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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 06.02.2001
Aktenzeichen: 11 Sa 1434/00
Rechtsgebiete: ZPO, BetrVG, ArbGG


Vorschriften:

ZPO § 3
ZPO § 92
ZPO § 97
ZPO § 256 Abs. 1
ZPO § 543
BetrVG § 87 Abs. 1 Ziff. 10
ArbGG § 72 Abs. 2
ArbGG § 72 a Abs. 1
Der Inhalt eines Arbeitsvertrages kann nicht durch eine nachfolgende Betriebsvereinbarung abgeändert werden, was aber nicht die Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung zur Folge hat.
Landesarbeitsgericht Hamm Im Namen des Volkes Urteil

Geschäfts-Nr.: 11 Sa 1434/00

Verkündet am: 06.02.2001

hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 06.02.2001 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Koehler sowie die ehrenamtlichen Richter Bald und Kretschmar

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 10.08.2000 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Hamm abgeändert.

Es wird festgestellt, dass die zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten der B...... T......... Schweißtechnik GmbH und dem Betriebsrat des Werkes H...... getroffene Betriebsvereinbarung vom 26.04.2000 den zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrag vom 16.11.1990 hinsichtlich der Vereinbarung eines Festgehaltes nicht abgeändert hat.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Parteien je zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien, zwischen denen aufgrund eines zwischen dem Kläger und der Rechtsvorgängerin der Beklagten geschlossenen schriftlichen Arbeitsvertrages vom 16.11.1990 seit dem 01.07.1990 zunächst bei der Rechtsvorgängerin und seit dem 01.05.2000 bei der Beklagten ein Arbeitsverhältnis mit einer Beschäftigung des Klägers als Verkäufer und schweißtechnischer Berater gegen ein monatliches Festgehalt in Höhe von zuletzt 7.750,00 DM brutto besteht, streiten um die Rechtswirksamkeit und Ablösung der arbeitsvertraglich vereinbarten Entgeltregelung durch eine am 26.04.2000 abgeschlossene Betriebsvereinbarung über die Einführung eines leistungsabhängigen Provisionsentgelts unter Einschluss eines Fixums für AT-Mitarbeiter.

Von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 ZPO Abstand und auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des am 08.10.2000 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Hamm Bezug genommen.

Im Übrigen wird wegen einiger Verdeutlichungen, Ergänzungen und Bekräftigungen des beiderseitigen Parteivorbringens sowie des Setzens anderer Akzente gegenüber dem Vortrag in erster Instanz auf den vorgetragenen Inhalt der in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze der Parteien und wegen der von ihnen gestellten Anträge auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 06.02.2001 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach dem vom Arbeitsgericht festgesetzten Streitwert und der entsprechenden Beschwer statthafte, form- und fristgerecht eingelegte sowie auch rechtzeitig ordnungsgemäß begründete Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg und führt zur entsprechenden Abänderung der angefochtenen Entscheidung.

Die Zulässigkeit der vom Kläger erhobenen Feststellungsklage ergibt sich aus § 256 Abs. 1 ZPO, wonach Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden kann, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Rechtsverhältnis ist aber eine aus dem vorgetragenen Sachverhalt abgeleitete rechtliche Beziehung von Personen untereinander, worunter auch der Einfluss einer Betriebsvereinbarung auf den Inhalt einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung fällt (vgl. BAG in AP Nr. 43 zu § 77 BetrVG 1972, in der das BAG die Zulässigkeit einer Feststellungsklage ohne weiteres bejaht hat).

Soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass die zwischen der Firma B...... T......-... Schweißtechnik GmbH und dem Betriebsrat des Werkes H........ am 26.04.2000 getroffene Betriebsvereinbarung den zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrag vom 16.11.1990 hinsichtlich der Vereinbarung eines Festgehaltes nicht abgeändert hat, ist die Klage begründet. Im übrigen ist sie unbegründet.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, a.a.O.; BAG in DB 2001, 47) kann der Inhalt eines Arbeitsvertrages durch eine nachfolgende Betriebsvereinbarung nicht geändert werden. Dies gilt vor allem für Ansprüche auf das eigentliche Arbeitsentgelt als Gegenleistung für die geschuldete Arbeitsleistung. Hierauf gerichtete Vereinbarungen haben einen anderen Inhalt und andere Ansprüche zum Gegenstand, da sie nicht in einem Bezugsystem zu gleichartigen Ansprüchen anderer Arbeitnehmer stehen.

Dadurch ist die Betriebsvereinbarung aber nicht unwirksam, da sie durchaus wegen ihres kollektiven Bezugs geeignet erscheint, die Arbeitsverhältnisse derjenigen Mitarbeiter in Zukunft zu regeln, die nicht einer besonderen arbeitsvertraglich vereinbarten Entgeltregelung unterliegen. Die kollektive Regelungskompetenz der Betriebsparteien bei der Aufstellung von Lohngrundsätzen rechtfertigt sich aus § 87 Abs. 1 Ziff. 10 BetrVG. Die strittige Betriebsvereinbarung hat lediglich keinen Einfluss auf anderweitig bestehende arbeitsvertragliche Entgeltvereinbarungen, die sie nicht abzuändern in der Lage ist. Arbeitsvertragliche Regelungen haben stets Vorrang vor betrieblichen Kollektivregelungen, sofern sie nicht den gesetzlichen und tariflichen Mindeststandard tangieren.

Nach alledem ist auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise mit der Kostenfolge aus den §§ 92, 97 ZPO entsprechend abzuändern.

Für das Berufungsverfahren ist gemäß § 3 ZPO unter Abzug von 20 % von einem Wert des Streitgegenstandes in Höhe von 11.250,00 DM auszugehen.

Gegen dieses Urteil besteht keine Möglichkeit der Revision.

Ihre Zulassung gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG kommt nicht in Betracht, da dem Rechtsstreit angesichts der schon vorhandenen einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung, der dieses Urteil auch folgt, keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und auch keine Divergenz zur höchstrichterlichen Rechtsprechung besteht.

Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht gemäß § 72 a Abs. 1 ArbGG wegen der Nichtzulassung der Revision werden beide Parteien hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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