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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 08.08.2008
Aktenzeichen: 10 TaBV 21/08
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 80 Abs. 3
BetrVG § 111 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Paderborn vom 29.11.2007 - 1 BV 23/07 - wird zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

A

Im vorliegenden Verfahren begehrt der Betriebsrat seine Beteiligung an einer geplanten Betriebsänderung sowie die Hinzuziehung seines Verfahrensbevollmächtigten als Sachverständigen.

Die Arbeitgeberinnen betreiben in B1 L1 mehrere Kliniken, in denen insgesamt ca. 750 Mitarbeiter beschäftigt sind. Antragsteller des vorliegenden Verfahrens ist der für die Arbeitgeberinnen, die Beteiligten zu 2. bis 5., gewählte einheitliche Betriebsrat.

Die Arbeitgeberinnen befinden sich seit geraumer Zeit in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Seither wurden zahlreiche Überlegungen angestellt, das Gesamtunternehmen umzustrukturieren und die Kliniken grundlegend neu zu organisieren.

Mit Schreiben vom 30.06.2006 (Bl. 19 d.A.) überreichte die Beteiligte zu 2. dem Betriebsrat einen Ausdruck eines Strukturkonzepts "Wir schaffen Zukunft". Dieses Konzept war von der Gesellschaft "N1 P4 K4-M4 GmbH" erarbeitet worden. Geschäftsführer dieser Gesellschaft war Herr Prof. Dr. G3, der zuvor auch in die Geschäftsführung der Beteiligten zu 2. berufen worden war. Auf den Inhalt des Folienkonzepts "Wir schaffen Zukunft", das dem Betriebsrat mit Schreiben vom 30.06.2006 überreicht worden war (Bl. 20 ff.d.A.) wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 12.07.2006 (Bl. 46 d.A.) teilte der Aufsichtsratsvorsitzende der Beteiligten zu 2. sämtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit, dass die Beteiligte zu 2. inzwischen beschlossen habe, sämtliche Geschäftsbeziehungen mit der n2 P4 GmbH abzubrechen, den Kooperationsvertrag mit der n2 P4 GmbH fristlos zu kündigen und Herrn Prof. G3 als Geschäftsführer mit sofortiger Wirkung abzuberufen. Gleichzeitig heißt es im Schreiben vom 12.07.2006 weiter:

"Die Gremien des M1 haben sich auch in dieser Sitzung mit der vor kurzem vorgestellten Strukturveränderung beschäftigt. Dieses Konzept, das von Prof. G3 und Herrn J2 gemeinsam erarbeitet worden ist, ist weiterhin notwendig und richtig und wird mit aller Kraft - auch mit zusätzlicher fachlicher Unterstützung - fortgesetzt. Viele Fragen sind noch aufzuarbeiten. Wir haben uns vorgenommen, bereits Mitte September die erforderlichen Beschlüsse zu treffen. Wenn möglich soll die Umsetzung zum Jahresbeginn 2007 erfolgen. Wir werden Sie über Einzelheiten weiter informieren."

Der Betriebsrat beauftragte daraufhin im Juli 2006 seinen derzeitigen Verfahrensbevollmächtigten mit der sachverständigen Beratung des Betriebsrats.

Der Verfahrensbevollmächtigte wandte sich daraufhin mit Schreiben vom 19.07.2006 (Bl. 48 ff.d.A.) an die Beteiligte zu 2. und bat um die Beantwortung von insgesamt 17 Fragen. Weiter bat er um die Zustimmung zum Einsatz seiner Person als Sachverständiger des Betriebsrats.

Mit Schreiben vom 28.07.2006 (Bl. 52 d.A.) teilte die Arbeitgeberin zu 2. mit, dass das dem Betriebsrat überreichte Folienkonzept lediglich grobe Überlegungen wiedergebe, die im Rahmen einer vorhergehenden Überlegungs- und anschließenden Planungsphase unter Einschaltung einer Arbeitsgruppe erst noch einer Konkretisierung zugeführt werden müsse; erst wenn ein Planungsstadium erreicht sei, welches konkrete Aussagen zulasse, könnten weitergehende detailierte Informationen gegeben werden.

Mit Schreiben vom 08.08.2006 (Bl. 54 d.A.) teilte der Betriebsrat daraufhin mit, dass er erwarte, dass er auch bereits im Planungsstadium einbezogen werde, um ihm die Möglichkeit zu belassen, die Inhalte der beabsichtigten Maßnahmen zu beeinflussen.

Die Arbeitgeberin zu 2. erwiderte daraufhin mit Schreiben vom 16.08.2006 (Bl. 55 d.A.), dass der Betriebsrat noch nicht in Überlegungen eingeschaltet werden könne, die noch nicht abgeschlossen seien.

Mit Schreiben vom 15.11.2006 (Bl. 57 d.A.) erinnerte der Betriebsrat die Arbeitgeberin zu 2. an die Beantwortung der im Schreiben vom 19.07.2006 gestellten Fragen.

Mit Schreiben vom 20.12.2006 (Bl. 149 f.d.A.) wurde dem Betriebsrat mitgeteilt, dass der Aufsichtsrat der Gesellschafterversammlung die Gründung mehrerer Betriebsgesellschaften und die Gründung weiterer Servicegesellschaften empfehlen werde; die Geschäftsführung werde beauftragt, hierfür Grundlagen zu erarbeiten und mit den Tarifvertrags- und Betriebsparteien die notwendige Abstimmung durchzuführen.

Mit Schreiben vom 18.05.2007 (Bl. 58 d.A.) erinnerte der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats die Arbeitgeberin zu 2. erneut an die Beantwortung seiner Anfrage vom 19.07.2006.

Die Arbeitgeberin teilte daraufhin mit Schreiben vom 25.05.2007 (Bl. 60 d.A.) mit, dass die bisherigen Überlegungen der Geschäftsführung noch nicht zum Abschluss gekommen seien. Diese Überlegungen könnten erst dann Basis weiterer Maßnahmen seien, wenn feststehe, ob sich eine Fortsetzung der gegenwärtigen Tarifsituation realisieren lasse; das weitere Vorgehen hänge vom Ausgang der derzeit geführten Tarifverhandlungen ab.

Bereits im Herbst des Jahres 2006 war dem Betriebsrat ein Konzept für den Ausspruch von ca. 50 Kündigungen aus betriebsbedingten Gründen vorgelegt worden; hierüber fanden Verhandlungen zwischen dem Betriebsrat und der Beteiligten zu 2. im September 2006 statt. Zum Ausspruch der beabsichtigten 50 betriebsbedingten Kündigungen kam es jedoch wegen der erforderlichen Zustimmung der Tarifvertragsparteien nicht.

Mit Schreiben vom 21.11.2006 (Bl. 71 f.d.A.) wurden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erneut über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens und den beabsichtigten Umstrukturierungen unterrichtet; gleichzeitig wurde mitgeteilt, dass auf Seiten des Aufsichtsrats noch keine abschließende Beschlussfassung zu dem Strukturkonzept "Wir schaffen Zukunft" habe erfolgen können, weitere Erörterungen seien geplant.

Zum Jahreswechsel 2006/07 wurde bei den Arbeitgeberinnen ein zentraler Schreibdienst eingerichtet und die Küchenversorgung zentral neu gestaltet. Auf die an den Betriebsrat gerichteten Schreiben vom 29.11.2006 (Bl. 162 d.A.) und vom 05.12.2006 (Bl. 171 f.d.A.) wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 08.03.2007 (Bl. 73 ff.d.A.) wurde der Betriebsrat über beabsichtigte Veränderungen in der Personalausstattung der jeweiligen Kliniken unterrichtet.

Die in den Kliniken anfallenden Arbeiten der technischen Betriebsführung, der Wartung, Inspektion und Instandsetzung, die bisher von der Firma N3 erledigt wurden, wurden ab dem 01.12.2007 von den Beteiligten zu 2. und 4. in Eigenregie übernommen. Auf das Beschlussverfahren 1 BV 53/07 Arbeitsgericht Paderborn, dessen Akten beigezogen worden sind, wird Bezug genommen.

Mit dem am 14.06.2007 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren machte der Betriebsrat die Hinzuziehung seines Verfahrensbevollmächtigten als Sachverständigen nach § 80 Abs. 3 BetrVG und das Vorliegen einer geplanten Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG geltend.

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, das Strukturkonzept "Wir schaffen Zukunft" enthalte die Planung einer Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG, an der der Betriebsrat zu beteiligen sei. Wegen der geplanten Betriebsänderung müssten die Arbeitgeberinnen auch einer Beauftragung des Verfahrensbevollmächtigten durch den Betriebsrat als Sachverständigen und Berater des Betriebsrats zustimmen. Die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten sei erforderlich. Die Vorstellungen der Geschäftsleitung, über die der Betriebsrat bereits Mitte 2006 unterrichtet worden seien, seien seit langem aus dem groben Überlegungsstadium und dem Stadium der Vorüberlegungen herausgetreten. Dass die Weiterführung des Konzepts "Wir schaffen Zukunft" von der Tarifsituation und den Verhandlungen zwischen den Tarifvertragsparteien abhänge, sei kaum glaubhaft. Zahlreiche Betriebsänderungen seien seit dem Jahre 2006 eingeleitet und durchgeführt worden. Die Arbeitgeberinnen könnten sich nicht darauf zurückziehen, dass es sich bei dem Strukturkonzept "Wir schaffen Zukunft" um bloße Vorüberlegungen handele; von einem Unternehmen, das angeblich vor dem finanziellen Kollaps stehe, könne mehr erwartet werden, als über Jahre permanent nur grobe Vorüberlegungen anzustellen. Es gebe ein vollständiges Konzept zur Umstrukturierung des Unternehmens. Aus den schriftlichen Verlautbarungen der Arbeitgeberinnen sei erkennbar, dass beabsichtigt sei, zahlreiche neue GmbHs zu gründen. Der Betriebsrat sei auch über zahlreiche Änderungen in der Personalausstattung unterrichtet worden.

Der Betriebsrat hat beantragt,

1. die Antragsgegnerinnen zu 2.- 5. zu verpflichten, einer Beauftragung des Rechtsanwalts G4 I1 durch den Antragsteller als Sachverständiger und Berater des Betriebsrates zu folgenden Gegenständen und Themen zuzustimmen:

a) Beratung zu der Rechtsfrage, ob mit der Präsentationsdarstellung vom 30.06.2006, den Kündigungsabsichten gemäß dem Schreiben der Arbeitgeberin vom 14.09.2006 und 08.03.2007 und den weiteren bekannt gewordenen Umstrukturierungsplänen der Antragsgegnerinnen ein Beteiligungsrecht des Antragstellers nach den §§ 111, 112, 112 a BetrVG besteht,

b) Unterstützung des Betriebsrates bei der Informationsbeschaffung über die für das Kalenderjahr 2007 geplanten Betriebsänderungen und die Beratung und die Beratung über deren Auswirkungen auf die Arbeitnehmer des Betriebs,

c) Teilnahme an Verhandlungen zum Abschluss eines Interessenausgleiches und Sozialplans über die

- Aufspaltung der Unternehmen in mehrere Besitz- und Betriebsgesellschaften für Klinik-Fachbereiche, eine Personalservice- und eine Managementgesellschaft

- Verschmelzung von einzelnen Unternehmen des Konzerns

- Verschiebung von Personalüberhängen in den jeweiligen Funktionsbereichen und Zuordnung von Mitarbeitern zu neuen Unternehmen

- Maßnahmen eines allgemeinen Personalabbaus

- grundliegenden Organisationsänderungen im Service und Pflegebereich

- Gestaltung der betrieblichen Zusatzversorgung bei einer Neustrukturierung

2. die Antragsgegnerinnen zu 2.-5. zu verpflichten, mit Herrn Rechtsanwalt G4 I1 eine Vereinbarung abzuschließen für seine nach Aufwand zu vergütende Berater-Tätigkeit gemäß den vorstehenden Ziffer 1), zu einem Satz von 50,00 € zuzüglich Mehrwertsteuer für jede Zeiteinheit von 15 Minuten einschließlich der Reisezeit und für den Ersatz notwendiger Auslagen,

hilfsweise

die Antragsgegnerinnen zu 2.-5. zu verpflichten, Herrn Rechtsanwalt G4 I1 eine angemessene Vergütung, hilfsweise eine Vergütung nach dem RVG zuzusagen,

3. festzustellen, dass bereits das Strukturkonzept "Wir schaffen Zukunft" die Planung einer Betriebsänderung i.S.d. § 111 BetrVG enthält und der Betriebsrat im Rahmen der Konzepterstellung für eine neue Unternehmensstruktur nach den §§ 111 ff BetrVG zu beteiligen ist.

Die Arbeitgeberinnen haben beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Sie haben die Auffassung vertreten, dass eine geplante Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG trotz des Strukturkonzepts "Wir schaffen Zukunft" nicht vorliege. Zwar gebe es seit Jahren Überlegungen, die, wenn sie durchgeführt würden, Beteiligungsrechte des Betriebsrats auslösen könnten. Diese Überlegungen, zu denen auch dem Betriebsrat mit Schreiben vom 30.06.2006 überreichte Strukturkonzept gehöre, seien aber aus dem Stadium der Vorüberlegungen zu keinem Zeitpunkt herausgetreten. Zurzeit gebe es keine konkreten Planungen, die eine Betriebsänderung ausgelöst hätten oder auslösen könnten. Auch das Strukturkonzept "Wir schaffen Zukunft" sei zurzeit nicht in einer konkreten Planungsphase. Aus dem zwischen den Beteiligten geführten Schriftverkehr ergebe sich lediglich, dass es sich bei dem Strukturkonzept um bloße Vorüberlegungen gehandelt habe, die weitergehenden Überlegungen, weiteren Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozessen bedürften, um Beteiligungsrechte des Betriebsrates auszulösen. In dem vorangegangenen Schriftverkehr sei auch deutlich gemacht worden, dass bei diesen Vorüberlegungen der Abschluss der Tarifverhandlungen von großer Bedeutung gewesen sei. Diese Tarifverhandlungen hätten unter anderem eine Reduktion der finanziellen Belastungen zum Inhalt gehabt, um dadurch kurzfristig mögliche Insolvenzsituationen zu vermeiden. Diese Tarifverhandlungen seien - wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist - erst Ende des Jahres 2007 endgültig zum Abschluss gekommen. Durch den Abschluss der neuen Tarifverträge sei es gelungen, die Insolvenzsituation abzuwenden und den Fortbestand des Unternehmens zumindest kurz- und mittelfristig sicherzustellen. Konkrete Planungen hinsichtlich der Umsetzung des Mitte 2006 erstellten Strukturkonzepts "Wir schaffen Zukunft" gebe es derzeit nicht.

Durch Beschluss vom 29.11.2007 hat das Arbeitsgericht die Anträge des Betriebsrats abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, eine Tätigkeit des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats als Sachverständiger und Berater komme nicht in Betracht, weil seitens der Arbeitgeberin konkrete Planungen bezüglich einer Betriebsänderung nicht vorlägen. Derartige Maßnahmen ergäben sich auch nicht aus dem Strukturkonzept "Wir schaffen Zukunft". Es sei nicht erkennbar, dass seitens der Arbeitgeberinnen konkrete Maßnahmen ergriffen worden seien, dieses Strukturkonzept tatsächlich zu realisieren.

Gegen den dem Betriebsrat am 10.01.2008 zugestellten Beschluss, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat der Betriebsrat am 05.02.2008 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese mit dem am 10.03.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Betriebsrat, der im Beschwerdeverfahren seine Anträge umgestellt und angepasst hat, ist nach wie vor der Auffassung, dass bereits das Strukturkonzept " Wir schaffen Zukunft" die Planung einer Betriebsänderung enthalte und die Beteiligungsrechte des Betriebsrats auslöse. Insoweit sei der Einsatz des Verfahrensbevollmächtigten als Sachverständiger für die Begleitung dieser Umstrukturierungspläne erforderlich. Der Betriebsrat müsse eine sachverständige Beratung hinsichtlich dieser Umstrukturierungspläne bekommen, für die die Arbeitgeberinnen die Kosten tragen müssten.

Auch das Arbeitsgericht sei der Auffassung, dass die beschriebenen Maßnahmen bei entsprechender Durchführung Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats auslösen würden. Das vorliegende Beschlussverfahren sei auch bereits zum jetzigen Zeitpunkt erforderlich, weil der Betriebsrat rechtzeitig über geplante Betriebsänderungen unterrichtet werden müsse, damit sein Beratungsrecht nicht leerlaufe. Die Planungen der Arbeitgeberinnen seien weit aus dem Stadium der Vorüberlegungen herausgetreten. Die bereits im Jahre 2006 ins Auge gefassten Maßnahmen seien in der Folgezeit umgesetzt und in Festform gegossen worden. Unstreitig sei, dass bestimmte Maßnahmen im Jahre 2007 bereits durchgeführt worden seien. Dies gelte insbesondere für die Zentralisierung der Küchenbereiche und des Schreibbüros. Die Arbeitgeberin habe auch tatsächlich mindestens 13 betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen und diese mit Maßnahmen des Strukturkonzepts begründet. Mit zahlreichen Mitarbeitern seien Aufhebungsverträge abgeschlossen worden.

Mit Schreiben vom 20.12.2006 sei die Gründung von fünf neuen Betriebs-GmbHs und von fünf weiteren Servicegesellschaften ins Auge gefasst worden. Die Geschäftsführung sei gerade nicht gebeten worden, nur unverbindliche Vorüberlegungen anzustellen, sondern mit dem Betriebsrat über die geplanten Betriebsänderungen gemäß dem Strukturkonzept mit dem Ziel der Einigung einer Abstimmung herbeizuführen. Das Konzept beinhalte sowohl eine Restrukturierung des Unternehmens durch Aufspaltung und Neugründung von Betrieben und Unternehmen wie auch eine Anpassung der Personalstruktur. Bei der M1 P1-GmbH, die Ende 2006 gegründet worden sei, seien inzwischen 13 Arbeitnehmer neu eingestellt worden.

Ferner sei Anfang des Jahres 2008 auch die C2 neu gegründet worden.

Derzeit sei die Zentralisierung der Therapie und Disposition in Rehabilitationskliniken geplant. Hierüber sei der Betriebsrat mit Schreiben vom 25.02.2008 (Bl. 179 d.A.) unterrichtet worden.

Alle Veränderungen in der Organisation der Kliniken gingen mit der Einstellung von zahlreichen neuen Leitungskräften einher (Bl. 173 ff., 181 ff.). Dies sei auch alles Gegenstand des Strukturkonzepts "Wir schaffen Zukunft" aus dem Jahre 2006.

Im Hause der Arbeitgeberinnen seien darüber hinaus mehrere Unternehmensberatungen regelmäßig tätig. Dies habe zur Folge, dass auch der Betriebsrat durch seinen Verfahrensbevollmächtigten sachverständig beraten werden müsse. Die Honorarforderung sei bescheiden und übersichtlich.

Der Betriebsrat beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Paderborn vom 29.11.2007 - 1 BV 23/07 - abzuändern und

1. festzustellen, dass das Strukturkonzept "Wir schaffen Zukunft" vom 30.06.2006 die Planung einer Betriebsänderung i.S.d. § 111 BetrVG enthält und der Betriebsrat schon jetzt bei der Gestaltung der neuen Betriebsstruktur nach den §§ 111 ff BetrVG zu beteiligen ist,

2. die Antragsgegnerinnen zu 2.-5. zu verpflichten, einer Beauftragung des Rechtsanwalts G4 I1 durch den Antragsteller als Sachverständigen und Berater des Betriebsrates zu folgenden Gegenständen zuzustimmen:

a) Beratung zu der Rechtsfrage, ob mit der Präsentationsdarstellung vom 30.06.2006, den Kündigungsabsichten gemäß den Schreiben der Arbeitgeberin vom 14.09.2006 und 08.03.2007 und den nachfolgend bekannt gewordenen Umstrukturierungsplänen der Antragsgegnerinnen ein Beteiligungsrecht des Antragstellers nach den §§ 111, 112, 112 a BetrVG besteht.

b) Unterstützung des Betriebsrates bei der Informationsbeschaffung über die geplanten Betriebsänderungen der nachfolgenden Ziffer c und die Beratung des Betriebsrats über deren Auswirkungen auf die Arbeitnehmer des Betriebs.

c) Unterstützung und Teilnahme an Verhandlungen zum Abschluss eines Interessenausgleiches und Sozialplans über die

Aufspaltung der Unternehmen und Betriebe in mehrere Besitz- und Betriebsgesellschaften für Klinik-Fachbereiche, eine Personalservice- und eine Management-Gesellschaft

Verschmelzung mit einzelnen Unternehmen

Verschiebung von Personalüberhängen in den jeweiligen Funktionsbereichen und Zuordnung von Mitarbeitern zu neuen Betrieben und Unternehmen

Maßnahmen eines allgemeinen Personalabbaus

Schließung der A3-V2-Klinik durch Konzentration auf vier R2-GmbHs

grundlegenden Organisationsänderungen im Service- und Pflegebereich

Neu-Gestaltung der betrieblichen Zusatzversorgung der Mitarbeiter

Überleitung des Personals auf die Betriebs-, Service- und Führungsgesellschaften wie insbesondere im Zusammenhang mit der

- Neugründung M4 H5

- Ausgliederung einer E1 GmbH

- Personalservicegesellschaft

3. die Antragsgegnerinnen zu 2.-5. zu verpflichten, mit Herrn Rechtsanwalt G4 I1 eine Vereinbarung abzuschließen für seine nach Aufwand zu vergütende Berater-Tätigkeit gemäß der vorstehenden Ziffer 1. zu einem Satz von 50,00 € zuzüglich Mehrwertsteuer für jede Zeiteinheit von 15 Minuten einschließlich der Reisezeit und für den Ersatz notwendiger Auslagen

hilfsweise

die Antragsgegnerinnen zu 2.-5. zu verpflichten, Herrn Rechtsanwalt G4 I1 eine angemessene Vergütung, hilfsweise eine Vergütung nach dem RVG zuzusagen.

Die Arbeitgeberinnen beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigen den erstinstanzlichen Beschluss und sind nach wie vor der Auffassung, dass aufgrund des Strukturkonzepts "Wir schaffen Zukunft" keine Planung einer Betriebsänderung vorgelegen habe und auch derzeit nicht vorliege. Dieses Konzept habe im Kern in einer Betriebsaufspaltung in Besitz- und mehreren Betriebsgesellschaften bestanden und seit damals von der n2 P4 GmbH erarbeitet worden, mit der seinerzeit sämtliche Geschäftsverbindungen bereits im Juli 2006 beendet worden seien. Dieses Konzept, ein bloßes Folienkonzept mit wenigen Schlagworten, sei aus den Vorüberlegungen nie herausgekommen und werde derzeit auch nicht umgesetzt.

Die Arbeitgeberinnen hätten infolge der wirtschaftlichen Situation lediglich punktuell einzelne Maßnahmen durchgeführt. Eine Betriebsaufspaltung im Sinne des Strukturkonzepts habe zu keinem Zeitpunkt stattgefunden. Es seien auch keine Neugründungen im Sinne des Strukturkonzepts "Wir schaffen Zukunft" vorgenommen worden. Die M1-V1 GmbH stehe schon seit Mitte 2004, die M1-P1 GmbH sei Anfang des Jahres 2006 gegründet und seit Mitte 2006 tätig geworden. Auch die Neugründung der C2 entspringe nicht dem Konzept "Wir schaffen Zukunft". Die rechtliche Verselbständigung der C2 gehe vielmehr aus Überlegungen einer Mitarbeiterinitiative hervor, weil die Mitarbeiter geglaubt hätten, durch eine Verselbständigung der C2 im Falle einer Insolvenzsituation rechtlich oder tatsächlich besser dastehen zu können.

Auch die weiteren seit dem Jahre 2006 auf Arbeitgeberseite durchgeführten Einzelmaßnahmen, wie zum Beispiel die Konzentration im Küchenbereich, die Zentralisierung der Schreibbüros, der Patientenverwaltung und der Therapieplanung sowie die Übernahme einiger technischer Mitarbeiter eines externen Dienstleisters zur Wahrnehmung der Hausmeister-, Heizungs- und sonstigen Wartungstätigkeiten, seien nicht auf das Strukturkonzept "Wir schaffen Zukunft" zurückzuführen. Diese Maßnahmen hätten mit dem Konzept, das mit der n2 P4 GmbH erarbeitet worden sei, nichts zu tun. Das Strukturkonzept "Wir schaffen Zukunft" sei weder umgesetzt worden, noch werde es derzeit weiter verfolgt. Insbesondere sei nicht beabsichtigt, das Unternehmen in Besitz- und mehrere Betriebsgesellschaften aufzuspalten. Dies ergebe sich auch daraus, dass bislang eine Managementgesellschaft nicht dazwischen geschaltet worden sei, derartiges sei derzeit auch nicht beabsichtigt.

Zu den maßgeblichen Handlungen auf Arbeitgeberseite hätte seinerzeit der Abschluss der langwierigen Tarifverhandlungen gehört. Durch den Abschluss dieser Tarifverhandlungen, mit denen eine längerfristige Regelung gefunden worden sei, sei die wirtschaftliche Situation entschärft worden. Unter anderem sei neben dem Wegfall der Einmalzahlungen (Weihnachtsgeld/Urlaubsgeld) auch eine Reduktion der Arbeitszeit von 38,5 auf 35 Wochenstunden mit entsprechender Vergütungsreduktion erfolgt. Erst aufgrund dieser neuen Tarifregelungen, zu denen auch die Beibehaltung des Ausschlusses betriebsbedingter Kündigungen gehöre, sei die Insolvenzgefahr abgewendet worden. Betriebsbedingte Kündigungen seien auch in den Jahren 2006 und 2007 wegen der fehlenden erforderlichen Zustimmung der Tarifvertragsparteien nicht ausgesprochen worden.

Allein der zeitliche Ablauf verdeutliche, dass das mittlerweile ca. zwei Jahre alte Strukturkonzept sich in keiner Umsetzungsphase befinde. Die Arbeitgeberinnen planten keine Betriebsänderung nach diesem Strukturkonzept. Bei diesem Konzept, das aus dem Jahre 2006 stamme, handele es sich um reine Vorüberlegungen, die keine Beteiligungsrechte des Betriebsrats ausgelöst hätten. Bei den in der Zwischenzeit durchgeführten Einzelmaßnahmen sei der Betriebsrat ordnungsgemäß beteiligt worden.

Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.

B

Die zulässige Beschwerde des Betriebsrats ist nicht begründet.

I.

Die im Beschwerderechtszug vom Betriebsrat gestellten Anträge sind zulässig.

1. Der Betriebsrat verfolgt seine Anträge zutreffend im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren nach den §§ 2 a, 80 ArbGG. Zwischen den Beteiligten ist eine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit, nämlich die Planung einer Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG sowie die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats als Sachverständiger nach § 80 Abs. 3 BetrVG streitig.

2. Die Antragsbefugnis und die Beteiligung der betroffenen Arbeitgeberinnen ergeben sich aus den §§ 10, 83 Abs. 3 ArbGG.

3. Für den im Beschwerderechtszug unter 1. verfolgten Feststellungsantrag besteht auch das nach § 256 ZPO erforderliche Rechtsschutzinteresse. Der Streit zwischen den Betriebsbeteiligten über die Frage, ob eine Maßnahme Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach § 111 BetrVG auslöst, kann von den Betriebsparteien im Beschlussverfahren im Wege eines Feststellungsantrags geklärt werden. Mit dem Antrag zu 1. wird die zwischen den Beteiligten streitige Frage der Planung einer Betriebsänderung durch das Strukturkonzept "Wir schaffen Zukunft" mit bindender Wirkung geklärt (BAG, 10.11.1987 - 1 AZR 360/86 - AP BetrVG 1972 § 113 Nr. 15; BAG, 28.03.2006 - 1 ABR 5/05 - AP BetrVG 1972 § 112 a Nr. 12; Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, BetrVG, 24. Aufl., §§ 112, 112 a Rn. 142 m.w.N.).

II.

Die Anträge des Betriebsrats erweisen sich jedoch, wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, als unbegründet.

Der zu 1. gestellte Feststellungsantrag ist unbegründet, weil das Strukturkonzept "Wir schaffen Zukunft", das dem Betriebsrat mit Schreiben vom 30.06.2006 überreicht worden ist, keine geplante Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG enthält und dem Betriebsrat insoweit - noch - kein Beteiligungsrecht nach § 111 BetrVG zusteht.

Aus der Unbegründetheit des Feststellungsantrags ergibt sich auch die Unbegründetheit der Leistungsanträge zu 2. und 3.. Die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats als Sachverständiger und Berater nach § 80 Abs. 3 BetrVG kommt nicht in Betracht, weil das Strukturkonzept "Wir schaffen Zukunft" keine geplante Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG darstellt.

1. Der Feststellungsantrag des Betriebsrats ist unbegründet, weil das Strukturkonzept "Wir schaffen Zukunft" keine geplante Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG enthält.

a) Die Arbeitgeberinnen betreiben zwar ein Unternehmen mit regelmäßig mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern, § 111 Satz 1 BetrVG.

Das Arbeitsgericht hat in dem angefochtenen Beschluss auch zutreffend erkannt, dass das Strukturkonzept "Wir schaffen Zukunft", das dem Betriebsrat mit Schreiben vom 30.06.2006 überreicht worden ist, wäre es durchgeführt worden, eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 Satz 1 BetrVG darstellen und Beteiligungsrechte des Betriebsrats auslösen könnte. Bei dem Strukturkonzept "Wir schaffen Zukunft" handelt es sich jedoch nicht um eine "geplante" Betriebsänderung im Sinne des § 111 Satz 1 BetrVG. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

b)aa) Betriebsverfassungsrechtliche Pflichten des Arbeitgebers nach den §§ 111, 112 BetrVG werden erst durch konkrete Planungen über eine Betriebsänderung ausgelöst. Insbesondere Verhandlungen über einen Interessenausgleich setzen eine hinreichend bestimmte, in Einzelheiten bereits absehbare Maßnahme voraus, deren Durchführung der Arbeitgeber konkret anstrebt. Der Betriebsrat soll nach § 111 Satz 1 BetrVG die Gestaltung der im Einzelfall "geplanten" Betriebsänderung gezielt beeinflussen können; dazu müssen ihre Art und ihr Umfang bekannt sein. Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach § 111 BetrVG setzen konkrete Planungen des Arbeitgebers hinsichtlich einer Betriebsänderung voraus (BAG, 20.11.2001 - 1 AZR 97/01 - AP BetrVG 1972 § 113 Nr. 39; BAG, 30.05.2006 - 1 AZR 25/05 - AP InsO § 209 Nr. 5, Rn. 19). Eine solche geplante Betriebsänderung liegt erst dann vor, wenn der Arbeitgeber aufgrund abgeschlossener Prüfungen und Vorüberlegungen grundsätzlich zu einer Betriebsänderung entschlossen ist. Erst von diesem Zeitpunkt an hat er den Betriebsrat zu unterrichten und die so geplante Betriebsänderung mit ihm zu beraten (BAG, 28.10.1992 - 10 ABR 95/91 - AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 63 - unter B. II. 2. c) der Gründe; LAG Baden-Württemberg, 27.09.2004 - NZA-RR 2005, 195; Fitting, a.a.O., § 111 Rn. 108; GK/Oetker, BetrVG, 8. Aufl., § 111 Rn. 149; Däubler/Kittner/Klebe, BetrVG, 11. Aufl., § 111 Rn. 115 a; ErfK/Kania, 8. Aufl., § 111 BetrVG Rn. 20; Richardi/Annuß, BetrVG, 11. Aufl., § 111 Rn. 145; Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht, 3. Aufl., § 111 BetrVG Rn. 60; Rieble, NZA 2004, 1029 m.w.N.). Hiernach ist erforderlich, dass sich die Planung des Unternehmers in gewissem Umfang verdichtet und konkretisiert hat. Bloße Konzepte und Vorüberlegungen sind allein noch keine Planung im Sinne des § 111 Satz 1 BetrVG und lösen noch keine Beteiligungsrechte des Betriebsrats aus. Im Stadium reiner Vorüberlegungen hat der Betriebsrat noch kein Unterrichtungs- und Beratungsrecht.

bb) So liegt der vorliegende Fall. Das Arbeitsgericht hat zutreffend entschieden, dass das Strukturkonzept "Wir schaffen Zukunft" keine geplante Betriebsänderung darstellt und über das Stadium der Vorüberlegungen nicht hinaus gelangt ist.

Dass das Strukturkonzept "Wir schaffen Zukunft" ein bloßes Konzept auf Arbeitgeberseite darstellt, ergibt sich schon daraus, dass es dem Betriebsrat als sogenanntes Folienkonzept mit bloßen Schlagworten vorgestellt worden ist, das noch einer Umsetzung auf Arbeitgeberseite bedarf. Dieses Konzept hat das Stadium der Vorüberlegungen auf Arbeitgeberseite nicht überschritten.

Hierbei kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Zusammenarbeit mit der n2 P4 GmbH, mit der das Konzept erstellt worden ist, bereits Anfang Juli 2006 komplett beendet worden ist. Der Kooperationsvertrag mit der n2 P4 GmbH ist fristlos gekündigt worden. Prof. G3 ist als Geschäftsführer der Arbeitgeberin zu 2. mit sofortiger Wirkung abberufen worden.

Zwar ist im Schreiben vom 12.07.2006 an alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen darauf hingewiesen worden, dass dieses Strukturkonzept weiterhin für notwendig und richtig gehalten wird und mit aller Kraft fortgesetzt werden soll. Gleichzeitig wird aber darauf hingewiesen, dass viele Fragen noch aufzuarbeiten seien, erforderliche Beschlüsse noch getroffen werden müssten und die Umsetzung zum Jahresbeginn 2007 erfolgen sollte.

Hierzu ist es aber nicht gekommen. Entsprechende Beschlüsse sind nicht gefasst worden. Das Strukturkonzept "Wir schaffen Zukunft" ist auch nicht bis zum Jahresbeginn 2007 umgesetzt worden. Wesentlicher Inhalt des Strukturkonzepts war die Aufspaltung des Unternehmens der Arbeitgeberinnen in Besitz- und mehrere Betriebsgesellschaften mit Reduktion der Kapazitäten im Rehabilitationsbereich. Gerade eine Aufspaltung des Unternehmens in Besitz- und mehrere Betriebsgesellschaften ist bislang zu keinem Zeitpunkt erfolgt; hiermit ist seitens der Arbeitgeberseite auch nicht begonnen worden. Der Geschäftsführer der Arbeitgeberseite hat im Anhörungstermin vor der Beschwerdekammer vom 08.08.2008 ausdrücklich zu Protokoll erklärt, dass das ursprünglich aus dem Jahre 2006 stammende Strukturkonzept derzeit nicht mehr weiterverfolgt werde; es sei auch nicht beabsichtigt, das Unternehmen in Besitz- und mehrere Betriebsgesellschaften aufzuspalten. Gerade die Aufspaltung des Unternehmens, die eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG darstellen könnte, liegt damit nicht vor und befindet sich auch nicht in der Planung. Insoweit handelte es sich bei dem Strukturprozess "Wir schaffen Zukunft" um ein bloßes Konzept seitens der Arbeitgeberseite, um bloße Vorüberlegungen, die Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach § 111 BetrVG noch nicht auslösten.

cc) Durch die unstreitig in der Folgezeit in den Jahren 2006/07 durchgeführten Strukturmaßnahmen auf Arbeitgeberseite ergibt sich nichts anderes.

Zwar hat auch das Strukturkonzept "Wir schaffen Zukunft" eine Anpassung der Personalstruktur zur Herstellung der Wettbewerbsfähigkeit zum Inhalt. Das von der Arbeitgeberseite dem Betriebsrat im Herbst 2006 vorgelegte Konzept zum Ausspruch von 50 Kündigungen (Bl. 61 ff.d.A.) ist jedoch weder zum Tragen gekommen noch durchgeführt worden. Unstreitig ist zwischen den Beteiligten, dass die möglicherweise beabsichtigten 50 betriebsbedingten Kündigungen seinerzeit nicht ausgesprochen worden sind. Der Betriebsrat trägt selbst vor, dass seinerzeit lediglich 13 betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen worden sind. Demgegenüber haben die Arbeitgeberinnen im Anhörungstermin vom 08.08.2008 vorgetragen, es habe seinerzeit lediglich einen Versuch gegeben, zwei betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen; hierzu sei es jedoch aufgrund der fehlenden Zustimmung der Tarifvertragsparteien nicht gekommen. Die Beschwerdekammer brauchte aber diesem Punkt nicht näher nachzugehen, weil auch der Ausspruch von 13 betriebsbedingten Kündigungen allein keine Betriebsänderung im Sinne des § 111 Satz 1 BetrVG darstellt und der Betriebsrat auch nicht substantiiert vorgetragen hat, dass diese 13 betriebsbedingten Kündigungen auf das Strukturkonzept "Wir schaffen Zukunft" zurückzuführen sind.

Auch bei den weiteren in der Folgezeit durchgeführten Einzelmaßnahmen kann nicht davon ausgegangen werden, dass sie infolge des Strukturkonzepts "Wir schaffen Zukunft" durchgeführt worden sind. Aus dem Vorbringen des Betriebsrats geht nicht hervor, dass die Schaffung eines zentralen Schreibbüros, die Zentralisierung des Küchenbereichs und der Speisenversorgung, die Übernahme von Mitarbeitern der Firma N3 in den Hausmeisterbereich sowie die Zentralisierung der Patientenverwaltung in allen Rehabilitationskliniken eine Folgemaßnahme des Strukturkonzepts "Wir schaffen Zukunft" gewesen ist. Sämtliche genannten Maßnahmen sind keine Folge der im Strukturkonzept "Wir schaffen Zukunft" dargestellten Betriebsaufspaltung, sondern stellen lediglich Einzelmaßnahmen dar, die unabhängig von dem Strukturkonzept "Wir schaffen Zukunft" durchgeführt worden sind. Über all dieser Einzelmaßnahmen ist der Betriebsrat ordnungsgemäß informiert und unterrichtet worden. All diese Einzelmaßnahmen stellen aber für sich genommen keine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG dar.

Hieraus ergibt sich, dass der wesentliche Inhalt des Strukturkonzepts "Wir schaffen Zukunft", nämlich die Aufspaltung in Besitz- und mehrere Betriebsgesellschaften sowie die Neugründung einer Managementgesellschaft sich seinerzeit lediglich im Stadium der Vorüberlegungen der Arbeitgeberinnen befunden hat und hierüber nicht herausgekommen ist. Dass die Arbeitgeberinnen zu irgendeinem Zeitpunkt im Prinzip entschlossen gewesen sind, das Strukturkonzept "Wir schaffen Zukunft" seinem wesentlichen Inhalt nach auch umzusetzen, lässt sich nicht feststellen.

Auch der Umstand, dass auf Arbeitgeberseite externe Beratungsunternehmen eingeschaltet worden sind und auch heute tätig sind, führt zu keinem anderweitigen Ergebnis (Henssler/Willemsen/Kalb/Hohenstatt, a.a.O., § 111 BetrVG Rn. 60).

Der zeitliche Ablauf seit Vorlage des Strukturkonzepts "Wir schaffen Zukunft" zeigt vielmehr, dass dieses Konzept nach Abbruch der Geschäftsbeziehungen mit der n2 P4 GmbH nicht mehr weiterverfolgt worden ist. Die Arbeitgeberinnen haben vielmehr im Laufe des Jahres 2007 den erfolgreichen Abschluss der geführten Tarifverhandlungen in den Vordergrund gestellt, um die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens zu sichern.

2. Auch der Antrag des Betriebsrats auf Zustimmung zur Beauftragung des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats als Sachverständigen und Berater des Betriebsrats nach § 80 Abs. 3 BetrVG ist unbegründet.

Zwar ist richtig, dass der Betriebsrat einen Sachverständigen grundsätzlich auch schon für die Prüfung heranziehen kann, ob überhaupt Beteiligungsrechte vorliegen. Das kann auch bei schwierigen Vorbereitungen für einen Interessenausgleich und Sozialplan in Betracht kommen (BAG, 05.11.1981 - 6 ABR 24/78 - AP BetrVG 1972 § 76 Nr. 9; BAG, 13.05.1998 - 7 ABR 65/96 - AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 55; Fitting, a.a.O., § 80 Rn. 88; ErfK/Kania, a.a.O., § 80 Rn. 34 m.w.N.).

Die Hinzuziehung eines Sachverständigen durch den Betriebsrat setzt jedoch voraus, dass dieser dem Betriebsrat fehlende Kenntnisse vermitteln soll, die er zur Wahrnehmung einer konkreten Aufgabe nach dem Betriebsverfassungsgesetz benötigt. Zur Erteilung einer Zustimmung zur Heranziehung eines Sachverständigen nach § 80 Abs. 3 Satz 1 BetrVG darf der Arbeitgeber nur verpflichtet werden, wenn die Heranziehung des Sachverständigen in der konkreten Situation, in der der Betriebsrat seine Aufgaben zu erfüllen hat, als erforderlich anzusehen ist (vgl. zuletzt: BAG, 16.11.2005 - 7 ABR 12/05 - AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 64 - Rn. 31 m.w.N.).

Die Heranziehung des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats zur Vorbereitung für einen Interessenausgleich und Sozialplan aufgrund des Strukturkonzepts "Wir schaffen Zukunft" war jedoch nicht erforderlich. Dies ergibt sich daraus, dass mit dem Strukturkonzept "Wir schaffen Zukunft" keine Betriebsänderung im Sinne des § 111 Satz 1 BetrVG geplant gewesen ist. Das dem Betriebsrat vorgelegte Konzept hat das Stadium der Vorüberlegungen zu keinem Zeitpunkt verlassen. Die Prüfungen und Vorüberlegungen auf Arbeitgeberseite, die mit dem Strukturkonzept "Wir schaffen Zukunft" verbunden waren, sind seinerzeit nicht in dem Sinne abgeschlossen worden, dass die Arbeitgeberseite zu einer Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG entschlossen war. Dies zeigen die oben genannten Ausführungen.

3. Auch der Antrag zu 3. ist unbegründet, weil eine konkret geplante Betriebsänderung nicht vorgelegen hat und auch nicht vorliegt.

III.

Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht bestand keine Veranlassung, §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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