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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 26.02.2007
Aktenzeichen: 10 TaBVGa 7/07
Rechtsgebiete: ArbGG, BetrVG, ZPO


Vorschriften:

ArbGG § 85 Abs. 2
BetrVG § 23 Abs. 3
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 890
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Detmold vom 16.02.2007 - BVGa 14/07 - abgeändert.

Der Arbeitgeberin wird aufgegeben, es bis zur rechtskräftigen Entscheidung in dem Verfahren 2 BV 8/07 Arbeitsgericht Detmold unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 10.000,-- € für jeden Fall der Zuwiderhandlung am 26., 27. und 28. Februar 2007 zu unterlassen, ohne Zustimmung des Betriebsrats oder ohne den die Zustimmung des Betriebsrats ersetzenden Spruch der Einigungsstelle - außer in Notfällen - gegenüber Ärztinnen und Ärzten - es sei denn, es handelt sich dabei um die Chefärzte, um leitende Angestellte i. S. v. § 5 Abs. 3 BetrVG oder um Oberärzte - Arbeit, das zur Verfügung stellen, die Ausübung von Tätigkeiten sowie das Wahrnehmen von Aufgaben anzuordnen oder duldend entgegenzunehmen und zwar

in der Abteilung "Innere"

montags von 00:01 Uhr bis 7:59 Uhr und von 16:46 Uhr bis 24:00 Uhr,

dienstags von 00:01 Uhr bis 7:59 Uhr und von 17:46 Uhr bis 24:00 Uhr,

mittwochs von 00:01 Uhr bis 7:59 Uhr und von 15:16 Uhr bis 24:00 Uhr,

in der Abteilung "Pulmologie"

montags von 00:01 Uhr bis 7:59 Uhr und von 16:46 Uhr bis 24:00 Uhr,

dienstags von 00:01 Uhr bis 7:59 Uhr und von 17:46 Uhr bis 24:00 Uhr,

mittwochs von 00:01 Uhr bis 7:59 Uhr und von 15:16 Uhr bis 24:00 Uhr,

in der Abteilung Psy-KaB"

montags, dienstags, mittwochs von 00:01 Uhr bis 7:59 Uhr und von 16:46 Uhr bis 24:00 Uhr,

in der Abteilung "Orthopädie"

montags von 00:01 Uhr bis 7:29 Uhr und von 16:16 Uhr bis 24:00 Uhr,

dienstags von 00:01 Uhr bis 7:29 Uhr und von 16:31 Uhr bis 24:00 Uhr,

mittwochs von 00:01 Uhr bis 7:29 Uhr und von 16:16 Uhr bis 24:00 Uhr,

in der Abteilung "Unfallchirugie"

montags, dienstags und mittwochs von 00:01 Uhr bis 7:29 Uhr und von 16:16 Uhr bis 24:00 Uhr,

in der Abteilung "Gynäkologie"

- gegenüber der Arbeitnehmerin W1xxxx -

montags von 00:01 Uhr bis 7:59 Uhr und von 13:16 Uhr bis 24:00 Uhr,

dienstags von 00:01 Uhr bis 7:59 Uhr und von 16:31 Uhr bis 24:00 Uhr,

mittwochs von 00:01 Uhr bis 8:59 Uhr und von 14:01 Uhr bis 24:00 Uhr.

Gründe:

A

Die Beteiligten streiten um den Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei der Aufstellung von Dienstplänen für Klinikärzte.

Die Arbeitgeberin betreibt in B4x S2xxxxxxx mit über 350 Beschäftigten die "Kliniken am B2xxxxxxxx". Die ärztliche Organisation des Betriebes der Kliniken ist in die Abteilungen "Inneres", "Pulmologie", "Psy-KaB", "Orthopädie", "Unfallchirurgie" und "Gynäkologie" untergliedert.

Antragsteller des vorliegenden Verfahrens ist der für die "Kliniken am B2xxxxxxxx" gebildete elfköpfige Betriebsrat.

Für die Beschäftigten der Arbeitgeberin gelten die Haustarifverträge für die Kliniken der Unternehmensgruppe D2. M1xx, insbesondere der Manteltarifvertrag vom 01.01.1997. Diese Tarifverträge waren zum 31.12.2003 gekündigt, seither befinden sie sich in der Nachwirkung.

In allen Abteilungen des Betriebes der Arbeitgeberin leisten die ärztlichen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen neben dem sogenannten "Normaldienst" auch noch sogenannte Bereitschaftsdienste. Wer an welchem Tag Bereitschaftsdienst leistet, bestimmt sich nach einem sogenannten "ärztlichen Dienstplan", der Monat für Monat erstellt und dem Betriebsrat zur Kenntnis gebracht wird.

Mit dem an die Arbeitgeberin gerichteten Schreiben vom 27.10.2006 (Bl. 11 d.A.) wies das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz OWL die Arbeitgeberin darauf hin, dass seit dem 01.01.2004 der Bereitschaftsdienst nach deutschem Recht vollständig als Arbeitszeit gewertet werde und bei einer Kombination von Vollarbeit und Bereitschaftsdienst nicht mehr als 10 Stunden pro Tag gearbeitet werden dürfe; abweichende tarifliche Regelungen seien nach § 25 AZG nur bis zum 31.12.2006 zulässig.

Nachdem dem Betriebsrat der Dienstplan für das ärztliche Personal für den Monat Januar 2007 überreicht worden war, stimmte der Betriebsrat diesem Dienstplan nicht zu, weil dieser Dienstplan - einschließlich der vorgesehenen Bereitschaftsdienste - für alle Abteilungen des Betriebes der Arbeitgeberin eine Arbeitszeit von mehr als 10 Stunden vorsah. Der Betriebsrat hatte bereits zuvor den Dienstplänen für die Monate November und Dezember 2006 wegen Verstoßes gegen das Arbeitszeitgesetz nicht zugestimmt (Bl. 23 ff.d.A.). Nachdem die Arbeitgeberin den Dienstplan für den Monat Januar 2007 dennoch in Kraft gesetzt hatte, wehrte sich der Betriebsrat hiergegen im Wege der einstweiligen Verfügung mit einem Unterlassungsantrag - 2 BV 4/07 Arbeitsgericht Detmold -. Im Anhörungstermin vom 24.01.2007 schlossen die Beteiligten daraufhin folgenden Vergleich (Bl. 113 d.A.):

"1. Zwischen den Beteiligten besteht Einigkeit, dass die Bereitschaftsdienstleistung der in der Antragsschrift angesprochenen Abteilungen bezogen auf den ärztlichen Dienst für den Monat Januar 2007 rechtlich unverbindlich ist.

2. Damit ist das Verfahren erledigt."

Am 30.01.2007 legte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat den ärztlichen Dienstplan für Februar 2007 vor (Bl. 19 d.A.). Mit Schreiben vom 31.01.2007 (Bl. 20 d.A.) stimmte der Betriebsrat diesem Dienstplan wiederum nicht zu. Der ärztliche Dienstplan für Februar 2007 wurde von der Arbeitgeberin dennoch wiederum in Kraft gesetzt und praktiziert. Inzwischen war wegen des ärztlichen Dienstplans für Februar 2007 von der Arbeitgeberin eine Einigungsstelle eingerichtet worden, die erstmals am 15.02.2007 zusammentrat, sich aber vertagte.

Mit dem am 06.02.2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung begehrt der Betriebsrat von der Arbeitgeberin die Unterlassung, die ärztlichen Dienstpläne in den sechs Abteilungen ohne seine Zustimmung bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren 2 BV 8/07 Arbeitsgericht Detmold anzuwenden.

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, dass der Arbeitgeber sich gesetzes- und tarifwidrig verhalte. Die Missachtung der zwingenden Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats müsse einstweilen beendet werden, da mit einem rechtskräftigen Abschluss des eingeleiteten Hauptsacheverfahrens nicht vor Ende Februar 2007 zu rechnen sei. Andernfalls würde der Zweck seiner Mitbestimmungsrechte aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG, nämlich die Interessen der Arbeitnehmer an der Lage ihrer Arbeitszeit und damit zugleich der Freizeit für die Gestaltung ihres Privatlebens zur Geltung zu bringen, vereitelt. Die Arbeitgeberin habe im Übrigen genügend Zeit gehabt, arbeitszeitgesetzeskonforme Dienstpläne vorzulegen.

Der Betriebsrat hat beantragt:

Der Arbeitgeberin wird aufgegeben werden, es bis zur rechtskräftigen Entscheidung in dem Verfahren 2 BV 8/07 unter Androhung eines Zwangsgeldes in angemessener Höhe für jeden Fall der Zuwiderhandlung im Monat Februar 2007 zu unterlassen, ohne Zustimmung des Betriebsrates oder ohne den die Zustimmung des Betriebsrates ersetzenden Spruch der Einigungsstelle - außer in Notfällen - gegenüber Ärztinnen und Ärzten - es sei denn, es handelt sich dabei um die Chefärzte oder um leitende Angestellte i. S. v. § 5 Abs. 3 BetrVG -

- Arbeit,

- das zur Verfügung Stehen,

- die Ausübung von Tätigkeiten, sowie

- das Wahrnehmen von Aufgaben anzuordnen oder duldend entgegenzunehmen und zwar

1. in der Abteilung "Inneres"

montags von 00:01 Uhr bis 07:59 Uhr und von 16:46 Uhr bis 00:00 Uhr

dienstags von 00:01 Uhr bis 07:59 Uhr und von 17:46 Uhr bis 00:00 Uhr

mittwochs von 00:01 Uhr bis 07:59 Uhr und von 15:16 Uhr bis 00:00 Uhr

donnerstags von 00:01 Uhr bis 07:59 Uhr und von 17:46 Uhr bis 00:00 Uhr

freitags von 00:01 Uhr bis 07:59 Uhr und von 15:46 Uhr bis 00:00 Uhr

samstags von 00:00 Uhr bis 24:00 Uhr, und

sonntags von 00:00 Uhr bis 24:00 Uhr

2. in der Abteilung "Pulomologie"

montags von 00:01 Uhr bis 07:59 Uhr und von 16:46 Uhr bis 00:00 Uhr

dienstags von 00:01 Uhr bis 07:59 Uhr und von 17:46 Uhr bis 00:00 Uhr

mittwochs von 00:01 Uhr bis 07:59 Uhr und von 15:16 Uhr bis 00:00 Uhr

donnerstags von 00:01 Uhr bis 07:59 Uhr und von 17:46 Uhr bis 00:00 Uhr

freitags von 00:01 Uhr bis 07:59 Uhr und von 15:46 Uhr bis 00:00 Uhr

samstags von 00:00 Uhr bis 24:00 Uhr, und

sonntags von 00:00 Uhr bis 24:00 Uhr

3. in der Abteilung "Psy-KaB"

montags, dienstags, mittwochs, donnerstags, freitags von 00:01 Uhr bis 07:59 Uhr und von 16:46 Uhr bis 00:00 Uhr und

samstags von 00:00 Uhr bis 24:00 Uhr, und

sonntags von 00:00 Uhr bis 24:00 Uhr

4. in der Abteilung "Orthopädie"

montags von 00:01 Uhr bis 07:29 Uhr und von 16:16 Uhr bis 00:00 Uhr

dienstags von 00:01 Uhr bis 07:29 Uhr und von 16:31 Uhr bis 00:00 Uhr

mittwochs von 00:01 Uhr bis 07:29 Uhr und von 16:16 Uhr bis 00:00 Uhr

donnerstags von 00:01 Uhr bis 07:29 Uhr und von 16:31 Uhr bis 00:00 Uhr

freitags von 00:01 Uhr bis 07:29 Uhr und von 14:16 Uhr bis 00:00 Uhr

samstags von 00:00 Uhr bis 24:00 Uhr, und

sonntags von 00:00 Uhr bis 24:00 Uhr

5. in der Abteilung "Unfallchirurgie"

montags, dienstags, mittwochs und donnerstags von 00:01 Uhr bis 07:29 Uhr und von 16:16 Uhr bis 00:00 Uhr

freitags von 00:01 Uhr bis 07:29 Uhr und von 14:16 Uhr bis 00:00 Uhr

samstags von 00:00 Uhr bis 24:00 Uhr, und

sonntags von 00:00 Uhr bis 24:00 Uhr

6. in der Abteilung "Gynäkologie" - gegenüber der Arbeitnehmerin W1xxxx-

montags von 00:01 Uhr bis 07:59 Uhr und von 13:16 Uhr bis 00:00 Uhr

dienstags von 00:01 Uhr bis 07:59 Uhr und von 16:31 Uhr bis 00:00 Uhr

mittwochs von 00:01 Uhr bis 08:59 Uhr und von 14:01 Uhr bis 00:00 Uhr

donnerstags von 00:01 Uhr bis 08:59 Uhr und von 14:01 Uhr bis 00:00 Uhr

freitags von 00:00 Uhr bis 24:00 Uhr

samstags von 00:00 Uhr bis 24:00 Uhr, und

sonntags von 00:00 Uhr bis 24:00 Uhr.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, dem Unterlassungsantrag fehle das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, da die Betriebsparteien sich darauf geeinigt hätten, eine Einigungsstelle zur Dienstplangestaltung für den Monat Februar 2007 zu bilden. Bereits insoweit gebe es keinen bestehenden Regelungsbedarf.

Durch Beschluss vom 16.02.2007 hat das Arbeitsgericht den Antrag des Betriebsrats zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, zwar fehle es nicht an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis, es mangele jedoch an der Darlegung und Glaubhaftmachung eines Verfügungsgrundes. Das summarische Eilverfahren sei nicht dazu geeignet, betriebsverfassungsrechtliche Meinungsverschiedenheiten abschließend zu klären. Die Arbeitgeberin stelle grundsätzlich auch nicht in Frage, dass die Dienstpläne des ärztlichen Personals vor ihrer Inkraftsetzung vom Betriebsrat genehmigt werden müssten. Die Arbeitgeberin sei jedoch ersichtlich bemüht, ihrer Verpflichtung, die in den Dienstplänen vorgesehenen Arbeitszeiten der Ärzte den ab Januar 2007 strikt geltenden arbeitszeitrechtlichen Vorschriften anzupassen, nachzukommen. Ein überwiegendes Interesse des Betriebsrats an der Unterlassung der Umsätze der Dienstpläne für den Monat Februar 2007 könne daher nicht angenommen werden.

Hiergegen richtet sich die vom Betriebsrat bereits am 22.02.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangene Beschwerde, die zugleich begründet wurde.

Der Betriebsrat vertritt die Auffassung, dass die Arbeitgeberin nachhaltig gegen ihre Verpflichtung zur Aufstellung genehmigungspflichtiger Dienstpläne für das ärztliche Personal verstoße. Für den Monat Januar habe sie zwar noch die einzelnen Ärzte namentlich im Dienstplan aufgeführt, sodass für den Betriebsrat ersichtlich gewesen sei, wer zu welchen Zeitpunkten anwesend sei und Arbeiten verrichte. Der für den Monat Februar 2007 vorgelegte Dienstplan enthielte aber in der Rubrik Anwesenheitsdienst schon keine Namen mehr, sodass der Betriebsrat nicht ermitteln könne, welcher ärztliche Mitarbeiter Anwesenheitsdienst und welcher Mitarbeiter Bereitschaftsdienst leiste. Dieses Verhalten sei rechtsmissbräuchlich. Der für den Monat März vorgelegte Dienstplan enthalte überhaupt keine Namen mehr, sodass die Einleitung eines weiteren einstweiligen Verfügungsverfahrens notwendig geworden sei (Bl. 132 ff.d.A.).

Entgegen der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts sei auch ein Verfügungsgrund gegeben. Dieser sei nicht dadurch ausgeschlossen, dass die - wegen fehlender Mitbestimmung des Betriebsrats - rechtswidrige Anordnung der Arbeitgeberin individualrechtlich ohnehin unverbindlich sei. Aufgrund des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Arbeitgeberin gingen die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei der Aufstellung der Dienstpläne für den ärztlichen Dienst unwiederbringlich verloren. Das Rechtsschutzinteresse und ein Verfügungsgrund fehle auch wegen der eingerichteten Einigungsstelle deshalb nicht, weil die nächste Sitzung der Einigungsstelle erst am 07.03.2007 stattfinde und offen sei, wann mit einem Spruch der Einigungsstelle zu rechnen sei. Die im Termin vom 24.01.2007 von der Arbeitgeberin abgegebene Zusicherung, sie werde für den Monat Februar 2007 und die weiteren Monate zusammen mit dem Betriebsrat eine betriebsverfassungsrechtlich und arbeitszeitrechtlich konforme Regelung finden, habe die Arbeitgeberin nicht eingehalten. Dies sei bei der erforderlichen Interessenabwägung zu berücksichtigen. Mit den vorgelegten Dienstplänen verstoße die Arbeitgeberin tagtäglich gegen die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats.

Der Betriebsrat beantragt:

Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Detmold vom 16.02.2007 - 2 BVGa 14/07 - abgeändert.

Der Arbeitgeberin wird aufgegeben, es bis zur rechtskräftigen Entscheidung in dem Verfahren 2 BV 8/07 Arbeitsgericht Detmold unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 10.000,-- € für jeden Fall der Zuwiderhandlung im Monat Februar 2007 zu unterlassen, ohne Zustimmung des Betriebsrats oder ohne den die Zustimmung des Betriebsrats ersetzenden Spruch der Einigungsstelle - außer in Notfällen - gegenüber Ärztinnen und Ärzten - es sei denn, es handelt sich dabei um die Chefärzte, um leitende Angestellte i. S. v. § 5 Abs. 3 BetrVG oder um Oberärzte - Arbeit, das zur Verfügung stellen, die Ausübung von Tätigkeiten sowie das Wahrnehmen von Aufgaben anzuordnen oder duldend entgegenzunehmen

und zwar

in der Abteilung "Innere"

montags von 00:01 Uhr bis 7:59 Uhr und von 16:46 Uhr bis 24:00 Uhr,

dienstags von 00:01 Uhr bis 7:59 Uhr und von 17:46 Uhr bis 24:00 Uhr,

mittwochs von 00:01 Uhr bis 7:59 Uhr und von 15:16 Uhr bis 24:00 Uhr,

in der Abteilung "Pulmologie"

montags von 00:01 Uhr bis 7:59 Uhr und von 16:46 Uhr bis 24:00 Uhr,

dienstags von 00:01 Uhr bis 7:59 Uhr und von 17:46 Uhr bis 24:00 Uhr,

mittwochs von 00:01 Uhr bis 7:59 Uhr und von 15:16 Uhr bis 24:00 Uhr,

in der Abteilung Psy-KaB"

montags, dienstags, mittwochs von 00:01 Uhr bis 7:59 Uhr und von 16:46 Uhr bis 24:00 Uhr,

in der Abteilung "Orthopädie"

montags von 00:01 Uhr bis 7:29 Uhr und von 16:16 Uhr bis 24:00 Uhr,

dienstags von 00:01 Uhr bis 7:29 Uhr und von 16:31 Uhr bis 24:00 Uhr,

mittwochs von 00:01 Uhr bis 7:29 Uhr und von 16:16 Uhr bis 24:00 Uhr,

in der Abteilung "Unfallchirurgie"

montags, dienstags und mittwochs von 00:01 Uhr bis 7:29 Uhr und von 16:16 Uhr bis 24:00 Uhr,

in der Abteilung "Gynäkologie"

- gegenüber der Arbeitnehmerin W1xxxx -

montags von 00:01 Uhr bis 7:59 Uhr und von 13:16 Uhr bis 24:00 Uhr,

dienstags von 00:01 Uhr bis 7:59 Uhr und von 16:31 Uhr bis 24:00 Uhr,

mittwochs von 00:01 Uhr bis 8:59 Uhr und von 14:01 Uhr bis 24:00 Uhr.

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss und ist der Auffassung, ein Unterlassungsanspruch bestehe nicht. Die Arbeitgeberin sei verpflichtet, für eine ausreichende medizinische Versorgung der Patienten Sorge zu tragen. Dieser Verpflichtung könne sie nicht nachkommen, wenn dem Antrag entsprochen würde. Das Bestreben des Betriebsrats gehe allein dahin, den Betriebsablauf bei der Arbeitgeberin zu blockieren und damit sowohl die Patientenversorgung als auch die Arbeitsplätze der in der Klinik beschäftigten Mitarbeiter zu gefährden. Bei der Umsetzung der Arbeitszeitregelungen bestünden insbesondere im Bereich von Kliniken und Rehabilitationskliniken erhebliche Schwierigkeiten. Seit Februar 2007 hätten fünf neue Ärzte zur Abdeckung des Bereitschaftsdienstes gewonnen werden können. Diese stünden allerdings zurzeit noch nicht im ausreichenden Maße zur Verfügung. Die Chefärzte und Oberärzte, die den Hintergrunddienst verrichteten, stünden für den Bereitschaftsdienst nicht zur Verfügung.

Das Vorgehen des Betriebsrats habe im Übrigen in der Ärzteschaft auch keinen Rückhalt gefunden. Nachdem der Betriebsrat die beantragten Dienstpläne abgelehnt habe, habe die Arbeitgeberin nur noch die Einigungsstelle anrufen können. Dort sei Einigung erzielt worden, dass ein Sachverständiger in Bezug auf die Arbeitszeitregelungen eingeschaltet werde. Bis zu einer endgültigen Regelung müsse der Arbeitgeberin die Möglichkeit verschafft werden, ihren Betrieb aufrechtzuerhalten und die Patientenversorgung sicherzustellen.

Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der von de Beteiligten gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

B

Die zulässige Beschwerde des Betriebsrats ist begründet.

Der Zulässigkeit der Beschwerde des Betriebsrats steht nicht entgegen, dass sie bereits vor Zustellung des vollständig abgesetzten erstinstanzlichen Beschlusses eingelegt und begründet worden ist. Nach den §§ 89, 87 Abs. 2, 66 Abs. 1 ArbGG ist die Einlegung der Beschwerde auch schon dann möglich, wenn ein Beschluss im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren zwar verkündet, aber noch nicht zugestellt ist (Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 5. Aufl., § 66 Rz. 15; vgl. auch: Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 65. Aufl., § 517 Rz. 9). Es fehlt auch nicht an einer ordnungsgemäßen Beschwerdebegründung im Sinne des § 89 Abs. 2 Satz 2 ArbGG.

I.

Die vom Betriebsrat in der Beschwerdeinstanz gestellten Anträge sind zulässig.

1. Der Betriebsrat verfolgt sein Begehren zutreffend im Beschlussverfahren nach den §§ 2 a, 80 Abs. 1 ArbGG. Zwischen den Beteiligten ist eine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit streitig. Die Beteiligten streiten nämlich um die Frage, ob dem Betriebsrat wegen Verstoßes gegen Mitbestimmungsrechte nach § 87 BetrVG ein Unterlassungsanspruch zusteht.

Nach § 85 abs. 2 ArbGG ist auch im Beschlussverfahren der Erlass einer einstweiligen Verfügung zulässig.

2. Die Antragsbefugnis des Betriebsrats und die Beteiligung der Arbeitgeberin ergeben sich aus den §§ 10, 83 Abs. 3 ArbGG.

3. Dem Unterlassungsantrag fehlt es auch nicht an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis.

Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Leistungsklage ergibt sich regelmäßig aus der Nichterfüllung des materiell-rechtlichen Anspruchs (BAG, Urteil vom 14.09.1994 - AP BGB § 611 Abmahnung Nr. 13; BAG, Urteil vom 15.04.1999 - AP BGB § 611 Abmahnung Nr. 22; BAG, Urteil vom 03.06.2003 - AP BetrVG 1972 § 77 Tarifvorbehalt Nr. 19; BAG, Urteil vom 09.05.2006 - NZA 2006, 1413). Für eine Unterlassungsklage gilt nichts anderes. Insoweit genügt regelmäßig die Behauptung, dass der vom Anspruchssteller verfolgte Anspruch besteht. Ob ein solcher Anspruch gegeben ist, ist eine Frage der materiell-rechtlichen Begründetheit. Nur besondere Umstände können das Verlangen, in die materiell-rechtliche Prüfung des Anspruches einzutreten, als nicht schutzwürdig erscheinen lassen. Derartige besondere Umstände, aus denen sich ergibt, dass der Betriebsrat vorliegend kein schutzwürdiges Interesse an der begehrten Entscheidung haben kann, liegen nicht vor. Auch der Umstand, dass die von der Arbeitgeberin angerufen Einigungsstelle sich mit der Dienstplangestaltung für den Monat Februar 2007 und für die folgenden Monate befasst, lässt das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen. Die Einigungsstelle befasst sich mit der Gestaltung neuer Dienstpläne, im vorliegenden Verfahren ist zwischen den Beteiligten streitig, ob die Arbeitgeberin berechtigt ist, die von ihr einseitig in Kraft gesetzten Dienstpläne umzusetzen.

4. Die Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens durch den Betriebsrat ist auch nicht rechtsmissbräuchlich. Zwar begrenzt der Einwand des Rechtsmissbrauchs als allgemeine Schranke der Rechtsausübung nicht nur subjektive Rechte, sondern auch Rechtsinstitute und Rechtsnormen. Der Grundsatz von Treu und Gauben nach § 242 BGB sowie das Verbot unzulässiger Rechtsausübung gilt auch im Verfahrens- und Prozessrecht. Jede Partei ist zu redlicher Prozessführung verpflichtet, prozessuale Bedürfnisse dürfen nicht für verfahrensfremde Zwecke missbraucht werden (BGH, Urteil vom 05.06.1997 - NJW 1997, 3377, 3379; BAG, Beschluss vom 18.02.2003 - AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 11; Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 242 Rz. 40; Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., Einl. Rz. 56 f.).

Rechtsmissbräuchliches Verhalten bei der Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens kann dem Betriebsrat jedoch nicht vorgeworfen werden. Die Arbeitgeberin geht davon aus, dass das vorliegende Verfahren im Wesentlichen dazu diene, Druck auf die Arbeitgeberin auszuüben, um die Tarifverhandlungen mit ver.di fortzuführen, der Betriebsrat lasse insoweit die gebotene tarifpolitische Neutralität vermissen, dadurch werde das verfassungsgemäß geschützte Recht der Arbeitgeberin auf negative Koalitionsfreiheit beeinträchtigt. Unzulässige Rechtsausübung kann dem Betriebsrat aber nicht vorgeworfen werden. Im vorliegenden Verfahren geht es allein darum, ob die Arbeitgeberin durch die Inkraftsetzung des Dienstplanes für das ärztliche Personal für den Monat Februar Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats missachtet hat und ob der Betriebsrat aus diesem Grund einen Unterlassungsanspruch im Wege der einstweiligen Verfügung erwirken kann. Der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs ist gegenüber dem im vorliegenden Verfahren gestellten Unterlassungsantrag kein geeigneter Einwand.

II.

Dem in der Beschwerdeinstanz gestellten Unterlassungsantrag des Betriebsrats musste stattgegeben werden, er ist begründet.

1. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ergibt sich aus einem Verstoß der Arbeitgeberin gegen Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 BetrVG.

a) In der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte ist inzwischen anerkannt, dass dem Betriebsrat grundsätzlich ein Anspruch auf Unterlassung von mitbestimmungswidrigen Maßnahmen zusteht, wenn der Arbeitgeber Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 BetrVG verletzt. Dieser Anspruch setzt auch keine grobe Pflichtverletzung des Arbeitgebers im Sinne des § 23 Abs. 3 BetrVG voraus (BAG, Beschluss vom 03.05.1994 - AP BetrVG 1972 § 23 Nr. 23; BAG, Beschluss vom 23.07.1996 - AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 68; BAG, Beschluss vom 29.02.2000 - AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 105; BAG, Beschluss vom 27.01.2004 - AP BetrVG 1972 § 87 Überwachung Nr. 40; Fitting/Engels/ Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, BetrVG, 23. Aufl., § 87 Rz. 596 und § 23 Rz. 99 f.; Däubler/Kittner/Klebe, BetrVG, 10. Aufl., § 87 Rz. 316; ErfK/Kania, 7. Aufl., Einl. vor § 74 BetrVG Rz. 28; Oetker, GK-BetrVG, 8. Aufl., § 23 Rz. 130 ff., 137 f. m.w.N.). Auch die beim Beschwerdegericht zuständigen Kammern haben einen Unterlassungsanspruch des Betriebsrats bei Verstoß gegen Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 BetrVG grundsätzlich anerkannt (LAG Hamm, Beschluss vom 06.02.2001 - 13 TaBV 132/00 - AiB 2001, 488; LAG Hamm, Beschluss vom 14.01.2005 - 10 TaBV 85/04 -).

b) Der Betriebsrat nimmt im vorliegenden Fall bei der Aufstellung des Dienstplanes für das ärztliche Personal für den Monat Februar 2007 zu Recht ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG für sich in Anspruch. Bei der Aufstellung des genannten Dienstplans handelt es sich um eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG.

Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG bei der Festlegung des Beginns und des Endes der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie bei der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bezieht sich insoweit auf Fragen der Arbeitszeit. Zur Arbeitszeit gehören neben den Zeiten der Arbeitsbereitschaft und der Rufbereitschaft auch der Bereitschaftsdienst. Auch der Bereitschaftsdienst ist der Arbeitszeit zuzuordnen (BAG, Beschluss vom 18.02.2003 - AP BGB § 611 Arbeitsbereitschaft Nr. 12). Neben der Einführung ist auch die Durchführung des Bereitschaftsdienstes mitbestimmungspflichtig (BAG, Beschluss vom 29.02.2000 - AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 81; BAG, Beschluss vom 22.07.2003 - AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 108; Fitting, a.a.O., § 87 Rz. 96, 127; Wiese, GK-BetrVG, a.a.O., § 87 Rz. 338; ErfK/Kania, a.a.O., § 87 BetrVG Rz. 29 m.w.N.). Auch die Aufstellung von Dienstplänen, sei es, dass sie die Normalarbeitszeit eines Mitarbeiters oder Bereitschaftsdienste enthalten, gehört zu den mitbestimmungspflichtigen Tatbeständen im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG (BAG, Beschluss vom 23.03.1999 - AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 80; BAG, Beschluss vom 28.05.2002 - AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 96; BAG, Urteil vom 29.09.2004 - AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 111; Fitting, a.a.O., § 87 Rz. 127; Wiese, GK-BetrVG, a.a.O., § 87 Rz. 326; ErfK/Kania, a.a.O., § 87 Rz. 28 m.z.w.N.). Dass dem Betriebsrat bei der Aufstellung des ärztlichen Dienstplanes für den Monat Februar 2007 ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 BetrVG zustand, stellt die Arbeitgeberin auch grundsätzlich nicht in Frage.

c) Gegen dieses Mitbestimmungsrecht hat die Arbeitgeberin durch einseitige Aufstellung, Inkraftsetzung und Durchführung des ärztlichen Dienstplanes für Februar 2007 verstoßen. Zwar hat sie den Entwurf des Dienstplans für Februar 2007 dem Betriebsrat zugeleitet, seine Zustimmung hierzu aber nicht eingeholt. Die bloße Anhörung des Betriebsrats ist insoweit unzureichend. Nach § 87 Abs. 1 BetrVG ist die von der Arbeitgeberin geplante Maßnahme, die Aufstellung und Durchführung des ärztlichen Dienstplanes für Februar 2007, zustimmungspflichtig. Eine Zustimmung des Betriebsrats liegt nicht vor.

Die Arbeitgeberin kann gegenüber einem Verstoß gegen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats auch nicht einwenden, die Patientenversorgung sei ohne einseitige Durchführung des ärztlichen Dienstplanes für Februar 2007 gefährdet und sichergestellt.

Die Beschwerdekammer verkennt in keiner Weise, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, für eine ausreichende medizinische Versorgung sämtlicher Patienten Sorge zu tragen. Soweit die Arbeitgeberin jedoch die Auffassung vertritt, dieser Verpflichtung könne sie nicht nachkommen, wenn dem Antrag entsprochen würde, kann der Arbeitgeberin nicht gefolgt werden. Die Aufstellung eines arbeitszeitgerechten Dienstplans für Februar 2006 mag für die Arbeitgeberin mit Schwierigkeiten verbunden sein, rechtlich unmöglich ist sie nicht. Das Begehren des Betriebsrats läuft auch nicht darauf hinaus, der Arbeitgeberin die medizinische Betreuung der Patienten zu untersagen. In welcher Art und Weise die Arbeitgeberin jedoch die medizinische Betreuung gewährleistet, unterliegt ihrer Organisation. Dass die tarifvertraglichen Bestimmungen nach § 25 AZG nur noch in einer Übergangsfrist bis zum 31.12.2006 anwendbar sein würden, war der Arbeitgeberin seit langem, spätestens mit Zugang des Schreibens des Staatlichen Amtes für Umwelt und Arbeitsschutz vom 27.10.2006 bekannt. Seit November 2006 hatte der Betriebsrat entsprechende Dienstpläne für das ärztliche Personal wegen Verstoßes gegen die arbeitszeitrechtlichen gesetzlichen Bestimmungen nicht mehr genehmigt. Allein der Umstand, dass es der Arbeitgeberin erhebliche Schwierigkeiten bereitet, die arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen in ihrem Bereich umzusetzen, enthebt die Arbeitgeberin nicht von ihrer Verpflichtung, Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zu beachten.

Im Übrigen ist die Patientenversorgung dadurch sichergestellt, dass Ärzte in Notfällen auch über 10 Stunden täglich hinaus zur Verfügung stehen müssen. Dies hat der Betriebsrat bereits durch die Antragsfassung klargestellt.

Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates ist auch nicht deshalb entfallen, weil die Bereitschaftsdienste von den betroffenen Ärzten freiwillig erbracht werden. Das Einverständnis der betroffenen Mitarbeiter mit den angeordneten Dienstzeiten beseitigt das Mitbestimmungsrecht nicht. Auch die Duldung von freiwillig geleisteten Überstunden durch den Arbeitgeber unterliegt dem Mitbestimmungsrecht (BAG, Beschluss vom 27.11.1990 - AP Nr. 41 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; BAG, Beschluss vom 16.07.1991 - AP Nr. 44 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; Fitting, a.a.O., § 87 Rz. 144; Däubler/Kittner/Klebe, a.a.O., § 87 Rz. 98; ErfK/Kania, a.a.O., § 87 BetrVG Rz. 34 m.w.N.). Der Betriebsrat hat bei Vorliegen eines kollektiven Tatbestandes nicht nur dann mitzubestimmen, wenn der Arbeitgeber Überstunden oder Mehrarbeit ausdrücklich anordnet, sondern auch dann, wenn er diese nur duldet, indem er sie entgegennimmt. Der Arbeitgeber kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht auf ein Fehlverhalten seiner Mitarbeiter berufen. Der Arbeitgeber ist Herr seines Betriebes. Er kann und muss seinen Betrieb organisieren. Dementsprechend liegt es auch in seiner Macht und Verantwortung zu entscheiden, ob und in welchem Umfang er Mehrarbeit oder Überstunden in seinem Betrieb zulässt oder nicht; er hat darauf zu achten, dass die arbeitszeitrechtlichen Vorschriften eingehalten werden.

d) Auch die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr ist gegeben.

Für die Wiederholungsgefahr besteht bereits eine tatsächliche Vermutung, wenn in der Vergangenheit ständig Mitbestimmungsrechte verletzt worden sind (BAG, Beschluss vom 29.02.2000 - AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 105). So liegt der vorliegende Fall. Die Arbeitgeberin hat keine besonderen Umstände vorgetragen, aus denen sich ergeben könnte, dass eine weitere Verletzung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nicht in Betracht kommt. Genau das Gegenteil ist der Fall. Für den Monat Februar wurde ein ärztlicher Dienstplan vorgelegt, der hinsichtlich des Anwesenheitsdienstes schon keine Namen mehr enthielt. Für den Monat März legte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat einen Dienstplan vor, der überhaupt keine Namen derjenigen Ärzte enthielt, welche Anwesenheitsdienste und Bereitschaftsdienste leisten sollten. Auch in der Sitzung der Einigungsstelle vom 15.02.2007 ist eine Einigung über die Dienstplangestaltung für den Monat Februar 2007 nicht erreicht worden, die Einigungsstelle hat sich vielmehr vertagt. Bereits hieraus ergibt sich, dass der Betriebsrat die weitere Verletzung seiner Mitbestimmungsrechte fürchten muss.

2. Entgegen der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts hat die Beschwerdekammer auch einen für den Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderlichen Verfügungsgrund angenommen.

Ein Verfügungsgrund liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung eines Rechts ohne alsbaldige einstweilige Regelung vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Zur Abwendung dieser Gefahr muss die einstweilige Verfügung erforderlich sein. Angesichts der Tatsache, dass die auf Unterlassung oder Rückgängigmachung gerichtete einstweilige Verfügung Erfüllungswirkung hat, ist eine umfassende Interessenabwägung erforderlich. Es kommt insoweit darauf an, ob die glaubhaft gemachten Gesamtumstände es in Abwägung der beiderseitigen Belange zur Abwendung wesentlicher Nachteile erforderlich erscheinen lassen, eine sofortige Regelung zu treffen (LAG Hamm, Urteil v. 19.04.1984 - LAGE Art. 9 GG Nr. 14 = NZA 1994, 130; LAG Hamm, Urteil v. 17.03.1987 - LAGE Art. 9 GG Nr. 31 = DB 1987, 846; LAG Hamm, Beschluss v. 06.02.2001 - AiB 2001, 488). Dabei ist auch das Gewicht des drohenden Verstoßes und die Bedeutung der umstrittenen Maßnahme einerseits für den Arbeitgeberin und andererseits für die Belegschaft angemessen zu berücksichtigen (BAG, Beschluss v. 03.05.1994 - AP BetrVG 1972 § 23 Nr. 23 - unter B. III. 3. der Gründe). Das durch eine Unterlassungsverfügung zu sichernde Beteiligungsrecht des Betriebsrats ist kein subjektives, absolutes Recht, sondern eine Berechtigung, zum Schutz der Arbeitnehmer durch Ausübung des jeweiligen Beteiligungsrechtes mitgestaltend tätig zu werden. Für die Feststellung eines Verfügungsgrundes kommt es daher nicht allein darauf an, ob dem Betriebsrat die Ausübung seiner Beteiligungsrechte ganz oder jedenfalls für die Vergangenheit unmöglich gemacht wird, sondern auch darauf, ob für die Zeit bis zum Inkrafttreten einer mitbestimmten Regelung der damit bezweckte Schutz der Arbeitnehmer unwiederbringlich vereitelt wird.

Bereits die zum Verfügungsanspruch gemachten Ausführungen zeigen, dass die Arbeitgeberin in der Vergangenheit mehrfach gegen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG verstoßen hat. Auch im Laufe des vorliegenden Verfahrens hat sie es nicht vermocht, einen genehmigungsfähigen Dienstplan für Februar 2007 vorzulegen. Diese Verstöße wiegen umso schwerer, als im Laufe des vorliegenden Verfahrens erkennbar geworden ist, dass auch für den Monat März 2007 kein genehmigungsfähiger Dienstplan für das ärztliche Personal erstellt werden konnte. Dies ist für den Betriebsrat nicht hinnehmbar. Die Verstöße gegen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats durch die Arbeitgeberin sind eindeutig und zweifelsfrei. Gerade weil die Arbeitgeberin immer wieder gegen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats verstieß, ist der Betriebsrat auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung dringend angewiesen. Sinn der §§ 935, 940 ZPO ist es gerade zu verhindern, dass die Verwirklichung des Rechtes einer Partei vereitelt wird. Bestehen an dem Bestand des Verfügungsanspruchs keine vernünftigen Zweifel, ist eine einstweilige Verfügung zu erlassen, da das mögliche Interesse der Arbeitgeberin an der Beibehaltung einer offensichtlich rechtswidrigen Verfahrensweise rechtlich nicht schützenswert ist (LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.08.2005 - AiB 2006, 389; Walker, ZfA 2005, 45, 53 m.w.N.). Der Betriebsrat ist auf den Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung dringend angewiesen, da ohne Erlass ihm ein endgültiger Rechtsverlust hinsichtlich seiner Mitbestimmungsrechte droht. Bereits hieraus ergibt sich die Notwendigkeit und Dringlichkeit der begehrten einstweiligen Verfügung. Die Anforderungen an den Verfügungsgrund sind umso geringer, desto schwerer und offensichtlicher die drohende oder bestehende Rechtsverletzung ist (LAG Köln, Urteil vom 24.11.1998 - NZA 1999, 1008; LAG Hamm, Urteil vom 12.12.2001 - NZA 2003, 311). Gegen die besondere Dringlichkeit der begehrten einstweiligen Verfügung spricht auch nicht, dass die Anordnung gegenüber den betroffenen Ärzten, Bereitschaftsdienste zu leisten, wegen fehlender Mitbestimmung des Betriebsrats ohnehin unverbindlich ist und dass, wie die Arbeitgeberin vorträgt, das Vorgehen des Betriebsrats in der Ärzteschaft keinen Rückhalt gefunden habe. Ein rechtlich anerkennenswertes Interesse der Arbeitgeberin an der Abweisung der Anträge des Betriebsrats besteht schon deshalb nicht, weil nicht der Betriebsrat, sondern die Arbeitgeberin sich mitbestimmungswidrig und damit rechtswidrig verhält. Auf die Unverbindlichkeit der Weisung in den Bereitschaftsdienstplänen kann die Arbeitgeberin sich mindestens dann nicht berufen, wenn sie den betroffenen Ärzten nicht einmal mitteilt, dass ihre Weisung rechtswidrig und damit unverbindlich ist. Auch der Umstand, dass die diensthabenden Ärzte den derzeitigen Modus der Dienste beibehalten wollen, rechtfertigt es, wie bereits ausgeführt, nicht, das rechtswidrige Verhalten der Arbeitgeberin aufrechtzuerhalten.

3. Die Androhung eines Ordnungsgeldes folgt am § 890 ZPO. Sie ist auch bereits im Erkenntnisverfahren möglich und zulässig (LAG Frankfurt, Beschluss vom 03.06.1988 - DB 1989, 536).

III.

Gegen diese Entscheidung findet die Rechtsbeschwerde nicht statt, § 92 Abs. 1 Satz 3 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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