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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 13.10.2006
Aktenzeichen: 10 Sa 1044/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 626
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 17.05.2006 - 6 Ca 567/06 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit von zwei außerordentlichen Kündigungen.

Der am 14.02.1951 geborene Kläger ist verheiratet. Seit 1989 war er bei der Firma F2xxx GmbH & Co. KG als Außendienstmitarbeiter beschäftigt. Im August 2005 übernahm die Beklagte, die mehr als 10 Mitarbeiter beschäftigt, die Ausführung des Vertriebs der Firma F2xxx GmbH & Co. KG. Die Parteien schlossen am 09.08.2005 einen Arbeitsvertrag (Bl. 5 ff. d.A.), wonach der Kläger ab 01.09.2005 bei der Beklagten als Außendienstmitarbeiter zu einem monatlichen Bruttoverdienst von 2.700,00 € sowie einer jährlichen Fixprämie in Höhe von 1.200,00 € brutto eingestellt wurde. § 3 Nr. 2 des Arbeitsvertrages vom 09.08.2005 lautet wie folgt:

"Das Arbeitsverhältnis kann bis zum 31.12.2007 seitens des Arbeitgebers nicht aus betriebsbedingten Gründen gekündigt werden. Sonstige Kündigungsgründe bleiben hiervon unberührt. Insoweit richtet sich die Kündigungsfrist beiderseits nach § 622 Abs. 2 BGB."

Der Kläger erhielt von der Beklagten ein Firmenfahrzeug zur Verfügung, das er auch privat nutzen durfte. In § 14 des Arbeitsvertrages vom 09.08.2005 vereinbarten die Parteien folgendes:

"§ 14 Nebenleistungen und Aufwendungsersatz (Firmenfahrzeug)

1.

Der Arbeitnehmer erhält vom Arbeitgeber ein Firmenfahrzeug zur Verfügung gestellt. Es ist dem Arbeitnehmer gestattet, dieses auch privat zu nutzen. Er verpflichtet sich, das Fahrzeug pfleglich gemäß der Kfz-Überlassungsvereinbarung (Anlage zum Vertrag) zu behandeln.

2.

Wird der Arbeitnehmer in Verbindung mit einem evtl. Ausscheiden vom Arbeitgeber freigestellt, so ist er verpflichtet, das Firmenfahrzeug sofort zurückzugeben, ohne Nutzungsausfallansprüche geltend machen zu können.

3.

Der geldwerte Vorteil der Privatnutzung ist im Rahmen der monatlichen Gehaltsabrechnung entsprechend den lohnsteuerlichen Vorschriften zu berücksichtigen.

4.

Alle für den Betrieb des Firmenfahrzeugs entstehenden Kosten trägt der Arbeitgeber. Kraftstoffkosten in Verbindung mit Privatreisen sind jedoch nicht enthalten und vom Mitarbeiter selbst zu tragen.

5.

Die Reisekostenabrechnung erfolgt mit dem Formblatt des Arbeitgebers nach den steuerlichen Reisekostenpauschalen bzw. nach Belegen für Bewirtung und Übernachtung. Die Reisekostenabrechnungen müssen bis zum 5. des folgenden Monats vorliegen.

6.

Der Arbeitgeber schließt zu Gunsten des Mitarbeiters für die Dauer des Anstellungsvertrages eine Insassen-Unfallversicherung ab."

In § 3 des Kfz-Überlassungsvertrages vom 09.08.2005 (Bl. 125 f. d.A.) war folgendes vereinbart:

"Der Arbeitgeber trägt die Kosten für Reparaturen und Wartung des Fahrzeuges. Treibstoffkosten werden gegen Vorlage der Belege erstattet. Sämtliche Aufwendungen bei privaten Fahrten gehen zu Lasten des Arbeitnehmers mit Ausnahme von Reparaturkosten."

In der Folgezeit zahlte der Kläger sämtliche Tankkosten für das Firmenfahrzeug mit einer ihm von der Beklagten überlassenen Aral-Kreditkarte.

In einem von der Beklagten überlassenen Formblatt fertigte der Kläger monatlich seine Reisekostenabrechnung. Dieses Formblatt enthielt u.a. die Spalten "geschäftliche Kilometer", "private Kilometer" und "Kosten Auto". In die Spalte "geschäftliche Kilometer" trug der Kläger die durch Dienstfahrten veranlassten Kilometer ein, in die Spalte "private Kilometer", die durch Privatfahrten veranlassten Kilometer. Die Tankkosten trug der Kläger in die Spalte "Kosten Auto" ein. Jeweils mit der am Monatsende überreichten Reisekostenabrechnung übermittelte der Kläger auch die jeweiligen Tankbelege.

Wie die dem Kläger überlassene Aral-Kreditkarte genutzt werden und auf welche Weise er die Privatfahrten bezahlen sollte, ist zwischen den Parteien streitig. Seit Beginn der Tätigkeit des Klägers für die Beklagte machte diese zu keinem Zeitpunkt gegenüber dem Kläger die Erstattung der Kosten für Privatfahrten mit dem Firmenfahrzeug geltend. Diese Kosten wurden auch nicht mit dem Gehalt verrechnet.

Nach einem Tankbeleg vom 13.01.2006 (Bl. 42 d.A.) über einen Betrag von insgesamt 26,62 €, wurden an einer Zapfsäule 03 14,58 l Super Diesel und an einer Zapfsäule 09 9,6 l Super Diesel getankt.

Seit dem 16.01.2006 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Für den 18.01.2006 und 24.01.2006 trug der Kläger in die Reisekostenabrechnung (Bl. 38 d.A.) zwei Dienstfahrten jeweils von seiner Wohnung nach Frechen ein und gab in der Spalte "geschäftliche Kilometer" jeweils 99 Kilometer an.

Mit zwei Schreiben vom 02.02.2006 (Bl. 12 f., 14 f. d.A.) erteilte die Beklagte dem Kläger jeweils eine Abmahnung. Mit Schreiben vom 08.02.2006 (Bl. 16 d.A.) machte der Kläger die Rücknahme dieser Abmahnungen geltend.

Am 03.02.2006 übermittelte der Kläger der Beklagten per Telefax die Reisekostennachweise für Dezember 2005 und Januar 2006 (Bl. 38 d.A.). Mit Schreiben vom 08.02.2006 (Bl. 4 d.A.) kündigte die Beklagte daraufhin das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristlos sowie hilfsweise fristgerecht zum 15.03.2006 wegen Spesenbetrugs.

Der Kläger erhob daraufhin am 20.02.2006 die vorliegende Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht.

Nachdem der Kläger im Gütetermin vom 22.03.2006 erklärt hatte, dass er auch alle seine privat veranlassten Fahrten mit der ihm zur Verfügung gestellten Aral-Kreditkarte bezahlt habe, kündigte die Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis erneut fristlos mit Schreiben vom 22.03.2006 (Bl. 30 d.A.). Der Kläger erweiterte die Klage daraufhin mit dem am 27.03.2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte könne ihm nicht vorwerfen, dass er am 18.01.2006 und 24.01.2006 99 Kilometer für eine geschäftlich veranlasste Dienstreise in die Reisekostenabrechnung eingetragen habe. Insoweit hat der Kläger behauptet, der Mitarbeiter der Beklagten, Herr D3xxxx, habe ihn gebeten, einem anderen Außendienstmitarbeiter, Herrn G3xxxx, seinen Laptop zu bringen, damit dieser seine Tour zu Kunden nicht verändern müsse. Herr G3xxxx sei von Herrn D3xxxx identisch informiert worden. Der Laptop habe an Herrn G3xxxx übergeben werden sollen, weil am 20.01.2006 - zu diesem Zeitpunkt sei er unstreitig arbeitsunfähig erkrankt gewesen - ein Treffen der Außendienstmitarbeiter habe stattfinden sollen, auf dem andere Daten auf dem Laptop eingespeichert werden sollten. Er, der Kläger, habe Herrn G3xxxx am 18.01.2006 den Laptop gebracht und ihn am 24.01.2006 wieder abgeholt. Getroffen hätten sich der Kläger und Herr G3xxxx beim Maxus-SB-Verbrauchermarkt in Frechen-Köln-Marsdorf. Er, der Kläger, habe in den Reisekostennachweis Frechen eingetragen, weil er den Verbrauchermarkt über die BAB 61 bzw. die BAB 4 erreicht habe, wenn er die Ausfahrt Frechen nehme. An dieser Ausfahrt gebe es einen großen Industriepark, der durch die BAB 4 geteilt werde. Der eine Teil des Industrieparks liege so im Stadtgebiet Köln-Marsdorf, der andere Teil in Frechen. Beide Teile seien nur durch die Autobahn geteilt. Dem Kläger sei nicht bekannt gewesen, ob der Verbrauchermarkt nun in Frechen oder Köln-Marsdorf liege. Frechen habe er wegen der Ausfahrt eingetragen. Er sei nämlich von seinem Wohnsitz über die BAB 61 bis zur Ausfahrt Türnich gefahren und dann über die Landstraße bis zum Maxus-SB-Verbrauchermarkt. Diese Strecke habe er genommen, weil auf der direkten Strecke der BAB 4 Dauerbaustellen gewesen seien, die ständig zu Staus und Verkehrsbehinderung geführt hätten. Die von ihm genannte Fahrtstrecke betrage hin und zurück genau 99 Kilometer.

Der Kläger hat ferner behauptet, dass er am 13.01.2006 an zwei Zapfsäulen getankt habe. Zunächst habe er an der Zapfsäule 03 den Tankvorgang begonnen. Weil dort jedoch die Feststelltaste nicht funktioniert habe und er ständig die Zapfpistole erneut habe betätigen müssen, habe er nach einer gewissen Zeit den Tankvorgang an der Zapfsäule 03 unterbrochen und an der Zapfsäule 09 beendet.

Dass er im Januar 2006 in größerem Umfange Privatfahrten mit dem Firmenfahrzeug unternommen habe, das liege daran, dass er ländlich wohne und wegen verschiedener Arztbesuche weitere Strecken habe zurücklegen müssen.

Ihm könne auch nicht vorgeworfen werden, dass er die ihm zur Verfügung gestellte Aral-Kreditkarte hinsichtlich sämtlicher Reisekosten, auch der von ihm durchgeführten Privatfahrten, genutzt habe. Die Privatfahrten habe er korrekt in die Reisekostenabrechnung eingetragen. Da er jeweils im Vorhinein nie gewusst habe, wie viel Kilometer er aufgrund Dienstfahrten und aufgrund privat veranlasster Fahrten mit dem Firmenfahrzeug fahren würde, habe er stets einheitlich mit der Aral-Kreditkarte die Tankkosten bezahlt und sodann im Nachhinein die privat veranlassten Fahrten im Reisekostennachweis aufgezeichnet.

Der Kläger hat ferner die Auffassung vertreten, hinsichtlich des Vertriebes der Firma F2xxx GmbH & Co. KG habe es einen Betriebsteilübergang auf die Beklagte gegeben, der im August 2005 stattgefunden habe.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder durch die außerordentliche fristlose Kündigung vom 08.02.2006 beendet wurde noch durch die gleichzeitig ausgesprochene hilfsweise fristgemäße Kündigung zum 15.03.2006 beendet worden ist,

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die hilfsweise erklärte neue außerordentliche Kündigung vom 22.03.2006 nicht beendet wurde.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die außerordentlichen Kündigungen für wirksam gehalten und die Auffassung vertreten, der Kläger habe die Reisekostenabrechnungen nicht ordnungsgemäß ausgefüllt und für den 18. und 24.01.2006 keine Dienstreise eintragen dürfen. Insoweit habe er einen Spesenbetrug begangen und die Reisekostennachweise manipuliert. Der Kläger habe keine Dienstanweisung gehabt, den Laptop seinem Arbeitskollegen G3xxxx zu überbringen bzw. wieder abzuholen. Vielmehr habe Herr G3xxxx, so hat die Beklagte behauptet, den Laptop beim Kläger abholen sollen. Wenn der Kläger mit Herrn G3xxxx eine abweichende Vereinbarung getroffen habe, rechtfertige dies nicht die Eintragung einer Dienstreise. Hinzu komme, dass der Kläger und Herr G3xxxx sich in Köln getroffen hätten, der Kläger aber in den Reisekostennachweis Frechen eingetragen habe. Außerdem sei der Kläger zum Zeitpunkt der angeblichen Dienstreise arbeitsunfähig erkrankt gewesen.

Darüber hinaus seien die eingetragenen Kilometerangaben in keiner Weise nachvollziehbar. Die Fahrstrecke von dem Wohnort des Klägers in T1xx nach Frechen betrage ausweislich des Routenplaners 47,4 Kilometer, die Fahrtstrecke von seinem Wohnort nach Köln 56,3 Kilometer (Bl. 39, 40 d.A.). Für Hin- und Rückfahrt seien damit entweder 94,8 Kilometer oder 112,6 Kilometer entstanden, keinesfalls aber 99 Kilometer. Derart unkorrekte Angaben rechtfertigten die ausgesprochene Kündigung.

Die Beklagte hat ferner die Auffassung vertreten, dass sich aus dem Tankbeleg vom 13.01.2006 ergebe, dass der Kläger zu Lasten der Beklagten Dritten die Aral-Kreditkarte zur Bezahlung von Tankkosten überlassen habe. Nur so sei zu erklären, dass laut Tankbeleg an zwei verschiedenen Zapfsäulen getankt worden sei.

Schließlich könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger Privatfahrten in nicht unerheblichem Umfange während der angeblichen Arbeitsunfähigkeit unternommen habe. Die Reisekostennachweise habe der Kläger falsch ausgefüllt, weil er privat veranlasste Fahrten und geschäftliche Fahrten habe trennen müssen und die für die privat veranlassten Fahrten notwendigen Spritkosten selbst zu tragen gehabt habe. Seiner Verpflichtung, die Kosten für die privat veranlassten Fahrten in Form eigener Kostenübernahme zu tragen, sei er nicht nachgekommen. Vielmehr habe er sämtliche Spritkosten, auch die privat veranlassten, über die ihm überlassene Tankkarte bezahlt und abgerechnet. Es sei nicht Aufgabe der Beklagten, sämtliche Reisekostennachweise hinsichtlich der geschäftlich oder privat veranlassten Reisen und ihrer Kraftstoffverbrauche zu überprüfen. Die übrigen Außendienstmitarbeiter wiesen die Kostenerstattung ihrer Privatnutzung dadurch nach, dass sie Tankbelege einreichten, die nicht über die Aral-Kreditkarte abgerechnet worden seien, diese Belege würden rot markiert, damit werde dokumentiert, dass hierfür keine Erstattung gefordert werde. Der Kläger habe auch keine Tankbelege vorgelegt, die nicht über die Aral-Kreditkarte abgerechnet worden seien. Vielmehr habe der Kläger sich die Privatfahrten von der Beklagten bezahlen lassen. Damit habe er einen Spesenbetrug begangen.

Durch Urteil vom 17.05.2006 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, die außerordentlichen Kündigungen seien unwirksam, weil dem Kläger ein Spesenbetrug nicht vorgeworfen werden könne. Der Kläger habe alle von ihm durchgeführten Privatfahrten ordnungsgemäß mit dem ihm von der Beklagten vorgelegten Formblatt gekennzeichnet. Inwieweit der Kläger die Beklagte trotz der korrekt ausgefüllten Reisekostennachweise getäuscht habe, bleibe unerfindlich. Ein Spesenbetrug könne auch nicht wegen der Fahrten vom 18. und 24.01.2006 angenommen werden. Diese Fahrten habe der Kläger nicht im privaten Interesse vorgenommen. Auch eine ordentliche Kündigung komme mangels sozialer Rechtfertigung nicht in Betracht, weil dem Kläger aufgrund des arbeitsvertraglich vereinbarten Ausschlusses der ordentlichen betriebsbedingten Kündigung Kündigungsschutz bereits von Beginn an des Arbeitsverhältnisses zustehe.

Gegen das der Beklagten am 08.06.2006 zugestellte Urteil, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat diese am 22.06.2006 Berufung zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese zugleich begründet.

Die Beklagte behauptet, am 13.01.2006 sei kein Einfüllstutzen des Aral-Centers, an dem der Kläger getankt habe, defekt gewesen. Der Kläger habe jedenfalls nicht wegen eines Defektes des Einfüllstutzens an zwei Tanksäulen tanken müssen. Diesem Vorbringen der Beklagten im Kammertermin beim Arbeitsgericht sei das Arbeitsgericht schon nicht ordnungsgemäß nachgegangen.

Darüber hinaus könne das Urteil schon deshalb keinen Bestand haben, da es die Benutzung der Aral-Kreditkarte auch für Privatfahrten durch den Kläger sanktionslos lasse. Die Aral-Tankkarte habe der Kläger aber ausschließlich zu betrieblichen Zwecken verwenden dürfen. Dies ergebe sich bereits aus § 14 des Arbeitsvertrages bzw. aus § 3 des Kfz-Überlassungsvertrages. Insoweit behauptet die Beklagte, der Kläger sei aufgrund der Arbeitsanweisungen der Beklagten verpflichtet gewesen, gesondert für Privatfahrten zu tanken. Die Aral-Tankkarte habe er ausschließlich für betriebliche Zwecke nutzen dürfen. Entsprechend den gefahrenen Privatkilometern habe er auf Privatkosten nachzutanken gehabt. Mindestens sei es seine Verpflichtung gewesen, die Beklagte darüber zu informieren, dass er der Anweisung, zur Ergänzung des privaten Spritverbrauchs auf eigene Kosten nachzutanken, nicht nachgekommen sei. Erstmals im Gütetermin vom 22.03.2006 habe die Beklagte davon Kenntnis erhalten, dass der Kläger die Tankkarte auch für Privatfahrten genutzt habe. Die Nutzung der Tankkarte sei dem Kläger auch bei Übergabe des Fahrzeugs sowie der Tankkarte ausdrücklich erklärt und erläutert worden. Der Kläger sei darüber aufgeklärt worden, wie der Privatverbrauch zu kompensieren gewesen sei. Zwar sei ein Nachtanken nach jeder noch so geringen Privatfahrt nicht gefordert gewesen. Vielmehr habe der Kläger - wie alle anderen Außendienstmitarbeiter auch - auf der Grundlage seines Fahrtenbuches den Gesamtverbrauch berechnen und den Verbrauch der Privatfahrten durch Nachtanken auf eigene Kosten kompensieren müssen. Zum Nachweis habe der Kläger den Beleg für den Nachtankvorgang auf eigene Kosten der Reisekostenabrechnung beifügen müssen, damit die Beklagte stichprobenartig die Erstattung der privat veranlassten Treibstoffkosten habe überprüfen können. Dies habe der Kläger unterlassen. Insgesamt habe, wie die Beklagte nunmehr in mühevoller Nacharbeitung nachvollzogen habe, der Kläger in der Zeit vom 24.09.2005 bis zum 02.02.2006 Spritkosten für Privatfahrten in Höhe von 132,88 € veruntreut (Aufstellung Bl. 115 d.A.).

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 17.05.2006 - 6 Ca 567/06 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist nach wie vor der Auffassung, dass die Beklagte ihm nicht vorwerfen könne, am 13.01.2006 an zwei Zapfsäulen getankt zu haben. Aus welchem Grunde die Feststelltaste beim Tankvorgang nicht funktioniert habe, sei ihm nicht bekannt. Dies habe entweder an der Zapfsäule oder an ihm selbst gelegen. Auf jeden Fall habe er nur den Tank des Firmenfahrzeugs gefüllt. Welche Pflichtverletzung die Beklagte ihm vorwerfen wolle, bleibe ihr Geheimnis.

Die Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass er, der Kläger, aufgrund von Arbeitsanweisungen verpflichtet gewesen sei, gesondert für private und für geschäftliche Fahrten zu tanken. Derartige Arbeitsanweisungen gebe es nicht. Er habe immer nur die Aral-Tankkarte genutzt und seine Privatfahrten ebenso wie die Dienstfahrten in der Reisekostenabrechnung dokumentiert. Weder bei Übergabe des Fahrzeugs noch bei Aushändigung der Tankkarte sei ihm erklärt worden, dass er bei der Durchführung von Privatfahrten auf eigene Kosten nachtanken müsse. Wie dies im Einzelnen habe funktionieren sollen, erkläre die Beklagte nicht.

Unzutreffend sei es auch, dass der Kläger die Aral-Kreditkarte während einer Arbeitsunfähigkeit nicht habe nutzen dürfen. Unstreitig sei jedenfalls, dass der Kläger das Fahrzeug privat habe nutzen dürfen. Danach sei es Sache der Beklagten gewesen, den Kläger mit den Kosten für die Privatfahrten, die er unstreitig ordnungsgemäß angegeben habe, zu belasten.

Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht der Kündigungsschutzklage in vollem Umfange stattgegeben.

I.

Die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 08.02.2006 ist unwirksam, da der Beklagten ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB für die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zur Seite stand.

1. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr zugemutet werden kann.

Hiernach ist bei allen Kündigungsgründen eine Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und eine Abwägung der jeweiligen Interessen beider Vertragsteile erforderlich. Dieses Erfordernis schließt es aus, bestimmte Tatsachen ohne Rücksicht auf die Besonderheit des Einzelfalles stets als wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung anzuerkennen; es gibt im Rahmen des § 626 Abs. 1 BGB keine absoluten Kündigungsgründe (BAG, Urteil vom 23.01.1963 - AP GewO § 124 a Nr. 8; BAG, Urteil vom 30.05.1978 - AP BGB § 626 Nr. 70; BAG, Urteil vom 15.11.1984 - AP BGB § 626 Nr. 87).

Bei der Überprüfung eines wichtigen Grundes im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB ist zunächst zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalles an sich geeignet ist, einen wichtigen Kündigungsgrund abzugeben. Liegt ein solcher Sachverhalt vor, bedarf es der weiteren Prüfung, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles und der Abwägung der Interessen beider Vertragsteile bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist oder nicht (BAG, Urteil vom 17.05.1984 - AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 14; BAG, Urteil vom 13.12.1984 - AP BGB § 626 Nr. 81; BAG, Urteil vom 02.03.1989 - AP BGB § 626 Nr. 101; KR/Fischermeier, 7. Aufl., § 626 BGB Rdz. 84 ff.; ErfK/Müller-Glöge, 6. Aufl., § 626 BGB Rdz. 34, 62 m.w.N.).

2. In Anwendung dieser Grundsätze erweist sich die außerordentliche Kündigung vom 08.02.2006 mangels eines wichtigen Grundes im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB als unwirksam.

a) In der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte ist anerkannt, dass grobe Vertrauensverstöße eines Arbeitnehmers, insbesondere im Zusammenhang mit strafbaren Handlungen, grundsätzlich eine außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB rechtfertigen können (BAG, Beschluss vom 10.02.1999 - AP KSchG 1969 § 15 Nr. 42; KR/Fischermeier, a.a.O., § 626 BGB Rdz. 445 m.w.N.). Insbesondere kann ein Spesenbetrug einen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellen. Verlangt ein Arbeitnehmer Arbeitsentgelt oder Spesen, die ihm nicht zustehen, kann dies ein Grund zur fristlosen Entlassung sein, selbst wenn es sich dabei um einen einmaligen Fall oder um einen geringfügigen Betrag handelt (BAG, Urteil vom 22.11.1962 - AP BGB § 626 Nr. 49; BAG, Beschluss vom 22.08.1974 - AP BetrVG 1972 § 103 Nr. 1; LAG Frankfurt, Urteil vom 05.07.1988 - LAGE KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 20; LAG Köln, Urteil vom 14.12.1995 - NZA-RR 1996, 376; KR/Fischermeier, a.a.O., § 626 BGB Rdz. 445; APS/Dörner, 2. Aufl., § 626 BGB Rdz. 278; ErfK/Müller-Glöge, a.a.O., § 626 BGB Rdz. 157 f. m.w.N.). Auch sonstigen Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Zeiterfassung, das vorsätzlich falsche Ausstellen von Dokumentationen und entsprechenden Formularen können ebenso wie sonstige unrichtige Angaben in Tätigkeitsberichten grundsätzlich eine Kündigung rechtfertigen (BAG, Urteil vom 24.11.2005 - AP BGB § 626 Nr. 197 = NZA 2006, 484; LAG Berlin, Urteil vom 27.06.1969 - BB 1969, 834; LAG Niedersachsen, Urteil vom 18.10.1994 - LAGE KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 44; Arbeitsgericht Frankfurt, Urteil vom 24.07.2001 - NZA-RR 2002, 133; KR/Fischermeier, a.a.O., § 626 BGB Rdz. 433 m.w.N.).

Ob und inwieweit sich der Arbeitnehmer mit seinem Fehlverhalten strafbar gemacht hat, ist für die Beurteilung eines wichtigen Grundes im Sinne des § 626 BGB oder für die soziale Rechtfertigung einer Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG nicht entscheidend (BAG, Urteil vom 20.04.1977 - AP BAT § 54 Nr. 1; BAG, Urteil vom 29.01.1997 - AP BGB § 626 Nr. 131; BAG, Urteil vom 24.11.2005 - AP BGB § 626 Nr. 197 m.w.N.).

b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze erweist sich die außerordentliche Kündigung vom 08.02.2006 als unwirksam. Ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB steht der Beklagten nicht zur Seite. Die Beklagte kann dem Kläger weder Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit dem Tankvorgang vom 13.01.2006 noch einen Spesenbetrug vorwerfen.

aa) Ein arbeitsvertragswidriges Verhalten, das zu einer fristlosen Kündigung hätte führen können, ergibt sicht nicht aus dem Tankvorgang vom 13.01.2006. Allein der Umstand, dass der Kläger am 13.01.2006 zwei Tanksäulen benutzt hat, ist nicht vertragswidrig. Zu Recht hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass das Vorbringen des Klägers, er habe tatsächlich an zwei verschiedenen Zapfsäulen getankt, weil bei der zunächst ausgesuchten Zapfsäule die Feststelltaste nicht funktioniert habe, in sich schlüssig. Allein das Vorbringen der Beklagten, die Zapfsäule sei nicht defekt gewesen, reicht für die Annahme einer vom Kläger begangenen Pflichtwidrigkeit nicht aus. Weitere Umstände, aus denen sich trotz des Klägervorbringens zwingend ergeben würde, dass der Kläger die Aral-Kreditkarte einem Dritten zur Bezahlung von Tankkosten überlassen habe, hat die Beklagte nicht vorgetragen. Zu Recht weist der Kläger darauf hin, dass auch keine Verdachtskündigung in Betracht kam, weil der Kläger nicht zuvor ordnungsgemäß angehört worden ist.

bb) Ein Spesenbetrug ergibt sich entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten auch nicht daraus, dass der Kläger für den 18. und 24.01.2006 im Reisekostennachweis jeweils 99 Kilometer dienstlich veranlasster Fahrten jeweils für eine Hin- und Rückreise von seinem Wohnort nach Frechen angegeben hat.

Allein die Deklarierung der Fahrten vom 18. und 24.01.2006 als Dienstreise war nicht unzutreffend. Bereits nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten hat es sich um eine dienstlich veranlasste Reise gehandelt und nicht um eine Privatfahrt. Der Kläger sollte nämlich unstreitig seinen Laptop an seinen Arbeitskollegen G3xxxx übergeben, damit auf einem Treffen der Außendienstmitarbeiter, an dem der Kläger wegen Arbeitsunfähigkeit nicht teilnehmen konnte, andere Daten auf seinem Laptop eingespeichert werden konnten. Zu diesem Zweck ist der Kläger unstreitig von seinem Wohnort nach Frechen bzw. Köln gefahren. Dass nach den erstinstanzlichen Behauptungen der Beklagten der Kläger den Laptop nicht zu seinem Arbeitskollegen G3xxxx bringen sollte, sondern dieser ihn vielmehr beim Kläger abholen sollte, erscheint unerheblich. In jedem Fall hat der Kläger die Reisen in dienstlichem Interesse erbracht, andernfalls wären Reisekosten beim Arbeitskollegen G3xxxx entstanden. Insoweit kann dem Kläger allenfalls vorgeworfen werden, sich nicht an die von der Beklagten behauptete, im Übrigen auch nicht einmal unter Beweis gestellte Dienstanweisung gehalten zu haben; ein derartiger Verstoß rechtfertigt aber keine fristlose Kündigung.

Dem Kläger kann auch nicht vorgeworfen werden, in dem Reisekostennachweis wegen der Fahrten vom 18. und 24.01.2006 falsche Kilometerangaben gemacht zu haben. Ein genauer Fahrtweg war dem Kläger nicht vorgeschrieben worden. Selbst nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten erscheint die Angabe von 99 Kilometern nicht unzutreffend. Die Beklagte errechnete nämlich selbst entweder 94,8 Kilometer oder 112,6 Kilometer.

Unzutreffend sind die Angaben des Klägers in dem Reisekostennachweis auch nicht insoweit, als der Kläger als Reiseziel Frechen angegeben hat. Soweit die Beklagte behauptet hat, der Kläger und sein Arbeitskollege hätten sich in Köln getroffen, hat der Kläger erstinstanzlich im Einzelnen geschildert, auf welche Weise er sein Fahrtziel erreicht hat; der eine Teil des Industrieparks, auf dem man sich getroffen habe, liege im Stadtgebiet von Köln, der andere Teil in Frechen, beide Teile seien nur durch die Autobahn geteilt. Insoweit erscheint die Zielangabe in dem Reisekostennachweis zutreffend; entscheidend ist nicht, ob der Kläger und sein Arbeitskollege sich in dem Stadtgebiet Köln liegenden Teil des Industrieparks oder in dem in Frechen liegenden Teil des Industrieparks getroffen haben. Die Beklagte ist dem substantiierten Sachvortrag des Klägers insoweit auch nicht mehr entgegengetreten.

cc) Die Beklagte kann dem Kläger zur Begründung der außerordentlichen Kündigung auch nicht vorwerfen, dass die Aufwendungen für die vom Kläger ausgeführten Privatfahrten über die vom Kläger genutzte Aral-Kreditkarte gezahlt worden sind. Der Kläger hat sich insoweit weder zu Unrecht Spesen erschlichen, die ihm nicht zustanden, noch hat er im Reisekostennachweis unzutreffende Angaben gemacht. Insbesondere hat er die Beklagte nicht über die von ihm durchgeführten Privatfahrten mit dem ihm zur Verfügung gestellten Firmenfahrzeug getäuscht.

Richtig ist zwar, dass nach § 14 Nr. 4 des Arbeitsvertrages vom 09.08.2005 Kraftstoffkosten in Verbindung mit Privatreisen in den vom Arbeitgeber zu tragenden Kosten für den Betrieb des Firmenfahrzeugs nicht enthalten und vom Mitarbeiter selbst zu tragen sind. Eine gleichlautende Regelung enthält § 3 des Kfz-Überlassungsvertrages vom 09.08.2005, wonach sämtliche Aufwendungen bei privaten Fahrten mit Ausnahmen von Reparaturkosten zu Lasten des Arbeitnehmers gehen. Richtig ist insoweit auch, dass der Kläger die Aufwendungen für die von ihm mit dem Firmenfahrzeug privat durchgeführten Fahrten, insbesondere die Spritkosten, mit der ihm zur Verfügung gestellten Aral-Kreditkarte der Beklagten bezahlt hat. Der Kläger hat aber der Beklagten nicht verheimlicht, dass er die Privatfahrten mit der Tankkarte gezahlt hat, insbesondere hat er die Beklagte nicht über die Durchführung von Privatfahrten getäuscht. Die Reisekostenabrechnungen hat er nämlich, wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, vollständig und ordnungsgemäß ausgefüllt. Aus diesen Reisekostenabrechnungen konnte die Beklagte auch entnehmen, dass der Kläger die Tankkosten für die von ihm durchgeführten Privatfahrten mit der Tankkarte bezahlt hat. Ein Spesenbetrug liegt hierin nicht. Es fehlt insoweit bereits an der erforderlichen Täuschungshandlung durch den Kläger. Aufgrund der ordnungsgemäß und zutreffend ausgefüllten Reisekostennachweise war für die Beklagte ersichtlich, dass der Kläger die entstandenen Tankkosten in keinem Fall privat gezahlt hatte. Dennoch hat die Beklagte zu keinem Zeitpunkt gegenüber dem Kläger die Erstattung der Kosten für Privatfahrten mit dem Firmenfahrzeug geltend gemacht oder etwa die entstandenen Kosten mit dem Gehalt des Klägers verrechnet.

Der Kläger war auch nicht verpflichtet, die Beklagte ausdrücklich bei Abgabe der Reisekostennachweise darauf hinzuweisen, dass er die Tankkosten auch für die Privatfahrten über die ihm zur Verfügung gestellte Aral-Kreditkarte bezahlt hatte. Eine Täuschung durch Unterlassen seitens des Klägers ist hierin nicht gegeben. Im Verschweigen von Tatsachen bzw. im Unterlassen einer Aufklärung kann eine Täuschungshandlung nur dann liegen, wenn eine Offenbarungspflicht besteht, etwa weil das Verschweigen gegen Treu und Glauben verstößt und der Vertragspartner unter den gegebenen Umständen die Mitteilung der verschwiegenen Tatsachen hätte erwarten dürfen (BAG, Urteil vom 15.05.1997 - AP BGB § 123 Nr. 45 m.w.N.). Grundsätzlich ist es nämlich Sache jeder Partei, ihre eigenen Interessen selbst wahrzunehmen. Es besteht daher keine allgemeine Pflicht, alle Umstände zu offenbaren, die für die Entschließung des anderen Teils von Bedeutung sein könnten (BGH, Urteil vom 28.04.1971 - NJW 1971, 1795, 1799; BAG, Urteil vom 22.04.2004 - AP BGB § 620 Aufhebungsvertrag Nr. 27; Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 123 Rdz. 5 m.w.N.). Bereits aus den vom Kläger ausgefüllten Reisekostennachweisen im Zusammenhang mit den von ihm jeweils vorgelegten Tankquittungen ergab sich, dass der Kläger die Tankkosten für das ihm zur Verfügung gestellte Firmenfahrzeug ausschließlich über die Aral-Kreditkarte gezahlt hatte. Insoweit wäre es Sache der Beklagten gewesen, ihre Interessen wahrzunehmen und die Aufwendungen für die vom Kläger durchgeführten Privatfahrten dem Kläger in Rechnung zu stellen. Dies hat die Beklagte unterlassen. Der Kläger hat auch zu keinem Zeitpunkt in Abrede gestellt, dass er die Aufwendungen für die von ihm durchgeführten Privatfahrten selbst zu tragen hatte.

Soweit die Beklagte mit der Berufung vorgetragen hat, die Nutzung der Tankkarte ausschließlich für betriebliche Zwecke und die Verpflichtung zum Nachtanken bei Privatfahrten auf Eigenkosten sei dem Kläger bei Übergabe des Fahrzeugs sowie der Tankkarte ausdrücklich erklärt und erläutert worden und sie dieses Vorbringen mit dem außerhalb der Berufungsbegründungsfrist vorgelegten Schriftsatz vom 29.08.2006 näher erläutert, ist dieses Vorbringen unsubstantiiert. Wann und von wem der Kläger darauf hingewiesen worden ist, dass er den Verbrauch der Privatfahrten durch Nachtanken auf eigene Kosten kompensieren solle, ergibt sich aus dem Berufungsvorbringen der Beklagten nicht. Die Beklagte hat auch nicht vorgetragen, in welcher Art und Weise eine Abrechnung der Privatfahrten hätte erfolgen sollen. Darüber hinaus fehlt es an jeglichem Beweisantritt.

dd) Schließlich hat das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Urteil auch zu Recht ausgeführt, dass der Kläger nicht verpflichtet war, während der Zeit seiner Arbeitsunfähigkeit die Privatnutzung des Firmenfahrzeugs zu unterlassen. Hiergegen hat die Beklagte mit der Berufung keine weiteren Einwendungen erhoben.

3. Aus den genannten Gründen ergibt sich, dass auch die fristlose Kündigung vom 22.03.2006 unwirksam ist. Auch insoweit liegt kein wichtiger Grund im Sinne des § 626 BGB vor. Die Beklagte kann sich insbesondere nicht darauf berufen, der Kläger habe einen Spesenbetrug begangen, indem er die Tankkosten für das ihm überlassene Firmenfahrzeug in vollem Umfang mit der ihm ausgehändigten Aral-Kreditkarte bezahlt habe. Auf die vorangegangenen Ausführungen kann verwiesen werden.

4. Schließlich erweist sich auch die hilfsweise ausgesprochene fristgemäße Kündigung vom 08.02.2006 als rechtsunwirksam, weil sie nach § 1 Abs. 1 KSchG sozial ungerechtfertigt ist.

Insoweit hat das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Urteil zu Recht ausgeführt, dass dem Kläger aufgrund des arbeitsvertraglich vereinbarten Ausschlusses der betriebsbedingten Kündigung bis zum 31.12.2007 Kündigungsschutz bereits mit Beginn des Arbeitsverhältnisses am 01.09.2006 zustand. Hiergegen hat die Beklagte mit der Berufung keine Einwendungen erhoben.

Ein verhaltensbedingter Kündigungsgrund im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG liegt nach den obigen Ausführungen jedoch nicht vor.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Beklagte hat die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels zu tragen.

Der Streitwert hat sich in der Berufungsinstanz nicht geändert, § 63 GKG.

Für die Zulassung der Revision zum Bundesarbeitsgericht bestand nach § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.

Ende der Entscheidung

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