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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 28.09.2007
Aktenzeichen: 10 Sa 632/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 164
BGB § 172
BGB § 177
BGB § 611
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 28.02.2007 - 2 Ca 832/06 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger als ehemaliger Arbeitnehmer der Beklagten Ansprüche aus einer mit der Beklagten abgeschlossenen Vereinbarung geltend.

Der Kläger war seit dem 22.03.2000 bei der Beklagten, einem Speditionsbetrieb mit einer Umzugsabteilung, bis zum 14.02.2001 beschäftigt. Geschäftsführer der Beklagen war seinerzeit unter anderem Herr P2 G1.

Das Einstellungsgespräch mit dem Kläger führte seinerzeit Herr C1 G1, der Bruder des damaligen Geschäftsführers P2 G1. Herr C1 G1 war Angestellter bei der Beklagten, hatte aber weder Prokura noch Handlungsvollmacht. Er leitete die bei der Beklagten existierende Umzugsabteilung, organisierte die von der Beklagten durchgeführten Umzüge und setzte die Mitarbeiter, unter ihnen der Kläger, entsprechend ein.

Der mit dem Kläger abgeschlossene Arbeitsvertrag wurde vom damaligen Geschäftsführer, Herrn P2 G1 unterzeichnet.

Bei Beginn des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten am 22.03.2000 meldete sich der Kläger, der zuvor arbeitslos war, nicht bei der Bundesagentur für Arbeit ab. Neben seinem Arbeitsentgelt, das er von der Beklagten bezog, kassierte er noch bis zum 14.02.2001 zunächst weiter Arbeitslosengeld, später Arbeitslosenhilfe in einer Gesamthöhe von 10.068,52 € (19.692,32 DM: 1.833,57 DM für den Zeitraum vom 22.03. bis 17.04.2000, 16.007,03 DM für den Zeitraum vom 17.05. bis 23.12.2000, sodann Arbeitslosenhilfe in Höhe von 312,72 DM für den Zeitraum vom 24.12. bis 31.12.2000 und weitere Arbeitslosenhilfe in Höhe von 1.539,00 DM für den Zeitraum vom 01.01.2001 bis 14.02.2001).

Mit Bescheid vom 05.12.2002 forderte die Bundesagentur für Arbeit den Kläger auf, den Betrag von insgesamt 10.068,52 € an die Bundesagentur für Arbeit unverzüglich zurückzuzahlen. Zu diesem Zeitpunkt war das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien beendet. Mit der Bundesagentur für Arbeit traf der Kläger noch im Dezember 2002 eine Rückzahlungsvereinbarung in Höhe von monatlich 100,00 €.

Aufgrund des Bescheides der Bundesagentur für Arbeit vom 05.12.2005 suchte der Kläger den damaligen Geschäftsführer der Beklagten, Herrn P2 G1 auf und forderte die Übernahme der Rückzahlungskosten. Der damalige Geschäftsführer der Beklagten lehnte dies ab und bot dem Kläger lediglich an, ihm gegebenenfalls einen Rechtsanwalt in dieser Angelegenheit zur Seite zu stellen, was anschließend in dem gegen den Kläger eingeleiteten Ermittlungsverfahren auch geschah.

Anschließend setzte sich der Kläger mit dem Bruder des damaligen Geschäftsführers, Herrn C1 G1 in Verbindung. Dieser setzte am 11.12.2002 auf Geschäftspapier der Beklagten folgende Vereinbarung (Bl. 10 d. A.). auf:

"Vereinbarung

Hiermit bestätigen wir die S6 G1 GmbH und Co. KG. Herrn I1 die Summe von 10068,52 Euro in monatlichen Raten von 100,00 Euro auf das Konto der P3 H5 Kontonummer 123456789 BLZ 12345678 zu überweisen. Die Vereinbarung gilt ab Rechtskraft der Vereinbarung mit dem Arbeitsamt H2.

Herr I1 S1 i.A. der Geschäftsleitung (C1 G1)"

Diese Vereinbarung vom 11.12.2002 wurde anschließend vom Kläger sowie unter Verwendung eines Firmenstempels der Beklagten von Herrn C1 G1 unterzeichnet.

Die Umstände, unter denen es zum Abschluss der Vereinbarung vom 11.12.2002 gekommen ist, sind zwischen den Parteien streitig.

Durch Urteil des Amtsgerichts Bad Oeynhausen vom 09.09.2003 - 61 Js 207/03 - wurde der Kläger rechtskräftig wegen Betruges wegen Entgegennahme von Leistungen der Bundesagentur für Arbeit im Zeitraum vom 22.03.2000 bis 14.02.2001 verurteilt.

Ab dem 01.02.2003 wurde zwischen den Parteien ein neues Arbeitsverhältnis begründet. Wie lange dieses Arbeitsverhältnis Bestand gehabt hat, war nicht aufzuklären. Im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses erhielt der Kläger nach den ihm erteilten Lohnabrechnungen (Bl. 38 d. A.) einen Zuschlag in Höhe von 130,00 € brutto.

Mit dem am 27.06.2006 erwirkten Mahnbescheid machte der Kläger gegenüber der Beklagten einen Restbetrag in Höhe von 7.400,00 € aus der Vereinbarung vom 11.12.2002 gegenüber der Beklagten geltend.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe einen restlichen Zahlungsanspruch gegenüber der Beklagten in der eingeklagten Höhe aus der Vereinbarung vom 11.12.2002. Diese Vereinbarung sei wirksam mit der Beklagten abgeschlossen worden. Die Doppelzahlungen an ihn, den Kläger, habe die Beklagte verschuldet. Ursprünglich habe er sich bei Arbeitsaufnahme bei der Beklagten beim Arbeitsamt abmelden wollen. Von den Herren G1 sei ihm aber zugesagt worden, so hat er behauptet, dass sie die Abmeldung beim Arbeitsamt vornehmen würden. Er, der Kläger, sei von den Herren G1 immer wieder mit dem Versprechen vertröstet worden, dass sie sich darum kümmern würden. Bei diesen Vertröstungen sei es allerdings geblieben.

Bei Abschluss der Vereinbarung vom 11.12.2002 habe er, der Kläger, auch keinen Druck auf Herrn C1 G1 ausgeübt.

Die Beklagte habe auf die getroffene Vereinbarung vom 11.12.2002 auch Zahlungen an ihn, den Kläger, erbracht, sodass nur noch 7.400,00 € offen seien. Nachdem er zum 01.02.2003 wieder bei der Beklagten eingestellt worden sei, habe er monatlich 130,00 € brutto erhalten. Dies habe den Nettobetrag von monatlich 100,00 € ausgemacht. Weitere Zahlungen seien in bar per Post erfolgt.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.400,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent über dem Basiszins seit dem 11.11.2002 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger könne die Beklagte aus der Vereinbarung vom 11.12.2002 nicht in Anspruch nehmen. Diese Vereinbarung binde die Beklagte nicht, sie sei vom Bruder des damaligen Geschäftsführers unterzeichnet worden, dieser habe hierzu überhaupt keine Vollmacht gehabt.

Die Vereinbarung sei auch sittenwidrig. Der Kläger habe nämlich, so hat die Beklagte behauptet, seinerzeit massiven Druck in Form von körperlicher Gewaltandrohung auf den Bruder des Geschäftsführers ausgeübt. Dieser habe die Vereinbarung vom 11.12.2002 lediglich deshalb erstellt und unterzeichnet, um dem Kläger ruhigzustellen und das im drohende notwendige Übel von sich abzuwenden.

Die Beklagte habe auf die Vereinbarung vom 11.12.2002 auch keine Leistungen erbracht. Bei der monatlichen Zahlung von 130,00 € brutto habe es sich um einen normalen Leistungszuschlag im Rahmen des ab 01.02.2003 wiederbegründeten Arbeitsverhältnisses gehandelt.

Durch Urteil vom 28.02.2007 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dem Kläger stehe gegenüber der Beklagten ein Zahlungsanspruch aus der Vereinbarung vom 11.12.2002 nicht zu, weil der Bruder des damaligen Geschäftsführers der Beklagten, Herr C1 G1, zum Abschluss einer derartigen Vereinbarung nicht bevollmächtigt gewesen sei. Diese Vereinbarung sei auch zu keiner Zeit von der Beklagten genehmigt worden. Es liege auch keine Duldungs- oder Anscheinsvollmacht vor. Zahlungen auf die Vereinbarung seien durch die Beklagte nicht erfolgt.

Gegen das dem Kläger am 06.03.2007 zugestellte Urteil, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat der Kläger am 04.04.2007 Berufung zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 08.06.2007 mit dem am 07.06.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Sachvortrages behauptet der Kläger erneut, dass seinerzeit bei Arbeitsaufnahme zum 22.03.2000 zwischen den Parteien vereinbart worden sei, dass die Beklagte gegenüber der Bundesagentur für Arbeit die Arbeitsaufnahme des Klägers anzeige. Das habe die Beklagte schuldhaft versäumt. Aus diesem Grunde habe der Kläger die Rückzahlung von 10.068,52 € an die Bundesagentur für Arbeit vornehmen müssen. Aufgrund der abgeschlossenen Vereinbarung vom 11.12.2002 sei die Beklagte zur Erstattung verpflichtet. Diese Vereinbarung sei nämlich wegen des Fehlverhaltens der Beklagten aufgesetzt worden.

Die Beklagte könne sich auch nicht auf eine fehlende Vollmacht des Herrn C1 G1 berufen. Sie müsse die Unterzeichnung unter die Vereinbarung vom 11.12.2002 wegen Rechtscheinhaftung aufgrund Duldungs- bzw. Anscheinsvollmacht gegen sich gelten lassen. Tatsächlich sei es so gewesen, dass für die Mitarbeiter und Angestellten der Beklagten Herr C1 G1 und Herr P2 G1 praktisch zusammen gearbeitet hätten und auch gleichrangig zu bewerten gewesen seien. Herr C1 G1 habe Einstellungsgespräche geführt, aus Sicht des Klägers habe er Entscheidungen treffen können, auch wenn der Arbeitsvertrag später von Herrn P2 G1 gegengezeichnet worden sei. Er, der Kläger, habe im Rahmen der Arbeitsverhältnisse praktisch immer nur mit Herrn C1 G1 zu tun gehabt. Dieser sei auch in der Lage gewesen, auf Geschäftspapieren der Beklagten Vereinbarungen zu erstellen, im Auftrag der Geschäftsleitung zu unterzeichnen und die Vereinbarung mit Firmenstempel zu versehen. Für ihn, den Kläger, habe es deshalb tatsächlich so ausgesehen, als wäre Herr C1 G1 bevollmächtigt Erklärungen für die Beklagte abzugeben. Auch wenn Herr P2 G1 zunächst eine Übernahme der Schulden gegenüber dem Arbeitsamt abgelehnt habe, so bedeutet dies keineswegs, dass der Kläger kein Vertrauen in die Erklärung und in die Vertretungsmacht des Herrn C1 G1 gehabt haben dürfe. Herr C1 G1 sei als Leiter der Umzugsabteilung sein eigentlicher Chef gewesen.

Er, der Kläger, habe auch keinen Druck auf Herrn C1 G1 ausgeübt. Wenn dies geschehen wäre, hätte die Beklagte die Vereinbarung anfechten können, was nicht geschehen sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 28.02.2007 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.400,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.12.2002 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und ist nach wie vor der Auffassung, dass sie aus der Vereinbarung vom 11.12.2002 gegenüber dem Kläger nicht zur Rückzahlung verpflichtet sei. Es sei nicht Aufgabe eines Arbeitgebers, gegenüber dem Arbeitsamt anzuzeigen, dass ein neu eingestellter Arbeitnehmer keinerlei Ansprüche mehr gegenüber dem Arbeitsamt habe. Dies sei die ureigenste Pflicht des Klägers gewesen. Eine entsprechende Vereinbarung mit dem Kläger sei zu keinem Zeitpunkt getroffen worden. Im Übrigen möge der Kläger erläutern, wieso er über ein Jahr lang nicht stutzig geworden sei, als er neben seinem Arbeitsentgelt von der Beklagten Leistungen von der Bundesagentur für Arbeit erhalten habe. Zu keinem Zeitpunkt habe er die angebliche Nichtanzeige durch die Beklagte bei der Arbeitsverwaltung moniert.

Der Kläger habe auch gewusst, dass Herr C1 G1 weder Geschäftsführer noch Prokurist bei der Beklagten gewesen sei. Herr C1 G1 habe zum Abschluss der Vereinbarung vom 11.12.2002 überhaupt keine Vollmacht gehabt. Zum Abschluss dieser Vereinbarung sei es lediglich gekommen, weil der Kläger Herrn C1 G1 massiv unter Druck gesetzt habe.

Der Kläger könne sich auch nicht auf die Grundsätze über die Duldungs- oder Anscheinsvollmacht berufen. Herr P2 G1 habe das Vorgehen des Herrn C1 G1 zu keinem Zeitpunkt geduldet. Herrn P2 G1 sei auch nicht bekannt gewesen, dass sein Bruder auf einem Firmenbogen unter Verwendung des Firmenstempels eine entsprechende Vereinbarung mit dem Kläger abgeschlossen habe. Für die Beklagte habe keinerlei Grund zur Übernahme etwaiger Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Arbeitsamt bestanden. Herr P2 G1 hätte in jedem Fall in Kenntnis einer derart beabsichtigten Vereinbarung diese Vereinbarung selbst unterzeichnet und nicht durch seinen Bruder unterzeichnen lassen. Derartige Vereinbarungen und Rechtsgeschäfte habe ausschließlich der damalige Geschäftsführer, Herr P2 G1, abschließen können. Auch die Entscheidung zum Abschluss von Verträgen, auch Arbeitsverträgen, habe letztlich immer bei Herrn P2 G1 gelegen, auch wenn Herr C1 G1 seinerzeit als Personalsachbearbeiter Personalgespräche geführt und den Arbeitseinsatz von Mitarbeitern geplant habe. Eine Anscheinsvollmacht ergebe sich hieraus nicht.

Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Der Kläger hat keinen Erstattungsanspruch gegenüber der Beklagten in der eingeklagten Höhe. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Ein derartiger Anspruch ergibt sich auch nicht aus der Vereinbarung vom 11.12.2002. Diese Vereinbarung ist nämlich nicht wirksam zwischen den Parteien zustande gekommen.

1. Wie bereits das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt hat, war die Beklagte beim Abschluss der Vereinbarung vom 11.12.2002 nicht wirksam vertreten.

Unstreitig hat die Vereinbarung vom 11.12.2002 für die Beklagte Herr C1 G1 unterzeichnet. Dieser hatte jedoch für den Abschluss der Vereinbarung vom 11.12.2002 unstreitig keine Vertretungsmacht, § 164 Abs. 1 BGB. Er war weder Geschäftsführer der Beklagten, noch hatte er Prokura oder Handlungsvollmacht. Ihm ist auch von der Beklagten für den konkreten Abschluss der Vereinbarung vom 11.12.2002 keine Vollmacht erteilt worden. Auch dies ist zwischen den Parteien unstreitig.

Die fehlende Vertretungsmacht ergibt sich schon aus der Unterzeichnung der Vereinbarung vom 11.12.2002 durch Herrn C1 G1 mit "i. A. der Geschäftsleitung". Regelmäßig gibt nämlich derjenige, der mit "i. A." unterzeichnet, gerade zu erkennen, dass er für den Inhalt der abgegebenen Erklärung keine Verantwortung übernehmen will (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.1987 - NJW 1988, 210). Insoweit hat Herr C1 G1 bei Unterzeichnung der Vereinbarung vom 11.12.2002 als bloßer Erklärungsbote gehandelt. Wäre er von der Beklagten zum Abschluss der Vereinbarung vom 11.12.2002 bevollmächtigt gewesen, hätte er mit i. V. unterzeichnet.

2. Eine Erstattungspflicht der Beklagten aus der Vereinbarung vom 11.12.2002 ergibt sich auch nicht nach den von der Rechtsprechung entwickelten Rechtscheingrundsätzen. Die Voraussetzungen einer Duldungs- oder Anscheinsvollmacht liegen entgegen der Rechtauffassung des Klägers nicht vor.

a) Eine Duldungsvollmacht ist nur dann gegeben, wenn der Vertretene es wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn als Vertreter auftritt und der Vertragspartner dieses Dulden dahin versteht und nach Treu und Glauben auch verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist (BGH, Urteil vom 14.05.2002 - NJW 2002, 2325; BGH, Urteil vom 10.03.2004 - NJW-RR 2004, 1275; Palandt/Heinrichs, BGB 66. Aufl., § 172 Rz. 8; MüKo/Schramm, BGB, 5. Aufl., § 167 Rz. 47 f. m.w.N.).

Bei der Anscheinsvollmacht kann sich der Vertretene auf den Mangel der Vertretungsmacht seines Vertreters nicht berufen, wenn er schuldhaft den Rechtschein einer Vollmacht veranlasst hat, sodass der Geschäftsgegner nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte von einer Bevollmächtigung ausgehen darf und von ihr ausgegangen ist. Das kommt in Betracht, wenn er nach Lage der Dinge ohne Fahrlässigkeit annehmen darf, der Vertretene kenne und dulde das Verhalten des für ihn auftretenden Vertreters (BGH, Urteil vom 05.03.1998 - NJW 1998, 1854; BAG, Urteil vom 20.08.1994 - AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 73; Palandt/Heinrichs, aaO, § 172 Rz. 11; MüKo/Schramm, aaO., § 167 Rz. 57 ff. m.w.N.).

Sowohl für die Anscheins- als auch für die Duldungsvollmacht ist Voraussetzung, dass der Vertretene durch sein Verhalten Vertrauen des Vertragsgegners begründet hat (BGH, Urteil vom 24.01.1991 - NJW 1991, 1225; BAG, Urteil vom 16.01.2003 - AP KSchG 1996 § 1 Gemeinschaftsbetrieb Nr. 1 - unter B. I. 3. b) aa) der Gründe).

b) Eine Duldungsvollmacht kommt nach dem Vorbringen des Klägers schon deshalb nicht in Betracht, weil aus dem Vorbringen des Klägers nicht hervorgeht, dass die damalige Geschäftsleitung der Beklagten es wissentlich hat geschehen lassen, dass Herr C1 G1 für ihn wie ein Vertreter ausgetreten ist. Dass Herr C1 G1 nicht Geschäftsführer der Beklagten gewesen ist, ist unstreitig auch dem Kläger bekannt gewesen. Die Arbeitsverträge mit dem Kläger hat allein Herr P2 G1 unterzeichnet.

Der Kläger durfte aufgrund der mit der Beklagten vor Unterzeichnung der Vereinbarung vom 11.12.2002 durch Herrn C1 G1 geführten Gespräche auch nicht annehmen, die Beklagte dulde oder billige das Handeln des Herrn C1 G1. Dem Kläger war nämlich aufgrund der zuvor mit Herrn P2 G1, dem damaligen Geschäftsführer der Beklagten, geführten Gespräche bekannt, dass die Beklagte eine Übernahme der Rückzahlungskosten gegenüber der Bundesagentur für Arbeit abgelehnt hatte. Aus diesem Grund durfte der Kläger auch nicht annehmen, die Beklagte dulde oder billige das Handeln des Herrn C1 G1.

A2 der Umstand, dass die Vereinbarung vom 11.12.2002 auf Geschäftspapier der Beklagten unter Verwendung eines Firmenstempels der Beklagten niedergelegt worden ist, konnte ein schützenswertes Vertrauen des Klägers nicht begründen. Das Verhalten, das den Rechtschein einer Bevollmächtigung erzeugt, muss nämlich von einer gewissen Dauer oder Häufigkeit sein. Die Grundsätze der Anscheinsvollmacht können nur dann angewendet werden, wenn das Verhalten des einen Teils, aus dem der Geschäftsführer auf die Bevollmächtigung eines Dritten schließen zu können glaubte, von einer gewissen Häufigkeit und Dauer ist (BGH, Urteil vom 05.03.1998 - NJW 1998, 1854; Palandt/Heinrichs, aaO, § 172 Rz. 12; MüKo/Schramm, aaO, § 167 Rz. 58 m.w.N.). Dass Herr C1 G1 häufiger unter Verwendung von Geschäftsbögen und Firmenstempel der Beklagten Verträge zulasten der Beklagten abgeschlossen hat, trägt der Kläger selbst nicht vor. Irgendwelche Erklärungen oder über die Vereinbarung vom 11.12.2002 hinaus gehende Handlungen seitens der damaligen Geschäftsleitung der Beklagten, aus denen sich folgern ließe, man kenne oder dulde sogar ein die Beklagte vertraglich verpflichtendes Auftreten des Herrn C1 G1, hat der Kläger nicht behauptet. Unstreitig ist dagegen, dass der Arbeitsvertrag mit dem Kläger gerade nicht von Herrn C1 G1 unterzeichnet worden ist. Bei dieser Sachlage bedurfte es besonderer, konkreter Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger hätte annehmen oder gar darauf vertrauen dürfen, die Beklagte habe Herrn C1 G1 dazu bevollmächtigen wollen, so weitreichende Verpflichtungen wie eine Erstattungspflicht, die die Beklagte zuvor gerade abgelehnt hatte, mit Wirkung für die Beklagte einzugehen. Der Kläger trägt auch nicht vor, dass Herr C1 G1 - über die Vereinbarung vom 11.12.2002 hinaus - häufiger vertragliche Verpflichtungen für die Beklagte eingegangen ist und die Beklagte dies gebilligt hätte.

Auch das Vorbringen des Klägers für ihn, den Kläger, seien die beiden Brüder C1 und P2 G1, die beiden Chefs gewesen, begründet keine Rechtscheinhaftung aufgrund einer Duldungs- oder Anscheinsvollmacht. Verwandtschaftliche oder gar eheliche Beziehungen zwischen dem Vertreter und dem Vertretenen genügen allein nicht als Grundlage für eine Anscheinsvollmacht (MüKo/Schramm, aaO, § 167 Rz. 57).

Die von Herrn C1 G1 eingegangene Verpflichtung aus der Vereinbarung vom 11.12.2002 bindet die Beklagte nach alledem nicht.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Der Kläger hat die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels zu tragen.

Der Streitwert hat sich in der Berufungsinstanz nicht geändert, § 63 GKG.

Für die Zulassung der Revision zum Bundesarbeitsgericht bestand nach § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.

Ende der Entscheidung

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