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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 25.09.2006
Aktenzeichen: 10 Ta 494/06
Rechtsgebiete: RVG, BetrVG, GKG


Vorschriften:

RVG § 23 Abs. 3
RVG § 33 Abs. 3
BetrVG § 99 Abs. 1
BetrVG § 100 Abs. 2
GKG § 42 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 11.07.2006 - 4 BV 31/06 - abgeändert.

Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfahren im Allgemeinen auf 218,50 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Im Ausgangsverfahren hat die Arbeitgeberin die gerichtliche Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur Einstellung einer Leiharbeitnehmerin für den 13.06.2006 in der Zeit von 13.00 Uhr bis 20.40 Uhr geltend gemacht. Sie hat ferner die Feststellung verlangt, dass die vorläufige Einstellung dieser Leiharbeitnehmerin für den 13.06.2006 aus sachlichen Gründen dringend erforderlich gewesen ist.

Nach übereinstimmender Erledigungserklärung hat das Arbeitsgericht unter Zugrundelegung eines Stundenlohnes von 19.00 € und der Dauer der Beschäftigung der Leiharbeitnehmerin durch Beschluss vom 11.07.2006 den Gegenstandswert für das Verfahren auf 145,66 € festgesetzt.

Gegen diesen Beschluss des Arbeitsgerichts vom 11.07.2006 richtet sich die am 19.07.2006 beim Arbeitsgericht eingelegte Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.

Die Verfahrensbevollmächtigten der Arbeitgeberin sind der Auffassung, dass im vorliegenden Verfahren der Regelwert von 4.000,00 € in Ansatz zu bringen sei, weil es um die Beschäftigung einer Leiharbeitnehmerin gegangen sei.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verfahrensakten ergänzend Bezug genommen.

II.

Die nach § 33 Abs. 3 RVG zulässige Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats ist unbegründet. Eine Festsetzung des Gegenstandswertes auf 4.000,00 € kam nicht in Betracht.

Die Wertfestsetzung richtet sich vorliegend nach § 23 Abs. 3 RVG. Hiernach ist der Gegen-standswert in Fällen der vorliegenden Art nach billigem Ermessen zu bestimmen. Die Wertfestsetzung nach billigem Ermessen kommt auch im Anwendungsbereich des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG erst hinter allen sonstigen Bewertungsfaktoren zum Zuge. Wo ein objektiver Wert festgestellt werden kann, kommt es in erster Linie auf die Feststellung dieses Wertes an. Für das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren folgt hieraus, dass die wirtschaftliche Bedeutung des jeweiligen Streitgegenstandes vielfach im Vordergrund stehen muss (LAG Hamm, Beschluss vom 24.11.1994 - LAGE BRAGO § 8 Nr. 27; LAG Hamm, Beschluss vom 12.06.2001 - LAGE BRAGO § 8 Nr. 50; Wenzel, GK-ArbGG, § 12 Rz. 194, 441 ff. m.w.N.).

Die wirtschaftliche Bedeutung der Angelegenheit rechtfertigt es, in Beschlussverfahren nach § 99 BetrVG, in denen es um die Einstellung, Umgruppierung oder Versetzung von Arbeitnehmern geht, sich an dem Streitwertrahmen des § 42 Abs. 4 GKG zu orientieren. Folgerichtig wird bei der Wertfestsetzung in betriebsverfassungsrechtlichen Streitigkeiten nach den §§ 99 ff. BetrVG vielfach auf die Bewertung einer entsprechenden Klage im Urteilsverfahren, also auf § 42 Abs. 4 GKG (früher: § 12 Abs. 7 ArbGG) zurückgegriffen (LAG Hamm, Beschluss vom 18.04.1985 - LAGE ZPO § 3 Nr. 3; LAG Hamm, Beschluss vom 19.03.1987 - LAGE ArbGG 1979 § 12 Streitwert Nr. 70; LAG Hamm, Beschluss vom 23.02.1989 - LAGE BRAGO § 8 Nr. 12; Wenzel, a.a.O., § 12 Rz. 482 m.w.N.). Von dieser Rechtsprechung (der auch die derzeit zuständigen Beschwerdekammern des erkennenden Gerichts gefolgt sind (LAG Hamm, Beschluss vom 04.03.2003 - 10 TaBV 53/03 -; LAG Hamm, Beschluss vom 17.11.2004 - 10 TaBV 106/04 -; LAG Hamm, Beschluss vom 28.04.2005 - 10 TaBV 11/05 - NZA-RR 2005, 435) und an der sich durch die Übernahme des § 12 Abs. 7 ArbGG (alt) in § 42 Abs. 4 GKG (neu) zum 01.07.2004 nichts geändert hat, ist auch das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Beschluss dem Grunde nach ausgegangen. Das wirtschaftliche Interesse an der Einstellung eines Arbeitnehmers drückt sich regelmäßig in dem zu zahlenden Arbeitsverdienst aus. Aus dieser Sicht muss der Streitwert eines Zustimmungsersetzungsverfahrens im Rahmen des § 23 Abs. 3 RVG unter analoger Heranziehung der Streitwertbegrenzungsnorm des arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahrens in § 42 Abs. 4 GKG n.F. gebildet werden. Eine Heranziehung des Hilfswertes des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG kommt in diesen Fällen nicht in Betracht.

Das Arbeitsgericht hat darüber hinaus zutreffend auch nicht den Höchstwert des § 42 Abs. 4 GKG, ein volles Vierteljahreseinkommen, in vollem Umfang angesetzt, sondern sich an dem für die kurzfristige Aushilfsbeschäftigung erzielten Verdienst der einzustellenden Mitarbeiterin orientiert.

Der Höchstwert des § 42 Abs. 4 GKG kann nämlich nur bei einer unbefristeten Einstellung oder bei einer Einstellung für mindestens sechs Monate ausgeschöpft werden. Bei kürzeren Zeiträumen und bei lediglich vorübergehenden Beschäftigungen muss ein geringerer Wert angenommen werden. Bei einer Einstellung für eine Dauer bis zu sechs Monaten sind regelmäßig zwei Monatsverdienste, bei einer Dauer bis zu drei Monaten ein Monatsverdienst in Ansatz zu bringen (LAG Hamm, Beschluss vom 13.05.1986 - LAGE ArbGG 1979 § 12 Streitwert Nr. 56; LAG Hamm, Beschluss vom 19.03.1987 - LAGE ArbGG 1979 § 12 Streitwert Nr. 70; LAG Hamm, Beschluss vom 17.11.2004 - 10 TaBV 106/04 -; LAG Hamm, Beschluss vom 28.04.2005 - 10 TaBV 45/05 -). Bei einer Einstellung eines Mitarbeiters von weniger als einem Monat muss ebenfalls eine Herabsetzung des Gegenstandswertes in entsprechender Höhe erfolgen (LAG Nürnberg, Beschluss vom 21.07.2005 - MDR 2006, 34).

Für den vorliegenden Fall folgt hieraus, dass lediglich der Verdienst der eingestellten Mitarbeiterin für den 13.06.2006 in Ansatz gebracht werden konnte. Das wirtschaftliche Interesse der antragstellenden Arbeitgeberin bezog sich lediglich auf die Beschäftigung der Mitarbeiterin für den 13.06.2006. Dies macht, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, lediglich einen Betrag in Höhe von 145,66 € aus.

Neben dem Zustimmungsersetzungsantrag musste aber auch der nach § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG gestellte Antrag auf Feststellung, dass die vorläufige Durchführung der strittigen Einstellung aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war, zusätzlich bewertet werden. Dieser Antrag legitimiert nämlich die vorläufige Durchführung der personellen Maßnahme bis zum Abschluss des Verfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG. Insoweit ist es wegen der lediglich vorübergehenden Bedeutung der begehrten Feststellung angemessen, 50 % des Wertes eines entsprechenden Zustimmungsersetzungsverfahrens in Ansatz zu bringen (LAG Hamm, Beschluss vom 19.03.1987 - LAGE § 12 ArbGG 1979 Streitwert Nr. 70; LAG Hamm, Beschluss vom 23.02.1989 - LAGE § 8 BRAGO Nr. 12; Wenzel, a.a.O., § 12 Rz. 487). Auch dieser Rechtsprechung haben sich die derzeit zuständigen Beschwerdekammern des Landesarbeitsgericht angeschlossen (zuletzt: LAG Hamm, Beschluss vom 01.02.2006 - 10 TaBV 191/05 -).

Insoweit waren dem Wert des Zustimmungsersetzungsantrags von 145,66 € weitere 72,83 € hinzuzurechnen.

Ende der Entscheidung

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