, und dazu auch eine allgemeine Feststellungsklage erhoben. Hilfsweise und vorsorglich hat der Kläger mit am 05.04.2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz die nachträgliche Zulassung der Klage vom 21.03.2005 nebst Klageerweiterung vom 29.03.2005 beantragt. Zur Begründung hat er sich darauf bezogen, er habe mangels Aushändigung eines Kündigungsschreibens erst über das Schreiben der Beklagten vom 24.03.2005 von einer angeblichen schriftlichen Kündigung erfahren. Das Arbeitsgericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme zur Frage des Kündigungszugangs den Antrag auf nachträgliche Klagezulassung mit am 23.08.2005 verkündeten Beschluss zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme am 15.02.2005 die streitgegenständliche Kündigung vom 15.02.2005 am selben Tage zugegangen. Gründe, die ihn an der rechtzeitigen Klageerhebung gehindert hätten, habe der Kläger weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Gegen den ihm am 30.08.2005 zugestellten und wegen seiner weiteren Einzelheiten in Bezug genommenen Beschluss hat der Kläger mit am 12.09.2005 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Er macht weiterhin geltend, ihm sei am 15.02.2005 kein Kündigungsschreiben übergeben worden. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsprotokolle Bezug genommen. II. Die sofortige Beschwerde des Klägers ist nach § 5 Abs. 4 KSchG statthaft und form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 78 ArbGG, 567, 569 ZPO), sie ist mithin zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. 1. Die vom Kläger begehrte nachträgliche Klagezulassung scheitert daran, dass er keinerlei Tatsachen dafür vorgetragen hat, dass er an der Einhaltung der Klagefrist trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt gehindert war (§ 5 Abs. 1 KSchG). Sein Antrag auf nachträgliche Klagezulassung ist damit unbegründet. Gegen die Feststellung des Arbeitsgerichts, dem Vorbringen des Klägers mangele es an einer Darlegung und Glaubhaftmachung eines Hinderungsgrundes für die im angefochtenen Beschluss angenommene Klagefristversäumnis, wendet sich der Kläger im Beschwerderechtszug auch nicht. Vielmehr bestreitet er weiterhin lediglich, überhaupt ein Kündigungsschreiben vom 15.02.2005 erhalten zu haben. 2. Die Frage einer wirksamen Kündigungserklärung und des Zeitpunkts des Zugangs der Kündigung ist nicht Gegenstand des Verfahrens nach § 5 KSchG. Auch wenn man das Arbeitsgericht für gehalten ansieht, die Klagefristversäumnis vorab positiv festzustellen, um überhaupt zur Entscheidung über den vorsorglich gestellten Zulassungsantrag zu gelangen (so Hess. LAG v. 24.08.2004 - LAGE § 5 KSchG Nr. 108 b; a. A. KR-Friedrich, 7. Aufl., § 5 KSchG Rn. 133 f. m. w. N.), wird eine solche Feststellung, wie sie das Arbeitsgericht hier getroffen hat, nicht Teil des Zulassungsverfahrens. Sie erlangt keine Bindungswirkung für das Hauptsacheverfahren. Gegenstand der Beschwerdeentscheidung im Zulassungsverfahren nach § 5 KSchG ist nur die Frage, ob die unterstellt verspätete Klage nachträglich zuzulassen ist, ob also die formellen und materiellen Voraussetzungen einer nachträglichen Klagezulassung nach § 5 KSchG vorliegen (vgl. KR-Friedrich, a. a. O.; HK-Hauck, 4. Aufl., § 5 KSchG, Rn. 68; APS/Ascheid, 2. Aufl., § 5 KSchG Rn. 104, 131; LAG Hamm v. 29.04.2004 - 1 Ta 555/03 -; v. 20.07.2005 - 1 Ta 242/05 -; a. A. BAG v. 28.04.1983 und 05.04.1984 - AP Nr. 4, 6 zu § 5 KSchG 1969; LAG Hamm v. 07.11.1985 - LAGE § 5 KSchG Nr. 22). Das Bundesarbeitsgericht begründet seine anderslautende Ansicht im Wesentlichen damit, dass Voraussetzung für das Verfahren nach § 5 KSchG stets die Versäumung der Frist des § 4 KSchG sei und deshalb ein Beschluss nach § 5 KSchG nur ergehen dürfe, wenn die Klage verspätet ist. Die Klärung anderer Vorfragen sei demgegenüber dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. Die im Verfahren nach § 5 KSchG zu klärenden und dem Hauptsacheverfahren vorbehaltenen Fragen lassen sich bei Befolgung dieser Rechtsauffassung aber nur schwer unterscheiden. Es ist zudem nicht überzeugend, sie teilweise dem nachträglichen Klagezulassungsverfahren mit seiner erleichterten Beweisführung und seinem Zwei-Instanzen-Zug zu überantworten, andere Klärungen aber dem den Strengbeweis fordernden Hauptsacheverfahren, ggf. mit der Möglichkeit der Revision, zu unterwerfen, obwohl von ihnen oft genug der Ausgang des Kündigungsschutzverfahrens in gleicher Weise abhängt (ebenso z. B. LAG Sachsen-Anhalt v. 22.10.1997 - LAGE § 5 KSchG Nr. 92; LAG Köln v. 17.08.2001 - RzK I 10 d Nr. 109; LAG Hessen v. 24.08.2004 a. a. O., LAG Düsseldorf v. 17.07.2002 - 15 Ta 291/02 -). Deshalb bleibt auch die Frage, ob dem Kläger am 15.02.2005 eine schriftliche Kündigung der Beklagten zugegangen ist, womit die dreiwöchige Klagefrist nach § 4 KSchG zu laufen begonnen hätte, der Entscheidung des Arbeitsgerichts überlassen, das darüber im Hauptsacheverfahren zu befinden haben wird. 3. Die sofortige Beschwerde des Klägers war somit mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Der Entscheidung des Beschwerdegerichts steht nicht entgegen, dass das Arbeitsgericht noch keine Gelegenheit zur Abhilfeentscheidung hatte. Nachdem der Kläger die sofortige Beschwerde direkt beim Rechtsmittelgericht eingelegt hat, war das Abhilfeverfahren entbehrlich (Zöller/Gummer, ZPO, 25. Aufl., § 572 Rn. 4). Für die Festsetzung des Beschwerdewertes war auf den Wert der Hauptsache abzustellen, der gemäß §§ 42 Abs. 4 GKG, 3 ZPO dem Vierteljahreseinkommen des Klägers bei der Beklagten entspricht.

Ende der Entscheidung

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