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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 06.10.2006
Aktenzeichen: 10 Sa 821/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 315 Abs. 3
BGB § 611
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 12.04.2006 - 1 Ca 3945/05 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Versetzung.

Der am 09.09.1957 geborene Kläger ist verheiratet und hat drei Kinder. Er hat einen Behinderungsgrad von 40 und wurde mit Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 18.11.2002 einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt.

Seit dem 01.08.1973 ist er bei der Beklagten, einem mittelständischen Drahtunternehmen, nach Abschluss der Berufsausbildung zum Industriekaufmann als Angestellter zu einem monatlichen Bruttoverdienst von zuletzt 2.900,-- € tätig.

Der Kläger ist stellvertretender Vorsitzender des im Betrieb der Beklagten gewählten Betriebsrates. Seit seiner Einstellung war der Kläger zunächst im Verkauf eingesetzt. Sein Büro hatte der Kläger im Werk I der Beklagten, in dem sich früher eine Federnproduktion befunden hat und in der auch die Verwaltung der Beklagten untergebracht war.

Die Federnproduktion, für die der Kläger seinerzeit im Verkauf tätig war, wurde mit Wirkung zum 30.09.2002 geschlossen. Ab September 2002 wurde der Kläger, der bereits seit 1986 auch für den Einkauf des Handelsmaterials zuständig war, nicht mehr im Verkauf, sondern im Einkauf eingesetzt. Zusätzlich wurde ihm die Postbearbeitung und die Telefonzentrale übertragen. Daneben hatte er die Aufgabe, Botengänge durchzuführen.

Diese Aufgaben führte der Kläger bis zum 13.03.2004 aus. Nach dem 13.03.2004 war er zunächst arbeitsunfähig.

Am 27.04.2004 forderte die Beklagte den Kläger fernmündlich auf, zukünftig - nach Beendigung seiner Arbeitsunfähigkeit - seine Arbeit nicht mehr in dem Büro des Werkes I, sondern im Werk II zu leisten. Zwischen den Werken I und II liegt eine Entfernung von etwa 200 bis 300 Metern. Daneben wurde der Aufgabenbereich des Klägers dahingehend geändert, dass neben der Bearbeitung der Messmittel und Waagen auch die Verteilung dieser Messmittel, die Bearbeitung der Produktionszahlen und die Einteilung der Produktionsaufträge für den Betrieb zu seinem Aufgabenbereich gehörte. Die Versetzung in das Büro des Werkes II sollte eine größere Nähe des Klägers zur Produktion im Werk II gewährleisten. Demgegenüber entfielen insbesondere Tätigkeiten wie die Durchführung von Botengängen etc..

Gegen die Versetzung vom 27.04.2004 wehrte sich der Kläger mit der am 10.05.2005 zum Arbeitsgericht erhobenen Klage - 1 Ca 1419/05 ArbG Iserlohn -. Der Rechtsstreit endete durch folgenden Vergleich vom 10.06.2005:

1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die mit Wirkung ab Ende April 2004 vorgenommene Versetzung in Ermangelung der vorherigen Zustimmung des Betriebsrates rechtsunwirksam war.

2. Die Beklagte hält sich vor, erneut das förmliche Zustimmungsverfahren zur Versetzung des Klägers von Werk I in Werk II unter Veränderung des Aufgabenbereichs des Klägers herbeizuführen.

3. Zwischen den Parteien besteht Einigkeit darüber, dass bis zum 31.08.2005 der Arbeitsplatz des Klägers sich im Werk II befindet und dass der Kläger verpflichtet ist, den veränderten Aufgabenbereich wahrzunehmen.

4. Damit ist der vorstehende Rechtsstreit erledigt.

Die Beklagte leitete daraufhin am 30.06.2005 beim Arbeitsgericht ein Beschlussverfahren zwecks Herbeiführung der nicht erteilten Zustimmung des Betriebsrates zur Versetzung des Klägers ein - 4 BV 20/05 -. Durch Vergleich vom 24.11.2005 (Bl. 44 f. d.A. - 4 BV 20/05 - ArbG Iserlohn) erteilte der Betriebsrat die Zustimmung zu der Versetzung des Klägers.

Mit der am 20.12.2005 beim Arbeitsgericht erhobenen Klage verfolgt der Kläger weiterhin sein Ziel, seine ursprüngliche Tätigkeit im Werk I zu verrichten und begehrt die Feststellung, dass seine Versetzung vom Büro des Werkes I zum Betrieb des Werkes II unwirksam ist.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Versetzungsmaßnahme sei individualrechtlich unwirksam, auch wenn ein schriftlicher Arbeitsvertrag nicht bestehe. Seit seiner Versetzung in das Werk II fehlten ihm jegliche Kundenkontakte, die er bislang gehabt habe. Darüber hinaus werde seine Erfahrung nicht gewürdigt und seine Karrierechancen seien gestoppt. Im Werk II bestünden für ihn keine Aufstiegsmöglichkeiten. Er habe immer deutlich gemacht, dass er seinen Arbeitsplatz im Werk I erhalten wolle.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass die Versetzung vom Büro des Werkes I zum Betrieb des Werkes II rechtsunwirksam ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Versetzungsmaßnahme sei von ihrem Direktionsrecht gedeckt. Sie halte sich auch in den Grenzen billigen Ermessens nach § 315 BGB. Es sei auch keine Konkretisierung auf die bis zum Juni 2004 ausgeübte Tätigkeit eingetreten. Einer Änderungskündigung habe es nicht bedurft.

Durch Urteil vom 12.04.2006 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Versetzungsmaßnahme halte sich im Direktionsrecht des Arbeitgebers. Insbesondere Ort und Art der Arbeitsleistung unterlägen dem Weisungsrecht des Arbeitgebers. Der Einsatz des Klägers im Werk II bringe keine Erschwerung der Tätigkeit für den Kläger mit sich. Der Kläger werde auch nicht mit einer unterwertigen Tätigkeit beschäftigt.

Gegen das dem Kläger am 27.04.2006 zugestellte Urteil, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat der Kläger am 15.05.2006 Berufung zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese mit dem am 27.06.2006 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Kläger ist nach wie vor der Auffassung, dass allein die Änderung des Ortes der Tätigkeit für ihn unzumutbar sei. Er sei früher im Verkauf beschäftigt gewesen, seit September 2002 im Einkauf. Hieraus ergebe sich, dass sich seine Tätigkeit auf kaufmännische Tätigkeiten konkretisiert habe. Die Tätigkeit, die er nunmehr erledigen solle, stelle keine kaufmännische Tätigkeit mehr dar. Dies ergebe sich bereits aus dem Ort der Tätigkeit, dem Werk II, in dem die Drahtproduktion untergebracht sei. Der Raum, in dem er nunmehr seinen Arbeitsplatz habe, sei als Prüflabor errichtet worden. In diesem Raum befänden sich verschiedene Drahtzerreißmaschinen, die erheblichen Lärm verursachten. Außerdem befinde sich in seinem Büro eine Maschine, auf der Etiketten für den zu fertigenden Draht gedruckt würden, die ebenfalls erheblichen Lärm verursache.

Auch die Art seiner Tätigkeit sei keine kaufmännische Tätigkeit mehr, sondern stelle die eines gewerblichen Arbeitnehmers dar. Diese Tätigkeiten seien bislang immer von gewerblichen Mitarbeitern erledigt worden, nie von kaufmännischen Mitarbeitern. Insoweit sei die Ausübung dieser Tätigkeit für den Kläger unzumutbar. Dies ergebe sich auch bereits aus dem Verhalten der Arbeitskollegen, die gegenüber dem Kläger dessen Versetzung wie folgt kommentierten: "Du bist aber weit gesunken, vom Verkauf in den Betrieb zum Handlanger der Qualitätssicherung".

Schließlich sei die Versetzung auch deswegen unwirksam, weil der Betriebsrat nicht nach § 103 Abs. 3 BetrVG zugestimmt habe. Insoweit sei nämlich ein Betriebsübergang für den 01.01.2007 geplant.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 12.04.2006 - 1 Ca 3945/05 - abzuändern und festzustellen, dass die Versetzung des Klägers vom Büro des Werkes I zum Betrieb des Werkes II rechtsunwirksam ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Versetzungsmaßnahme nach wie vor für wirksam und ist der Auffassung, dass eine vertragliche Festlegung des Tätigkeitsbereichs des Klägers auch nicht konkludent aus den Umständen des Beschäftigungsverhältnisses zu entnehmen sei. Bereits seit September 2002 sei der Kläger mit Schließung des Werkes I mit seinem Einverständnis im Einkauf beschäftigt worden. Hätte der Kläger hierzu sein Einverständnis nicht erklärt, hätte er bereits mit Schließung der Federnproduktion seinen Arbeitsplatz verloren. Zu seinen Tätigkeiten hätte seither auch die Postbearbeitung sowie die Bedienung der Telefonzentrale gehört. Dazu seien Botengänge hinzugekommen. Auch die Bearbeitung der Messmittel habe seither zu seinem Aufgabenbereich gehört. Die ab April 2004 erfolgte Versetzung in das Büro des Werkes II habe eine größere Nähe zur Produktion gewährleisten sollen. In dem für den Kläger neu eingerichteten Büro arbeite er dem Einkauf zu. Darüber hinaus obliege ihm weiterhin die Bearbeitung der Messmittel und Waagen, neu hinzugekommen sei lediglich die Bearbeitung der Produktionszahlen und die Einteilung der Produktionsaufträge für den Betrieb. Bei diesen Tätigkeiten handele es sich nicht um eine reine gewerbliche Tätigkeit. Seine Tätigkeit habe sich nicht grundlegend geändert, die Beklagte sei berechtigt gewesen, dem Kläger einen anders gelagerten Aufgabenbereit zuzuweisen. Auch der Wechsel des Arbeitsortes des Klägers halte sich im Direktionsrecht und sei sachlich begründet.

Die Tätigkeit im Büro des Werkes II sei für den Kläger auch nicht unzumutbar. Für ihn sei ein normaler Büroarbeitsplatz eingerichtet. Auch die durch die Drahtzerreißmaschinen entstehenden Geräuschimmissionen würden das Maß des Zumutbaren nicht übersteigen. Die größere der beiden Maschinen sei lediglich alle zwei Monate in Betrieb. Darüber hinaus werde dafür Sorge getragen, dass die Inbetriebnahme ausschließlich während der Mittagspause des Klägers geschehe.

Die Berufungskammer hat die Akten des Rechtsstreits 1 Ca 1419/05 ArbG Iserlohn und des Beschlussverfahrens 4 BV 20/05 ArbG Iserlohn informationshalber beigezogen. Auf den Inhalt dieser Akten wird ebenso Bezug genommen wie auf den weiteren Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

I.

Der vom Kläger gestellte Feststellungsantrag ist zulässig.

Insbesondere besteht für ihn ein Rechtsschutzbedürfnis im Sinne des § 256 ZPO. Die Überschreitung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber kann ein Arbeitnehmer im Wege der Feststellungsklage beim Arbeitsgericht geltend machen. Verfügt der Arbeitgeber unter Berufung auf sein Weisungsrecht eine Änderung der Arbeitsbedingungen, insbesondere eine Versetzung, kann sich der Arbeitnehmer hiergegen mit einer Feststellungsklage wenden (BAG, Urteil vom 20.01.1960 - AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 8; BAG, Urteil vom 27.03.1980 - AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 26; BAG, Urteil vom 30.08.1995 - AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 44; BAG, Urteil vom 26.09.2002 - AP ZPO 1977 § 256 Nr. 73 m.w.N.).

II.

Der Feststellungsantrag ist jedoch unbegründet. Die Versetzungsmaßnahme der Beklagten vom 27.04.2004, mit der der Kläger vom Büro des Werkes I zum Betrieb des Werkes II versetzt wurde, ist entgegen der Rechtsauffassung des Klägers nicht rechtsunwirksam.

1. Die Unwirksamkeit der Versetzungsmaßnahme vom 27.04.2004 ergibt sich nicht aus kollektivrechtlichen Bestimmungen.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Betriebsrat durch den im Beschlussverfahren 4 BV 20/05 ArbG Iserlohn am 24.11.2005 abgeschlossenen Vergleich die Zustimmung nach § 99 Abs. 1 BetrVG erteilt hat.

Die Versetzungsmaßnahme vom 27.04.2004 ist auch nicht nach § 103 Abs. 3 BetrVG unwirksam. Die Versetzung des Klägers vom Werk I zum Werk II führte nämlich nicht zum Verlust des Betriebsratsamtes.

Soweit der Kläger die fehlende Zustimmung nach § 103 Abs. 3 BetrVG im Hinblick auf einen geplanten Betriebsübergang rügt, ist die Versetzungsmaßnahme vom 27.04.2004 hiervon nicht betroffen.

2. Die von der Beklagten durchgeführte Versetzungsmaßnahme ist auch individualrechtlich nicht zu beanstanden. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klage als unbegründet abgewiesen. Die Änderung des Arbeitsbereichs des Klägers ist vom Direktionsrecht der Beklagten gedeckt und widerspricht nicht billigem Ermessen nach § 315 BGB.

Das auf dem Arbeitsvertrag beruhende Direktionsrecht gehört zum wesentlichen Inhalt eines jeden Arbeitsverhältnisses. Bei dessen Ausübung steht dem Arbeitgeber regelmäßig ein weiter Raum zur einseitigen Gestaltung der Arbeitsbedingungen zu. Insbesondere hat der Arbeitgeber das Recht, die arbeitsvertraglich nur rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht des Arbeitnehmers im Einzelnen festzulegen und dabei Zeit, Art und Ort der Arbeitsleistung zu bestimmen. Dabei können Umfang und Grenzen des Direktionsrechts eingeschränkt werden durch Gesetz, Kollektivrecht oder den Einzelarbeitsvertrag, soweit er Näheres über die Dienstleistungspflicht des Arbeitnehmers festlegt. Der Arbeitgeber darf auch einen Wechsel in der Art der Beschäftigung des Arbeitnehmers herbeiführen oder den Arbeitsbereich des Arbeitnehmers verändern, soweit dies arbeitsvertraglich zulässig ist. Im Übrigen darf das Direktionsrecht nur nach billigem Ermessen gemäß § 315 BGB ausgeübt werden, dabei hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen, § 106 GewO. Die Ausübung billigen Ermessens nach § 315 BGB setzt dabei voraus, dass die wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt werden (BAG, Urteil vom 27.03.1980 - AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 26; BAG, Urteil vom 23.06.1993 - AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 42; BAG, Urteil vom 29.10.1997 - AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 51; ErfK/Preis, 6. Aufl., § 611 BGB Rz. 274 ff., 278 m.w.N.).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist das Arbeitsgericht zu Recht und mit zutreffender Begründung zu dem Ergebnis gelangt, dass die Versetzungsmaßnahme vom 27.04.2004 nicht unwirksam ist. Sie stellt keinen unzulässigen Eingriff in die durch Arbeitsvertrag festgelegten Dienstleistungspflichten des Klägers dar, noch widerspricht sie billigem Ermessen nach § 315 BGB.

a) Das der Beklagten zustehende Direktionsrecht war nicht arbeitsvertraglich beschränkt oder eingeschränkt. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag ist zwischen den Parteien nicht abgeschlossen worden. Der Kläger konnte danach als Industriekaufmann mit allen Tätigkeiten befasst werden, die zu dem Berufsbild eines Industriekaufmannes gehören. Auch wenn der Kläger bis September 2002 im Verkauf eingesetzt gewesen ist und seither im Einkauf beschäftigt wurde, hat sich die vertragliche Regelung nicht dahingehend konkretisiert, dass die Beklagte nunmehr verpflichtet wäre, dem Kläger auf Dauer Tätigkeiten im Verkauf oder im Einkauf zuzuweisen. Eine Konkretisierung des Arbeitsvertrages, also eine Änderung der ursprünglich vereinbarten Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag hin zu einem einseitig nicht mehr veränderbaren Vertragsinhalt, tritt nicht allein dadurch ein, dass der Arbeitnehmer längere Zeit in derselben Weise eingesetzt wird. Zum reinen Zeitablauf müssen vielmehr besondere Umstände hinzutreten, die erkennen lassen, dass der Arbeitnehmer nur noch verpflichtet sein soll, seine Arbeit ohne Änderung so wie bisher zu erbringen (BAG, Urteil vom 23.06.1992 - AP BGB § 611 Arbeitszeit Nr. 1; BAG, Urteil vom 11.10. 1995 - AP BGB § 611 Arbeitszeit Nr. 9; BAG, Urteil vom 21.01.1997 - AP BetrVG 1972 § 77 Nr. 64; BAG, Urteil vom 11.02.1998 - AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 54; BAG, Urteil vom 07.12.2000 - AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 61; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.05.2001 - NZA-RR 2002, 120; ErfK/Preis, a.a.O., § 611 BGB Rz. 270 m.w.N.). Allein aus dem Umstand, dass der Kläger früher mehrere Jahre im Verkauf und seit September 2002 im Einkauf beschäftigt gewesen ist, kann der Kläger nach Treu und Glauben nicht auf den Willen der Beklagten schließen, diese Regelung auch künftig unverändert beizubehalten. Besondere Umstände, die darauf schließen lassen, dass die Beklagte sich vertraglich verpflichtet hätte, den Kläger lediglich im Verkauf oder Einkauf zu beschäftigen, hat der Kläger nicht vorgetragen. Auch eine betriebliche Übung ist insoweit nicht entstanden.

b) Ebenso wie das Arbeitsgericht geht auch die Berufungskammer davon aus, dass die Ausübung des Direktionsrechtes durch die Beklagte billigem Ermessen nach § 315 Abs. 3 BGB entsprochen hat. Dass die Beklagte bei der Versetzung des Klägers vom Werk I zum Werk II nicht nach billigem Ermessen vorgegangen ist, konnte auch die Berufungskammer nicht annehmen.

Dies gilt zunächst für den Ort der vom Kläger zu erbringenden Arbeitsleistung. Die Beklagte war nach billigem Ermessen berechtigt, dem Kläger einen Arbeitsplatz im Werk II zuzuweisen. Da ein Arbeitnehmer im Allgemeinen für den Betrieb angestellt wird, kann er ihm Rahmen der von ihm geschuldeten Arbeitsleistung innerhalb des Betriebes umgesetzt werden. Dies gilt auch dann, wenn er die Abteilungen wechselt. Eine Ausnahme kann dann bestehen, wenn mit der Verlegung erhebliche Erschwernisse für den Arbeitnehmer verbunden sind.

Derartige Erschwernisse waren aber bei der Verlegung des Büros des Klägers vom Werk I in das Werk II nicht ersichtlich. Sein Büro hatte der Kläger früher im Werk I, weil er für die dort befindliche Federnproduktion im Verkauf eingesetzt worden ist. Die Federnproduktion ist jedoch bereits zum 30.09.2002 aufgegeben worden. Aufgrund der Schließung der Federnproduktion im Werk I zum 30.09.2002 wurde für den Kläger, der ansonsten vom Arbeitsplatzverlust bedroht gewesen wäre, ein neu zugeschnittener Arbeitsplatz eingerichtet. Der Kläger war seither im Einkauf tätig. Darüber hinaus oblag ihm u.a. die Bearbeitung der Messmittel und Waagen. Wenn die Beklagte nunmehr dem Kläger darüber hinaus die Bearbeitung der Produktionszahlen und Einteilung der Produktionsaufträge für den Betrieb übertragen hat und - um eine größere Nähe zur Produktion im Werk II herzustellen - das Büro des Klägers vom Werk I zum Werk II verlegte, kann dies nicht beanstandet werden. Gerade der Zusammenhang zwischen dem Aufgabenbereich des Klägers und der Produktion, die im Werk II stattfindet, lässt es als angemessen erscheinen, auch das Büro des Klägers im Werk II anzusiedeln.

Auch für die Änderung der Art der Tätigkeit durch den Kläger sprachen sachliche Gründe. Die Übertragung der Bearbeitung der Produktionszahlen und die Einteilung der Produktionsaufträge für den Betrieb konnten dem Kläger als Industriekaufmann zugewiesen werden. Dafür entfielen insbesondere leichtere Tätigkeiten wie Botengänge etc.. Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers sind ihm auch keine unterwertigen Tätigkeiten zugewiesen worden. Das qualitative Niveau der vorherigen Tätigkeit war keinesfalls höher als dasjenige nach der streitigen Versetzungsmaßnahme. Der Kläger kann auch nicht darauf verweisen, dass ihm mit der Versetzung Tätigkeiten eines gewerblichen Arbeitnehmers zugewiesen worden seien. Bereits das Arbeitsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass dem Kläger bereits ab 01.10.2002 ein neues Aufgabengebiet zugewiesen worden ist, das sich qualitativ seit April 2004 mit der Versetzung in das Werk II nicht qualitativ weiter verringert hat.

Der Kläger kann auch nicht geltend machen, seine Interessen seien bei der Ausübung des Direktionsrechts durch die Beklagte nicht angemessen berücksichtigt worden. Überwiegende Interessen des Klägers sind nicht ersichtlich. Dass der Kläger aufgrund seiner Behinderung seiner Tätigkeit in dem ihm zugewiesenen Büro im Werk II nicht nachgehen könnte, trägt der Kläger selbst nicht vor. Soweit der Kläger auf den durch die in seinem Büro befindlichen Drahtzerreißmaschinen entstehenden Lärm verweist, hat die Beklagte unwidersprochen vorgetragen, dass die hierdurch entstehenden Immissionen das Maß des Zumutbaren nicht überschreiten. Die größere der beiden Drahtzerreißmaschinen ist lediglich alle zwei Monate in Betrieb; dabei wird dafür Sorge getragen, dass dies ausschließlich während der Mittagspause des Klägers geschieht. Nach dem weiter unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Beklagten ist die kleinere der beiden Maschinen zwei bis dreimal pro Woche jeweils 30 bis 60 Minuten in Betrieb und verursacht lediglich geringe Geräuschimmissionen. Inwieweit die Interessen des Klägers bei der Ausübung des Direktionsrechts unzumutbar vernachlässigt worden wären, trägt der Kläger darüber hinaus nicht vor. Auch für die Berufungskammer ist nicht ersichtlich, inwieweit mit der Versetzungsmaßnahme eine Benachteiligung des Klägers und damit ein Verstoß gegen § 315 Abs. 1 BGB vorliegen soll.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Der Kläger hat die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels zu tragen.

Der Streitwert hat sich in der Berufungsinstanz nicht geändert, § 63 GKG.

Für die Zulassung der Revision zum Bundesarbeitsgericht bestand nach § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.

Ende der Entscheidung

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