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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 09.02.2007
Aktenzeichen: 10 TaBV 85/06
Rechtsgebiete: BetrVG, BGB


Vorschriften:

BetrVG § 99 Abs. 1
BetrVG § 101
BGB § 242
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Detmold vom 17.08.2006 - 3 BV 18/06 - abgeändert.

Der Antrag des Betriebsrats wird abgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

A

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob bestimmte Mitarbeiter in sogenannte "Vergütungsrahmen" einzugruppieren sind.

Die Arbeitgeberin betriebt in H1xx-B2x M1xxxxxx als Zweigniederlassung eine Rehabilitationseinrichtung mit ca. 178 Mitarbeitern. Antragsteller ist der in der Einrichtung gewählte neunköpfige Betriebrat.

Zwischen der Arbeitgeberin, dem Betriebsrat und der Gewerkschaft Ö1x, Bezirksverwaltung N3xxxxxxx-W4xxxxxxx I4 B5xxxx, wurde am 15.11.1991 eine Vereinbarung (Bl. 41 ff.d.A.) abgeschlossen, deren Ziffer 1. lautet:

"1. Grundlage dieser Vereinbarung sind die als Anlagen beigefügten Vergütungsordnungen der einzelnen Berufsgruppen für die Mitarbeiter der Klinik sowie das beigefügte Sitzungsprotokoll vom 12. September 1991."

Ziffer 7. dieser Vereinbarung lautet:

"7. Laufzeit: Diese Vereinbarung gilt rückwirkend ab 01. Juli 1991 und hat eine Laufzeit bis zum 31. März 1993. Sie ist zu diesem Zeitpunkt erstmals kündbar mit einer Frist von 3 Monaten."

Seit 1991 gilt in der Klinik eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von durchschnittlich 38,5 Stunden.

Nachdem die sogenannten Vergütungsrahmen durch die Arbeitgeberin zum 30.11.1998 gekündigt waren, wurden sie während einer betriebsratslosen Zeit - ein neuer Betriebsrat wurde erst wieder im Jahre 2002 gewählt - durch Dienstanweisung vom 02.03.2001 wieder in Kraft gesetzt. In der Dienstanweisung vom 02.03.2001 (Bl. 43 d.A.) heißt es:

"Gemäß des Beschlusses der Klinikleitung vom 13.12.2000 und des nochmals bestätigenden Beschlusses vom 06.02.2001 weisen wir darauf hin, dass rückwirkend zum 01.01.2001 der bisherige Vergütungsrahmen wieder vollumfänglich in Kraft gesetzt wird.

Dies bedeutet, dass auch die Betriebsjahresstaffelung zukünftig wieder berücksichtigt werden soll."

Im April 2003 wurden neue Vergütungsrahmen für Hilfskräfte, Etagenhilfen, Reinigungskräfte, Küchenhilfen (Bl. 6 d.A.), für Assistenzärzte (Bl. 49 d.A.) und für gelernte Serviererinnen (Bl. 50 d.A.) in Kraft gesetzt. Nach diesen Vergütungsrahmen nahm die Arbeitgeberin in der Vergangenheit die Eingruppierung neu eingestellter Mitarbeiter/innen vor. Ob sie in allen Fällen nach diesen Vergütungsrahmen verfuhr oder in Einzelfällen die Arbeitszeit ausdrücklich aushandelte und etwa dabei bei Teilzeitkräften die Vergütung auf der Basis einer 40-Stunden/Woche berechnete, ist zwischen den Beteiligten streitig.

Mit Schreiben vom 19.04.2005 (Bl. 30 d.A.) teilte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat folgendes mit:

"Betriebsvereinbarung "Vergütungsrahmen"

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit kündigen wir die Betriebsvereinbarung über die Vergütungsordnung vom 15.11.1991 sowie alle zu diesem Thema abgeschlossenen Vereinbarungen zum 31.07.2005.

Die Vereinbarung ist aus mehreren Gründen unzulänglich. Einmal besteht eine rechtliche Unsicherheit, da teilweise bereits eine Kündigung ausgesprochen worden ist, diese Kündigung allerdings wieder, insbesondere auch mit inhaltlichen Änderungen, zurückgenommen wurde. Die ursprüngliche Betriebszugehörigkeitszulage, die unser Gehaltssystem im Konzern überhaupt nicht vorsieht, wurde in eine persönliche Zulage umgewandelt, obwohl dies nicht Sinn der persönlichen Zulage sein kann. Unklar ist weiter, auf welche Basis der Vergütungsrahmen überhaupt gelten soll. Dies ist insbesondere aufgrund von 40,0-Std./Woche-Verträge von Bedeutung. Weiter ist zu beachten, dass es für die Ärzte klinikübergreifende Vergütungsrichtlinien gibt, die ebenfalls nicht mit dem bestehenden Vergütungsrahmen übereinstimmen.

Selbstverständlich sind wir gerne für Gespräche zu diesem Thema mit dem Betriebsrat bereit. Als Ansprechpartnerin steht Ihnen die örtliche kfm. Leitung zur Verfügung."

Im Januar/Februar 2006 unterrichtete die Arbeitgeberin den Betriebsrat über die beabsichtigten Einstellungen der Mitarbeiterin S2xxxxxx U1xx, S3xxxx S4xxxxxx und V2xxxxxx S5xxxxx, im April 2006 über die beabsichtigte Einstellung der Mitarbeiterin K5xxx-K2xxxx, im Mai 2006 über die beabsichtigten Einstellungen der Mitarbeiterinnen H3xxxxxx und J2xx, im Juni 2006 über die beabsichtigte Einstellung der Mitarbeiterin O1xxx G3xx und im Juli 2006 über die beabsichtigte Einstellung der Mitarbeiterin C2xxxxxx P5xxxx (Bl. 7 ff., 44 ff. d.A.). Der Betriebsrat stimmte sämtlichen Einstellungen zu, rügte jedoch, dass die vorgesehene Entlohnung nicht dem jeweiligen Vergütungsrahmen entspräche, weil die Vergütung auf der Basis einer 40-Stunden/Woche statt auf der Grundlage einer Regelarbeitszeit von 38,5-Stunden/Woche vereinbart worden sei. Mit den am 04.04.2006 bzw. 21.07.2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen Anträgen begehrte der Betriebsrat daraufhin, der Arbeitgeberin aufzugeben, die betroffenen Arbeitnehmerinnen einzugruppieren, die Zustimmung des Betriebsrats zu dieser Eingruppierung einzuholen und im Verweigerungsfalle durch das Arbeitsgericht ersetzen zu lassen.

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, in der Klinik sei eine betriebliche Übung dahin entstanden, dass alle Arbeitnehmer nach dem von der Arbeitgeberin geschaffenen Vergütungsrahmen eingruppiert würden. Die Arbeitgeberin habe sich bis 1998 und auch ab 2001 bei allen Neueinstellungen nach dem jeweiligen Vergütungsrahmen gerichtet und die Arbeitnehmer nach den entsprechenden Vergütungsrahmen eingruppiert. Bei Teilzeitkräften sei die Vergütung früher auf der Basis einer 38,5-Stunden/Woche berechnet worden. Lediglich bei den in den Anträgen bezeichneten Mitarbeitern sei dies nicht geschehen. Insoweit hielte sich die Arbeitgeberin nicht mehr an den vorgegebenen Vergütungsrahmen, insbesondere die für die Teilzeittätigkeit errechneten Gehälter bezögen sich nicht mehr auf eine 38,5-Stunden/Woche, sondern auf eine 40-Stunden/Woche. Die Arbeitgeberin habe sich aufgrund der entstandenen betrieblichen Übung auch im Falle der in den Anträgen genannten Mitarbeiterinnen an die jeweiligen Vergütungsrahmen zu halten.

Der Betriebsrat hat beantragt,

1. die Arbeitnehmerinnen S2xxxxxx U1xx, S3xxxx S6xxxxx und V2xxxxxx S5xxxxx in den Vergütungsrahmen der R1xx K1xxxx für Hilfskräfte, Etagenhilfen, Reinigungskräfte und Küchenhilfen vom 03.04.2003 einzugruppieren,

2. die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung der Arbeitnehmerinnen S2xxxxxx U1xx, S3xxxx S6xxxxx und V2xxxxxx S5xxxxx in diesen Vergütungsrahmen einzuholen sowie bei Verweigerung der Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung ein Zustimmungsersetzungsverfahren einzuleiten,

3. die Arbeitnehmerin R3xxxx K5xxx-K2xxxx und I3xxx H3xxxxxx in den Vergütungsrahmen für gelernte Serviererinnen vom 03.04.2003 einzugruppieren,

4. die Arbeitnehmerin N2xxxxx J2xx in den Vergütungsrahmen für Assistenzärzte West vom 01.04.2003 einzugruppieren,

5. die Arbeitnehmerinnen C2xxxxxx P5xxxx und O1xxx G3xx in den Vergütungsrahmen für Hilfskräfte, Etagenhilfen, Reinigungskräfte und Küchenhilfen vom 03.04.2003 einzugruppieren,

6. die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung der Arbeitnehmerinnen R3xxxx K5xxx-K2xxxx, I3xxx H3xxxxxx, N2xxxxx J2xx, C2xxxxxx P5xxxx und O1xxx G3xx in die Vergütungsrahmen gemäß Ziffern 3, 4 und 5 einzuholen sowie bei Verweigerung der Zustimmung ein Zustimmungsersetzungsverfahren einzuleiten.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Vergütungsrahmen aus April 2003 hätten keine rechtlich verbindliche Wirkung. Sie würden lediglich als unverbindliche Richtschnur zur Orientierung bei der Vergütung des Personals gelten. Eine betriebliche Übung habe es insoweit nicht gegeben. Hierfür fehle es bereits an einer gleichförmigen notwendigen Übung. In zahlreichen Fällen sei die Arbeitgeberin von dem jeweiligen Vergütungsrahmen abgewichen. Dies gelte beispielsweise für folgende Mitarbeiter: D4xxxxx, P6xxxx, U2xxxxx, v3x H4xxx, G4xx, F2xxxx, E1xxxxxxxxx, S7xxxxxxxxxx, K3xx, H5xx, R4xxxx, W3xxxxxxxxxx, K5xxx-K2xxxx, H3xxxxxx, J2xx, E2x`l1 a3xx sowie die in den Anträgen genannten Mitarbeiterinnen.

Im Übrigen habe es auch keine einheitliche Anwendung von Berufsjahrveränderungen und keine neuen Betriebszugehörigkeitszulagen gegeben.

Auch wenn es ursprünglich eine Vereinbarung über Vergütungsordnungen vom 15.11.1991 gegeben habe, seien jedoch diese Vereinbarungen sowie alle zu diesem Thema abgeschlossenen Vereinbarungen zum 31.07.2005 gekündigt worden.

Die Arbeitgeberin hat ferner die Auffassung vertreten, dass selbst dann, wenn eine begünstigende betriebliche Übung vorgelegen habe, diese durch eindeutige einseitige Änderung der Arbeitgeberin gegenüber neu eintretenden Arbeitnehmern beseitigt werden könne.

Durch Beschluss vom 17.08.2006 hat das Arbeitsgericht den Anträgen stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, die Arbeitgeberin sei zu der Eingruppierung der betroffenen Mitarbeiter in die entsprechenden Vergütungsrahmen verpflichtet, weil sie diese Vergütungsrahmen ab 01.01.2001 wieder in Kraft gesetzt und damit eine betriebliche Übung geschaffen habe, von der sie nicht einseitig abweichen könne. Die bloße Nichterfüllung sei keine Beendigung einer einmal begründeten betrieblichen Übung. Wenn es sich bei den Vergütungsrahmen um eine Betriebsvereinbarung oder gar um Bestandteile eines Haustarifvertrages handeln würde, müsse die Arbeitgeberin die Vergütungsrahmen kraft Nachwirkung gemäß § 77 Abs. 6 BetrVG bzw. § 4 Abs. 4 TVG ebenfalls anwenden.

Gegen den der Arbeitgeberin am 24.08.2006 zugestellten Beschluss hat die Arbeitgeberin am 05.09.2006 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese mit dem am 24.10.2006 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Arbeitgeberin ist der Auffassung, bei den Vergütungsrahmen handele es sich weder um eine Betriebsvereinbarung noch um einen Haustarifvertrag. Die Vergütungsrahmen seien auch nicht Bestandteil einer betrieblichen Übung. Für die Annahme einer betrieblichen Übung fehle es an einer notwendigen gleichförmigen Handhabung. Wie erstinstanzlich vorgetragen, sei die Arbeitgeberin in zahlreichen Fällen von den jeweiligen Vergütungsrahmen abgewichen. Im Übrigen habe es keine einheitliche Anwendung von Berufsjahrveränderungen und keine neuen Betriebszugehörigkeitszulagen gegeben.

Mindestens sei die Arbeitgeberin berechtigt, gegenüber neu eintretenden Arbeitnehmern von einer betrieblichen Übung abzuweichen. Gegenüber neu eintretenden Arbeitnehmern könne auch eine begünstigende betriebliche Übung durch eindeutige einseitige Erklärung des Arbeitgebers beseitigt werden. So sei die Arbeitgeberin für die im Tenor des Beschlusses des Arbeitsgerichts genannten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen verfahren. Mit diesen sei ganz ausdrücklich eine ganz bestimmte wöchentliche Arbeitszeit und seine entsprechende Vergütung vereinbart worden. Die vertragliche Basis sei in allen Fällen eine 40-Stunden/Woche bei einem Vollzeiteinsatz gewesen. Dies ergebe sich im Einzelnen aus den mit den jeweiligen Mitarbeiterinnen abgeschlossenen Arbeitsverträgen (Bl. 97 ff.d.A.). Aufgrund der ausdrücklichen arbeitsvertraglichen Vereinbarung könnten diese Mitarbeiter sich nicht auf eine betriebliche Übung zu ihren Gunsten stützen. Gegenüber diesen neuen Mitarbeiterinnen sei die betriebliche Übung damit beseitigt worden. Ein Vertrauenstatbestand sei ihnen gegenüber nicht geschaffen worden. Diese Mitarbeiterinnen seien gerade nicht ohne konkrete Arbeitszeitregelung eingestellt worden.

Die Arbeitgeberin beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Detmold vom 17.08.2006 - 3 BV 18/06 - abzuändern und die Anträge des Betriebsrats abzuweisen.

Der Betriebsrat beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt den erstinstanzlichen Beschluss und ist der Auffassung, die Arbeitgeberin müsse auch bei einer einseitig in Kraft gesetzten Vergütungsordnung sich in allen Fällen an die bei der Eingruppierung an diese Vergütungsordnung halten. In den Schreiben vom 19.04.2005 und 20.03.2006 bezeichne sie die Vergütungsrahmen selbst als Betriebsvereinbarung. Mindestens hieraus ergebe sich, dass die Arbeitgeberin die von ihr einseitig in Kraft gesetzten Vergütungsrahmen selbst als verbindlich angesehen und sie auch entsprechend angewendet habe. Erstmals Anfang 2006 habe der Betriebsrat festgestellt, dass die Arbeitgeberin von den jeweiligen Vergütungsrahmen abgewichen sei. Zuvor habe die Arbeitgeberin alle Mitarbeiter/innen entsprechend den Vergütungsrahmen eingruppiert.

Die von der Arbeitgeberin selbst geschaffene betriebliche Übung sei auch nicht durch Abschluss der Arbeitsverträge mit den in den Anträgen genannten Mitarbeitern beseitigt worden. Die Beseitigung einer betrieblichen Übung setze nämlich voraus, dass die neu eingestellten Mitarbeiter von der bisherigen betrieblichen Übung Kenntnis gehabt hätten und ihnen gegenüber deutlich gemacht worden wäre, dass die bisherige betriebliche Übung für sie keine Geltung habe. Das sei aber durch den bloßen Abschluss der Arbeitsverträge mit den in den Anträgen genannten Mitarbeiterinnen nicht geschehen. Diese hätten überhaupt nicht wissen können, dass sie ohne Berücksichtigung des Vergütungsrahmens eingestellt worden seien. Eine ausdrückliche Erklärung ihnen gegenüber, die die Beseitigung der betrieblichen Übung zur Folge gehabt habe, gebe es nicht.

Im Anhörungstermin vom 09.02.2007 hat sich herausgestellt, dass die Mitarbeiterinnen C2xxxxxx P5xxxx und R3xxxx K5xxx-K2xxxx inzwischen aus der Klinik der Arbeitgeberin ausgeschieden waren. Die Beteiligten haben insoweit das Verfahren für erledigt erklärt. Das Verfahren ist daraufhin insoweit eingestellt worden.

Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzend Bezug genommen.

B

Die zulässige Beschwerde der Arbeitgeberin ist begründet.

Den Anträgen des Betriebsrats konnte nicht stattgegeben werden.

I.

Die Anträge des Betriebrats sind nach den §§ 2 a, 80 Abs. 1 ArbGG zulässig. Zwischen den Beteiligten ist eine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit nach § 99 BetrVG streitig, nämlich die zutreffende Eingruppierung der in den Anträgen genannten Mitarbeiter.

Die Antragsbefugnis des Betriebsrats und die Beteiligung der Arbeitgeberin ergeben sich aus den §§ 10, 83 Abs. 3 ArbGG.

Die von der personellen Maßnahme betroffenen Mitarbeiter/innen waren im vorliegenden Beschlussverfahren nicht zu beteiligen (BAG, Beschluss vom 23.03.1983 - AP BetrVG 1972 § 101 Nr. 6; BAG, Beschluss vom 17.05.1983 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 18; BAG, Beschluss vom 20.10.2004 - AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 29; BAG, Beschluss vom 12.12.2006 - DB 2007; 527; Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, BetrVG, 23. Aufl., § 99 Rz. 235; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 5. Aufl., § 83 Rz. 47 m.w.N.). Sie haben keine betriebsverfassungsrechtliche Rechtsposition, die durch die Entscheidung im vorliegenden Verfahren berührt sein könnte. Die Richtigkeit der Eingruppierung können sie erforderlichenfalls im Urteilsverfahren überprüfen lassen.

II.

Die auf § 101 BetrVG gestützten Anträge des Betriebsrats sind jedoch nicht begründet.

Hat ein Arbeitgeber ohne Zustimmung des Betriebsrats eine Ein- oder Umgruppierung oder nach Auffassung des Betriebsrats eine unzutreffende Ein- oder Umgruppierung vorgenommen, kann im Mitbestimmungssicherungsverfahren nach § 101 Satz 1 BetrVG nur die nachträgliche Einholung der Zustimmung des Betriebsrats und bei deren Verweigerung die Durchführung des arbeitsgerichtlichen Ersetzungsverfahrens verlangt werden. Das Beteiligungsrecht des Betriebsrats besteht bei der Ein- und Umgruppierung lediglich in einer Richtigkeitskontrolle. Dem Arbeitgeber kann in derartigen Fällen lediglich die - nachträgliche - Einholung der Zustimmung sowie bei deren Verweigerung die Durchführung des Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG aufgegeben werden; unterbleibt eine erforderliche Ein- oder Umgruppierung, muss der Betriebsrat dem Arbeitgeber deren Vornahme aufgeben lassen und ihn sodann zur Einholung seiner Zustimmung sowie bei deren Verweigerung zur Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG verpflichten (BAG, Beschluss vom 31.05.1983 - AP BetrVG 1972 § 118 Nr. 27; BAG, Beschluss vom 20.03.1990 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 79; BAG, Beschluss vom 09.02.1993 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 103; BAG, Beschluss vom 26.10.2004 - AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 29; BAG, Beschluss vom 12.12.2006 - DB 2007, 527; Fitting, a.a.O., § 101 Ziff. 8 m.w.N.).

Insoweit hat der Betriebsrat, der die von der Arbeitgeberin vorgenommene Eingruppierung für unzutreffend hält, zwar zutreffende Anträge gestellt. Diese Anträge sind indes nicht begründet.

1. Die Arbeitgeberin bedurfte zwar der Zustimmung des Betriebsrats zu der beabsichtigten Eingruppierung der im Antrag genannten Mitarbeiterinnen.

Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern die Zustimmung des Betriebsrats zu jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung einzuholen.

Die Voraussetzungen unter denen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats entsteht, sind erfüllt. Im Betrieb der Arbeitgeberin sind mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt.

Bei den geplanten personellen Maßnahmen handelte es sich auch jeweils um eine Eingruppierung im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG. Unter Eingruppierung ist die - erstmalige - Einordnung einzelner Arbeitnehmer in ein kollektives Entgeltschema zu verstehen, wobei zu klären ist, welchen Merkmalen der im Betrieb geltenden Vergütungsordnung die jeweilige Tätigkeit entspricht (BAG, Beschluss vom 30.10.2001 - AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 26). Dabei bezieht sich das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht nur auf die Bestimmung der jeweiligen Vergütungsgruppe, sondern auch auf dazugehörige Fallgruppen oder sonstige Stufenregelungen (BAG, Beschluss vom 27.07.1993 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 101; Fitting, a.a.O., Rz. 78, 91). Die Festlegung der für die betroffenen Mitarbeiter zutreffenden Vergütungsgruppen betrifft die innerbetriebliche Lohngerechtigkeit und beeinflusst die Höhe der jeweiligen Vergütung. Dabei hat der Betriebsrat, wenn auch kein Mitgestaltungsrecht, so doch ein Mitbeurteilungsrecht (BAG, Beschluss vom 22.02.1983 - AP BetrVG 1972 § 101 Nr. 6; BAG, Beschluss vom 28.01.1986 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 32; BAG, Beschluss vom 12.08.1997 - AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 14; BAG, Beschluss vom 27.06.2000 - AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 23; BAG, Beschluss vom 28.06.2006 - AP BetrVG 1972 Eingruppierung Nr. 30; Fitting, a.a.O., § 99 Rz. 81; ErfK/Kania, 7. Aufl., § 99 BetrVG Rz. 12 m.w.N.).

2. Die Arbeitgeberin war jedoch nicht verpflichtet, die im Antrag genannten Mitarbeiterinnen in die jeweiligen Vergütungsrahmen einzugruppieren und ihnen insbesondere eine Vergütung auf der Grundlage einer 38,5-Stunden/Woche zuzusagen. Eine derartige Verpflichtung ergab sich weder aufgrund eines Tarifvertrages oder einer Betriebsvereinbarung noch aufgrund einer im Betrieb der Arbeitgeberin ausgeübten betrieblichen Übung.

a) Bei den in der Klinik angewendeten Vergütungsrahmen handelt es sich weder um einen Tarifvertrag noch um eine Betriebsvereinbarung.

Zwar ist die Vereinbarung vom 15.11.1991 u.a. zwischen der damaligen Gewerkschaft ÖTV und der Arbeitgeberin abgeschlossen worden. Hieraus ergibt sich aber nicht zwingend, dass damit ein Haustarifvertrag abgeschlossen worden wäre. Dagegen spricht schon, dass die "Vereinbarung" vom 15.11.1991 u.a. auch mit dem Betriebsrat der R1xx Klinik abgeschlossen worden ist. Regelmäßig sind Betriebsräte am Abschluss eines Tarifvertrages nicht beteiligt.

Die Vergütungsrahmen stellen auch keine Betriebsvereinbarung im Sinne des § 77 BetrVG dar. Unstreitig ist zwischen den Beteiligten, dass sie zum 30.11.1998 von der Arbeitgeberin gekündigt worden waren und danach mit Wirkung zum 01.01.2001 aufgrund einer Dienstanweisung der Arbeitgeberin einseitig wieder in Kraft worden sind. Betriebsvereinbarungen sind jedoch nach § 77 Abs. 2 Satz 1 BetrVG vom Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Einen Beschluss zwischen Betriebsrat und der Arbeitgeberin über die jeweiligen Vergütungsrahmen gibt es jedoch ebenso wenig wie eine schriftliche Niederschrift hierzu. Die Vergütungsrahmen sind auch nicht nach § 77 Abs. 2 Satz 2 BetrVG vom Betriebsrat und der Arbeitgeberin jeweils unterzeichnet.

b) Die Arbeitgeberin war aber auch nicht aufgrund einer betrieblichen Übung verpflichtet, die im Antrag genannten Mitarbeiterinnen in die entsprechenden Vergütungsrahmen einzugruppieren.

aa) Richtig ist zwar, dass auch eine betriebliche Vergütungsordnung Grundlage einer betrieblichen Übung sein kann. Auf den Geltungsgrund eines kollektiven Entgeltschemas kommt es insoweit nicht an. Es ist unerheblich, ob sich die Lohn- und Gehaltsgruppenmerkmale aus einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder einer einseitig vom Arbeitgeber gesetzten Lohn- und Gehaltsordnung ergeben. Eine Lohn- oder Gehaltsgruppenordnung kann auch aufgrund betrieblicher Übung bei einseitiger Einführung durch den Arbeitgeber zur Anwendung gelangen. Wird die von neu eingestellten Arbeitnehmern zu verrichtende Tätigkeit von einer Gehaltsgruppenordnung erfasst, die kraft betrieblicher Übung im Betrieb zur Anwendung kommt, ist der Arbeitgeber zur Eingruppierung der neu eingestellten Arbeitnehmer in diese Gehaltsgruppenordnung und zur Beteiligung des Betriebsrats an dieser Eingruppierung verpflichtet (BAG, Beschluss vom 23.11.1993 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 111; BAG, Beschluss vom 26.10.2004 - AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 29; Fitting, a.a.O., § 99 Rz. 73 f.; ErfK/Kania, a.a.O., § 99 Rz. 11; Kraft/Raab, GK-BetrVG, 8. Aufl., § 99 Rz. 41 m.w.N.). Eine bestehende betriebliche Übung kommt nämlich den Arbeitnehmern zu Gute, mit denen unter der Geltung der Übung ein Arbeitsverhältnis begründet wird (BAG, Urteil vom 10.08.1988 - AP BGB, § 242 Betriebliche Übung Nr. 32).

bb) Die Beschwerdekammer unterstellt auch zu Gunsten des Betriebsrat, dass in der Vergangenheit mindestens seit dem 01.01.2001 bei der einseitigen Wiedereinführung der bisherigen Vergütungsrahmen durch die Arbeitgeberin eine betriebliche Übung des Inhalts entstanden ist, alle neu einzustellenden Mitarbeiter nach dem jeweiligen entsprechenden Vergütungsrahmen zu vergüten (zu den Voraussetzungen des Entstehens einer betrieblichen Übung: BAG, Urteil vom 11.04.2006 - AP BGB § 667 Nr. 1; BAG, Urteil vom 28.06.2006 - AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 74).

cc) Die Arbeitgeberin war aber entgegen der Rechtsauffassung des Betriebsrats berechtigt, ab 01.01.2006 von einer insoweit bestehenden etwaigen betrieblichen Übung wieder abzuweichen. Dies hat das Arbeitsgericht verkannt.

Gegenüber neu eintretenden Arbeitnehmern kann eine begünstigende betriebliche Übung durch eine eindeutige einseitige Erklärung des Arbeitgebers beseitigt werden (BAG, Urteil vom 10.08.1988 - AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 32; BAG, Urteil vom 14.11.2001 - 10 AZR 152/01 - NZA 2002, 527; ErfK/Preis, a.a.O., § 611 Rz. 268; Bepler, RdA 2004, 226, 238; Reinecke, BB 2004, 1625, 1628; Küttner/Kreitner, Personalhandbuch, 13. Aufl., Betriebliche Übung Rz. 9; Reiter, ZfA 2006, 361, 368 m.w.N.).

So liegt der vorliegende Fall. Die Arbeitgeberin hat seit Januar 2006 für alle seit diesem Zeitpunkt in den Betrieb eintretenden Arbeitnehmer gegenüber deutlich gemacht, dass sie sich nicht mehr in vollem Umfang an die bisher in der Klinik angewendeten Vergütungsrahmen halten wollte. Mit allen seit Januar 2006 eingestellten Mitarbeitern/innen ist eine ausdrückliche arbeitsvertragliche Regelung über die Höhe der monatlichen Vergütung und die jeweilige wöchentliche Arbeitszeit getroffen worden. Bereits hieraus ergibt sich, dass die Arbeitgeberin sich gegenüber den neu eingestellten Mitarbeitern/innen nicht mehr an die bisherige Regelung der 38,5-Stunden/Woche halten wollte. Mit allen neu eingestellten Mitarbeitern/innen, hat sie ab 2006 ausdrücklich eine Vergütung auf der Basis einer 40-Stunden/Woche vereinbart.

Die Beendigung der bisher geübten Praxis wird insbesondere dadurch bestärkt, dass die Arbeitgeberin bereits am 19.04.2005 gegenüber dem Betriebsrat ausdrücklich die "Vergütungsrahmen" sowie alle zu diesem Thema abgeschlossenen Vereinbarungen zum 31.07.2005 gekündigt hat. Im Kündigungsschreiben vom 19.04.2005 ist ausdrücklich auf die 40-Stunden/Woche hingewiesen worden. Insoweit konnten in der Klinik der Arbeitgeberin keine Zweifel darüber aufkommen, dass die Arbeitgeberin sich insbesondere an eine Kraft betrieblicher Übung geltende 38,5-Stunden/Woche gegenüber ab Januar 2006 eingestellten Mitarbeiter nicht mehr halten wollte. Mit den neu eingestellten Mitarbeitern/innen ist auch ausdrücklich eine 40-Stunden/Woche vereinbart worden bzw. bei Teilzeitbeschäftigten eine Vergütung, die auf der Basis einer 40-Stunden/Woche errechnet worden ist. Die bei Arbeitsvertragsabschluss insoweit abgegebenen Erklärungen der Arbeitgeberin sind eindeutig.

Danach war die Arbeitgeberin nicht verpflichtet, eine neue Eingruppierung für die im Antrag genannten Mitarbeiter/innen vorzunehmen und ein neues Zustimmungsverfahren beim Betriebsrat einzuleiten.

III.

Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht bestand keine Veranlassung, §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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