Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 12.09.2008
Aktenzeichen: 10 TaBV 25/08
Rechtsgebiete: BetrVG, GG, BGB, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

BetrVG § 2 Abs. 2
GG Art. 5 Abs. 1
GG Art. 9 Abs. 3
BGB § 242
ArbGG § 2 a Abs. 1
ArbGG § 10
ArbGG § 83 Abs. 3
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Detmold vom 16.01.2008 - 2 BV 74/07 - abgeändert.

Die Arbeitgeberin wird verpflichtet, dem Ersten Bevollmächtigten der IG Metall Verwaltungsstelle L3, Herrn R4 S7, zur Wahrnehmung der Aufgaben der Gewerkschaft nach dem Betriebsverfassungsgesetz freien Zutritt zum Betrieb zu gewähren.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

A

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Arbeitgeberin verpflichtet ist, dem Gewerkschaftssekretär S7 den Zugang zu ihrem Betrieb zu gewähren.

Der Gewerkschaftssekretär S7 ist einer von drei Mitarbeitern der IG Metall, der Antragstellerin und Erster Bevollmächtigter der Verwaltungsstelle D2 und damit zuständiger Fachsekretär für den Betrieb der Arbeitgeberin, einem Betrieb der Metallindustrie, die mit der Entwicklung und Herstellung von Medizinprodukten, insbesondere aus dem Bereich der Zahntechnik befasst ist. Im Betrieb der Arbeitgeberin, in der die Antragstellerin die vertretene Fachgewerkschaft ist, sind derzeit ca. 900 Mitarbeiter beschäftigt. Der im Betrieb gewählte Betriebsrat besteht aus 13 Personen. Die Mehrheit der Mitglieder des Betriebsrats ist Mitglied in der IG Metall.

Im Betrieb der Arbeitgeberin wurde frühzeitig das neue Entgeltrahmenabkommen - ERA - eingeführt. Auf einer Betriebsversammlung vom 11.06.2007 kam es über die Umsetzung des Entgeltrahmenabkommens im Betrieb der Arbeitgeberin zu einer Meinungsverschiedenheit zwischen dem Gewerkschaftssekretär S7, der auf dieser Betriebsversammlung hierzu das Wort ergriff, und dem Geschäftsführer H5, der anschließend die Kritik des Gewerkschaftssekretärs in seinem Redebeitrag in scharfer Form zurückwies.

Im Nachgang zu dieser Betriebsversammlung wandte sich die Antragstellerin schriftlich an die im Betrieb der Arbeitgeberin beschäftigten IG Metall-Mitglieder. Dieses Schreiben wurde vom Ersten Bevollmächtigten der IG Metall, Herrn S7, verfasst. In diesem Schreiben vom 21.06.2007 heißt es:

"[...] einige Tage sind seit der letzten Betriebsversammlung vergangen. Mit dem nötigen Abstand möchten wir Dir auf diese Weise unsere Meinung zu den verbalen Angriffen des Geschäftsführers Herrn H5 gegen die IG Metall mitteilen.

Wir haben intern mit den Mitgliedern des Betriebsrates und unseren Vertrauensleuten die Frage erörtert, ob die Redebeiträge des Betriebsrates und der IG Metall Anlass gegeben haben, uns so zu attackieren.

Wir sind übereinstimmend der Meinung, dass wir keinen Grund geliefert haben und das Verhalten von Herrn H5 absolut unangemessen war. Wir sind allerdings auch der Meinung, dass es unsererseits richtig war, in der Betriebsversammlung nicht in einen Schlagabtausch einzutreten, weil das von der Belegschaft nicht nachvollzogen worden wäre.

Unwidersprochen können wir dieses jedoch auch nicht lassen.

Also diese Form der Ansprache.[....]"

Ob die Redebeiträge von Herrn S7 und von Herrn H5 "intern mit den Mitgliedern des Betriebsrats" und den Vertrauensleuten besprochen und ein Meinungsbildungsprozess herbeigeführt worden ist, ist zwischen den Beteiligten streitig.

Am 29.06.2007 wandte sich das Betriebsratsmitglied Frau N1 K3, auch im Namen von vier weiteren Betriebsratsmitgliedern, per E-Mail an den Gewerkschaftssekretär S7. In dieser E-Mail vom 29.06.2007(Bl. 30 d.A.) heißt es:

"Herr S7, wir, Mitglieder des Betriebsrates von G2. B3, haben Ihr IGM-Rundschreiben vom 21.06.2007 gelesen.

Dass der Betriebsrat übereinstimmend Ihrer Meinung war, ist eine veröffentliche Lüge!

Wie Sie wissen, haben wir diese Thematik niemals gemeinsam besprochen. Daher verbitten wir uns diese Unterstellung!

Wir erwarten Ihre Richtigstellung gegenüber unserer Geschäftsleitung."

Auf seiner Sitzung vom 02.08.2007 fasste der Betriebsrat der Arbeitgeberin folgenden Beschluss (Bl. 31 d.A.):

"Der Betriebsrat der Firma G2. B3 GmbH & Co. KG beschließt, dass niemand sich auf den Betriebsrat als Gremium berufen kann, auch nicht einzelne Betriebsratsmitglieder, sofern kein Beschluss des Betriebsrates nach § 8 der Geschäftsordnung des Betriebsrates der Firma G2. B3 GmbH & Co. KG vorliegt.

Sollte sich ohne Beschluss des Betriebsrats jemand in der Öffentlichkeit auf den Betriebsrat als Gremium berufen, wird der Betriebsrat durch jeweils geeignete Maßnahmen für eine Richtigstellung sorgen.

Gegebenenfalls behält sich der Betriebsrat rechtliche Schritte vor.

Diese Maßnahmen werden wiederum durch einen Beschluss des Betriebsrates nach § 8 der Geschäftsordnung des Betriebsrates der Firma G2. B3 GmbH & Co. KG eingeleitet."

Mit Schreiben vom 21.08.2007 (Bl. 32 f.d.A.) wandte sich die Arbeitgeberin an den Gewerkschaftssekretär S7. In diesem Schreiben führte die Arbeitgeberin u.a. aus:

"[...] mit Datum vom 21. Juni 2007 haben Sie ein Schreiben an die IG Metall-Mitglieder innerhalb der Belegschaft der Fa. G2. B3 GmbH & Co. KG geschickt, in dem Sie u. a. erklären, dass die Mitglieder des Betriebsrates und die Vertrauensleute der IG Metall in unserem Hause nach Erörterung mit Ihnen übereinstimmend der Meinung seien, dass das Verhalten von Herrn H5 anlässlich der Betriebsversammlung am 11. Juni 2007 absolut unangemessen war.

Am 29. Juni 2007 erhielten Sie diesbezüglich eine E-Mail von Mitgliedern unseres Betriebsrates. Weiterhin liegt Ihnen zwischenzeitlich die Beschlussfassung unseres Betriebsrates vom 3. August 2007 vor.

Aus den beiden letztgenannten Unterlagen, die wir diesem Schreiben noch einmal als Anlage beifügen, ergibt sich zweifelsfrei, dass es im Vorfeld Ihres Schreibens vom 21. Juni 2007 keine Erörterung mit dem Betriebsrat über den Redebeitrag von Herrn H5 gegeben hat und somit weder der Betriebsrat noch die Vertrauensleute Ihrer eingangs dieses Schreibens wiedergegebenen Auffassung über den Redebeitrag von Herrn H5 zugestimmt haben.

(...)

Wir werden es daher nicht zulassen, dass nachweislich unwahre Tatsachenbehauptungen aufgestellt und verbreitet werden, die geeignet sind, unser Unternehmen gegenüber seinen Beschäftigten in Misskredit zu bringen und die die bisherige vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung belasten.

Zur Aufklärung und Richtigstellung des Sachverhaltes geben wir Ihnen die Möglichkeit einer Stellungnahme bis spätestens 31. August 2007 und sprechen Ihnen hiermit bis auf Weiteres ein Zutrittsverbot für unser Firmengelände aus."

Am 07.09.2007 fasste der Betriebsrat der Arbeitgeberin folgenden Beschluss (Bl. 35 d.A.):

"Der Betriebsrat [...] beschließt, dass er sich in der vertrauensvollen Zusammenarbeit weder mit der Geschäftsleitung [...] noch mit der IGM L3 gestört oder negativ beeinträchtigt fühlt."

Die Antragstellerin leitete am 12.09.2007 beim Arbeitsgericht das vorliegende Beschlussverfahren ein, mit der sie die Aufhebung des gegenüber Herrn S7 ausgesprochenen Hausverbots und die Gewährung des Zutritts zum Betrieb geltend machte.

In einem weiteren Verfahren nehmen inzwischen die Arbeitgeberin und der Geschäftsführer H5 den Gewerkschaftssekretär S7 wegen der Abfassung des Schreibens vom 21.06.2007 auf Unterlassung und Widerruf in Anspruch - 2 Ca 2321/07 Arbeitsgericht Detmold. Dieses Verfahren ist noch nicht entschieden.

Während des vorliegenden Verfahrens fasste der Betriebsrat der Arbeitgeberin am 21.12.2007 folgenden Beschluss (Bl. 93 f.d.A.), in dem es u.a. heißt:

"Der Betriebsrat der Fa. G2. B3 GmbH & Co. KG nimmt Bezug auf das Schreiben der IG Metall L3 vom 21.06.2007 an die Mitglieder der IG Metall hier im Haus und der fortlaufenden juristischen Auseinandersetzung zwischen der IG Metall und der Geschäftsleitung der Fa. G2. B3 GmbH & Co. KG und stellt fest:

Es wurden keine internen Gespräche bezüglich des Inhalts des o.g. Schreibens mit den Mitgliedern des Betriebsrates der Firma G2. B3 GmbH & Co. KG geführt.

In dem Telefonat vom 28.06.2007 zwischen Herrn R6 O1 und Herrn S7 wurde Herrn S7 mitgeteilt, dass der Betriebsrat nicht geschlossen hinter dem Schreiben von der IG Metall an ihre Mitglieder steht (s. Niederschrift der Betriebsratssitzung vom 28.06.2007."

Ob der Betriebsratsbeschluss vom 21.12.2007 ordnungsgemäß zustande gekommen ist und ob an der Beratung und Abstimmung über diesen Beschluss auch Vertreter der Arbeitgeberin teilgenommen haben, ist zwischen den Beteiligten streitig.

Die Antragstellerin hat die Auffassung vertreten, dass von der Arbeitgeberin ausgesprochene Hausverbot sei aufzuheben, dem Gewerkschaftssekretär S7 sei Zutritt zum Betrieb zu gewähren. Herr S7 habe im Schreiben vom 21.06.2007 nicht behauptet, mit allen Betriebsratsmitgliedern des im Betrieb der Arbeitgeberin gewählten Betriebsrats gesprochen zu haben. Tatsächlich seien die Redebeiträge auf der Betriebsversammlung auf einer Vertrauensleutesitzung der IG Metall mit Mitgliedern des Betriebsrats und Vertrauensleuten, die zu diesem Zeitpunkt kurzfristig zur Absprache zur Verfügung gestanden hätten, erörtert worden. Herr S7 habe in dem streitigen Schreiben auch nicht den Eindruck hervorgerufen, dass das Schreiben vom gesamten Betriebsrat gebilligt oder aufgrund eines herbeigeführten Betriebsratsbeschlusses abgefasst worden sei. Dass im Schreiben vom 21.06.2007 von "den" Betriebsratsmitgliedern die Rede sei und das Schreiben in der "wir"-Form abgefasst worden sei, habe rein sprachliche Gründe. Herr S7 habe keine bewusst unwahren Äußerungen gemacht. Der Betriebsrat sei jedenfalls in seiner Mehrheit zu keinem Zeitpunkt der Rechtsauffassung gewesen, dass Herr S7 sich fehlerhaft oder nachteilig für den Betriebsrat verhalten habe. Der E-Mail vom 29.06.2007 liege auch kein mehrheitlich gefasster Betriebsratsbeschluss zugrunde. Die Arbeitgeberin versuche lediglich, vermeintliche Interessen von einzelnen Mitgliedern des bei ihr gewählten Betriebsrats zu schützen, die durch das Schreiben der IG Metall vom 21.06.2007 beeinträchtigt sein sollten. Zu einer Gefährdung oder Störung des Betriebsfriedens sei es durch das streitige Schreiben jedenfalls nicht gekommen. Das anschließend ausgesprochene Hausverbot bereite faktisch größere Probleme in der Zusammenarbeit der Beteiligten als das Schreiben der IG Metall vom 21.06.2007. Der Betriebsrat sei in seiner Gesamtheit auch nicht der Auffassung gewesen, dass Herr S7 sich fehlerhaft oder nachteilig für den Betriebsrat verhalten habe. Eine Störung der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung liege jedenfalls nicht vor, wie der Betriebsratsbeschluss vom 07.09.2007 ergebe. Im Betriebsratsbeschluss vom 02.08.2007 sei weder Herr S7 persönlich noch die IG Metall insgesamt angesprochen worden, dieser Beschluss beziehe sich nur auf einzelne Betriebsratsmitglieder.

Die Antragstellerin hat beantragt,

die Antragsgegnerin zu verpflichten, das mit Schreiben vom 21.08.2007 ausgesprochene Hausverbot gegen Herrn R4 S7 aufzuheben und den Ersten Bevollmächtigten der IG-Metall-Verwaltungsstelle D2, Herrn R4 S7, zur Wahrnehmung der Aufgaben der Gewerkschaft nach dem Betriebsverfassungsgesetz freien Zutritt zum Betrieb zu gewähren.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, das ausgesprochene Hausverbot sei gerechtfertigt gewesen. Herr S7 habe im Schreiben vom 21.06.2007 bewusst unwahre Äußerungen gemacht. Der Redebeitrag von Herrn H5 sei weder mit den Betriebsratsmitgliedern diskutiert worden, noch hätten diese seiner Beurteilung zugestimmt. Interne Gespräche bezüglich des Schreibens vom 21.06.2007 habe es mit den Mitgliedern des Betriebsrats der Arbeitgeberin nicht gegeben. Durch das Schreiben erwecke Herr S7 den Eindruck, dass die Interessenvertretung der Arbeitnehmer im Betrieb seine Einschätzungen unterstütze und das Verhalten des Geschäftsführers der Arbeitgeberin negativ beurteile. Herr S7 habe auch nicht versucht, durch ein klärendes Gespräch die Situation einer gütlichen Einigung herbeizuführen. Der Betriebsrat teile auch nicht die Auffassung von Herrn S7, dass der Geschäftsführer der Arbeitgeberin, Herr H5, sich auf der Betriebsversammlung vom 11.06.2007 absolut unangemessen verhalten habe.

Das Verhalten des Gewerkschaftssekretärs S7 gefährde das Verhältnis der Betriebsrat zueinander. Durch sein Verhalten sei es zu einer schwerwiegenden ernstlichen Störung des Betriebsfriedens gekommen, weil Herr S7 sich wahrheitswidrig auf den Betriebsrat berufe. Herr S7 versuche, die Belegschaft zu manipulieren, den Betriebsrat für sich zu instrumentalisieren, um wahrheitswidrig den Eindruck einer einheitlichen Front von Gewerkschaft, Betriebsrat und Vertrauensleute zu vermitteln und Unternehmensführung, Betriebsrat und Belegschaft auseinander zu treiben. Der Geschäftsführer H5 sei erheblich in Misskredit gebracht und in seinem Ansehen erheblich angegriffen worden. Es gehe Herrn S7 ausschließlich darum, einen Spaltpilz im Betriebsrat zu säen; für ihn scheine es offensichtlich zwei Gruppen von Betriebsratsmitgliedern zu geben, die von ihm gegeneinander ausgespielt werden sollten. Eine solche Gefährdung des Betriebsfriedens müsse die Arbeitgeberin nicht akzeptieren.

Die Schwere des Fehlverhaltens des Herrn S7 zeige sich auch daran, dass der Betriebsrat sich zur Richtigstellung genötigt gesehen habe.

Es müsse auch eine wiederholende schwerwiegende Störung des Betriebsfriedens durch Herrn S7 befürchtet werden. Herr S7 habe auf die E-Mail von fünf Betriebsratsmitgliedern vom 29.06.2007 keinerlei Reaktion gezeigt oder den Versuch unternommen, mit diesen ein Gespräch zu suchen. Bereits im Schreiben vom 21.06.2007 kündige Herr S7 am Ende seiner Ausführungen an, dass er einem Konfrontationskurs nicht aus dem Wege gehen werde. An einer gütlichen Einigung sei er nicht interessiert. Auch die von der Arbeitgeberin geforderte Unterlassungs- und Widerrufserklärung habe Herr S7 nicht abgegeben.

Schließlich habe auch eine andere Arbeitgeberin aus L2 gegenüber Herrn S7 ein Hausverbot aussprechen müssen. Auch dort habe Herr S7 versucht, die dortige Belegschaft massiv gegen die Unternehmensführung aufzubringen.

Durch Beschluss vom 16.01.2008 hat das Arbeitsgericht den Antrag der IG Metall zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, das Zugangsrecht des Gewerkschaftsbeauftragten Seiler sei verwirkt. Es müsse davon ausgegangen werden, dass Herr S7 vor Abfassung des Schreibens vom 21.06.2007 mit keinem Betriebsratsmitglied der Arbeitgeberin gesprochen habe und in dem streitgegenständlichen Schreiben in Unkenntnis der Unwahrheit seiner Aussage falsche Angaben gemacht habe. Damit sei die Vertrauensgrundlage zwischen der Gewerkschaft, dem Betriebsrat und der Arbeitgeberin empfindlich gestört; im Bereich des Betriebsgeschehens seien aufgrund des Verhaltens von Herrn S7 ernstliche Störungen schwerwiegender Art in der Zukunft zu befürchten.

Gegen den der Antragstellerin am 05.02.2008 zugestellten Beschluss, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat die Antragstellerin am 21.02.2008 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese mit dem am Montag, den 07.04.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Antragstellerin, die den erstinstanzlich gestellten Antrag in der Beschwerdeinstanz eingeschränkt hat, ist nach wie vor der Auffassung, das Schreiben vom 21.06.2007 könne nicht zu einem Hausverbot gegen den Gewerkschaftsbeauftragten Seiler führen. Das Schreiben sei völlig neutral abgefasst worden. Nicht schon jede unglückliche Formulierung könne ein Hausverbot durch den Arbeitgeber gegenüber bestimmten Gewerkschaftssekretären nach sich ziehen. Die Bezeichnung des Verhaltens des Geschäftsführers der Arbeitgeberin auf der Betriebsversammlung vom 11.06.2007 als unangemessen sei die mildeste Form der Kritik, die man sich vorstellen könne. Die Grenzen sachlicher Auseinandersetzung habe Herr S7 mit dem Schreiben vom 21.06.2007 nicht überschritten. Dies gelte auch, soweit im Schreiben vom 21.06.2007 formuliert worden sei, die Redebeiträge auf der Betriebsversammlung seien "intern mit den Mitgliedern des Betriebsrats und unseren Vertrauensleuten" erörtert worden. Im Schreiben vom 21.06.2007 hätte lediglich der Artikel "den" vor dem Hauptwort "Mitgliedern des Betriebsrats" weggelassen werden müssen. Das Arbeitsgericht unterstelle wie die Arbeitgeberin zu Unrecht, dass Herr S7 mit keinem Betriebsratsmitglied über die Redebeiträge auf der Betriebsversammlung vom 11.06.2007 gesprochen habe. Insbesondere der Redebeitrag des Geschäftsführers H5 sei auf der Sitzung der Vertrauensleute der IG Metall am 20.06.2007 diskutiert worden. Insoweit behauptet die Antragstellerin, an dieser Sitzung hätten sechs Mitglieder des bei der Arbeitgeberin gewählten Betriebsrats teilgenommen. Gemeinsam sei festgestellt worden, dass der Redebeitrag des Geschäftsführers H5 auf die Rede von Herrn S7 völlig unangemessen gewesen sei, man habe deshalb beschlossen, zu reagieren. Hierzu habe ein Brief an die Mitglieder der IG Metall verschickt werden sollen. Herr S7 habe insoweit ein Schreiben entworfen, das am nächsten Tag mit dem stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden O1 - der Vorsitzende des Betriebsrats der Arbeitgeberin sei zu diesem Zeitpunkt in Urlaub gewesen - abgestimmt worden sei. Den Entwurf des streitigen Schreibens habe die IG Metall am nächsten Tag dem stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden O1 zugemailt. Gegen Mittag habe der Herr O1 bei der IG Metall angerufen und das OK für dieses Schreiben gegeben.

Die Antragstellerin habe in dem streitigen Schreiben auch nicht behauptet, dass mit allen Mitgliedern des Betriebsrats eine Erörterung über die Redebeiträge auf der Betriebsversammlung stattgefunden habe. Herr S7 habe auch nicht behauptet, dass das Schreiben auf einem formellen Betriebsratsbeschluss beruhe.

Der Beschluss des Betriebsrats vom 21.12.2007, der im Übrigen wegen der Teilnahme von Vertretern der Arbeitgeberin anlässlich der Beratung und Abstimmung ohnehin unwirksam gewesen sei, ergebe nichts anderes. Im Übrigen müsse bestritten werden, dass der Beschluss des Betriebsrats vom 21.12.2007 wirksam gefasst worden sei.

Nach alledem habe Herr S7 ein Zutrittsrecht zum Betrieb nach den Grundsätzen der Rechtsprechung nicht verwirkt. Soweit es überhaupt zu einer Störung im Betrieb gekommen sei, ergebe sich dies aus dem Verhalten der Arbeitgeberin, die das Hausverbot ausgesprochen und das weitere Verfahren gegen Herrn S7 - 2 Ca 2321/07 Arbeitsgericht Detmold - eingeleitet habe. Weitere Störungen des Betriebsgeschehens gebe es nicht. Soweit sich die Arbeitgeberin darauf berufe, Herr S7 habe den Betriebsrat widerrechtlich instrumentalisiert und Fronten gebildet, könne dagegen allenfalls der betroffene Betriebsrat, nicht aber die Arbeitgeberin vorgehen.

Auch eine Wiederholungsgefahr sei nicht erkennbar. Bei dem einmaligen Brief der IG Metall vom 21.06.2007 handele es sich nicht um eine Äußerung in einem Massenmedium, sondern um einen abgeschlossenen Vorgang im Kreis der Gewerkschaftsmitglieder. Der Vorgang liege nunmehr auch mehr als ein Jahr zurück.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Detmold vom 16.01.2008 - 2 BV 74/07 - abzuändern und die Arbeitgeberin zu verpflichten, dem Ersten Bevollmächtigten der IG Metall Verwaltungsstelle L3, Herrn R4 S7, zur Wahrnehmung der Aufgaben der Gewerkschaft nach dem Betriebsverfassungsgesetz freien Zutritt zum Betrieb zu gewähren

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss und ist nach wie vor der Auffassung, das Hausverbot sei zu Recht erklärt worden. Herr S7 habe im Schreiben vom 21.06.2007 in Kenntnis der Unwahrheit unzutreffende Tatsachenbehauptungen aufgestellt. Dass an der Sitzung der Vertrauensleute vom 11.06.2007 sechs Betriebsratsmitglieder teilgenommen hätten, müsse nach wie vor mit Nichtwissen bestritten werden. Den unzutreffenden Behauptungen von Herrn S7 stehe eine Erklärung der Vertrauensleute vom 08.04.2008 (Bl. 221 d.A.) entgegen. An dem angeblich auf dieser Sitzung gefassten Beschluss sei allein Herr S7 beteiligt gewesen. Die Entscheidung, zu der Betriebsversammlung ein Schreiben zu verfassen, sei nicht vom Betriebsrat, sondern allein von Herrn S7 getroffen worden. Die Bewertung im Schreiben vom 21.06.2007 gebe allein die Bewertung von Herrn S7 wieder, nicht diejenige des Betriebsrats oder der Vertrauensleute. Der Betriebsrat teile auch nicht die dort niedergelegte Auffassung von Herrn S7. Auch der Beschluss des Betriebsrats vom 21.12.2007 spreche gegen die im Schreiben vom 21.06.2007 niedergelegten Behauptungen und Auffassungen.

Durch das Schreiben vom 21.06.2007 habe Herr S7 bewusst nachhaltig den Betriebsfrieden gestört. Durch die dort aufgestellten unrichtigen Tatsachenbehauptungen habe er seine Funktion als Gewerkschaftssekretär rechtsmissbräuchlich ausgeübt. Unwahre Tatsachenbehauptungen müsse der Arbeitgeber nicht hinnehmen. Herr S7 habe vorsätzlich Unwahrheiten verbreitet. Entscheidend sei, dass Herr S7 suggeriere, seine Einschätzung werde von allen Betriebsratsmitgliedern und Vertrauensleuten geteilt. Insoweit habe Herr S7 durch die bewusst in Umlauf gebrachten unwahren Tatsachenbehauptungen den Betriebsfrieden im Unternehmen der Arbeitgeberin vorsätzlich und tiefgreifend zerstört. Die zuvor gute und störungsfreie Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat sei durch das Verhalten von Herrn S7 in eklatanter Weise untergraben worden, sein Verhalten sei geeignet, Zwietracht innerhalb des Betriebsrats, zwischen Betriebsrat und Unternehmensführung und nicht zuletzt auch innerhalb der Belegschaft zu säen. Die im Schreiben vom 21.06.2007 gemachten Aussagen hätten erhebliche Sprengkraft und seien ohne Weiteres geeignet, einen Keil zwischen die Unternehmensführung einerseits und den Betriebsrat und die Belegschaft andererseits mit unabsehbaren Folgen für die Betriebsabläufe zu treiben. Herr S7 habe bewusst wahrheitswidrig und gezielt behauptet, das Negativurteil über ein Mitglied der Geschäftsführung werde von allen Vertrauensleuten und allen Betriebsratsmitgliedern geteilt. Herr S7 habe damit eine Spaltung im Unternehmen der Arbeitgeberin gerade erreichen wollen.

Auch eine Wiederholungsgefahr sei bei Gewährung des Zutritts durch Herrn S7 zu befürchten. Auf die E-Mail von fünf Betriebsratsmitgliedern vom 29.06.2007 habe Herr S7 keine Reaktion gezeigt und auch nicht den Versuch unternommen, mit diesen ein Gespräch zu suchen. Auch das Angebot der Arbeitgeberin im Schreiben vom 21.08.2007 zur Aufklärung und Richtigstellung des Sachverhalts sei von Herrn S7 nicht aufgegriffen worden. Herr S7 und die IG Metall hätten sich dem Angebot der Arbeitgeberin, den Sachverhalt richtigzustellen und auf eine sachliche, konstruktive Arbeitsebene zurückzukehren, konsequent verweigert.

Im Anhörungstermin vor der Beschwerdekammer vom 12.09.2008 ist der Sach- und Streitstand mit den Beteiligten ausführlich erörtert worden. Auf den Inhalt des Protokolls vom 12.09.2008 (Bl. 269 f.d.A.) wird ebenso Bezug genommen wie auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze.

B

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist begründet.

Dem in der Beschwerdeinstanz noch anhängigen Antrag der Antragstellerin musste stattgegeben werden. Er ist begründet.

I.

1. Das Beschlussverfahren ist nach den §§ 2 a, 80 Abs. 1 ArbGG die zutreffende Verfahrensart. Es handelt sich um eine Angelegenheit aus dem Betriebsverfassungsgesetz, die zwischen den Beteiligten streitig ist. Die Beteiligten streiten nämlich um das Zugangsrecht der Gewerkschaft zum Betrieb der Arbeitgeberin nach den Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetz, insbesondere nach § 2 Abs. 2 BetrVG.

2. Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Ihre Antragsbefugnis und ihre Beteiligung am vorliegenden Verfahren folgt bereits daraus, dass sie - wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist - im Betrieb der Arbeitgeberin vertreten ist. Zahlreiche Arbeitnehmer des Betriebs gehören der Antragstellerin an. Die Antragsbefugnis ergibt sich daraus, dass sie in ihrem Recht aus § 2 Abs. 2 BetrVG beeinträchtigt sein kann. Auch dann, wenn ein Arbeitgeber das Zugangsrecht der Gewerkschaft als solches nicht bestreitet, sondern sich lediglich gegen die Entsendung eines bestimmten Gewerkschaftssekretärs wendet, ist das Recht der Gewerkschaft nach § 2 Abs. 2 BetrVG betroffen, §§ 10, 83 Abs. 3 ArbGG. Die Gewerkschaft ist nämlich allein befugt, ihre Vertreter, die das Zugangsrecht wahrnehmen, auszuwählen (BAG, 18.03.1964 - AP BetrVG § 45 Nr. 1; Fitting/Engels/ Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, BetrVG, 24. Aufl., § 2 Rn. 69). Die Auswahl der Beauftragten obliegt ausschließlich der Gewerkschaft.

Demgegenüber ist der einzelne Gewerkschaftssekretär, dessen Zugangsrecht streitig ist, nicht Beteiligter des Beschlussverfahrens. Welchen Beauftragten eine Gewerkschaft in einen Betrieb entsendet, entscheidet allein die Gewerkschaft. Ihr steht das Recht zu, ihren Vertreter auszuwählen. Der einzelne Beauftragte selbst hat kein eigenständiges Recht. Deswegen ist auch die Gewerkschaft und nicht der einzelne Beauftragte Beteiligter des arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens.

3. Der in der Beschwerdeinstanz noch anhängige Antrag der Antragstellerin ist auch ausreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Antragstellerin verlangt den Zutritt ihres Bevollmächtigten zum Betrieb der Arbeitgeberin "zur Wahrnehmung der Aufgaben der Gewerkschaft nach dem Betriebsverfassungsgesetz". Hiermit ist ersichtlich die Gewährung des Zuganges zum Betrieb gemäß § 2 Abs. 2 BetrVG gemeint. Der Gewerkschaft sind im Betriebsverfassungsgesetz ausdrücklich zahlreiche Initiativ-,Teilnahme-, Beratungs- und Kontrollrechte eingeräumt (vgl. etwa §§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 3, 14 Abs. 3, 18 Abs. 1 Satz 2, 19 Abs. 2 Satz 1, 23 Abs. 1 und 3, 43 Abs. 4, 46 Abs. 1). Auf diese im Betriebsverfassungsgesetz genannten Rechte der Gewerkschaft bezieht sich der Antrag der Antragstellerin. Insoweit erscheint der Antrag ausreichend bestimmt, ohne dass es erforderlich wäre, die der Gewerkschaft nach dem Betriebsverfassungsgesetz zustehenden Rechte sämtlich in allen Einzelheiten zu wiederholen.

II.

Der Antrag der Antragstellerin ist nach § 2 Abs. 2 BetrVG begründet. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind erfüllt.

Bei der Antragstellerin handelt es sich um eine Gewerkschaft, die im Betrieb der Arbeitgeberin vertreten ist. Der Erste Bevollmächtigte der Verwaltungsstelle D2, Herr S7, ist als Beauftragter der Antragstellerin anzusehen.

1. Das Zugangsrecht nach § 2 Abs. 2 BetrVG steht den Beauftragten der Gewerkschaften zu, die im Betrieb vertreten sind. Dabei hat die Gewerkschaft selbst darüber zu befinden, wen sie als Beauftragten entsenden will. In Ausübung des Grundrechts der Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG obliegt die Auswahl der Beauftragten ausschließlich der Gewerkschaft selbst (BAG, 18.03.1964 - AP BetrVG § 45 Nr. 1; BAG, 14.02.1978 - AP GG Art. 9 Nr. 26; Fitting, a.a.O., § 2 Rn. 69; ErfK/Eisemann, 8. Aufl., § 2 BetrVG Rn. 6; Richardi, BetrVG, 11. Aufl., § 2 Rn. 117; Däubler/Kittner/Klebe/Berg, BetrVG, 11. Aufl., § 2 Rn. 36 m.w.N.).

Das Zutrittsrecht aus § 2 Abs. 2 BetrVG dient - ebenso wie sonstige, im Rahmen der gesetzlichen Betriebsverfassung gewährte spezielle Zugangsrechte - besonderen, den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften im Rahmen der Betriebsverfassung zugewiesenen Aufgaben (BAG, 28.02.2006 - AP GG Art. 9 Nr. 127, unter B. II. 1. c) aa) der Gründe; ErfK/Eisemann, a.a.O., § 2 BetrVG Rn. 5). Dieses Zugangsrecht der Gewerkschaft zum Betrieb der Arbeitgeberin wird von dieser grundsätzlich auch nicht in Abrede gestellt.

2. Die Antragstellerin verstößt aber nach Auffassung der Beschwerdekammer nicht gemäß § 242 BGB gegen Treu und Glauben, wenn sie das Zugangsrecht für ihren Ersten Bevollmächtigten, Herrn S7, einfordert.

a) Die Gewerkschaft verliert ihr Zugangsrecht aus § 2 Abs. 2 BetrVG lediglich dann, wenn ein Fall unzulässiger Rechtsausübung vorliegt (BAG, 18.03.1964 - AP BetrVG § 45 Nr. 1; BAG, 14.02.1967 - AP BetrVG § 45 Nr. 2; LAG Hamm, 17.11.2000 - AiB 2001, 723; LAG Hamm, 03.06.2005 - AuR 2005, 465; Fitting, a.a.O., § 2 Rn. 69; ErfK/Eisemann, a.a.O., § 2 BetrVG Rn. 6; DKK/Berg, a.a.O., § 2 Rz. 38; Richardi, a.a.O., § 2 Rn. 118; GK/Kraft/Franzen, BetrVG, 8. Aufl., § 2 Rz. 76; Däubler, Gewerkschaftsrechte im Betrieb, 10. Aufl., Rn. 239 ff. m.w.N.). Nur in besonderen Ausnahmefällen kann der Arbeitgeber einem bestimmten Gewerkschaftsbeauftragten aus Gründen, die in dessen Person liegen, den Zutritt zum Betrieb verweigern. Ein Missbrauch der Befugnisse führt zum Wiederaufleben des Hausrechts des Arbeitgebers. Die missbräuchliche Rechtsausübung kann einmal darin liegen, dass ein bestimmter Gewerkschaftsbeauftragter schon wiederholt im Betrieb seine gesetzlichen Aufgabenbefugnisse eindeutig überschritten hat, z.B. durch parteipolitische Propaganda im Betrieb, Aufforderung zur Arbeitsniederlegung, sofern es sich nicht um einen legalen gewerkschaftlichen Streik handelt, Gefährdung der Betriebssicherheit, zum anderen in groben Beleidigungen des Arbeitgebers, dessen Vertreter oder auch von Arbeitnehmern, wenn deren Wiederholung zu befürchten ist. Sachliche, auch in scharfer Form ausgetragene Differenzen oder die Behandlung von Angelegenheiten, die § 74 Abs. 2 BetrVG ausdrücklich zulässt, sind aber kein Grund zur Verweigerung des Zutritts (BAG, 18.03.1964 und 14.02.1967 - a.a.O.; LAG Hamm, 30.09.1977 - EzA BetrVG § 2 Nr. 8; Fitting, a.a.O., § 2 Rn. 69). In diesem Zusammenhang kommt es weniger darauf an, ob das Erscheinen eines bestimmten Gewerkschaftssekretärs für den Arbeitgeber zumutbar ist, sondern es ist stets darauf abzustellen, ob aufgrund des vorausgegangenen Verhaltens des betreffenden Gewerkschaftsbeauftragten eine nicht unerhebliche ernstliche Störung schwerwiegender Art im Bereich des Betriebsgeschehens zu befürchten ist (BAG, 14.02.1967 - AP BetrVG § 45 Nr. 2; Richardi/Annuß, a.a.O., § 46 Rn. 15 m.w.N.).

b) In Anwendung dieser Grundsätze kann unter Berücksichtigung der Meinungs- und Koalitionsfreiheit nach den Art. 5, 9 Abs. 3 GG nicht angenommen werden, dass das Zugangsrecht für den Ersten Bevollmächtigten der Antragstellerin, Herrn S7, verwirkt ist. Im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung ist die Beschwerdekammer vielmehr zu dem Ergebnis gelangt, dass ein derart schwerwiegendes Fehlverhalten von Herrn S7, das das Zugangsrecht ausschließt, nicht vorliegt.

Bei der von der Arbeitgeberin auch im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Wertung verkennt diese, dass Arbeitgeber und Gewerkschaften grundsätzlich soziale Gegenspieler sind, zwischen denen ein tiefgreifender Interessengegensatz besteht. Zur verfassungsrechtlich geschützten Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG gehört auch das Recht einer Gewerkschaft, durch ihre Vertreter Kritik an der Arbeitgeberseite zu äußern und sich im Meinungskampf scharfer Waffen zu bedienen. Presseerzeugnisse, Flugblätter und sonstige Schreiben der Gewerkschaft muss ein Arbeitgeber hinnehmen, auch wenn in ihnen mit scharfem Ton und in aggressiver Weise Kritik am Arbeitgeber geäußert wird.

aa) Soweit im Schreiben der Antragstellerin vom 21.06.2007, das von Herrn S7 verfasst worden ist, davon die Rede ist, dass eine Erörterung der Redebeiträge auf der Betriebsversammlung vom 11.06.2007 "mit den Mitglieder des Betriebsrats und unseren Vertrauensleuten" stattgefunden habe, ist dies zwar unzutreffend. Die Verwendung des bestimmten Artikels "den" könnte den Schluss zulassen, dass eine Erörterung mit allen Betriebsratsmitgliedern stattgefunden habe.

Ob diese Auslegung jedoch zutreffend ist, erscheint bereits zweifelhaft. Die von der Arbeitgeberin missbilligte Wortwahl berücksichtigt schon nicht, dass das Schreiben vom 21.06.2007 ausdrücklich auch darauf hinweist, dass die Erörterung "intern" mit den Betriebsratsmitgliedern und den Vertrauensleuten stattgefunden habe. Die Verwendung des Wortes "intern" deutet bereits darauf hin, dass an der Erörterung nicht alle Mitglieder des Betriebsrats, sondern nur diejenigen Betriebsratsmitglieder, die auch Mitglied der IG Metall sind, teilgenommen haben.

Bereits hieraus ergibt sich, dass dem Ersten Bevollmächtigten der Antragstellerin, Herrn S7, bei der Abfassung des Schreibens vom 21.06.2007 kein derart schwerwiegender Verhaltensverstoß vorgeworfen werden kann, der ein Hausverbot rechtfertigt. Das Schreiben vom 21.06.2007 mag in seinem zweiten Absatz missverständlich formuliert worden sein, eine rechtsmissbräuchliche Rechtsausübung durch die Gewerkschaft, die ein Hausverbot rechtfertigen könnte, liegt hierin nicht. Der Gewerkschaftsbeauftragte Herr S7 hat bei seiner Anhörung vor der Beschwerdekammer vom 12.09.2008 auch eingeräumt, dass das von ihm verfasste Schreiben vom 21.06.2007 insoweit missverständlich abgefasst worden sei. Darüber hinaus hat er zu Protokoll gegeben, dass es ihm leid tue, soweit die missverständliche Passage im Schreiben vom 21.06.2007 im Betrieb oder im Betriebsrat zu Missverständnissen oder Auseinandersetzungen geführt haben sollte.

bb) Dem Gewerkschaftsbeauftragten Herrn S7 kann auch nicht vorgeworfen werden, durch besonders aggressive Wortwahl oder gar Beleidigungen im Schreiben vom 21.06.2007 das Zugangsrecht zum Betrieb der Arbeitgeberin verwirkt zu haben. Im Schreiben vom 21.06.2007 ist zwar ausgeführt worden, dass das Verhalten des Geschäftsführers der Arbeitgeberin, Herrn H5, auf der Betriebsversammlung vom 11.06.2007 "absolut unangemessen" gewesen sei. Bei dieser Wortwahl handelt es sich jedoch um die mildeste Form einer Kritik, die den Ausspruch eines Hausverbots nicht rechtfertigt. Eine derartige Kritik von Seiten der Gewerkschaft hat der Arbeitgeber hinzunehmen. Eine derartige Kritik stellt insbesondere keine grobe Beleidigung des Arbeitgebers oder dessen Vertreter dar.

cc) Die Arbeitgeberin kann sich zur Begründung des Hausverbots auch nicht auf die E-Mail von fünf Betriebsratsmitgliedern vom 29.06.2007, den Betriebsratsbeschluss vom 02.08.2007 oder die Erklärung des Vorsitzenden der Vertrauensleute vom 08.04.2008 berufen.

Richtig ist zwar, dass fünf Betriebsratsmitglieder in der an Herrn S7 gerichteten E-Mail vom 29.06.2007 darauf hingewiesen haben, dass es sich um eine "veröffentlichte Lüge" handele, soweit im Schreiben vom 21.06.2007 von einer übereinstimmenden Meinung des Betriebsrats die Rede sei. Der Inhalt der E-Mail vom 29.06.2007 stellt aber auch nur die Auffassung von fünf von 13 Betriebsratsmitgliedern dar.

Soweit im Betriebsratsbeschluss vom 02.08.2007 ausgeführt ist, dass niemand sich auf den Betriebsrat als Gremium berufen dürfe, sofern kein Betriebsratsbeschluss vorliege, muss darauf hingewiesen werden, dass weder die Gewerkschaft noch deren Beauftragter Herr S7 sich im Schreiben vom 21.06.2007 ausdrücklich darauf berufen hat, die Auffassung des Betriebsrats als Gremium wiedergegeben zu haben. Vielmehr ist im Schreiben vom 21.06.2007 von einer "internen" Erörterung die Rede.

Schließlich gibt auch die Erklärung des stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden O1 vom 08.04.2008 lediglich die Auffassung von Herrn O1 wieder, auch wenn sie als Erklärung der Vertrauensleute überzeichnet ist. Dass Herr O1 die Erklärung im Namen aller Vertrauensleute abgegeben hat, lässt das Schreiben vom 28.04.2008 nicht erkennen. Auch aus dem Betriebsratsbeschluss vom 21.12.2007 ergibt sich - unabhängig von seiner Wirksamkeit - lediglich, dass der Betriebsrat jedenfalls nicht geschlossen hinter dem Schreiben vom 21.06.2007 steht.

Soweit die Arbeitgeberin ferner die Auffassung vertritt, der Beauftragte der Antragstellerin, Herr S7, habe durch das Schreiben vom 21.06.2007 den Betriebsrat instrumentalisiert und einen Keil zwischen Unternehmensführung einerseits und Betriebsrat und Belegschaft andererseits getrieben sowie den Betriebsfrieden gestört, indem zwei Gruppen von Betriebsratsmitgliedern gegeneinander ausgespielt werden sollten, entbehrt dies jeglicher Grundlage. Gegen diese Auffassung spricht bereits der Betriebsratsbeschluss vom 07.09.2007, in dem festgestellt wird, dass der Betriebsrat sich in der vertrauensvollen Zusammenarbeit weder mit der Geschäftsleitung der Arbeitgeberin noch mit der IG Metall L3 gestört oder negativ beeinträchtigt fühlt. Der Vorwurf der ernstlichen Störung des Betriebsfriedens durch Herrn S7 oder der Manipulation der Belegschaft und Instrumentalisierung des Betriebsrats ist durch Tatsachenvortrag nicht belegt. Auch wenn auf das Schreiben vom 21.06.2007 fünf Betriebsratsmitglieder mit der E-Mail vom 29.06.2007 reagiert haben, kann hierin eine ernstliche und erhebliche Störung des Betriebsfriedens nicht gesehen werden. Dass es in der Folge des Schreibens vom 21.06.2007 zu Auseinandersetzungen im Betriebsrat gekommen ist, liegt offensichtlich mindestens auch daran, dass die Arbeitgeberin das Schreiben vom 21.06.2007 zum Anlass des Ausspruches des streitigen Hausverbots und der Einleitung des Verfahrens 2 Ca 2321/07 Arbeitsgericht Detmold genommen hat. Immerhin ist die Mehrheit der Mitglieder des Betriebsrats unstreitig gewerkschaftsgebunden. Dass es bei einer unterschiedlichen Zusammensetzung eines Betriebsrats auch innerhalb des Betriebsrats unterschiedliche Auffassungen gibt und - je nach Zusammensetzung des Betriebsrats - auch unterschiedliche Betriebsratsbeschlüsse herbeigeführt werden können, kann unter Berücksichtigung der Meinungs- und Koalitionsfreiheit nicht zur Verwirkung des Zugangsrechts eines Gewerkschaftsbeauftragten führen, sofern dieser seine gesetzlichen Aufgabenbefugnisse nicht eindeutig überschreitet. Die bloße Arbeitgeberkritik und die missverständliche Abfassung im Schreiben vom 21.06.2007 rechtfertigen den Ausspruch des Hausverbots durch die Arbeitgeberin danach nicht.

dd) Zu Unrecht geht die Arbeitgeberin im vorliegenden Verfahren auch von einer Wiederholungsgefahr durch den Gewerkschaftsbeauftragten S7 aus. Zwar hat Herr S7 die von ihm geforderte Unterlassungs- und Widerrufserklärung nicht abgegeben. Er hat aber im vorliegenden Beschwerdeverfahren den Ablauf, wie es zur Abfassung des Schreibens vom 21.06.2007 gekommen ist, eindeutig und widerspruchsfrei geschildert. Hiernach haben sechs Betriebsratsmitglieder an der Sitzung der Vertrauensleute vom 20.06.2007 teilgenommen. Dies hat Herr S7 im Rahmen seiner Anhörung vor der Beschwerdekammer vom 12.09.2008 auch ausdrücklich zu Protokoll gegeben. Selbst wenn Herr S7 im Anhörungstermin beim Arbeitsgericht sich geweigert haben sollte, die Namen derjenigen Betriebsratsmitglieder zu benennen, die an der Sitzung vom 20.06.2007 teilgenommen haben, rechtfertigt auch dieser Umstand, das ausgesprochene Hausverbot und die Annahme einer Wiederholungsgefahr nicht. Bei der Sitzung vom 20.06.2007 handelte es sich nämlich, worauf bereits hingewiesen worden ist, um eine "interne" Sitzung, wie dies auch im Schreiben vom 21.06.2007 zum Ausdruck gekommen ist. Zudem hat Herr S7 bei seiner Anhörung vor der Beschwerdekammer am 12.09.2008 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ihm gerade nicht daran gelegen sei, den Betriebsfrieden im Betrieb der Arbeitgeberin zu stören oder einen Keil in die Belegschaft oder in den Betriebsrat zu treiben; für etwaige Missverständnisse, die aufgrund des Schreibens vom 21.06.2007 zustande gekommen seien, hat er sich entschuldigt.

Dass dem Gewerkschaftsbeauftragen S7 auch bei einer anderen Arbeitgeberin aus L2 ein Hausverbot erteilt worden ist, ist für die Entscheidung im vorliegenden Fall unerheblich. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass dieses Hausverbot in zwei Instanzen ebenfalls für unwirksam erachtet worden ist. Die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde war erfolglos.

III.

Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht bestand nach den §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.

Ende der Entscheidung

Zurück