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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 20.02.2003
Aktenzeichen: 11 (5) Sa 382/02
Rechtsgebiete: BetrVG, ArbGG, ZPO, EGZPO, KSchG


Vorschriften:

BetrVG § 99
ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 66 Abs. 1
ArbGG § 66 Abs. 6
ZPO § 519
ZPO § 520
EGZPO § 26 Nr. 5
KSchG § 1
KSchG § 1 Abs. 1
KSchG § 1 Abs. 2
KSchG § 1 Abs. 2 Satz 3
KSchG § 2
KSchG § 4
KSchG § 9
KSchG § 23 Abs. 1
Zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung ist der Arbeitgeber gehalten, den Arbeitnehmer auf einem anderen freien Arbeitsplatz weiterzubeschäftigen. Dabei steht es in der gerichtlich nur begrenzt überprüfbaren Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers, das Anforderungsprofil für den zu besetzenden Arbeitsplatz festzulegen. Das Fehlen dort niedergelegter Anforderungen kann der Arbeitgeber der ihm angesonnenen Weiterbeschäftigung jedoch nur insoweit entgegenhalten, als die grundlegende Qualifikation für den Arbeitsplatz betroffen ist.

Im zu entscheidenden Fall kann der Arbeitgeber deshalb der vom Kläger geforderten Weiterbeschäftigung nicht entgegenhalten, der Kläger sei zwar gelernter Industriekaufmann, ihm fehlten aber eine mehrjährige Berufserfahrung im Vertrieb und Erfahrungen in der Auftragsabwicklung, wie sie in der internen Stellenausschreibung gefordert seien.


Landesarbeitsgericht Hamm Im Namen des Volkes Urteil

Geschäfts-Nr.: 11 (5) Sa 382/02

Verkündet am: 20.02.2003

In dem Rechtsstreit

hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 20.02.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Limberg sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Drüke und Najduk

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 09.01.2002 - 3 Ca 1575/01 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer aus betrieblichen Gründen ausgesprochenen Kündigung vom 26.08.2001 zum 31.10.2001. Der Kläger ist am 01.02.11xx geboren, ledig und kinderlos. Er ist gelernter Industriekaufmann. Seit dem 04.12.1990 arbeitete er bei der Beklagten als Versanddisponent zu einer monatlichen Grundvergütung von zuletzt 5.137,00 DM, Vergütung nach Gehaltsgruppe G 4 des Gehaltstarifvertrages für die Papier, Pappe und Kunststoff verarbeitende Industrie im Bereich Westfalen und dem zugehörigen Gehaltsrahmentarifvertrag aus dem Jahr 1991. Im Arbeitsvertrag vom 25.03.1991 (Kopie Bl. 6, 7 d.A.) und in der Vereinbarung "Festsetzung des Gehalts für Angestellte" vom 25.03.1991 (Kopie Bl. 8 d.A.) ist eine Tätigkeit des Klägers als Versanddisponent vereinbart mit der Verpflichtung, auch andere zumutbare Arbeiten zu verrichten. Es ist die Geltung der "jeweiligen Tarifverträge: MTV für Angestellte der Papier, Pappe und Kunststoff verarbeitenden Industrie Westfalens" geregelt. Der Einsatz soll in Wechselschicht erfolgen mit der Maßgabe, dass aus betrieblicher Notwendigkeit eine andere Arbeitszeit angewiesen werden kann. Wegen der Kurzstellenbeschreibung zum Arbeitsvertrag wird auf Bl. 45 d.A. verwiesen. Die Beklagte beschäftigt regelmäßig mehr als 5 Arbeitnehmer. Es besteht ein Betriebsrat. Seit 2001 strebt die Beklagte eine Umorientierung im Kundenbereich an. Anstelle von schlechtpreisigen bisherigen Kunden sollen vermehrt Neukunden aus anderen Bereichen gewonnen werden. In der Umsetzung dieses Prozesses ergab sich vom Jahr 2000 auf das Jahr 2001 ein Umsatzrückgang von 20 % bis 25 %. Die Anzahl der zu bearbeitenden Vorgänge reduzierte sich um 26 %. Die Beklagte änderte ihre Ablauforganisation. Sie fasste die bisherigen Abteilungen Verkaufsinnendienst, Arbeitsvorbereitung und Produktionsplanung zu einem "Kunden-Servicecenter" mit den Bereichen Planung und Kundenservice zusammen. Kundenvorgänge können so durch integrierte Behandlung auf einer Etage verbessert bearbeitet werden. Die bisherige gesonderte Abteilung Arbeitsvorbereitung entfiel. Die dort vorgehaltenen Arbeitsplätze fielen weg. Betroffen waren die Arbeitsplätze des Betriebsratsvorsitzenden B4xx S1xxxxxxxx und des Jugendvertreters P4xxxxx R4xxxx. Herr R4xxxx absolvierte bei der Beklagte bis zum Juni 2000 eine Ausbildung zum Industriekaufmann. Die Beklagte setzte Herrn R4xxxx zum 01.07.2001 als Disponent in den Versand um. Dort arbeiteten bis zu diesem Zeitpunkt neben dem Kläger zwei weitere Versanddisponenten: B5xxxxxx L3xxxxx (geb. 12.03.13xx, Betriebszugehörigkeit seit dem 10.09.1984, verheiratet, 1 Kind) und R5xxxx F5xx (geb. 04.14.15xx, Betriebszugehörigkeit seit dem 14.03.1990, verheiratet, 1 Kind) (Tabelle zu den Sozialdaten Bl. 17 d.A.). Die Beklagte hörte den Betriebsrat unter dem 13.06.2001 zu der gegenüber dem Kläger beabsichtigten betriebsbedingten Kündigung an (Einzelheiten: Kopie Bl. 11 - 17 d.A.). Der Betriebsrat widersprach am 20.06.2001 und führte unter anderem aus: Der Betriebsrat sei zu der Versetzung des Herrn R4xxxx in den Versand nicht nach § 99 BetrVG beteiligt worden, die Sozialauswahl sei im Hinblick auf die Arbeitnehmerinnen W4xx, S2xxxx und im Hinblick auf die geplante und abgestimmte Übernahme der Auszubildenden Z1xxxxxxx, M4xx und L2xxx zu beanstanden, die zum 30.09.2001 frei werdende Stelle des Herrn O1xxxx könne mit Herrn R4xxxx besetzt werden, eine Freikündigung des Arbeitsplatzes des Klägers sei in Anbetracht dieser Situation völlig überflüssig (Kopie Bl. 18, 19 d.A.). Herr O1xxxx, bisher Sachbearbeiter im Vertrieb mit einem Gehalt nach G 4, kündigte sein Arbeitsverhältnis zu der Beklagten im Juni 2001 zum 30.09.2001. Wegen der Einzelheiten der von Herrn O1xxxx wahrgenommenen Aufgaben wird auf die eingereichte Zeugniskopie, Bl. 228 d.A., verwiesen. Mit innerbetrieblicher Stellenausschreibung vom 27.06.2001 schrieb die Beklagte die Stelle eines "Verkaufssachbearbeiters Innendienst" für eine kurzfristige Besetzung aus (Einzelheiten Kopie Bl. 61 d.A.):

"Aufgabenstellung: - Vorbereitung von Unterlagen für den Kundenberater,

- Bearbeitung von eingehenden Anfragen,

- Ausarbeitung von Angeboten,

- Bearbeitung der Aufträge,

- Annahme von eingehenden Kundenanrufen,

- Erledigung des allgemeinen Schriftwechsels,

- Erstellung von Auswertungen und Statistiken nach Anleitung

Fachliche und persönliche Voraussetzung:

- Kaufmännische Ausbildung zum Industriekaufmann/zur Industriekauffrau,

- Mehrjährige Berufserfahrung im Bereich Vertrieb, insbesondere mit Industriekunden,

- Erfahrung in der Auftragsabwicklung,

- gute PC-Kenntnisse,

- ausgeprägte Kontaktfähigkeit,

- verkäuferisches Talent,

- Zuverlässigkeit, Einsatzbereitschaft, Organisationstalent. Einstufung: G3

....."

Am 28.06.2001 verfasste die Beklagte das Kündigungsschreiben für den Kläger. Dem Kündigungsschreiben (Kopie Bl. 10 d.A.) war die Stellungnahme des Betriebsrates beigefügt. Gegen diese Kündigung richtet sich die am 03. Juli 2001 bei dem Arbeitsgericht eingegangene Klage. Am 01.02.2002 stellte die Beklagte Frau P5xxxx als Verkaufssachbearbeiterin im Kunden-Servicecenter im Verkaufsinnendienst ein. Frau P5xxxx ist am 22.02.16xx geboren und schloss am 24.11.2000 ihre Ausbildung zur Industriekauffrau ab. Im Mitbestimmungsverfahren nach § 99 BetrVG teilte die Beklagte dem Betriebsrat mit, mit der Einstellung solle der frei gewordene Arbeitsplatz des Herrn O1xxxx neu besetzt werden (Bl. 218 - 220 d.A.). Am 11.02.2002 stellte die Beklagte Herrn S3xxxxx im Kunden-Servicecenter im Verkaufsinnendienst ein. Herr S3xxxxx absolvierte bis Juni 1997 eine Ausbildung zum Industriekaufmann. Bei seinem vorherigen Arbeitgeber war er anschließend 4 1/2 Jahre im Vertrieb in der Baustoffbranche tätig. Gegenüber dem Betriebsrat begründete die Beklagte diese Einstellung als "Fluktuationsersatz für Herrn O1xxxx und für Frau M4xx" (Bl. 221 d.A). Frau P5xxxx und Herr S3xxxxx sind in die Gehaltsgruppe G 4 eingruppiert. Bei der Beklagten existiert im Rahmen der Zertifizierung nach ISO ein Qualitätsmanagementhandbuch. Dort ist zu den Verkaufsbereichen der Beklagten ausgeführt:

"Das Unternehmen verfügt über zwei Verkaufsbereiche, den Kundenservice-Center und Außendienst. Der Außendienst ist in erster Linie für Beratung und Betreuung vor Ort zuständig sowie für die Kundenakquisition. Das Kundenservice-Center ist für die Bearbeitung der Anfrage-, Angebots- und Auftragsunterlagen zuständig und ist insofern innerbetriebliches Bindeglied zwischen Kunde, Außendienstmitarbeiter und Produktion. Kundenanfragen gehen in der Regel telefonisch/mündlich oder schriftlich bei den beiden Verkaufsbereichen - Außendienst und KSC - ein.

Sind die Spezifikationen der Anfragen ausreichend, so werden diese sofort unter Einsatz der betriebsinternen EDV kalkuliert (Standardverpackungen). Auf der Basis der erstellten Vorkalkulation entsteht die Preisfindung.

Bei Sonderfragen zur Produktionstechnik z.B. bei Sonderkonstruktionen, wird die Anfrage an die Abteilungen Verpackungsentwicklung/-beratung, Druckvorstufe und ggf. an die Produktionsleitung weitergeleitet. Im Anschluss wird die Kalkulation erstellt, aus der sich die Preisfindung ergibt.

.....

Kundenservice-Center

Annahme von Kundenanfragen / Kundenaufträgen

Bearbeitung von Besuchsberichten des AD (beinhaltet Anfrage)

Erfassung von wichtigen Daten in Form von Gesprächsnotizen

Weiterleitung der relevanten Unterlagen an die betroffenen Stellen

Machbarkeitsüberprüfungen (aufgrund der Maschinendaten) durchführen

Berücksichtigung der gültigen Richtlinien

Kalkulationserstellung und Angebotspreis ermitteln

........

Beschreibung

Kundenservicecenter Kundenanfragen

Die beim KSC schriftlich, telefonisch oder per Fax eingehenden Kundenanfragen werden formlos erfasst und von den KSC-MA auf Vollständigkeit, nach den Verkaufsrichtlinien, geprüft. Falls zusätzliche Angaben noch notwendig sind, werden diese nach Rücksprache mit dem Kunden abgeklärt und ergänzt. Sind alle Angaben erfasst, entscheidet ein KSC-MA, ob auf eine Standardverpackung zurückgegriffen werden kann oder ob die Abteilung VE einen Entwicklungsauftrag erhält.

....."

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die vorgelegten Kopien zum Qualitätsmanagementhandbuch (Bl. 222 - 227 d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Die Sozialauswahl hätte nicht auf die drei Mitarbeiter im Versand beschränkt werden dürfen sondern sei auf den gesamten Angestelltenbereich zu erstrecken gewesen. Die vom Betriebsrat benannten Mitarbeiter seien wie er Industriekaufleute und sozial weniger schutzbedürftig. Vor allem komme aber ein Einsatz auf dem frei gewordenen Arbeitsplatz des Herrn O1xxxx in Betracht, auch Herr R4xxxx hätte auf diesen Arbeitsplatz versetzt werden können.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 28.06.2001 nicht aufgelöst worden ist,

2. den Kläger weiterzubeschäftigen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens. Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, die Versetzung des Herrn R4xxxx in den Versand sei eine gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare unternehmerische Organisationsentscheidung. Bei der Kündigung des Klägers sei nur bei den Arbeitsplätzen im Versand die erforderliche arbeitsplatzbezogene Vergleichbarkeit für die Sozialauswahl gegeben gewesen. Der Kläger sei wegen seines Naturells für eine verkaufende Tätigkeit nicht geeignet.

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen D1. W5xxxxx und G5xxxxxx ( Sitzungsprotokoll vom 09.01.2002 - Bl. 118 ff d.A.)

Das Arbeitsgericht hat der Klage durch Urteil vom 09.01.2002 stattgegeben. Es hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 28.06.2001 nicht aufgelöst worden ist, und hat die Beklagte zur Weiterbeschäftigung verurteilt. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt, weil der Kläger auf dem freien Arbeitsplatz des Herrn O1xxxx hätte weiterbeschäftigt werden können.

Gegen dieses der Beklagten am 21.02.2002 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. Die Berufung ist am 06.03.2002 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen. Die Berufung ist nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 21.05.2002 am 21.05.2002 begründet worden.

Die Beklagte wendet ein, die Kündigung sei entgegen den Ausführungen des Arbeitsgerichts sozial gerechtfertigt. Der seinerzeit - bei Kündigung des Klägers - freie Arbeitsplatz des ehemaligen Mitarbeiters O1xxxx sei nicht vergleichbar mit dem Arbeitsplatz des Klägers im Versand. Aufgabenbereich und auszuübende Tätigkeit seien völlig verschieden. So sei als Ziel der bisherigen Stelle des Klägers in der Stellenbeschreibung (Bl.45 d.A., s.o.) ausgeführt: "Ziel der Stelle ist der Versand von gefertigten Produkten zu festen Lieferzeiten und Preisen, sowie die Lagerhaltung und Überwachung einschließlich der durchzuführenden Inventurarbeiten". Ein Vergleich mit den Anforderungen der Stellenausschreibung vom 27.06.2001 (s.o.) zeige, dass der Kläger für den Einsatz auf dem bisherigen Arbeitsplatz O1xxxx nicht in Betracht komme. Die Tätigkeiten des Versanddisponenten seien weitgehend starr vorgegeben, ihm seien zum Beispiel beim Zukauf von Frachtraum oder bei der Aushandlung von Frachtkonditionen mit neuen Spediteuren die Konditionen fest vorgeschrieben seien. Demgegenüber solle der Verkaufssachbearbeiter mit den Kunden der Beklagten über die Konditionen verhandeln und habe hierbei Verhandlungsspielraum. Hinzu komme, dass im Versand in Wechselschicht gearbeitet werde gegenüber der normalen Arbeitszeit im Verkaufsinnendienst von 8.00 Uhr bis 16.15 Uhr. Der Kläger entspreche im übrigen nicht dem Anforderungsprofil für die am 27.06.2001 ausgeschriebene Stelle. Das Anforderungsprofil unterliege als unternehmerische Entscheidung nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Der Kläger verfüge weder über mehrjährige Erfahrung im Vertrieb noch über Erfahrungen in der Auftragsabwicklung. Der Kläger besitze weder die geforderte ausgeprägte Kontaktfähigkeit noch das nötige verkäuferische Talent. Dies seien Anforderungen, die nicht erlernbar seien und die der Stelleninhaber mitbringen müsse. Dem Kläger, der seine Qualitäten als Versanddisponent habe, fehle diese erforderliche Persönlichkeitsstruktur. In kritischen Situationen sei der Kläger zu einer konfliktfreien Gesprächsführung nicht in der Lage, er reagiere dann eher schroff und unbeweglich. Der Werksleiter und jetzige Geschäftsführer der Beklagten sei 20 Jahre im Vertrieb tätig gewesen und könne sachgerecht beurteilen, dass dem Kläger die erforderliche Persönlichkeitsstruktur fehle. Aufgrund seiner Erfahrung könne er einschätzen, ob ein Stellenbewerber über die erforderliche Persönlichkeitsstruktur eines "Vertriebsmenschen" verfüge oder nicht. Die Hauptarbeit des Verkaufssachbearbeiters liege in der telefonischen Beratung der Kunden. Nicht richtig sei, dass ein Großteil der Aufgaben schriftlich abgewickelt werde. Da der Kläger das Anforderungsprofil des seinerzeit ausgeschriebenen Arbeitsplatzes des Verkaufssachbearbeiters im Verkaufsinnendienst nicht erfülle, sei die Beklagte nicht verpflichtet, den Kläger zukünftig auf diesem Arbeitsplatz zu beschäftigen. Die Sozialauswahl sei nicht zu beanstanden. Nur die Versanddisponenten seien mit dem Kläger zu vergleichen. Von diesen sei der Kläger sozial am wenigsten schutzbedürftig. Tätigkeiten im Einkauf, Verkauf, in der Personalabteilung oder in der Abteilung EDV seien dem Kläger fremd. Auf diesen Bereich erstrecke sich die Sozialauswahl nicht.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 09.01.2002 - 3 Ca 1575/01 -, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Zu Recht habe das Arbeitsgericht festgestellt, dass der Kläger auf dem freien Arbeitsplatz des ehemaligen Mitarbeiters O1xxxx weiterbeschäftigt werden könne. Aus dem Qualitätsmanagementhandbuch der Beklagten zur Zertifizierung nach ISO gehe hervor, dass der Schwerpunkt der Arbeiten im Verkaufsinnendienst nicht in der Beratung der Kunden am Telefon liege. Folgerichtig werde die "telefonische Beratung" im Zeugnis des Herrn O1xxxx vom 30.09.2001 nicht betont, dort habe man lediglich die Zuständigkeit für die "Annahme und das Führen von eingehenden Kundenanrufen" festgehalten (weitere Einzelheiten: Kopie des Zeugnisses vom 30.09.2001 Bl. 228 d.A.). Sonderanfragen seien ausweislich des Qualitätsmanagementkonzeptes an die Abteilungen Verpackungsentwicklung/-beratung und ggf. an die Produktionsleitung weiterzuleiten. Die entscheidenden Gespräche für die Gewinnung neuer Kunden seien Sache des Außendienstes. Im Hinblick auf die von der Beklagten problematisierte Persönlichkeitsstruktur sei darauf hinzuweisen, dass der Kläger ab 1996 für 4 1/2 Jahre nebenberuflich eine GmbH zum Betrieb eines Sonnenstudios als Geschäftsführer und einziger Gesellschafter geführt habe.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien und insbesondere wegen der wechselseitig geäußerten Rechtsansichten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg.

I.

Die Berufung ist an sich statthaft und nach dem Beschwerdegegenstand zulässig, sie ist frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 64 Abs. 1, Abs. 2, 66 Abs. 1, Abs.6 ArbGG, 519, 520 ZPO. Dabei finden ArbGG und ZPO gemäß § 26 Nr. 5 EGZPO in der seit dem 01.01.2002 geltenden Fassung Anwendung (BAG 30.05.2002 - 2 AZB 20/02 - NZA 2003,176).

II.

Die Berufung bleibt hinsichtlich des Feststellungsantrages in der Sache ohne Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Arbeitsgericht darauf erkannt, dass die Kündigung vom 28.06.2001 sozial ungerechtfertigt ist und das Arbeitsverhältnis der Parteien deshalb nicht aufgelöst hat.

1. Der Kündigungsschutzantrag ist zulässig. Das Arbeitsverhältnis der Parteien unterfällt gemäß §§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1 KSchG dem allgemeinen gesetzlichen Kündigungsschutz. Im Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes ist der entsprechend § 4 KSchG formulierte Kündigungsschutzantrag unproblematisch zulässig (BAG 04.02.1993 2 AZR 463/92; BAG 11.02.1981 AP Nr. 8 zu § 4 KSchG; ErfK-Ascheid, 3. Aufl. 2003, § 4 KSchG Rdz. 9).

2. Die innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist des § 4 KSchG erhobene Kündigungsschutzklage ist begründet. Die Kündigung ist nach § 1 Abs. 1 KSchG wegen fehlender sozialer Rechtfertigung unwirksam.

a) Die für den Kündigungsgrund darlegungspflichtige Beklagte beruft sich allein auf betriebliche Kündigungsgründe. Eine so begründete Kündigung ist nach § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt, wenn sie durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts können sich betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG aus innerbetrieblichen Umständen (Unternehmerentscheidungen wie z.B. Rationalisierungsmaßnahmen, Umstellung oder Einstellung der Produktion) oder durch außerbetriebliche Gründe (z.B. Auftragsmangel oder Umsatzrückgang) ergeben. Eine Kündigung ist aus innerbetrieblichen Gründen gerechtfertigt, wenn sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren innerbetrieblicher Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt. Von den Arbeitsgerichten voll nachzuprüfen ist dabei, ob eine derartige unternehmerische Entscheidung tatsächlich vorliegt und durch ihre Umsetzung das Beschäftigungsbedürfnis bei einzelnen Arbeitnehmern entfallen ist. Dagegen ist die unternehmerische Entscheidung nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 12.04.2002 AP 120 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; BAG 21.09.2000 AP Nr. 112 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung). Diese betrieblichen Erfordernisse müssen "dringend" sein und eine Kündigung im Interesse des Betriebes notwendig machen. Die Kündigung muss wegen der betrieblichen Lage unvermeidbar sein (BAG 12.04.2002 AP Nr. 120 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; BAG 17.06.1999 AP Nr. 103 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung). Der Arbeitgeber hat den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Besteht eine zumutbare Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem anderen freien Arbeitsplatz zu gleichen oder geänderten Arbeitsbedingungen, so muss der Arbeitgeber von sich aus dem Arbeitnehmer die Weiterbeschäftigung anbieten. Unterlässt er dies, ist eine gleichwohl erklärte Beendigungskündigung sozial ungerechtfertigt (BAG 25.04.2002 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 121; BAG 18.10.2000 AP Nr. 39 zu § 9 KSchG 1969).

b) Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass durch die Umorientierung der Beklagten im Kundenbereich und die damit im Zusammenhang stehende Änderung der Ablauforganisation zwei Arbeitsplätze in der bisher selbständigen Abteilung Arbeitsvorbereitung entfallen sind. Durch die Umsetzung des dort tätig gewesenen Jugendvertreters P4xxxxx R4xxxx in den Versandbereich sieht die Beklagte das Bedürfnis für eine weitere Beschäftigung des Klägers als entfallen an.

c) Ein daraus herzuleitendes Erfordernis für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger stellt sich jedoch nicht als dringend im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG dar. Denn der Kläger hätte auf der frei werdenden Stelle des ehemaligen Arbeitnehmers O1xxxx der Beklagten weiterbeschäftigt werden können, welche die Beklagte einen Tag vor Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung intern ausgeschrieben hatte. Die Weiterbeschäftigung auf diesem Arbeitsplatz ist sowohl dem Kläger als auch der Beklagten objektiv möglich und zumutbar, der Kläger verfügt über die hierfür erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten (vgl. zu diesen Anforderungen: BAG 15.04.2002 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 121).

aa) Der bisherige Arbeitsplatz des Arbeitnehmers O1xxxx war in dem für die rechtliche Prüfung maßgeblichen Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung frei. Als frei sind solche Arbeitsplätze anzusehen, die zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung unbesetzt sind. Sofern der Arbeitgeber bei Ausspruch der Kündigung mit hinreichender Sicherheit vorhersehen kann, dass ein Arbeitsplatz bis zum Ablauf der Kündigungsfrist, z. B. aufgrund des Ausscheidens eines anderen Arbeitnehmers, zur Verfügung stehen wird, ist ein derartiger Arbeitsplatz ebenfalls als frei anzusehen ( BAG 29.03.1990 AP Nr. 50 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; ErfK-Ascheid, 3. Aufl. 2003, § 1 KSchG Rdz. 442). Hier hat die Beklagte den Arbeitsplatz des zum 30.09. 2001 ausscheidenden Verkaufssachbearbeiters O1xxxx am 27.06.2001 für eine kurzfristige Besetzung innerbetrieblich ausgeschrieben. Bei Ausspruch der Kündigung gegenüber dem Kläger am folgenden 28.06.2001 war damit für die Beklagte absehbar, dass zum Zeitpunkt des Kündigungstermins 31.10.2001 eine Beschäftigungsmöglichkeit auf dem ausgeschriebenen Arbeitsplatz bestand.

bb) Der Kläger ist für den am 27.06.2001 ausgeschriebenen Arbeitsplatz eines Verkaufssachbearbeiters/Innendienst objektiv geeignet, er besitzt die hierfür erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse. Die Beklagte sucht für die zu besetzende Position einen Arbeitnehmer mit der Ausbildung zum Industriekaufmann/zur Industriekauffrau. Über diese Qualifikation verfügt der Kläger. Er hat die Ausbildung zum Industriekaufmann absolviert. Die Ausbildung zum Industriekaufmann umfasst neben den Tätigkeitsbereichen Materialwirtschaft, Produktwirtschaft, Personalwesen und Rechnungswesen auch den Bereich der Absatzwirtschaft mit den Gegenständen der Organisation der Absatzwirtschaft, der Absatzförderung, des Verkaufes und des Versandes. Entsprechende Kenntnisse und Fähigkeiten werden nach dem Ausbildungsrahmenplan für die Berufsausbildung zum Industriekaufmann im 4. Ausbildungshalbjahr vermittelt (vgl. VO über die Berufsausbildung zum Industriekaufmann BGBl. 1978 Teil I, 162 ff: § 3 "Ausbildungsberufsbild" und "Ausbildungsrahmenplan" in der Anlage zu § 4; Blätter zur Berufskunde, Industriekaufmann/Industriekauffrau, 5. Aufl. 1997 S. 4 - 7). Damit verfügt der Kläger über die erforderliche grundlegende berufliche Qualifikation. Hinzu kommt, dass der Kläger durch seine zehnjährige Tätigkeit im Betrieb der Beklagten Kenntnisse von Produkten und betrieblichen Abläufen der Beklagten besitzt. Unstrittig besitzt der Kläger PC-Kenntnisse. Insoweit erhebt auch die Beklagte keine Einwendungen. Soweit die Beklagte Argumente gegen die Eignung des Klägers für die ausgeschriebene Position aus einer bestimmten Persönlichkeitsstruktur des Klägers herleiten will, ist ihr Vorbringen unsubstantiiert. Der Hinweis der Beklagten, ihr vertriebserfahrener Geschäftsführer könne aufgrund seiner jahrelangen Erfahrung zuverlässig einschätzen, ob ein Mitarbeiter seiner Persönlichkeit nach für eine Verkaufstätigkeit geeignet oder ungeeignet sei, der Kläger sei nach der Einschätzung des Geschäftsführers ungeeignet, ist für den Kläger nicht erwiderungsfähig. Prozessual beachtlicher Vortrag erfordert, dass er für die Gegenpartei erwiderungsfähig ist. Vorzutragen sind Tatsachen, deren Gegebensein für das Gericht überprüfbar ist. Beachtlich wäre ein solches Vorbringen der Beklagten deshalb nur dann, wenn sie sich dafür auf konkrete, eine solche Negativbewertung rechtfertigende Sachverhaltsabläufe stützen würde (ebenso LAG Düsseldorf 25.09.2001 6 Sa 1496/00 für das Fehlen "kommunikativer Fähigkeiten"). Der nach Berufsausbildung und beruflichem Werdegang gegebenen generellen Eignung des Klägers für die ausgeschriebene Position ist die Beklagte deshalb mit ihren Ausführungen nicht in entscheidungserheblicher Weise entgegengetreten. Für die Aufgabenerfüllung im Kundendienst-Servicecenter unzureichende Kenntnisse, unzureichendes Talent oder eine unzureichende Kontaktfähigkeit hat die Beklagte nicht substantiiert und nachvollziehbar aufgezeigt.

cc) Die Beklagte kann der vom Kläger geltend gemachten Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nicht entgegenhalten, er genüge nicht dem Anforderungsprofil der Stellenausschreibung, weil ihm die "mehrjährige Berufserfahrung im Bereich Vertrieb, insbesondere mit Industriekunden" und die "Erfahrungen in der Auftragsabwicklung" fehlten.

Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass es nach der Rechtsprechung des BAG grundsätzlich der freien unternehmerischen Entscheidung des Arbeitgebers unterliegt, das Anforderungsprofil für einen eingerichteten Arbeitsplatz festzulegen. Soweit die Erfüllung bestimmter Voraussetzungen für die sachgerechte Erledigung der Arbeitsaufgaben erforderlich ist, kann die unternehmerische Entscheidung nur daraufhin geprüft werden, ob sie offenbar unsachlich ist. Eine Entscheidung des Arbeitgebers, bestimmte Tätigkeiten nur von Arbeitnehmern mit besonderer Qualifikation ausführen zu lassen, ist grundsätzlich zu respektieren (BAG 07.11.1996 AP Nr. 82 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; BAG 10.11.1994 AP Nr. 65 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung). Dieser Grundsatz bedarf jedoch einer an den Grundprinzipien des Kündigungsschutzgesetzes ausgerichteten Konkretisierung. Die eingeschränkte gerichtliche Überprüfbarkeit des in unternehmerischer Entscheidungsfreiheit erstellten Anforderungsprofils beschränkt sich auf die grundlegende Eignungsvoraussetzung für die zu besetzende Stelle wie insbesondere die Anforderung an die formale Berufsausbildung des Bewerbers. Werden darüber hinaus in einer Stellenausschreibung weitere Anforderungen formuliert wie etwa ein geringes Lebensalter, eine bestimmte Mindestabschlussnote bei der Berufsausbildung oder - wie hier - eine mehrjährige Berufserfahrung im anstehenden Tätigkeitsbereich, so sind diese Anforderungen nicht bindend im Sinne der oben geschilderten Grundsätze. Denn derartige Anforderungen verfolgen allein den Zweck, unter einer Zahl generell geeigneter Bewerber den bestgeeigneten Bewerber zu erreichen. Eine solche Zielsetzung ist jedoch mit der Grundentscheidung des Gesetzgebers des Kündigungsschutzgesetzes nicht vereinbar, einmal begründeten Arbeitsverhältnissen einen besonderen Bestandsschutz zu gewähren. Der ultima-ratio-Grundsatz des Kündigungsschutzgesetzes gebietet dem Arbeitgeber, soweit möglich den bisherigen Arbeitsplatzinhaber weiterzubeschäftigen. Nicht zulässig ist es deshalb, bestehende Arbeitsverhältnisse aufzukündigen, um sich auf dem freien Arbeitsmarkt nach jüngeren und besser ausgebildeten Arbeitskräften umzusehen. Das liefe auf eine unzulässige Austauschkündigung hinaus, die einzig dem Zweck diente, vorhandene geeignete Arbeitnehmer durch etwaig noch besser geeignete zu ersetzen (BAG 06.12.2001 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 115; BAG 10.11.1994 AP Nr. 65 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung). Auf eine derart unzulässige Austauschkündigung würde es hinauslaufen, wenn die Beklagte an der Kündigung des Klägers festhalten könnte, weil der Kläger trotz seiner Ausbildung in dem einschlägigen anerkannten Ausbildungsberuf die in der Stellenausschreibung zur Anforderung erhobenen Kriterien "mehrjährige Berufserfahrung im Bereich Vertrieb, insbesondere mit Industriekunden" und "Erfahrungen in der Auftragsabwicklung" nicht erfüllt. Es verbleibt deshalb dabei, dass von der Beklagten entsprechend dem ultima-ratio-Prinzip des § 1 Abs. 2 KSchG zu fordern ist, den Kläger zur Vermeidung der Aufkündigung des Arbeitsverhältnisses auf dem freien Arbeitsplatz des ausgeschiedenen Arbeitnehmers O1xxxx weiterzubeschäftigen.

dd) Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagten dem Kläger die zu besetzende Stell gemäß II Nr.1, Nr.14.1 des Arbeitsvertrages kraft Direktionsrechts als "andere zumutbare Arbeiten" mit betrieblich notwendig anderer Arbeitszeit übertragen kann oder ob es dazu möglicherweise einer Änderungskündigung bedürfte. Für letzteres könnte sprechen, dass die zu besetzende Stelle in der Stellenausschreibung vom 27.06.2001 als Stelle nach der Gehaltsgruppe G 3 ausgewiesen ist. Dagegen steht allerdings, dass sowohl der bisherige Stelleninhaber O1xxxx nach G 4 bezahlt worden ist als auch die von der Beklagten in die Nachfolge des Herrn O1xxxx gestellten Arbeitnehmer P5xxxx und S3xxxxx in die Gehaltsgruppe G 4 eingruppiert worden sind. Aber unabhängig von dieser Fragestellung gilt, dass nach § 1 Abs. 2 Satz 3 KSchG die Kündigung auch dann sozial ungerechtfertigt ist, wenn der gekündigte Arbeitnehmer (nur) unter geänderten Arbeitsbedingungen im Betrieb weiterbeschäftigt werden kann. Insoweit gilt dann der Vorrang der Änderungskündigung vor der Beendigungskündigung (BAG 27.09.1984 AP Nr. 8 zu § 2 KSchG 1969; Stahlhacke-Preis-Vossen, Kündigung und Kündigungsschutz 8. Aufl. 2002 Rdz. 1007 ff.).

c) Als Ergebnis ist damit festzuhalten, dass die Beklagte die streitgegenständliche Kündigung durch eine Weiterbeschäftigung des Klägers auf dem frei gewordenen Arbeitsplatz des ehemaligen Arbeitnehmers O1xxxx hätte vermeiden können. Die zu überprüfende Kündigung verstößt damit gegen den ultima-ratio-Grundsatz des § 1 Abs. 2 KSchG. In dieser Situation erübrigt sich eine Überprüfung des weiteren Hinweises des Klägers, die Kündigung des Klägers hätte auch dadurch vermieden werden können, dass der Arbeitnehmer R4xxxx auf den Arbeitsplatz des ausscheidenden Arbeitnehmers O1xxxx versetzt worden wäre und dem Kläger auf diese Weise sein ursprünglicher Arbeitsplatz als Versanddisponent erhalten geblieben wäre.

III.

Die Berufung bleibt auch hinsichtlich der Weiterbeschäftigungsverurteilung ohne Erfolg. Zu Recht hat das Arbeitsgericht aus der Begründetheit des Kündigungsschutzantrages die Begründetheit des Weiterbeschäftigungsbegehrens hergeleitet.

Der Klageantrag auf Weiterbeschäftigung ist zulässig. Es ist anerkannt, dass der Antrag auf Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens im Wege objektiver Klagehäufung neben dem Kündigungsschutzantrag verfolgt werden kann (KR-Etzel, 6. Aufl. 2002, § 102 BetrVG Rdz. 284). Der Klageantrag ist auch hinreichend konkret formuliert. Er hat einen vollstreckungsfähigen Inhalt, wie in der Beschwerdeentscheidung zum - erfolgreichen - Vollstreckungsantrag des Klägers im einzelnen ausgeführt ist (LAG Hamm Beschluss vom 02.08.2002 1 Ta 355/02, Bl. 237 ff d.A.). Der Weiterbeschäftigungsantrag ist auch begründet. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend unter Hinweis auf die Grundsatzentscheidung des Großen Senates des Bundesarbeitsgerichtes angenommen (BAG GS 27.02.1985 AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht). Nach dieser Entscheidung überwiegt das Interesse des gekündigten Arbeitnehmers, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses weiterbeschäftigt zu werden, das gegenläufige Interesse des Arbeitgebers regelmäßig dann, wenn der Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht ein stattgebendes Urteil im Kündigungsschutzprozess erstritten hat. Besondere Umstände, die hier ausnahmsweise eine abweichende Interessenbewertung rechtfertigen könnten, hat die insoweit darlegungspflichtige Beklagte nicht aufgezeigt. Auch hinsichtlich der Weiterbeschäftigungsverurteilung des Arbeitsgerichtes erweist sich die Berufung als unbegründet.

IV.

Da die Beklagte somit mit ihrer Berufung insgesamt unterlegen ist, hat sie gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Zulassung der Revision erfolgt nach § 72 Abs. Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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