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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 10.10.2003
Aktenzeichen: 10 TaBV 104/03
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 99 Abs. 1
BetrVG § 95 Abs. 3
BetrVG § 101
Die bloße Änderung der Arbeitszeit eines teilzeitbeschäftigten Mitarbeiters stellt - ohne weitere Änderungen des Arbeitsbereichs - keine mitbestimmungspflichtige Einstellung oder Versetzung im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG dar.
Landesarbeitsgericht Hamm Im Namen des Volkes Beschluss

10 TaBV 104/03

Verkündet am: 10.10.2003

In dem Beschlussverfahren

hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm aufgrund der mündlichen Anhörung vom 10.10.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Schierbaum sowie die ehrenamtlichen Richter Freiling und Stach

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 29.04.2003 - 5 BV 60/02 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

A

Die Beteiligten streiten um Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates bei der Erhöhung bzw. Verringerung der vertraglichen Arbeitszeit einzelner Arbeitnehmer.

Der Arbeitgeber unterhält bundesweit zahlreiche Möbelhäuser.

Antragsteller ist der für die Niederlassung des Arbeitgebers in B2xxxxxxx gewählte Betriebsrat. In der Niederlassung B2xxxxxxx sind ca. 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt.

In der Vergangenheit veränderte der Arbeitgeber mit den in den jeweiligen Anträgen des Betriebsrates aufgeführten Arbeitnehmern die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit dergestalt, dass entweder die Sollstundenzahl erhöht oder gesenkt wurde. Über diese Veränderungen wurde der Betriebsrat jeweils schriftlich informiert.

Mit dem am 23.08.2002 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren machte der Betriebsrat für derartige Fälle sein Mitbestimmungsrecht nach § 99 Abs. 1 BetrVG geltend und begehrte gleichzeitig die Aufhebung der monatlichen Sollstundenerhöhung für bestimmte Arbeitnehmer/innen.

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, dass ihm bei der Veränderung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit der Arbeitnehmer ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG zustehe. Da dies in den benannten Einzelfällen nicht gewahrt worden sei, habe der Arbeitgeber die Einzelmaßnahmen nach § 101 BetrVG aufzuheben.

Der Betriebsrat hat beantragt,

1. dem Arbeitgeber aufzugeben, die monatliche Sollstundenerhöhung der Arbeitnehmerin E2xxx S5xxxxxxxx von 108 Stunden/Monat auf 150 Stunden/Monat aufzuheben;

2. dem Arbeitgeber aufzugeben, die monatliche Sollstundenerhöhung der Arbeitnehmerin S6xxxx H5xxxxxx von 130 Stunden/Monat auf 150 Stunden/Monat aufzuheben;

3. dem Arbeitgeber aufzugeben, die monatliche Sollstundenerhöhung der Arbeitnehmerin D2xxxxx D3xxxx von 118 Stunden/Monat auf 140 Stunden/Monat aufzuheben;

4. dem Arbeitgeber aufzugeben, die monatliche Sollstundenerhöhung des Arbeitnehmers G1xxxx P1xxxxxx auf 148 Stunden/Monat aufzuheben;

5. dem Arbeitgeber aufzugeben, die monatliche Sollstundenerhöhung der Arbeitnehmerin C1xxxxxxx F3xxxxx von 108 Stunden auf 163 Stunden/Monat aufzuheben bzw. rückgängig zu machen;

6. dem Arbeitgeber aufzugeben, die monatliche Sollstundenerhöhung des Arbeitnehmers K2xxx D4xxxxxxx von 83 Stunden auf 115 Stunden/Monat aufzuheben bzw. rückgängig zu machen;

7. dem Arbeitgeber aufzugeben, die monatliche Sollstundenerhöhung der Arbeitnehmerin G2xxxx H3xxxxx von 138 Stunden auf 163 Stunden/Monat aufzuheben bzw. rückgängig zu machen;

8. dem Arbeitgeber aufzugeben, die monatliche Sollstundenerhöhung der Arbeitnehmerin A2xxxx R1xxxxx von 109 Stunden auf 163 Stunden/Monat aufzuheben bzw. rückgängig zu machen;

9. _dem Arbeitgeber aufzugeben, die monatliche Sollstundenerhöhung der Arbeitnehmerin K3xxxxxx K4xxxxxx von 89 Stunden auf 133 Stunden/Monat aufzuheben bzw. rückgängig zu machen;

10. dem Arbeitgeber aufzugeben, die monatliche Sollstundenerhöhung des Arbeitnehmers F4xx S7xxxxxxxx von 99 stunden auf 163 Stunden/Monat aufzuheben bzw. rückgängig zu machen;

11. dem Arbeitgeber aufzugeben, die monatliche Sollstundenerhöhung des Arbeitnehmers T1xxxxxx T4xxxx von 130 Stunden auf 163 Stunden/Monat aufzuheben bzw. rückgängig zu machen;

12. dem Arbeitgeber aufzugeben, die monatliche Sollstundenerhöhung der Arbeitnehmerin K5xxxxx W3xxxxxxx von 27 Stunden auf 163 Stunden/Monat (vom 01.03. - 15.09.03) aufzuheben bzw. rückgängig zu machen;

13. dem Arbeitgeber aufzugeben, die monatliche Sollstundenerhöhung des Arbeitnehmers M1xxxx M2xxxxxx von 28 Stunden auf 100 Stunden/Monat aufzuheben bzw. rückgängig zu machen;

14. dem Arbeitgeber aufzugeben, die monatliche Sollstundenerhöhung in der Zeit vom 15.03. - 30.04.03 des Arbeitnehmers T2xxxx Englisch von 87 Stunden auf 163 Stunden/Monat aufzuheben bzw. rückgängig zu machen;

15. dem Arbeitgeber aufzugeben, die monatliche Sollstundenerhöhung der Arbeitnehmerin V2xxxxxxx U1xxxxxx von 25 Stunden auf 87 Stunden/Monat in der Zeit vom 15.01.03 - 15.09.03 aufzuheben bzw. rückgängig zu machen;

16. dem Arbeitgeber aufzugeben, die monatliche Sollstundenerhöhung der Arbeitnehmerin K6xxxxx W4xxxxxxxxx von 20 Stunden/Monat auf 42 Stunden/Monat aufzuheben bzw. rückgängig zu machen;

17. dem Arbeitgeber aufzugeben, die monatliche Sollstundenerhöhung der Arbeitnehmerin M3xxxx S8xxxxxx von 97 Stunden/Monat (5 Tage/Woche) auf 120 Stunden/Monat (5 Tage/Woche) aufzuheben bzw. rückgängig zu machen;

18. festzustellen, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat nach § 99 BetrVG zu beteiligen hat, bevor sie mit ihren Arbeitnehmerinnen die Erhöhung der monatlichen Sollstunden vereinbart;

19. dem Arbeitgeber aufzugeben, die monatliche Sollstundensenkung der Arbeitnehmerin S9xxxxxxx K7xxxxxx von 99 Stunden/Monat auf 78 Stunden/Monat aufzuheben;

20. dem Arbeitgeber aufzugeben, die monatliche Sollstundensenkung des Arbeitnehmers D5xx T3xxxxxxxxxxxx von 163 Stunden/Monat auf 150 Stunden/Monat aufzuheben;

21. dem Arbeitgeber aufzugeben, die monatliche Sollstundensenkung der Arbeitnehmerin J2xxxxx A3xxx von 61 Stunden/Monat auf 39 Stunden/Monat aufzuheben;

22. dem Arbeitgeber aufzugeben, die monatliche Sollstundensenkung der Arbeitnehmerin A4xx-M4xxx B4xxx von 87 Stunden/Monat (5 Tage/Woche) auf 43 Stunden/Monat (3 Tage/Woche) aufzuheben bzw. rückgängig zu machen;

23. festzustellen, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat nach § 99 BetrVG zu beteiligen hat, bevor sie mit ihren Arbeitnehmerinnen die Senkung der monatlichen Sollstunden vereinbart.

Der Arbeitgeber hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, dass dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht in den genannten Fällen nicht zustehe. Bei der bloßen Veränderung der Arbeitszeit einzelner Arbeitnehmer handele es sich weder um eine Einstellung noch um eine Versetzung im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bestehe nur bei der Regelung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage gemäß § 87 Abs. 1 BetrVG, nicht aber bei der Dauer der Arbeitsverpflichtung eines bestimmten Mitarbeiters.

Durch Beschluss vom 29.04.2003 hat das Arbeitsgericht die Anträge des Betriebsrates zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 Abs. 1 BetrVG nicht zustehe, weil die streitigen Maßnahmen weder eine Versetzung noch eine Einstellung im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG darstellten.

Gegen den dem Betriebsrat am 04.06.2003 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat der Betriebsrat am 02.07.2003 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese mit dem am 07.07.2003 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Betriebsrat ist nach wie vor der Auffassung, dass ihm sowohl bei der Erhöhung der monatlichen Sollstundenzahl wie auch bei der Senkung der monatlichen Sollstundenzahl ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 Abs. 1 BetrVG zustehe. Nach der Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen sei die Aufstockung der Arbeitszeit von halbtags auf ganztags als Einstellung anzusehen und damit mitbestimmungspflichtig. Auch das Bundesverwaltungsgericht habe entschieden, dass die Umwandlung eines Teilzeitarbeitsverhältnisses in ein Vollzeitarbeitsverhältnis mitbestimmungspflichtig sei. Einstellung im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG sei nicht nur die Neueinstellung, sondern auch die Verlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses.

Nach Kenntnis des antragstellenden Betriebsrats würden auch alle anderen Betriebsräte der anderen IKEA-Möbelhäuser in Fällen der vorliegenden Art nach § 99 BetrVG beteiligt. Auch wenn den jeweiligen Sollstundenerhöhungen oder -senkungen individuelle Wünsche der betroffenen Arbeitnehmer zugrunde lägen, schließe dies das Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG nicht aus. Tatsächlich liege nämlich jeder Sollstundenerhöhung bzw. -senkung eine innerbetriebliche Stellenausschreibung zugrunde. Allein dieser Umstand zeige, dass es nicht nur um eine individualrechtliche Änderung der persönlichen Arbeitszeit eines einzelnen Arbeitnehmers gehe.

Der Betriebsrat beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 29.04.2003 - 5 BV 60/02 -

1. dem Arbeitgeber aufzugeben, die monatliche Sollstundenerhöhung der Arbeitnehmerin E2xxx S5xxxxxxxx von 108 Stunden/Monat auf 150 Stunden/Monat aufzuheben;

2. dem Arbeitgeber aufzugeben, die monatliche Sollstundenerhöhung der Arbeitnehmerin S6xxxx H5xxxxxx von 130 Stunden/Monat auf 150 Stunden/Monat aufzuheben;

3. dem Arbeitgeber aufzugeben, die monatliche Sollstundenerhöhung der Arbeitnehmerin D2xxxxx D3xxxx von 118 Stunden/Monat auf 140 Stunden/Monat aufzuheben;

4. dem Arbeitgeber aufzugeben, die monatliche Sollstundenerhöhung der Arbeitnehmerin M3xxxx S8xxxxxx von 97 Stunden/Monat (5 Tage/Woche) auf 120 Stunden/Monat (5 Tage/Woche) aufzuheben;

5. festzustellen, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat nach § 99 BetrVG zu beteiligen hat, bevor er mit seinen Arbeitnehmer/innen die Erhöhung der monatlichen Sollstunden vereinbart, wenn der Arbeitgeber die dadurch besetzte Stelle zuvor nach § 93 BetrVG innerbetrieblich ausgeschrieben hat;

6. dem Arbeitgeber aufzugeben, die monatliche Sollstundensenkung der Arbeitnehmerin S9xxxxxxx K7xxxxxx von 99 Stunden/Monat auf 78 Stunden/Monat aufzuheben;

7. dem Arbeitgeber aufzugeben, die monatliche Sollstundensenkung der Arbeitnehmerin A4xx-M4xxx B4xxx von 87 Stunden/Monat (5 Tage/Woche) auf 43 Stunden/Monat (3 Tage/Woche) aufzuheben;

8. festzustellen, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat nach § 99 BetrVG zu beteiligen hat, bevor er mit seinen Arbeitnehmer/innen die Senkung der monatlichen Sollstunden vereinbart, wenn der Arbeitgeber die dadurch besetzte Stelle zuvor nach § 93 BetrVG innerbetrieblich ausgeschrieben hat;

9. dem Arbeitgeber aufzugeben, die monatliche Sollstundenerhöhung in der Zeit vom 01.10.03 - 15.01.04 des Arbeitnehmers B5xxx L1xxx von 46 Stunden auf 55 Stunden/Monat aufzuheben;

10. dem Arbeitgeber aufzugeben, die monatliche Sollstundenerhöhung in der Zeit vom 01.10.03 - 15.01.04 des Arbeitnehmers B5xxx E3xxx von 66 Stunden auf 75 Stunden/Monat aufzuheben;

11. dem Arbeitgeber aufzugeben, die monatliche Sollstundenerhöhung des Arbeitnehmers I2xx Finzelberger in der Zeit vom 01.08.03 bis zum 31.10.03 von bisher 87 Stunden (5 Tage/Woche) auf 163 Stunden/Monat (5 Tage/Woche) aufzuheben.

Der Arbeitgeber beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt den arbeitsgerichtlichen Beschluss und ist der Auffassung, der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 12.09.2000 könne nicht gefolgt werden, unerheblich seien auch die Ausführungen des Betriebsrates zu Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts. Bei den Sollstundenerhöhungen bzw. -senkungen einzelner Mitarbeiter handele es sich nicht um eine Einstellung bzw. um eine Versetzung im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG.

Ob bei den einzelnen Maßnahmen zuvor eine innerbetriebliche Stellenausschreibung erfolgt sei, sei unerheblich. Die Frage, ob eine Stelle innerbetrieblich auszuschreiben sei, habe mit der Auslegung des Begriffs der Einstellung bzw. Versetzung im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG nichts zu tun. Sämtliche von den streitigen Maßnahmen betroffenen Mitarbeiter seien bereits in den Betrieb eingegliedert und integriert, so dass eine Einstellung nicht vorliege.

Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.

B

Die zulässige Beschwerde des Betriebsrates ist nicht begründet.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Arbeitsgericht den Anträgen des Betriebsrates nicht stattgegeben. Die Beschwerde des Betriebsrates rechtfertigt keine andere Beurteilung.

I

Die Anträge des Betriebsrates sind zulässig.

1. Das Beschlussverfahren ist nach den §§ 2 a Abs. 1, 80 Abs. 1 ArbGG die zutreffende Verfahrensart. Die Beteiligten streiten um Angelegenheiten aus dem Betriebsverfassungsrecht, nämlich um die Aufhebung und die Mitbestimmungspflichtigkeit von einzelnen personellen Maßnahmen nach den §§ 99 Abs. 1, 101 BetrVG.

2. Die Antrags- und Beteiligungsbefugnis des Betriebsrates und des Arbeitgebers ergeben sich aus den §§ 10, 83 Abs. 3 ArbGG.

Die von der personellen Maßnahme betroffenen Mitarbeiter waren am vorliegenden Beschlussverfahren nicht zu beteiligen (BAG, Beschluss vom 27.05.1982 - AP ArbGG 1979 § 80 Nr. 3; Fitting/Kaiser/Heither/Engels/Schmidt, BetrVG, 21. Aufl., § 99 Rz. 235).

3. Auch den Feststellungsanträgen mangelt es nicht an dem nach § 256 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresse. Der Streit zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber über Bestand, Inhalt und Umfang eines Mitbestimmungsrechtes kann im Wege eines allgemeinen Feststellungsverfahrens geklärt werden. Dies gilt auch für das Mitbestimmungsrecht nach § 99 Abs. 1 BetrVG, weil in diesem Rahmen - jenseits von einem konkreten Einzelfall - die Frage geklärt wird, ob eine Maßnahme, die in gleicher Weise im Betrieb häufiger auftritt, als personelle Einzelmaßnahme dem Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG unterliegt oder nicht (BAG, Beschluss vom 19.02.1991 - AP BetrVG 1972 § 95 Nr. 26; BAG, Beschluss vom 15.12.1998 - AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 56; BAG, Beschluss vom 21.09.1999 - AP BetrVG 1972 § 99 Versetzung Nr. 21; BAG, Beschluss vom 29.02.2000 - AP BetrVG 1972 § 95 Nr. 36; BAG, Beschluss vom 12.11.2002 - AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 41; BAG, Beschluss vom 21.01.2003 - AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 117; Germelmann/Matthes/Prütting/ Müller-Glöge, ArbGG, 4. Aufl., § 81 Rz. 23). Vorliegend streiten die Beteiligten darüber, ob die Erhöhung bzw. Senkung der monatlichen Sollstundenzahl bei einzelnen Mitarbeitern eine Einstellung bzw. Versetzung im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG darstellt, wenn der Arbeitgeber die dadurch besetzte Stelle zuvor nach § 93 BetrVG innerbetrieblich ausgeschrieben hat. Der Arbeitgeber bestreitet dieses vom Betriebsrat in Anspruch genommene Mitbestimmungsrecht nach § 99 Abs. 1 BetrVG. Dieser Streit kann im Wege eines Feststellungsbegehrens geklärt werden.

Dem Feststellungsbegehren des Betriebsrates steht auch nicht entgegen, dass der Betriebsrat einzelne Aufhebungsanträge nach § 101 BetrVG gestellt hat.

4. Den Feststellungsanträgen des Betriebsrates mangelt es auch nicht an der hinreichenden Bestimmtheit im Sinne des § 253 ZPO. Erforderlich ist insoweit, dass die Angelegenheit, für die ein Mitbestimmungsrecht in Anspruch genommen oder geleugnet wird, so konkret umschrieben wird, dass mit einer Sachentscheidung über den Antrag feststeht, für welchen betrieblichen Vorgang ein Mitbestimmungsrecht bejaht oder verneint worden ist (BAG, Beschluss vom 14.09.1984 - AP BetrVG 1972 § 87 Überwachung Nr. 9). Die streitige personelle Maßnahme ist vom Betriebsrat in den Feststellungsanträgen hinreichend konkret beschrieben worden. Es liegt kein unzulässiger Globalantrag vor. Das vorliegende Verfahren ist geeignet, den Streit der Beteiligten über das Mitbestimmungsrecht in derartigen Fällen beizulegen.

II

Die Anträge des Betriebsrates sind aber unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass dem Betriebsrat bei der Erhöhung bzw. Senkung der monatlichen Sollstundenzahl einzelner Mitarbeiter kein Mitbestimmungsrecht nach § 99 Abs. 1 BetrVG zusteht. Bei den streitigen Maßnahmen handelt es sich nämlich weder um eine Einstellung noch um eine Versetzung im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber die dadurch besetzte Stelle zuvor nach § 93 BetrVG innerbetrieblich ausgeschrieben hat. Damit konnte weder den Anträgen auf Aufhebung der streitigen personellen Maßnahme nach § 101 BetrVG noch den Feststellungsanträgen des Betriebsrates stattgegeben werden.

1. Die Erhöhung bzw. Senkung der monatlichen Sollstundenzahl einzelner Arbeitnehmer stellt keine Einstellung im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dar.

a) Eine Einstellung im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG liegt dann vor, wenn Personen in den Betrieb eingegliedert werden, um zusammen mit den dort schon beschäftigten Arbeitnehmern den arbeitstechnischen Zweck des Betriebs durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen, ohne dass es dabei auf das Rechtsverhältnis ankommt, in dem diese Personen zum Arbeitgeber als Betriebsinhaber stehen. Maßgebend ist vielmehr die Eingliederung, die Frage also, ob die zu verrichtende Tätigkeit ihrer Art nach eine weisungsgebundene Tätigkeit ist, die der Verwirklichung des arbeitstechnischen Zwecks des Betriebes zu dienen bestimmt ist und daher vom Arbeitgeber organisiert werden muss (BAG, Beschluss vom 22.04.1997 - AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 18; BAG, Beschluss vom 28.04.1998 - AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 22; BAG, Urteil vom 05.04.2001 - AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 32; BAG, Beschluss vom 19.06.2001 - AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 35; Fitting, a.a.O., § 99 Rz. 30; Hanau/Kania, ErfK, 3. Aufl., § 99 BetrVG Rz. 4 m.w.N.).

Eine Einstellung in diesem Sinne kommt nicht nur bei der erstmaligen Eingliederung des betroffenen Arbeitnehmers in Betracht. Sinn und Zweck des Mitbestimmungsrechts verlangen vielmehr eine erneute Beteiligung des Betriebsrats dann, wenn sich die Umstände der Beschäftigung - ohne dass eine Versetzung vorliegt - aufgrund einer neuen Vereinbarung grundlegend ändern. Dementsprechend ist der Betriebsrat etwa bei befristeter Fortsetzung eines bisher befristeten Arbeitsverhältnisses oder bei Fortführung des Arbeitsverhältnisses über eine vorgesehene Altersgrenze hinaus erneut zu beteiligen (BAG, Beschluss vom 07.08.1990 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 82; BAG, Beschluss vom 28.04.1998 - AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 22; Fitting, a.a.O., § 99 Rz. 38; Däubler/Kittner/Klebe, BetrVG, 8. Aufl., § 99 Rz. 45).

b) Eine derartige grundlegende Vertragsänderung liegt bei den streitigen personellen Maßnahmen, der Erhöhung bzw. Senkung der Sollstundenzahl einzelner, bereits eingestellter Mitarbeiter nicht vor.

Zwar hat das Landesarbeitsgericht Niedersachsen die Aufstockung der Arbeitszeit von halbtags auf ganztags als Einstellung im Sinne des § 99 BetrVG angesehen (LAG Niedersachsen, Beschluss vom 12.09.2000 - AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 29 = NZA-RR 2001, 141). Auch das Bundesverwaltungsgericht ist der Auffassung, dass die Umwandlung eines Teilzeitbeschäftigungsverhältnisses in ein Vollzeitbeschäftigungsverhältnis der Mitbestimmung des Personalrats bei Einstellungen nach § 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG unterliegt (BVerwG, Beschluss vom 02.06.1993 - BVerwGE 92, 295 = PersR 1993, 450 = ZTR 1993, 525; BVerwG, Beschluss vom 23.03.1999 - AP BPersVG § 75 Nr. 73).

Demgegenüber hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass die bloße Aufstockung der Arbeitszeit keine Einstellung im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG darstellt (BAG, Urteil vom 25.10.1994 - 3 AZR 987/93 n.v.; ebenso: Fitting, a.a.O., § 99 Rz. 40; Hess/Schlochauer/Worzalla/Glock, BetrVG, 6. Aufl., § 99 Rz. 23; Hanau/Kania, a.a.O., § 99 BetrVG Rz. 6; Oetker, NZA 2003, 937, 938 f.).

Der zuletzt genannten Auffassung schließt sich auch die erkennende Beschwerdekammer an. Die bloße Änderung der Arbeitszeit eines bereits eingestellten Mitarbeiters stellt keine Einstellung im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dar. Dem Begriff der Einstellung wohnt kein zeitlicher Aspekt inne, damit sind bloße Änderungen der Arbeitszeit in der Regel für das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates unbeachtlich. Ob mit der Änderung der Arbeitszeit eine Änderung des Arbeitsbereichs einhergeht und damit möglicherweise eine Versetzung im Sinne der §§ 99 Abs. 1 Satz 1, 95 Abs. 3 BetrVG vorliegt, kann an dieser Stelle offen bleiben. Unter dem Gesichtspunkt der Einstellung im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist die bloße Änderung der Arbeitszeit eines bereits eingestellten Mitarbeiters nicht mitbestimmungspflichtig. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates kann sich nach Auffassung der Beschwerdekammer allenfalls dann ergeben, wenn die Änderung der Arbeitszeit mit einer Versetzung im Sinne des § 95 Abs. 3 BetrVG einhergeht. Die Veränderung der Lage und die Verteilung der Arbeitszeit von bereits eingestellten Mitarbeitern sind darüber hinaus lediglich unter dem Gesichtspunkt des § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG mitbestimmungspflichtig. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 BetrVG steht im vorliegenden Fall aber nicht im Streit.

Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass sich die Umstände der Beschäftigung der betroffenen Mitarbeiter, deren Sollstundenzahl erhöht bzw. abgesenkt worden ist, sich nicht grundlegend geändert haben. Die Arbeitszeiten der betroffenen Mitarbeiter sind nicht grundlegend geändert worden. In keinem Falle lag eine Umwandlung eines Teilzeitarbeitsverhältnisses in ein Vollzeitarbeitsverhältnis oder umgekehrt vor. Der Betriebsrat hat auch nicht vorgetragen, dass bei den einzelnen Arbeitszeitänderungen einzelner Mitarbeiter Zustimmungsverweigerungsgründe nach § 99 Abs. 2 BetrVG in Betracht gekommen wären.

2. Die Erhöhung bzw. Senkung der Sollstundenzahl einzelner Mitarbeiter stellt aber auch keine Versetzung im Sinne der §§ 99 Abs. 1 Satz 1, 95 Abs. 3 BetrVG dar.

a) Nach der Legaldefinition in § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG ist eine Versetzung die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, die voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet, oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist.

Unter Arbeitsbereich ist dabei der konkrete Arbeitsplatz einschließlich seiner Beziehungen zur betrieblichen Umgebung in räumlicher, technischer und organisatorischer Hinsicht zu verstehen. Die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereiches liegt dann vor, wenn dem Arbeitnehmer ein neuer Tätigkeitsbereich übertragen wird, so dass der Gegenstand der nunmehr geforderten Arbeitsleistung, also der Inhalt der Arbeitsaufgabe, ein anderer wird und sich das Gesamtbild der Tätigkeit des Arbeitnehmers ändert (BAG, Beschluss vom 19.02.1991 - AP BetrVG 1972 § 95 Nr. 25; BAG, Beschluss vom 23.11.1993 - AP BetrVG 1972 § 95 Nr. 33; BAG, Beschluss vom 02.04.1996 - AP BetrVG 1972 § 95 Nr. 34; BAG, Beschluss vom 29.02.2000 - AP BetrVG 1972 § 95 Nr. 36; Fitting, a.a.O., § 99 Rz. 103; Däubler/Kittner/Klebe, a.a.O., § 99 Rz. 90). Dabei kommt es darauf an, ob sich die Tätigkeiten vor und nach der Zuweisung so von einander unterscheiden, dass die neue Tätigkeit vom Standpunkt eines mit den betrieblichen Verhältnissen vertrauten Beobachters als eine andere angesehen werden kann (BAG, Beschluss vom 22.04.1997 - AP BetrVG 1972 § 99 Versetzung Nr. 14; BAG, Beschluss vom 29.02.2000 - AP BetrVG 1972 § 95 Nr. 36).

b) Entgegen der Rechtsauffassung des Betriebsrates liegt in der Änderung der Arbeitszeit einzelner Mitarbeiter, ohne dass weitere Änderungen des Arbeitsbereichs hinzukommen, keine Änderung des Arbeitsbereichs. Dem räumlich und funktional bestimmten Begriff des Arbeitsbereichs im Sinne des § 95 Abs. 3 BetrVG wohnt kein zeitlicher Aspekt inne. Damit stellen bloße Veränderungen der Arbeitszeit eines Mitarbeiters keine Versetzung im Sinne der §§ 99 Abs. 1 Satz 1, 95 Abs. 3 BetrVG dar (BAG, Beschluss vom 19.02.1991 - AP BetrVG 1972 § 95 Nr. 25; BAG, Beschluss vom 16.07.1991 - AP BetrVG 1972 § 95 Nr. 28; BAG, Beschluss vom 23.11.1993 - AP BetrVG 1972 § 95 Nr. 33; Fitting, a.a.O., § 99 Rz. 126; Kraft, GK-BetrVG, 7. Aufl., § 99 Rz. 66; Hess/Schlochauer/Worzalla/Glock, a.a.O., § 99 Rz. 47; Däubler/Kittner/Klebe, a.a.O., § 99 Rz. 103; Hanau/Kania, a.a.O., § 99 Rz. 13; Oetker, NZA 2003, 937, 939).

Eine mitbestimmungspflichtige Versetzung kann danach lediglich dann vorliegen, wenn mit oder wegen der Änderung der Arbeitszeit eine grundlegende Änderung der Arbeitsumstände einhergeht. Für eine sonstige erhebliche Veränderung der Arbeitsumstände der betroffenen Mitarbeiter hat der Betriebsrat jedoch nichts vorgetragen.

Auch der Umstand, dass in Einzelfällen die zu besetzende Stelle zuvor nach § 93 BetrVG innerbetrieblich ausgeschrieben worden ist, führt nicht dazu, dass die Erhöhung bzw. Absenkung der Sollstundenzahl der betroffenen Mitarbeiter mitbestimmungspflichtig geworden wäre. Nach dem unstreitigen Vortrag der Beteiligten sind die jeweils betroffenen Mitarbeiter trotz der Änderung der jeweiligen individuellen Arbeitszeit in ihrem jeweiligen Arbeitsbereich verblieben. Eine grundlegende Änderung der Arbeitsumstände des jeweiligen Stelleninhabers ist mit der Änderung der Arbeitszeit nicht einhergegangen. Beginn, Ende und Verteilung der Arbeitszeit stellen keine Elemente des Arbeitsbereichs im Sinne des § 95 Abs. 3 BetrVG dar. Insoweit kann allenfalls ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG bestehen, das aber vorliegend nicht im Streit steht.

III

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat die Beschwerdekammer die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht zugelassen, § 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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