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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 25.05.2005
Aktenzeichen: 10 (2) Sa 381/05
Rechtsgebiete: ZPO, ArbGG


Vorschriften:

ZPO § 929 Abs. 2
ZPO § 936
ArbGG § 62 Abs. 2
ArbGG § 85 Abs. 2
Die auf Weiterbeschäftigung gerichtete einstweilige Verfügung bedarf der Vollziehung nach § 929 Abs. 2 ZPO, die regelmäßig durch Zustellung im Parteibetrieb erfolgen muss.
Tenor:

Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 21.01.2005 - 4 Ga 1/05 - abgeändert.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Verfügungsklägerin zu tragen

Tatbestand: Im vorliegenden Verfahren nimmt die Klägerin die Beklagte im Wege der einstweiligen Verfügung auf Weiterbeschäftigung in Anspruch. Seit dem 06.09.2001 war die Klägerin, 38 Jahre alt, gegenüber drei Kindern unterhaltsverpflichtet, als Produktionshelferin bei der Insolvenzschuldnerin, die ca. 80 Mitarbeiter beschäftigt hatte, bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden zu einem Stundenlohn von 8,95 € brutto tätig. Die Klägerin war Mitglied des bei der Insolvenzschuldnerin gewählten Betriebsrats. Am 05.11.2004 wurde die Klägerin von der Insolvenzschuldnerin mit sofortiger Wirkung von der Arbeit freigestellt. Am 08.11.2004 stellte die Insolvenzschuldnerin beim Amtsgericht Bielefeld einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Daraufhin wurde die Beklagte als vorläufige Insolvenzverwalterin eingesetzt. Nach Stellung des Insolvenzantrags wurde von der Insolvenzschuldnerin kein Mitarbeiter mehr beschäftigt. Die Mehrzahl der Mitarbeiter kündigte ihr Arbeitsverhältnis fristlos aufgrund von Lohnrückständen, nicht jedoch die Klägerin. Am 03.01.2005 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin eröffnet. Am 06.01.2005 nahm die Beklagte mit 22 Mitarbeitern und drei Angestellten der Insolvenzschuldnerin die Produktion in Teilbereichen wieder auf. Dabei handelte es sich u.a. auch um Mitarbeiter, die zuvor ihre Arbeitsverhältnisse gekündigt hatten. Die Beschäftigung dieser Mitarbeiter erfolgte aufgrund von befristeten Arbeitsverträgen mit einer Laufzeit von maximal drei Monaten. Mit dem am 13.01.2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung begehrte auch die Klägerin ihre Weiterbeschäftigung bei Meidung eines Zwangsgeldes bzw. Zwangshaft. Mit Schriftsatz vom 20.01.2005 erklärte die Beklagte ausdrücklich die Freistellung der Klägerin von ihrer Verpflichtung zur Arbeitsleistung. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr Beschäftigungsanspruch ergebe sich aus dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses. Sie sei zwar am 05.01.2004 aufgrund fehlender Beschäftigungsmöglichkeit zunächst freigestellt worden. Diese Freistellung könne jedoch nur bis zur tatsächlich erfolgten Wiederaufnahme der Produktion wirken. Die erneute Freistellung sei jedenfalls willkürlich, zumal ihr Schutz als Betriebsratsmitglied und der nahtlose Fortbestand des Arbeitsverhältnisses nicht hinreichend berücksichtigt worden seien. Ein Verfügungsgrund ergebe sich schon daraus, dass 22 Mitarbeiter erneut befristet eingestellt worden seien, anstatt das mit ihr fortbestehende Arbeitsverhältnis wieder aufzunehmen. Auch der endgültige Verlust des Beschäftigungsanspruchs und der Beschäftigungsmöglichkeit begründe eine Eilbedürftigkeit. Sie habe mehrfach ihre Arbeitskraft ausdrücklich angeboten. Die Klägerin hat beantragt, der Verfügungsbeklagten im Wege der einstweiligen Verfügung aufzugeben, die Verfügungsklägerin bei Meidung von Zwangsgeld bis zu 25.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder von Zwangshaft, zu unveränderten Bedingungen als Maschinenarbeiterin zu beschäftigen. Die Beklagte hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Klägerin stehe ein Beschäftigungsanspruch aufgrund der rechtswirksam erfolgten Freistellung nicht zu. Sie, die Beklagte, sei im Rahmen des Insolvenzverfahrens zum Zwecke der Schonung der Masse zur Freistellung von Arbeitnehmern berechtigt. Das Freistellungsrecht sei auch wirksam und sachgerecht ausgeübt worden, sie habe sich an den Kriterien der Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG orientiert. Die Klägerin sei unter Berücksichtigung dieser Kriterien am wenigsten sozial schutzwürdig. Es fehle auch an einem Verfügungsgrund. Dafür reiche es nicht aus, dass der Beschäftigungsanspruch verloren gehe. Ein besonderes Interesse der Klägerin daran, tatsächlich beschäftigt zu werden, liege erkennbar nicht vor. Durch Urteil vom 21.01.2005 hat das Arbeitsgericht dem Antrag insoweit stattgegeben, als es die Beklagte verurteilt hat, die Klägerin zu unveränderten Bedingungen als Maschinenarbeiterin zu beschäftigen, weil die Freistellung der Klägerin gemäß § 315 BGB ermessensfehlerhaft erfolgt sei. Auf die weitere Begründung des erstinstanzlichen Urteils vom 21.01.2005 wird Bezug genommen. Am 22.01.2005 nahm die Klägerin auf Anraten ihrer Prozessbevollmächtigten morgens gegen 5.45 Uhr die Arbeit auf. Kurz darauf wurde ihr die Weiterarbeit verwehrt, die Klägerin wurde nach Hause geschickt. Das vollständige, mit Gründen versehene Urteil des Arbeitsgerichts vom 21.01.2005 wurde den Prozessbevollmächtigten der Klägerin sowie den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 02.02.2005 von Amts wegen zugestellt. Gegen das Urteil des Arbeitsgerichts vom 21.01.2005 legte die Beklagte daraufhin am 25.02.2005 Berufung zum Landesarbeitsgericht ein und begründete diese mit dem am 04.04.2005 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz. Die Beklagte ist der Auffassung, dass das erstinstanzliche Urteil schon deshalb keinen Bestand haben könne, weil die einstweilige Verfügung nicht nach § 929 Abs. 2 ZPO innerhalb eines Monats nach Verkündung vollzogen worden sei. Zur Vollziehung sei regelmäßig die Zustellung im Parteibetrieb erforderlich. Die Zustellung sei auch an den Prozessbevollmächtigten der Beklagten nach § 172 ZPO zu richten. Dieses Zustellungserfordernis sei Wirksamkeitsvoraussetzung und Voraussetzung zur Fristwahrung nach § 929 Abs. 2 ZPO. Eine Zustellung im Parteibetrieb sei weder bis zum 21.02.2005 noch bis zum 02.03.2005 erfolgt. Die Beklagte ist weiter der Auffassung, dass das erstinstanzliche Urteil auch in der Sache keinen Bestand haben könne. Die Klägerin sei mit den weiterbeschäftigten Mitarbeitern nicht vergleichbar, diese seien im Übrigen sozial schutzwürdiger als die Klägerin. Allein die Stellung der Klägerin als Betriebsratsmitglied könne einen Weiterbeschäftigungsanspruch im Wege der einstweiligen Verfügung nicht begründen. Die Tätigkeit der Klägerin als Betriebsratsmitglied werde nicht behindert, auch nicht durch die von der Beklagten vorgenommene Freistellung. Im Übrigen fehle es nach wie vor an einem Verfügungsgrund. Allein der Umstand, dass ohne Erlass einer einstweiligen Verfügung der Beschäftigungsanspruch verloren gehe, reiche für eine Dringlichkeit im Regelfall nicht aus. Die Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 21.01.2005 - 4 Ga 1/05 - abzuändern und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, sowie unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin bei Meidung eines Zwangsgeldes in Höhe von 25.000,00 € und, für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder von Zwangshaft zu unveränderten Bedingungen als Maschinenarbeiterin zu beschäftigen. Die Klägerin ist der Auffassung, das angefochtene Urteil unterliege bereits deshalb der Abänderung, weil das Arbeitsgericht dem Antrag auf Androhung eines Zwangsgeldes nicht stattgegeben habe. Weder ergebe sich aus dem Tenor des erstinstanzlichen Urteils, dass die Klage insoweit abgewiesen worden wäre, noch habe das Arbeitsgericht in der Begründung dargelegt, warum es dem Antrag auf Androhung von Zwangsgeld und Zwangshaft nicht entsprochen habe. Eine derartige Androhung könne bereits im Erkenntnisverfahren erfolgen. Dementsprechend sei das erstinstanzliche Urteil auf die Anschlussberufung abzuändern. Entgegen der Auffassung der Beklagten komme eine Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils nicht bereits deshalb in Betracht, weil die Klägerin das Urteil nicht durch Zustellung im Parteibetrieb vollzogen habe. Die Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO sei nicht versäumt worden, sondern vielmehr entbehrlich, weil das erstinstanzliche Urteil von Amts wegen am 02.02.2005 zugestellt worden sei. Insbesondere bei Unterlassungen sei die Vollziehung nach § 929 Abs. 2 ZPO nicht anwendbar. Die Vollziehung beginne bereits mit der Androhung. Die Klägerin habe aber im vorliegenden Verfahren bereits mit der Antragsschrift die Androhung von Zwangsgeld und von Zwangshaft beantragt. Auch in der Sache habe das Arbeitsgericht zutreffend entschieden. Der Beschäftigungsanspruch ergebe sich aus dem Schutz des Arbeitnehmers in seiner Persönlichkeit. Auf eine soziale Auswahl komme es bereits deshalb nicht an, weil von der Beklagten gekündigte Mitarbeiter weiterbeschäftigt worden seien, demgegenüber habe sie, die Klägerin, noch aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis einen Beschäftigungsanspruch. Auch der erforderliche Verfügungsgrund liege vor. Diese ergebe sich gerade aus dem besonderen Kündigungsschutz für Betriebsratsmitglieder. Gerade weil über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin ein Insolvenzverfahren anhängig sei, sei die Gefahr gegeben, dass der Beschäftigungsanspruch auch für die Zukunft überhaupt nicht verwirklicht werden könne. Die Beklagte beantragt, die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen. Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen. Entscheidungsgründe: Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Beschäftigung zu unveränderten Bedingungen als Maschinenarbeiterin. I. Der Berufung der Beklagten war bereits deshalb nach den §§ 85 Abs. 2 ArbGG i.V.m. 936, 927 Abs. 1, 929 Abs. 2 ZPO stattzugeben, weil die Klägerin die vom Arbeitsgericht erlassene einstweilige Verfügung nicht innerhalb der Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO vollzogen hat, ihre Vollziehung deshalb unstatthaft geworden und sie mit Rücksicht hierauf wegen veränderter Umstände aufzuheben ist. 1. Nach § 62 Abs. 2 Satz 1 ArbGG finden im arbeitsgerichtlichen Verfahren auf die Zwangsvollstreckung einschließlich des Arrestes und der einstweiligen Verfügung die Vorschriften der ZPO Anwendung. Hiernach ist gemäß §§ 929 Abs. 2, 927, 936 ZPO die Vollziehung einer einstweiligen Verfügung unstatthaft, wenn seit dem Tage, an dem die einstweilige Verfügung verkündet oder der Partei, auf deren Gesuch sie erging, zugestellt ist, ein Monat verstrichen ist. Bei der fehlenden Vollziehung einer einstweiligen Verfügung handelt es sich um einen Aufhebungsgrund wegen veränderter Umstände im Sinne des § 927 ZPO, der außer über das Verfahren nach § 927 ZPO auch über das Rechtsmittel der Berufung geltend gemacht werden kann (LAG Frankfurt, Beschluss vom 20.02.1990 - NZA 1991, 30; LAG Hamm, Urteil vom 09.03.1995 - NZA-RR 1996, 145; Vossen, GK-ArbGG, § 62 Rz. 101; Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 929 Rz. 21; Dunkl/Moeller/Baur/Feldmeier, Handbuch des vorläufigen Rechtsschutzes, 3. Aufl., H Rz. 405 m.w.N.). 2. Nach § 936 ZPO gilt auch für die einstweilige Verfügung, dass sie innerhalb der Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO vollzogen werden muss, d.h., dass der Gläubiger seinen Willen zur Durchsetzung der einstweiligen Verfügung gegenüber dem Anspruchsgegner klar zum Ausdruck bringen muss. Dazu ist nach ganz herrschender Meinung regelmäßig eine fristgemäße Zustellung der einstweiligen Verfügung durch den Gläubiger an den Schuldner im Wege der Parteizustellung notwendig, denn damit verdeutlicht der Gläubiger zweifelsfrei seinen Willen, von der einstweiligen Verfügung Gebrauch zu machen (BGH, Urteil vom 22.10.1992 - BGHZ 120, 78 = NJW 1993, 1076; LAG Berlin, Urteil vom 10.06.1985 - LAGE ZPO § 929 Nr. 2; LAG Berlin, Beschluss vom 18.08.1987 - NZA 1987, 825; LAG Frankfurt, Beschluss vom 20.02.1990 - NZA 1991, 30; LAG Hamm, Urteil vom 09.03.1995 - NZA-RR 1996, 145; LAG Hamburg, Beschluss vom 28.03.1995 - LAGE ZPO § 929 Nr. 3; LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 24.05.1995 - 2 Sa 244/95 -; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.08.1998 - BB 2000, 987; Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 929 Rz. 12; Baur, a.a.O., B Rz. 19 m.w.N.). a) Das gilt auch für einstweilige Verfügungen, die durch Urteil erlassen werden. Das Gesetz trifft zwar keine ausdrückliche Bestimmung darüber, was zur Vollziehung im Sinne des § 929 Abs. 2 ZPO erforderlich ist. Zur Vollziehung im Sinne des § 929 Abs. 2 ZPO ist aber regelmäßig eine Amtszustellung eines Urteils im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht ausreichend. Sinn und Zweck des § 929 Abs. 2 ZPO ist es, den Schuldner zu warnen und zu verhüten, dass die Anordnung unter wesentlich veränderten Umständen vollzogen wird sowie dass der Gläubiger sich mit Vollstreckungstiteln bevorratet. Die Vollziehungsfrist ist Merkmal des Eilcharakters des einstweiligen Rechtsschutzes. Zwar muss die Parteizustellung nicht stets der einzige Weg sein, um die einstweilige Verfügung wirksam zu vollziehen. Dem Sinn und Zweck der Vollziehung ist Genüge getan, wenn der Gläubiger dem Schuldner entweder durch Parteizustellung oder auf andere Art und Weise deutlich macht, dass er die im einstweiligen Rechtsschutz erlangte Position alsbald durchsetzen will (LAG Hamm, Urteil vom 09.03.1995 - NZA-RR 1996, 145 m.w.N.). Die Voraussetzungen der Zustellung im Parteibetrieb der vom Arbeitsgericht erlassenen einstweiligen Verfügung vom 21.01.2005 liegen nicht vor. Die Klägerin hat die von ihr erwirkte einstweilige Verfügung vom 21.01.2005 nicht innerhalb der Monatsfrist nach Verkündung weder bis zum 21.02.2005 zustellen lassen noch ist eine Zustellung an die Beklagte im Parteibetrieb bis zum 02.03.2005 erfolgt. b) Zwar kann eine Zustellung einer einstweiligen Verfügung im Parteibetrieb zur Vollziehung gemäß § 929 Abs. 2 ZPO im Einzelfall entbehrlich sein. Das gilt etwa dann, wenn der Schuldner der Anordnung ohnehin nachkommt oder sonst nach den Umständen an der Ernstlichkeit des Anliegens des Klägers kein Zweifel besteht und eine zusätzliche Parteizustellung auf eine bloße Formalität hinaus liefe (LAG Berlin, Urteil vom 10.06.1985 - LAGE ZPO § 929 Nr. 2; LAG Hessen, Urteil vom 23.03.1987 - 1/11 Sa 1850/86 -; LAG Hamm, Urteil vom 09.03.1995 - NZA-RR 1996, 145; Wenzel, AR-Blattei "Einstweilige Verfügung" SD 650 Rz. 55). So kann bei einem Weiterbeschäftigungstitel, der im Wege der einstweiligen Verfügung erwirkt worden ist, zur Vollziehung die Zustellung im Parteibetrieb entbehrlich sein, wenn der Schuldner/Beklagte vor Ablauf der Vollziehungsfrist freiwillig der Anordnung nachkommt und den Kläger, der einen Weiterbeschäftigungstitel erwirkt hat, tatsächlich freiwillig weiter beschäftigt. Eine derartige Sachlage war vorliegend nicht gegeben. Zwar hat die Klägerin nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils vom 21.01.2005 am 22.01.2005 ihre Arbeitskraft angeboten und auch morgens um 5.45 Uhr versucht, ihre Arbeit aufzunehmen. Ihr ist jedoch direkt nach Arbeitsaufnahme mitgeteilt worden, dass sie nicht mehr weiterarbeiten dürfe, anschließend ist sie nach Hause geschickt worden. Davon, dass die Beklagte dem Beschäftigungstitel des Arbeitsgerichts vom 21.01.2005, der noch nicht zustellt war, tatsächlich freiwillig nachgekommen ist oder nachkommen wollte, kann damit keine Rede sein. 3. Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren die Auffassung vertritt, eine Vollziehung der einstweiligen Verfügung durch Zustellung im Parteibetrieb sei vorliegend nicht erforderlich gewesen, kann ihr nicht gefolgt werden. Zwar wird in der Rechtsprechung auch vertreten, dass es dann, wenn eine durch Urteil erlassene Unterlassungsverfügung bereits die für eine Verhängung von Ordnungsmitteln gemäß § 890 Abs. 2, § 928 ZPO erforderliche Androhung enthält, zur Wahrung der Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO weder einer Zustellung im Parteibetrieb noch eines Antrags auf Festsetzung von Ordnungsmitteln gegen den Verfügungsbeklagten bedarf. Ist in einem Urteil auf Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung die Androhung von Ordnungsgeld bereits enthalten, soll die Amtszustellung des Urteils mit Strafandrohung an den Beklagten zum Vollzug ausreichend sein (LAG Hamm, Beschluss vom 07.08.1987 - NZA 1987, 825 = MDR 1987, 1052; LAG Berlin, Beschluss vom 12.11.1997 - 3 Ta 15/97 -; LAG Thüringen, Urteil vom 10.04.2001 - LAGE ZPO § 929 Nr. 4 = NZA-RR 2001, 347; LAG Nürnberg, Urteil vom 31.07.2001 - LAGE ZPO § 929 Nr. 5; Wenzel, a.a.O., Rz. 57 vgl. auch: Baur, a.aO., B Rz. 19; Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 929 Rz. 12 m.w.N.). Ob dieser Auffassung gefolgt werden kann, kann für die Entscheidung des vorliegenden Falles offen bleiben. Die Klägerin des vorliegenden Verfahrens macht nämlich keine Unterlassungsverfügung geltend, sondern verlangt im Wege der einstweiligen Verfügung ihre Beschäftigung von der Beklagten. Hierbei handelt es sich um eine Leistungsverfügung, die nach § 888 ZPO, nicht nach § 890 ZPO, zu vollstrecken wäre (vgl. statt aller: Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 5. Aufl., § 62 Rz. 48 "Weiterbeschäftigung" m.w.N.). Auch die auf Beschäftigung oder Weiterbeschäftigung gerichtete einstweilige Verfügung bedarf danach der Vollziehung nach § 929 Abs. 2 ZPO (LAG Berlin, Urteil vom 10.06.1985 - LAGE ZPO § 929 Nr. 2; LAG Hessen, Urteil vom 23.03.1987 - 1/11 Sa 1850/86 -; LAG Hamburg, Urteil vom 28.03.1995 - LAGE ZPO § 929 Nr. 3; LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 24.05.1995 - 2 Sa 244/95 -; Baur, a.a.O., B Rz. 118). Die Vollziehung der einstweiligen Verfügung im Sinne des § 929 Abs. 2 ZPO war im vorliegenden Fall bereits gerade deshalb nicht entbehrlich, weil das Arbeitsgericht dem erstinstanzlichen Antrag nicht in vollem Umfang entsprochen hat und insbesondere die beantragte Androhung eines Zwangsgeldes bzw. Zwangshaft in dem ausgeurteilten Titel vom 21.01.2005 fehlte. Das Urteil des Arbeitsgerichts enthielt, obgleich die Androhung eines Zwangsgeldes bzw. Zwangshaft beantragt worden war, eine derartige Androhung zur Durchsetzung der einstweiligen Verfügung gerade nicht. Bei dieser Sachlage besteht erst recht keine Veranlassung, entgegen § 936 ZPO die entsprechende Anwendung des § 929 Abs. 2 ZPO auf die Leistungsverfügung für entbehrlich zu halten. Gerade weil die Androhung eines Zwangsgeldes in der vom Arbeitsgericht erlassenen einstweiligen Verfügung fehlte, war es umso erforderlicher, die einstweilige Verfügung innerhalb der Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO zu vollziehen. Dies ist nicht geschehen. II. Die fehlende Androhung eines Zwangsgeldes bzw. von Zwangshaft kann auch nicht durch die von der Klägerin eingelegte Anschlussberufung nachgeholt werden. Die nach § 524 ZPO zulässige Anschlussberufung der Klägerin ist unbegründet. Bei der Androhung eines Zwangsgeldes bzw. von Zwangshaft handelt es sich der Sache nach um den Beginn der Zwangsvollstreckung, auch wenn diese Androhung nach allgemeiner Meinung bereits im Erkenntnisverfahren erfolgen kann (LAG Frankfurt, Beschluss vom 03.06.1988 - DB 1989, 536; LAG Hamm, Beschluss vom 25.06.2004 - 10 TaBV 61/04 -; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, a.a.O., § 85 Rz. 27 m.w.N.). Die Anschlussberufung der Klägerin ist aber deshalb unbegründet, weil die Androhung eines Zwangsgeldes bzw. von Zwangshaft mangels Vorliegens eines Titels zu Gunsten der Klägerin nicht mehr erfolgen kann. Die Androhung eines Zwangsgeldes als Beginn der Zwangsvollstreckung setzt das Vorliegen eines rechtskräftigen oder vorläufig vollstreckbaren Titels voraus. Ein derartiger Titel liegt nicht vor, wie die vorstehenden Ausführungen ergeben. III. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, da sie unterlegen ist. Der Streitwert hat sich in der Berufungsinstanz nicht geändert.

Ende der Entscheidung

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