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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 03.11.2006
Aktenzeichen: 10 TaBV 201/05
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 37 Abs. 6
BetrVG § 40 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragstellerin und des Betriebsrates wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 26.10.2005 - 6 BV 23/05 - abgeändert.

Der Arbeitgeberin wird aufgegeben, die Antragstellerin von einer Zahlungsverpflichtung in Höhe von 1.334,-- € gegenüber dem Seminarveranstalter R3xxxx B1xxxx, K3xxxxxxxx D6xxxxx 24, 55xxx H5xxxxxx, freizustellen, und zwar durch Zahlung des Betrages von 1.334,-- € an R3xxxx B1xxxx.

Die Arbeitgeberin wird verurteilt, an die Antragstellerin 857,90 € zu zahlen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

A

Die Beteiligten streiten über die Kosten für die Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung.

Die Arbeitgeberin ist die Abfallentsorgungsgesellschaft des M1xxxxxxxx K4xxxxx. Sie beschäftigt ca. 104 Arbeitnehmer. Bei der Arbeitgeberin ist ein Betriebsrat gebildet, der aus sieben Personen besteht.

Die Antragstellerin steht seit 1994 in den Diensten der Arbeitgeberin.

Seit 1994 ist die Antragstellerin Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen im Betrieb der Arbeitgeberin. Im Jahre 2002 wurde sie bei den turnusmäßigen Betriebsratswahlen in den Betriebsrat gewählt.

In der Vergangenheit nahm die Antragstellerin an folgenden Schulungsveranstaltungen teil:

"26.10. 1994 - 28.10.1994

Grundkurs als Vertrauensfrau,

Schwerbehindertenvertretung Fredeburg 28.11. 1994 - 30.11.1994 Aufbaukurs Schwerbehindertenvertretung Fredeburg 10.04.2000 - 11.04.2000

Feststellung der Behinderteneigenschaft Fredeburg 19.08.2002 - 23.08.2002 Einführung Seminar "Betriebsverfassungsgesetz Teil 1" Eckernförde 04.08.2003 - 08.08.2003 Seminar "Betriebsverfassungsgesetz Teil 2" Eckernförde 01.03.2004 Seminar "Agenda 2010 und Kündigungsschutz" St. Augustin 27.05.2004 Seminar "Mitbestimmungsrecht bei IT-Systemen" Balve 19.07.2002 - 21.07.2004 Seminar "BAG-Urteile zum Schwerbehindertenrecht" Erfurt 26.07.2004 - 30.07.2004 Seminar "Betriebsverfassungsgesetz Teil 31" Eckernförde 18.01.2005 Betriebsrätekonferenz Neues Tarifrecht Hagen" Über die Erforderlichkeit der Seminarteilnahme durch die gewählten Betriebsratsmitglieder (vgl. Aufstellungen Bl. 26 ff.d.A.) kam es zwischen Betriebsrat und der Arbeitgeberin in der Vergangenheit häufiger zu Auseinandersetzungen. In einem Konsensgespräch vom 31.01.2005 (Bl. 207 f.d.A.) vereinbarten die Arbeitgeberin und der Betriebsrat u.a. folgendes: "Beschließt der Betriebsrat Seminarteilnahmen - insbesondere mehrtägige Seminare - und hält die Geschäftsführung ein solches Seminar für die genannten Betriebsratsmitglieder nicht für erforderlich, wird vor Ablehnung der Kostenübernahme und Teilnahme ein Gespräch mit dem Betriebsrat geführt, um Rechtsstreitigkeiten darüber zu vermeiden" Auf der Betriebsratssitzung vom 12.04.2005 fasste der Betriebsrat u.a. den Beschluss, die Antragstellerin zur Teilnahme an einem Seminar "Arbeitsrecht I", das von ihrem jetzigen Verfahrensbevollmächtigten wiederum in Eckernförde (Ostsee) im Stadthotel Eckernförde veranstaltet wurde, vom 11. bis zum 15.07.2005 zu entsenden. Auf das Seminarprogramm (Bl. 4 d.A.) und den geplanten Seminarverlauf (Bl. 59 ff.d.A.) wird Bezug genommen. Mit Schreiben vom 31.05.2005 unterrichtete der Betriebsrat die Arbeitgeberin über den am 12.04.2005 gefassten Beschluss. Die Arbeitgeberin lehnte die Seminarteilnahme der Antragstellerin aus Kostengründen ab. Eine von der Antragstellerin begehrte einstweilige Verfügung auf Zahlung eines Auslagenvorschusses für die Seminarteilnahme in Höhe von 680,00 € netto wurde erst- und zweitinstanzlich abgewiesen (1 BVGa 1/05 Arbeitsgericht Iserlohn = 13 TaBV 119/05 Landesarbeitsgericht Hamm). Die Antragstellerin nahm daraufhin dennoch in der Zeit vom 11.07. bis 15.07.2005 als Betriebsratsmitglied wie auch als Vertrauensfrau der Schwerbehinderten an dem streitigen Seminar in Eckernförde teil. Mit Schreiben vom 15.07.2005 übersandte der Antragstellerin eine Rechnung über Seminarkosten in Höhe von insgesamt 1.150,00 € zuzüglich Mehrwertsteuer in Höhe von 184,00 €, insgesamt 1.334,00 €. An Unterbringungs-, Hotel- und Fahrtkosten wandte die Antragstellerin für die Seminarteilnahme insgesamt einen Betrag in Höhe von 857,90 € auf. Trotz Vorlage entsprechender Belege verweigerte die Arbeitgeberin eine entsprechende Kostenübernahme. Die Antragstellerin machte daraufhin mit dem am 11.08.2005 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren ihre Freistellung von einer Zahlungsverpflichtung in Höhe von 1.334,00 € gegenüber dem Seminarveranstalter R3xxxx B1xxxx geltend. Ferner verlangte sie die Kostenerstattung von 857,90 €. Die Antragstellerin hat die Auffassung vertreten, die im streitigen Seminar besprochenen Themen seien für ihre Arbeit als Betriebsrätin und Vertrauensperson der Schwerbehinderten erforderlich, zumal sie, wie unstreitig sei, bislang an keinem Grundlagenseminar über Arbeitsrecht teilgenommen habe. In keinem der Seminare, an denen sie bislang teilgenommen hätte, seien Grundzüge des Arbeitsrechts vermittelt worden. Eine Grundlagenschulung im Arbeitsrecht sei aber ohne ausdrückliche Darlegung der Erforderlichkeit für jedes Betriebsratsmitglied notwendig. Auch durch ihre bisherige Arbeit als Vertrauensfrau der Schwerbehinderten und ihre Betriebsratstätigkeit habe sie über entsprechende Kenntnisse verfügt. Auf entsprechende Kenntnisse anderer Betriebsratsmitglieder könne die Arbeitgeberin sie, die Antragstellerin, nicht verweisen. Soweit die Arbeitgeberin auf kostengünstigere Ausschreibungen anderer Veranstalter verweise, falle auf, dass in diesen Ausschreibungen der jeweilige Dozent nie genannt sei. Ohne Kenntnis des Dozenten könne aber der Betriebsrat die Qualität der Veranstaltung nicht einschätzen. Deshalb habe sich der Betriebsrat bei seinem Beschluss vom 12.04.2005 davon leiten lassen, die Antragstellerin zu einem Seminar zu entsenden, dessen Referent qualifiziert und ihm zuvor bekannt sei. Dies liege in dem dem Betriebsrat zustehenden Beurteilungsspielraum. Auch lasse sich aus den vorgelegten Ausschreibungen im Vergleich zu der Ausschreibung des besuchten Seminars nicht deutlich entnehmen, welche konkreten Themen Inhalt der Veranstaltung seien. Hotelkosten in näherer Umgebung seien ohnehin nicht geringer als diejenigen, die bei der Durchführung des streitigen Seminars angefallen seien. Schließlich könne der Antragstellerin auch nicht vorgeworfen werden, dass sie nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt an einem Grundlagenseminar über Arbeitsrecht teilgenommen habe. Die Antragstellerin und der Betriebsrat haben beantragt, 1. der Arbeitgeberin aufzugeben, die Antragstellerin von der Zahlungsverpflichtung in Höhe von € 1.334,00 gegenüber dem Seminarveranstalter R3xxxx B1xxxx, K3xxxxxxxx D6xxxxx 24, 55xxx H5xxxxxx freizustellen und zwar durch Zahlung des genannten Betrages (€ 1.334,00) an R3xxxx B1xxxx,

2. der Arbeitgeberin aufzugeben, an die Antragstellerin € 857,90 zu erstatten.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, es fehle bereits an der Erforderlichkeit der Seminarteilnahme, da die Antragstellerin Grundlagenkenntnisse im Arbeitsrecht bereits während ihrer elfjährigen Tätigkeit als Vertrauensperson der Schwerbehinderten erworben habe. In dieser Zeit habe sie zumindest unregelmäßig an Sitzungen des Betriebsrats teilgenommen. Auch habe die Antragstellerin bei ihren bisherigen Schulungen den Ausschreibungen zufolge immer auch zusätzlich arbeitsrechtliche Grundlagen vermittelt bekommen. Auch aufgrund ihrer bisherigen 3,5-jährigen Tätigkeit als Betriebsratsmitglied müsse davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin über Grundkenntnisse im Arbeitsrecht verfüge. Welche Kenntnisse sie nicht habe, sei nicht mitgeteilt worden. Auch die Seminarthemen seien völlig allgemein gehalten. Bezeichnend sei im Übrigen, dass die Antragstellerin sich ausgerechnet von dem jetzigen Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates habe schulen lassen. Der Betriebsrat bediene sich ohnehin bei jeder aufkommenden rechtlichen Fragestellung der Hilfeleistung seines jetzigen Verfahrensbevollmächtigten. Auch insoweit sei davon auszugehen, dass weitere Kenntnisse im Bereich des Arbeitsrecht nicht erforderlich seien, weil dem Betriebsrat ohnehin eine umfassende Rechtsberatung zur Seite stehe.

Schließlich seien die Kosten für das streitige Seminar ungewöhnlich hoch und unverhältnismäßig. Insoweit verweise sie auf Schulungen mit gleichem oder ähnlichem Inhalt, die durch andere Seminarveranstalter in näherem Umkreis angeboten würden (Bl. 32 ff.d.A.). Diese Seminare seien auch von den Kosten her ortsangemessen. Aus welchen Gründen der Betriebsrat ein Seminar ausgesucht habe, das im Sommer in Eckernförde stattfinde, sei nicht nachvollziehbar. Im Konsensgespräch vom 31.01.2005 habe man sich dahin geeinigt, dass in Zukunft vornehmlich Seminare und Schulungen in der näheren Umgebung bevorzugt werden sollten.

Durch Beschluss vom 26.10.2005 hat das Arbeitsgericht die Anträge zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Seminarteilnahme der Antragstellerin sei nicht erforderlich gewesen. Aufgrund der langjährigen Tätigkeit der Antragstellerin als Vertrauensperson der Schwerbehinderten und der bisherigen Betriebsratsmitgliedschaft müsse davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin auch ausreichende Vorkenntnisse im allgemeinen Arbeitsrecht gehabt habe. Insoweit habe der Betriebsrat näher vortragen müssen, warum ausnahmsweise diese Grundkenntnisse nicht hätten gesammelt werden können. An einem derartigen substantiierten Sachvortrag fehle es.

Gegen den der Antragstellerin und dem Betriebsrat am 16.11.2005 zugestellten Beschluss, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, haben die Antragstellerin und der Betriebsrat am 07.12.2005 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 16.02.2006 mit dem am 15.02.2006 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Antragstellerin und der Betriebsrat sind weiter der Auffassung, dass die Seminarteilnahme der Antragstellerin im Juli 2005 erforderlich gewesen sei. Seit ihrer Wahl zum Betriebsratsmitglied im Jahre 2002 sei die Antragstellerin zunächst jährlich jeweils ein Mal im Betriebsverfassungsrecht geschult worden. Der Betriebsrat habe zunächst Wert darauf gelegt, dass die Antragstellerin Kenntnisse im Betriebsverfassungsrecht erwerben solle. Den jeweiligen Entsendungsbeschlüssen sei insoweit eine logische Reihenfolge zu entnehmen. Betriebsrat und Antragstellerin seien sich darüber einig gewesen, dass die Antragstellerin zu einem Seminar über Grundlagenkenntnisse im Arbeitsrecht erst nach Erwerb der Kenntnisse im Betriebsverfassungsrecht hätte entsandt werden sollen.

Die Antragstellerin hätte insoweit auch tatsächlich über ausreichende Grundkenntnisse im Arbeitsrecht gerade nicht verfügt. Auf den Seminarveranstaltungen, die sie im Jahre 1994 besucht habe, seien keine Grundkenntnisse im Arbeitsrecht vermittelt worden, sondern lediglich Grundkenntnisse aus dem Schwerbehindertenrecht. Bei der Veranstaltung "Agenda 2010 und Kündigungsschutz" habe es sich um einen dreistündigen Vortrag gehandelt, bei dem ebenfalls keine Grundkenntnisse im Arbeitsrecht vermittelt worden seien, wie sie Gegenstand des streitigen Seminars seien. Das Gleiche gelte für die übrigen Seminare, an denen die Antragstellerin teilgenommen habe.

Demgegenüber habe es sich bei dem streitigen Seminar um eine Grundlagenschulung gehandelt, für die es regelmäßig keiner näheren Darlegung der Erforderlichkeit bedürfe. Ohne Kenntnisse des allgemeinen Arbeitsrechts sei eine ordnungsgemäße Ausübung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats nicht möglich. Der Antragstellerin hätten Grundkenntnisse vermittelt werden müssen, aus denen sich Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern ergäben. Derartige Kenntnisse hätte die Antragstellerin nicht gehabt. Auf dem streitigen Seminar vom 11. bis 15.07.2005 seien die sich aus der Gliederungsübersicht ergebenden Punkte im Einzelnen besprochen und abgearbeitet worden. Darüber hinaus seien Neuerungen in Gesetzen erörtert und besprochen worden, wie Bestimmungen des Nachweisgesetzes, des Arbeitnehmerentsendegesetzes, des Berufsbildungsgesetzes, des Beschäftigtenschutzgesetzes, des Teilzeit- und Befristungsgesetzes etc.. Entsprechende Kenntnisse auf diesem Gebieten habe die Antragstellerin nicht gehabt. Auch aufgrund ihrer - nur unregelmäßigen - Teilnahme an Betriebsratssitzungen habe sie derartige Kenntnisse nicht erworben. Sofern sie an Sitzungen teilgenommen habe, habe sie feststellen müssen, dass sie wegen fehlender Grundkenntnisse zu den einzelnen besprochenen Fällen ohnehin nicht viel habe sagen können. Auch während der vorangegangenen Amtsperiode des Betriebsrats sei immer wieder festgestellt worden, dass der Antragstellerin die entsprechenden Grundkenntnisse im Arbeitsrecht gefehlt hätten. Dies habe sie auf Betriebsratssitzungen immer wieder betont. Erst daraufhin habe der Betriebsrat den Entsendungsbeschluss vom 12.04.2005 gefasst.

Es gebe auch keinen allgemeinen Erkenntnissatz, der dazu führe, dass ein Betriebsratsmitglied, das etwa drei Jahre im Betriebsrat tätig sei, über Grundkenntnisse im Arbeitsrecht verfüge. Diese Kenntnisse seien der Antragstellerin auch nicht auf den Seminaren im Betriebsverfassungsrecht vermittelt worden. Sie könne auch nicht auf das Wissen ihrer Betriebsratskollegen zurückgreifen. Der Betriebsratsvorsitzende D4xxx habe zuletzt im Februar 2004 an einem entsprechenden Seminar teilgenommen. Andere Betriebsratsmitglieder hätten eine entsprechende Schulung bisher nicht gehabt. Darüber hinaus müsse berücksichtigt werden, dass die Antragstellerin im Verlaufe der Amtsperiode die Stellvertreterin des stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden sei und den Betriebsratsvorsitzenden und dessen Stellvertreter bei gleichzeitiger Abwesenheit habe vertreten müssen.

Die Arbeitgeberin könne auch nicht darauf verweisen, dass die Antragstellerin zu kostengünstigeren Seminaren hätte entsandt werden müssen. Der Betriebsrat habe gerade Wert darauf gelegt, die Antragstellerin und weitere Betriebsratsmitglieder zu Seminaren zu entsenden, in denen Herr R3xxxx B1xxxx Seminarveranstalter und Referent sei. Dies liege in dem dem Betriebsrat zustehenden Beurteilungsspielraum. Der Betriebsrat habe das streitige Seminar eben gerade als höherwertig als andere Seminarveranstaltungen angesehen, weil der Verfahrensbevollmächtigte dort als der Referent tätig sei. Gerade dies sei ein wichtiges Auswahlkriterium des Betriebsrats bei seinem Entsendungsbeschluss gewesen. Bei anderen Seminarveranstaltern sei nämlich regelmäßig nicht bekannt, wer als Referent tätig sei.

Die Kosten des Seminars seien auch nicht unverhältnismäßig. Dies ergebe sich bereits daraus, dass die Arbeitgeberin selbst für eine Tagesschulung anderer Mitarbeiter deutlich mehr als 1.000,00 € aufwende.

Die Antragstellerin und der Betriebsrat beantragen,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 26.10.2005 - 6 BV 23/05 - abzuändern und

1. der Arbeitgeberin aufzugeben, die Antragstellerin von einer Zahlungsverpflichtung in Höhe von 1.334,00 € gegenüber dem Seminarveranstalter R3xxxx B1xxxx, K3xxxxxxxx D6xxxxx 24, 55xxx H5xxxxxx freizustellen, und zwar durch Zahlung des genannten Betrages von 1.334,00 € an R3xxxx B1xxxx,

2. der Arbeitgeberin aufzugeben, an die Antragstellerin 857,90 € zu erstatten.

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss und ist der Auffassung, mit der Beschwerde seien keine neuen tatsächlichen oder rechtlichen Erwägungen, die zu einer Abänderung führen könnten, vorgetragen worden. Die Antragstellerin habe aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit als Vertrauensperson der Schwerbehinderten und aufgrund ihrer Betriebsratstätigkeit einschlägige Kenntnisse auch im allgemeinen Arbeitsrecht erworben. Andernfalls hätte sie ihre Arbeit als Vertrauensfrau der Schwerbehinderten und als Betriebsrätin gar nicht sach- und fachgerecht ausüben können. Eine klare Trennung zwischen Schwerbehindertenrecht und Betriebsverfassungsrecht einerseits sowie Arbeitsrecht andererseits lasse sich ohnehin nicht treffen. Die Bereiche würden sich überschneiden, sodass die Klägerin auf den vorangegangenen Schulungen auch immer wieder Kenntnisse im allgemeinen Arbeitsrecht erworben habe. Gerade weil die Antragstellerin innerhalb des Betriebsrates als die Stellvertreterin des stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden gegolten habe, müsse davon ausgegangen werden, dass die übrigen Betriebsratsmitglieder sie als befähigt angesehen hätten, die Leitung des Betriebsrates insgesamt zu übernehmen. Eine solche Befähigung sei ohne allgemeine arbeitsrechtlichen Grundkenntnisse und ohne fachliche Kompetenz nicht möglich.

Darüber hinaus hätten auch andere Betriebsratsmitglieder, insbesondere der Betriebsratsvorsitzende, entsprechende Kenntnisse im allgemeinen Arbeitsrecht. Insoweit sei es problemlos möglich, andere erfahrene Mitglieder im allgemeinen Arbeitsrecht zu befragen und von deren Wissen zu profitieren. Warum die Antragstellerin über derartige Kenntnisse nicht verfüge und nicht ohne Weiteres auf die Kenntnisse der anderen Betriebsratsmitglieder zurückgreifen könne, trage sie nicht konkret vor. Insoweit spreche bereits ein Anschein dafür, dass die Antragstellerin auch über Grundkenntnisse im allgemeinen Arbeitsrecht verfüge. Innerhalb ihrer dreijährigen Praxis als Betriebsratsmitglied und der elfjährigen Praxis als Vertrauensperson für Schwerbehinderte sei es möglich gewesen, die Aufgaben zu erledigen, ohne einen entsprechenden Grundkurs besucht zu haben. Insoweit sei es nicht verständlich, warum nunmehr im letzten Viertel ihrer Amtszeit die Notwendigkeit zur Teilnahme an einer Grundlagenschulung im Arbeitsrecht plötzlich offenbar geworden sei.

Im Übrigen habe der Betriebsrat bei seinem Entsendungsbeschluss den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht beachtet.

Insbesondere aufgrund der Vereinbarung im Konsensgespräch vom 31.01.2005 habe der Betriebsrat für die Antragstellerin ein ortsnäheres Seminar aussuchen müssen. Bei dem Seminar in Eckernförde seien zusätzlich erhöhte Reise- und Übernachtungskosten angefallen. Bereits erstinstanzlich sei umfassend dargelegt worden, dass es Fortbildungsmaßnahmen in der näheren Umgebung des Betriebes der Arbeitgeberin gegeben habe. Warum der Betriebsrat die Antragstellerin immer zu einem Seminar entsendet habe, dass im Sommer an der Ostsee stattfinde, sei nicht ersichtlich.

Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzend Bezug genommen.

B.

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin und des Betriebsrates ist begründet.

I.

Der von der Antragstellerin und vom Betriebsrat gestellte Freistellungsantrag sowie der Zahlungsantrag sind zulässig.

1. Die Antragstellerin verfolgt ihr Begehren zutreffend im Beschlussverfahren nach den §§ 2 a, 80 Abs. 1 ArbGG. Zwischen den Beteiligten ist eine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit streitig. Die Beteiligten streiten nämlich um einen auf die §§ 40 Abs. 1, 37 Abs. 6 BetrVG gestützten Anspruch auf Freistellung von Kosten, die durch die Schulung von Betriebsratsmitgliedern entstanden sind (BAG, Beschluss vom 15.01.1992 - AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 41).

2. Neben der Antragstellerin und dem Arbeitgeber ist vom Arbeitsgericht auch zu Recht der Betriebsrat beteiligt worden, § 10, 83 Abs. 3 ArbGG. Aus § 83 Abs. 3 ArbGG ergibt sich, dass sich die Beteiligungsbefugnis nach materiellem Betriebsverfassungsrecht bestimmt. Beteiligter in allen Beschlussverfahren ist daher, wer von der zu erwartenden Entscheidung in einem betriebsverfassungsrechtlichen Recht oder Rechtsverhältnis unmittelbar betroffen wird. Neben den einzelnen Betriebsratsmitgliedern, die an einer Schulungsmaßnahme teilnehmen, ist auch der Betriebsrat an einem Verfahren auf Erstattung von Schulungskosten zu beteiligen, da er den Entsendungsbeschluss gefasst hat. Machen Betriebsratsmitglieder Ansprüche auf Kostenerstattung geltend, die ihnen durch den Besuch von Schulungsveranstaltungen entstanden sind, so ist in derartigen Verfahren auch der Betriebsrat zu beteiligen (BAG, Beschluss vom 03.04.1979 - AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 16; Germelmann/Matthes/Prütting/ Müller-Glöge, ArbGG, 5. Aufl., § 83 Rz. 52 m.w.N.).

II.

Der Anspruch auf Freistellung von den Seminarkosten für die streitige Schulungsveranstaltung sowie der geltend gemachten Zahlungsanspruch der Antragstellerin sind begründet.

Die Arbeitgeberin ist zur Tragung der Schulungskosten für die Antragstellerin in Höhe von 1.334,00 € für deren Teilnahme an der streitigen Schulungsmaßnahme vom 11. - 15.07.2005 sowie zur Erstattung der geltend gemachten Reise- und Übernachtungskosten in Höhe von 857,90 € nach § 40 Abs. 1 i.V.m. § 37 Abs. 6 BetrVG verpflichtet.

1. Nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Teilnahme von Betriebsratsmitgliedern an einer Schulungsveranstaltung nach § 37 Abs. 6 BetrVG zur Tätigkeit des Betriebsrats im Sinne des § 40 Abs. 1 BetrVG gehört und daher Schulungskosten als Kosten der Betriebsratstätigkeit anzusehen sind (BAG, Beschluss vom 31.10.1972 - AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 2; BAG, Beschluss vom 15.01.1992 - AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 41; BAG, Beschluss vom 28.06.1995 - AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 48; Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, BetrVG, 23. Aufl., § 40 Rz. 66; ErfK/Eisemann, 7. Aufl., § 40 BetrVG Rz. 9 m.w.N.).

Kosten für eine Schulungsveranstaltung sind vom Arbeitgeber jedoch nur dann zu erstatten, wenn auf der Schulungsveranstaltung Kenntnisse vermittelt worden sind, die für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich sind.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Schulungsveranstaltungen dann für die Betriebsratsarbeit erforderlich, wenn der Betriebsrat sie unter Berücksichtigung der konkreten betrieblichen Situation benötigte, um seine derzeitigen oder demnächst anfallenden Arbeiten sachgerecht wahrnehmen zu können. Hierzu bedarf es regelmäßig der Darlegung eines aktuellen, betriebsbezogenen Anlasses, um annehmen zu können, dass die auf der Schulungsveranstaltung zu erwerbenden Kenntnisse derzeit oder in naher Zukunft von dem zu schulenden Betriebsratsmitglied benötigt werden, damit der Betriebsrat seine Beteiligungsrechte sach- und fachgerecht ausüben kann (BAG, Beschluss vom 09.10.1973 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 4 ; BAG, Beschluss vom 06.11.1973 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 6 ; BAG, Beschluss vom 27.09.1974 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 18 ; BAG, Beschluss vom 07.06.1989 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 67 ; BAG, Urteil vom 15.02.1995 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 106; Fitting, a.a.O., § 37 Rz. 140, 141 f.; DKK/Wedde, BetrVG, 10. Aufl., § 37 Rz. 92 ff.; Weber, GK-BetrVG, 8. Aufl., § 37 Rz. 156 f.; ErfK/Eisemann, a.a.O., § 37 BetrVG Rz. 16 m.w.N). Für die Frage, ob eine sachgerechte Wahrnehmung der Betriebsratsaufgaben die Schulung gerade des zu der Schulungsveranstaltung entsandten Betriebsratsmitglieds erforderlich machte, ist darauf abzustellen, ob nach den aktuellen Verhältnissen des einzelnen Betriebes Fragen anstehen oder in absehbarer Zukunft anstehen werden, die der Beteiligung des Betriebsrates unterliegen und für die im Hinblick auf den Wissensstand des Betriebsrates und unter Berücksichtigung der Aufgabenverteilung im Betriebsrat eine Schulung gerade dieses Betriebsratsmitglieds geboten erscheint.

Einer konkreten Darlegung der Erforderlichkeit des aktuellen Schulungsbedarfs bedarf es allerdings dann nicht, wenn es sich um die Vermittlung von Grundkenntnissen im Betriebsverfassungsrecht oder im allgemeinen Arbeitsrecht für ein erstmals gewähltes Betriebsratsmitglied handelt. Kenntnisse des Betriebsverfassungsgesetzes als der gesetzlichen Grundlage für die Tätigkeit des Betriebsrates sind unabdingbare Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Betriebsratsarbeit (BAG, Beschluss vom 21.11.1978 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 35; BAG, Beschluss vom 16.10.1986 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 58; BAG, Beschluss vom 07.06.1989 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 67; BAG, Beschluss vom 20.12.1995 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 113; Fitting, a.a.O., § 37 Rz. 143 f.; Weber, a.a.O., § 37 Rz. 164 ff.; DKK/Wedde, a.a.O., § 37 Rz. 95 f.; ErfK/Eisemann, a.a.O., § 37 BetrVG Rz. 17 m.w.N.). Die Vermittlung von Grundkenntnissen des allgemeinen Arbeitsrechts ist stets, ohne einen aktualitätsbezogenen Anlass, als eine erforderliche Kenntnisvermittlung im Sinne des § 37 Abs. 6 BetrVG anzusehen (BAG, Beschluss vom 15.05.1986 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 54; BAG, Beschluss vom 16.10.1986 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 58; Fitting, a.a.O., § 37 Rz. 144; Weber, a.a.O., § 37 Rz. 166; DKK/Wedde, a.a.O., § 37 Rz. 96; ErfK/Eisemann, a.a.O., § 37 BetrVG Rz. 17).

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Entsendung eines Betriebsratsmitglieds zu einer Schulung erforderlich ist, handelt es sich um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffes, der dem Betriebsrat einen gewissen Beurteilungsspielraum offen lässt. Dies gilt insbesondere für den Inhalt der Veranstaltung als auch für deren Dauer (BAG, Beschluss vom 15.05.1986 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 54; BAG, Beschluss vom 16.10.1986 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 58; BAG, Beschluss vom 07.06.1989 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 67 unter I. 1. a) der Gründe; BAG, Beschluss vom 15.01.1997 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 118 unter B. 2. der Gründe; Fitting, a.a.O., § 37 Rz. 174; Weber, a.a.O., § 37 Rz. 195; DKK/Wedde, a.a.O., § 37 Rz. 127; ErfK/Eisemann, a.a.O., § 37 BetrVG Rz. 16).

2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Beschwerdekammer davon ausgegangen, dass die Teilnahme der Antragstellerin an dem Seminar vom 11. - 15.07.2005 erforderlich gewesen ist. Auf dem Seminar vom 11. - 15.07.2005 sind Grundkenntnisse im Arbeitsrecht vermittelt worden, die der Betriebsrat unter Berücksichtigung der konkreten betrieblichen Situation benötigt, um seine derzeitigen oder demnächst anfallenden Arbeiten sachgerecht wahrnehmen zu können, § 37 Abs. 6 BetrVG, § 96 Abs. 4 und 8 SGB IX.

a) In der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte ist anerkannt, dass die Vermittlung von Grundkenntnissen im allgemeinen Arbeitsrecht für erstmals fungierende Betriebsratsmitglieder grundsätzlich erforderlich ist. Insoweit kann bei erstmals gewählten Betriebsratsmitgliedern auf eine nähere Darlegung der Schulungsbedürftigkeit verzichtet werden. Bei aller Verschiedenheit der Betriebe und der betrieblichen Interessenvertretungen ist nämlich im allgemeinen davon auszugehen, dass der Betriebsrat grundlegende Kenntnisse auch im allgemeinen Arbeitsrecht alsbald oder doch jedenfalls aufgrund typischer Fallgestaltungen demnächst zur Wahrnehmung gesetzlich zugewiesener Aufgaben benötigt. Dieses Grundlagenwissen ist eine unabdingbare Voraussetzung für eine ordnungsgemäß Betriebsratsarbeit (BAG, Beschluss vom 15.05.1986 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 54; BAG, Beschluss vom 16.10.1986 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 58; BAG, Beschluss vom 19.07.1995 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 110; Fitting, a.a.O. § 37 Rz. 144, 164; Richardi/Thüsing, BetrVG, 10. Aufl., § 37 Rz. 91).

Die Antragstellerin war im Jahre 2002 erstmals in den bei Arbeitgeberin gebildeten Betriebsrat gewählt worden. An einer Schulungsmaßnahme im allgemeinen Arbeitsrecht hatte sie bisher nicht teilgenommen.

Die Arbeitgeberin kann die Antragstellerin in diesem Zusammenhang auch nicht auf das Vorhandensein von Grundkenntnissen im allgemeinen Arbeitsrecht bei anderen Betriebsratsmitgliedern verweisen. Grundkenntnisse auf dem Gebiet des allgemeinen Arbeitsrechts sind für jedes Betriebsratsmitglied zur Ausübung des Betriebsratsamtes unerlässlich. Das gilt nicht nur im Hinblick auf die allgemeine Überwachungspflicht des Betriebsrates nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG und die potentielle Beteiligung jedes Betriebsratsmitgliedes bei der Unterstützung einzelner Arbeitnehmer nach § 81 Abs. 4 Satz 3, § 82 Abs. 2 Satz 2, § 83 Abs. 1 Satz 2, § 84 Abs. 1 Satz 2 BetrVG, sondern vor allem auch deswegen, weil die Ausübung der Beteiligungsrechte, insbesondere im Bereich der sozialen Angelegenheiten, in erheblichem Umfang Kenntnisse des allgemeinen Arbeitsrechts voraussetzt. Das gilt nicht nur für einzelne, sondern für alle Betriebsratsmitglieder, weil anderenfalls eine sinnvolle Mitwirkung an der Beschlussfassung des Betriebsrats ausgeschlossen ist (BAG, Beschluss vom 16.10.1986 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 58; Weber, a.a.O., § 37 Rz. 187).

b) Entgegen der Rechtsauffassung der Arbeitgeberin entfällt die Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme im vorliegenden Fall auch nicht deshalb, weil die Schulungsveranstaltung erst im vierten Jahr der Amtszeit des Betriebsrates stattgefunden hat.

Richtig ist zwar, dass ein Betriebsratsmitglied, sofern es kurz vor dem Ende seiner Amtszeit an einer Schulungsveranstaltung teilnimmt, näher darlegen muss, aufgrund welcher besonderen Umstände des Einzelfalles eine solche Festlegung des Zeitpunktes der Schulungsteilnahme des Betriebsrates noch pflichtgemäßem Ermessen entsprochen hat. Bei einer Schulungsveranstaltung kurz vor Ablauf der Amtsperiode hat der Betriebsrat zu prüfen, ob das Betriebsratsmitglied die auf der Schulung vermittelten Kenntnisse noch während seiner Amtszeit in die Betriebsratsarbeit einbringen kann. Insoweit bedarf es einer konkreteren Darlegung der Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme (BAG, Beschluss vom 07.06.1989 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 67; BAG, Beschluss vom 09.09.1992 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 86; BAG, Urteil vom 28.08.1996 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 117; LAG Düsseldorf, Urteil vom 08.10.1991 - DB 1992, 636; Richardi/Thüsing, a.a.O., § 37 Rz. 117; einschränkend: DKK/Wedde, a.a.O., § 37 Rz. 112; Däubler, Handbuch Schulung und Fortbildung, 5. Aufl., Rz. 167 m. w. N.).

Der vorliegende Fall liegt jedoch schon anders als die übrigen von der Rechtsprechung genannten Entscheidungen, in denen die Schulungsmaßnahme wenige Wochen oder gar Tage vor Ende der Amtszeit des Betriebsrates stattfanden. Im vorliegenden Fall ist der Beschluss des Betriebsrates über die Entsendung der Antragstellerin zu dem streitigen Seminar knapp ein Jahr vor Ende der Amtszeit des Betriebsrates gefasst worden, die Schulungsmaßnahme fand ca. neun Monate vor Ende der Amtszeit statt. Entscheidend ist insoweit der Zeitpunkt der Beschlussfassung durch den Betriebsrat (BAG, Beschluss vom 08.03.2000 - AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 68; Weber a.a.O., § 37 Rz. 196; DKK/Wedde, a.a.O., § 37 Rz. 127). Bei den vorliegend genannten Zeiträumen von knapp 1 Jahr bzw. 9 Monaten lässt sich regelmäßig nicht absehen, welche Aufgaben auf den Betriebsrat bis zum Ablauf seiner Amtszeit noch zukommen werden und inwieweit zur Wahrnehmung seiner Aufgaben Schulungsbedarf besteht. Erfahrungsgemäß kann davon ausgegangen werden, dass mindestens in den letzten neun Monaten der Betriebsratstätigkeit Fälle vorkommen, in denen die Antragstellerin auf ihr neu erworbenes Wissen zurückgreifen und dieses Wissen auch anwenden konnte. Im Übrigen muss darauf hingewiesen werden, dass die Antragstellerin bei der im Jahre 2006 stattgefundenen Betriebsratswahl wiederum in den Betriebsrat gewählt worden ist.

In diesem Zusammenhang kann die Arbeitgeberin auch nicht auf die Entscheidung des Beschwerdegerichts vom 21.10.2005 - 13 TaBV 70/05 - verweisen. Auch die dort gegebene Fallgestaltung ist mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Das zu schulende Betriebsratsmitglied war in dem von der 13. Kammer entschiedenen Fall bereits seit Anfang des Jahres 2000 Betriebsratsmitglied, seit 2001 Betriebsratsvorsitzende und seit 2003 Gesamtbetriebsratsvorsitzende, ferner gehörte sie dem Wirtschaftsausschuss an; die Schulungsmaßnahme fand auch nicht - wie im vorliegenden Fall - ca. neun Monate vor Ende der Amtszeit des Betriebsrates statt, sondern ca. sechs Monate vor Ende der Amtszeit.

c) Entgegen der Rechtsauffassung der Arbeitgeberin ist die Erforderlichkeit der streitigen Schulungsmaßnahme auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Antragstellerin auf langjähriges Erfahrungswissen auf dem Gebiet des allgemeinen Arbeitsrechts zurückgreifen konnte.

Zwar können Grundkenntnisse des Arbeitsrechts regelmäßig auch durch langjährige Tätigkeit im Betriebsrat erworben werden. Sollte das im Einzelfall nicht zutreffen, muss der jeweilige Antragsteller die dafür sprechenden Umstände näher darlegen (BAG, Beschluss vom 16.10.1986 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 58; LAG Köln, Beschluss vom 02.12.1999 - AiB 2000, 359; LAG Köln, Beschluss vom 09.06.2000 - ARSt 2001, 18 = PersV 2001, 423; Fitting, a.a.O., § 37 Rz. 164; Richardi/Thüsing, a.a.O., § 37 Rz. 91; Weber, a.a.O., § 37 Rz. 166; weitergehend: LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 04.01.2000 - AiB 2000, 287; DKK/Wedde, a.a.O., § 37 Rz. 96).

Entgegen der von der Arbeitgeberin vertretenen Auffassung kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei der Antragstellerin um ein langjähriges Betriebsratsmitglied handelt, das aufgrund seiner vorangegangenen Tätigkeit über ausreichendes Erfahrungswissen auf dem Gebiet des allgemeinen Arbeitsrechts verfügte. Unstreitig ist zwischen den Beteiligten, dass die Antragstellerin 2002 erstmals in den Betriebsrat gewählt worden ist. In den vom LAG Köln (a.a.O). entschiedenen Fällen handelte es sich hingegen um langjährige Betriebsratsmitglieder, deren Amtszeit eine Wahlperiode überstiegen hatte. Demgegenüber befand sich die Antragstellerin des vorliegenden Verfahrens in der ersten Amtsperiode. Auch der Umstand, dass die Antragstellerin seit 1994 Vertrauensperson der Schwerbehinderten war, lässt nicht automatisch darauf schließen, dass die Antragstellerin über ausreichendes Erfahrungswissen auf dem Gebiet des allgemeinen Arbeitsrechts verfügte. Die Antragstellerin hat in der Beschwerdeinstanz unwidersprochen vorgetragen, dass sie als Vertreterin der Schwerbehinderten von der Arbeitgeberin nicht ernst genommen und auch nicht ausreichend informiert und beteiligt worden sei. Darüber hinaus hat die Antragstellerin ebenso wie der Betriebsrat vorgetragen, dass ihr die entsprechenden Grundkenntnisse im Arbeitsrecht gefehlt hätten, die ihr im Seminar vermittelten Kenntnisse seien zuvor nicht vorhanden gewesen. Dies hat die Antragstellerin in der Beschwerdeinstanz weiter erläutert und insbesondere mitgeteilt, auf welchen Gebieten des allgemeinen Arbeitsrechts ihr entsprechende Kenntnisse gefehlt hätten. Diesem Vorbringen der Antragstellerin ist die Arbeitgeberin nicht mit substantiierten Einwendungen entgegengetreten. Die Arbeitgeberin kann dem Vorbringen der Antragstellerin auch nicht entgegenhalten, es sei unsubstantiiert. Die Anforderungen an den Beibringungsgrundsatz würden grundsätzlich überspannt, wollte man vom Betriebsrat in derartigen Fällen verlangen, persönliche Defizite einzelner Betriebsratsmitglieder mehr als im vorliegenden Fall geschehen zu offenbaren (LAG Sachen, Beschluss vom 22.11.2002 - NZA-RR 2003, 420).

3. Der Betriebsrat hat bei der Entsendung der Antragstellerin zu der streitigen Schulungsveranstaltung auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet. Es ist bereits darauf hingewiesen worden, dass es sich bei der Beurteilung der Frage, ob die Entsendung eines Betriebsratsmitglieds zu einer Schulung erforderlich ist, um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs handelt, der dem Betriebsrat einen gewissen Beurteilungsspielraum offen lässt.

Der Betriebsrat hat den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum weder hinsichtlich des Zeitpunktes der Schulungsmaßnahme, noch hinsichtlich des Seminarortes überschritten.

a) Das Bundesarbeitsgericht hat in ständiger Rechtsprechung Schulungsveranstaltungen mit einer Dauer von einer Woche grundsätzlich als erforderlich angesehen (BAG, Beschluss vom 06.11.1973 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 5; BAG, Beschluss vom 27.11.1973 - AP ArbGG 1953 § 89 Nr. 9; Fitting, a.a.O., § 37 Rz. 173; DKK/Wedde, a.a.O., § 37 Rz. 117 m.w.N.).

b) Es kann auch nicht beanstandet werden, dass der Betriebsrat die Grundlagenschulung im allgemeinen Arbeitsrecht erst im vierten Jahr der Amtszeit der Antragstellerin für erforderlich gehalten hat, weil er zunächst Wert darauf gelegt hat, dass die Antragstellerin Veranstaltungen zum Betriebsverfassungsrecht besucht. Die Entsendung der Antragstellerin zu einem Grundlagenseminar im allgemeinen Arbeitsrecht im ersten oder zweiten Jahr ihrer Amtszeit wäre zwar für eine ordnungsgemäße Betriebsratsarbeit sinnvoll gewesen, hätte aber betriebliche Abläufe unter Umständen mehr als erforderlich behindert, weil die Antragstellerin bei einer zusätzlichen Teilnahme an einem betriebsverfassungsrechtlichen Seminar insgesamt zwei Wochen jährlich abwesend gewesen wäre. Wenn der Betriebsrat ein Betriebsratsmitglied jeweils nur einmal im Jahr für eine Woche auf ein Seminar, deren Teilnahme erforderlich ist, entsendet, liegt dies im nicht zu beanstandenden Beurteilungsspielraum des Betriebsrates.

c) Schließlich kann die Arbeitgeberin auch nicht beanstanden, dass die Antragstellerin zu einem Grundlagenseminar im allgemeinen Arbeitsrecht entsandt worden ist, das in Eckernförde stattgefunden hat.

Zwar ist auffällig, dass die Antragstellerin seit ihrer Mitgliedschaft im Betriebsrat jeweils im Sommer eines jeden Jahres an einer Schulungsveranstaltung, die jeweils in Eckernförde an der Ostsee stattfand, teilgenommen hat. Richtig ist auch, dass es der Teilnahme an einer bestimmten Schulungsveranstaltung dann nicht bedarf, wenn sich der Betriebsrat vergleichbare Kenntnisse zumutbar und kostengünstiger auf andere Weise verschaffen kann (BAG, Beschluss vom 15.05.1986 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 54; BAG, Beschluss vom 20.12.1995 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 113; LAG Düsseldorf, Beschluss vom 21.10.1975 - DB 1976, 1115).

Aus dem Grundsatz, dass der Arbeitgeber nur die erforderlichen Kosten zu tragen hat, ergibt sich aber keine Verpflichtung des Betriebsrates, das Betriebsratsmitglied bei mehreren gleichartigen Schulungsveranstaltungen an der kostengünstigeren teilnehmen zu lassen, wenn diese seiner Ansicht nach im Verhältnis zur anderen als qualitativ geringwertiger anzusehen ist. Bei der Wahl zwischen einer qualitativ höherwertigen Schulungsveranstaltung mit erhöhten Kosten und einer weniger guten mit geringeren Kosten ist im Interesse einer sachgerechten Schulung im Zweifel der qualitativ höherwertigen Schulung der Vorzug zu geben, vorausgesetzt, dass sich deren Kosten nicht in einem unangemessenen Rahmen bewegen. Nur wenn mehrere gleichzeitig angebotene Veranstaltungen auch nach Ansicht des Betriebsrates im Rahmen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraumes als qualitativ gleichwertig anzusehen sind, kann eine Beschränkung der Kostentragungspflicht des Arbeitgebers auf die Kosten der preiswerteren in Betracht kommen.

Der Rahmen des dem Betriebsrates zustehenden Beurteilungsspielraums ist auch im vorliegenden Fall nicht überschritten worden. Der Betriebsrat hat insoweit unwidersprochen vorgetragen, dass er aufgrund seiner Erfahrungen, die er mit den Schulungen seines Verfahrensbevollmächtigten gemacht hat, großen Wert darauf gelegt hat, die Betriebsratsmitglieder zu Veranstaltungen zu entsenden, an denen der Verfahrensbevollmächtigte als Referent tätig ist. Insoweit hat der Betriebsrat die von seinem Verfahrensbevollmächtigten veranstalteten Seminare als höherwertig als andere Seminarveranstaltungen, bei denen er den jeweiligen Referenten nicht kennt, angesehen. Bei den von der Arbeitgeberin vorgelegten Seminarausschreibungen waren insbesondere die Namen der Referenten nicht angegeben. Dieser Umstand erscheint ausreichend, um die Antragstellerin zu dem vom Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats veranstalteten Seminar zu entsenden. Im Rahmen des dem Betriebsrat zustehenden Beurteilungsspielraums kann der Betriebsrat nämlich seine Auswahlentscheidung auch vom Veranstalter abhängig machen und berücksichtigen, dass durch den Veranstalter bzw. den Referenten ein Vertrauensverhältnis geschaffen worden ist, das den Schulungserfolg fördert (vgl. BAG, Beschluss vom 28.06.1995 - AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 48; Fitting, a.a.O., § 40 Rz. 74; DKK/Wedde, a.a.O., § 40 Rz. 60). Insoweit durfte der Betriebsrat der von seinem Verfahrensbevollmächtigten veranstalteten Schulungsmaßnahme, auf der dieser zusätzlich als Referent tätig ist, den Vorzug geben, auch wenn diese Schulungsmaßnahme höhere Kosten verursacht als die von der Arbeitgeberin vorgeschlagenen Schulungsveranstaltungen.

Auch die im Konsensgespräch vom 31.01.2005 zwischen Betriebsrat und Arbeitgeberin getroffene Vereinbarung ist durch den Entsendebeschluss des Betriebsrats vom 12.04.2005 nicht verletzt worden. Die Kosten des Seminars vom 11. bis 15.07.2005 bewegen sich jedenfalls nicht in einem unangemessenen Rahmen.

III.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat die Beschwerdekammer die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht nach den §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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