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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 03.04.2008
Aktenzeichen: 11 Sa 1918/07
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 12.06.2007 - 2 Ca 657/07 - wird auf Kosten des beklagten Landes zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Befristung des am 20.12.2006 abgeschlossenen Arbeitsvertrages mit der Laufzeit vom 01.01.2007 bis zum 31.12.2007.

Die Klägerin schloss im Juni 1999 ihre Ausbildung zur Justizangestellten im Kanzleidienst mit der Note "vollbefriedigend" ab. Seitdem war sie auf der Grundlage zahlreicher aufeinander folgenden befristeten Arbeitsverträgen für das beklagte Land tätig, bis in das Jahr 2003 bei dem OLG H1 und seit dem 01.08.2003 bei der StA B4 (Übersicht über Verträge und Laufzeiten: Klageerwiderung vom 04.04.2007, Bl. 33, 34 GA). Haushaltsmittelbewirtschaftende Dienststelle für die StA B4 ist die Generalstaatsanwaltschaft H1.

Die ebenfalls bei der StA B4 tätige Justizangestellte D3 nimmt seit 1997 Mutterschutz, Erziehungsurlaub und anschließend Sonderurlaub ohne Bezüge in Anspruch. Am 12.12.2005 wurde Frau D3 Sonderurlaub ohne Bezüge für die Zeit vom 06.06.2006 bis zum 05.06.2007 gewährt. Am 29.08.2006 erhielt sie anschließenden Sonderurlaub für den Zeitraum vom 06.06.2007 bis zum 05.06.2008.

Am 05.12.2006 wandte sich der Leitende Oberstaatsanwalt an den Personalrat der StA B4 (Bl. 57, 57 R GA):

"Anlage

Entwürfe der jeweiligen Arbeitsverträge

Sehr geehrter Herr K1,

die bei der hiesigen Behörde befristeten Arbeitsverträge der unten genannten Justizangestellten beabsichtige ich wie folgt zu verlängern:

...

3|Ö1, S2|01.08.03|31.12.2006|31.12.2007|Urlaub ohne Bezüge gem. § 28 TV-L der Jang. D3|Nr. 23

...

Es ist beabsichtigt, die Verträge aufgrund vorübergehend freier Haushaltsmittel (§ 6 Abs. 8 HHG) aufgrund der jeweiligen Beurlaubung abzuschließen.

Ich bitte, den beabsichtigten Vertragsverlängerungen nach Möglichkeit kurzfristig zuzustimmen."

Mit Schreiben vom 13.12.2006 stimmte der Personalrat zu (Bl. 58 GA). Am 20.12.2006 unterzeichneten die Parteien den streitgegenständlichen befristeten Arbeitsvertrag. Dort heißt es auszugsweise:

"§ 1

...

wird ab dem 01.01.2007 bis zum 31.12.2007

als Vollbeschäftigte

auf bestimmte Zeit nach § 30 TV-L

bei der Staatsanwaltschaft B1 (derzeitiger Beschäftigungsort)

in der derzeitigen Beschäftigung in/als Justizangestellte befristet weiterbeschäftigt, und zwar wegen Vorliegen des sachlichen Grundes:

Vorübergehend freie Haushaltsmittel (§ 6 Abs. 8 HG)

der befristet nutzbaren Stelle

der JAng. D3 aufgrund der Beurlaubung ohne Dienstbezüge.

..."

Wegen des weiteren Vertragsinhaltes wird auf die eingereichte Vertragskopie Bezug genommen (Bl. 14, 14 R GA).

Die Klägerin war 2007 in die Vergütungsgruppe 5 TV-L/VII BAT eingruppiert. Die Klägerin erledigte Schreibarbeiten und erbrachte Unterstützungsleistungen in den Aufgaben einer Serviceeinheit.

Die Justizangestellte D3 ist in die Vergütungsgruppe VI b BAT eingruppiert. Bis zu ihrer Beurlaubung ab dem Jahr 1997 erledigte sie Arbeiten der Kanzlei und der Aktenverwaltung.

Das dem HG NW 2006 nachfolgende Haushaltsgesetz HG NW 2007 vom 30.01.2007 wurde im Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes am 02.02.2007 verkündet (GV.NRW 4/2007, S. 44 ff. - ausgegeben am 02.02.2007).

Die Ende 2006 ergangenen "Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur vorläufigen Haushalts- und Wirtschaftsführung im Haushaltsjahr 2007" hat das beklagte Land in Kopie zur Akte gereicht. Dort heißt es auszugsweise:

"1. Der Landtag wird den Haushaltsplan 2007 erst nach Beginn des Haushaltsjahres feststellen. Bis dahin ist die Haushaltswirtschaft des Landes nach Art. 82 der Landesverfassung (LV) vorläufig weiterzuführen.

2. Bewirtschaftung der Ausgaben

2.1. Allgemeines

Im Rahmen der vorläufigen Haushalts- und Wirtschaftsführung dürfen Ausgaben nur geleistet werden, um gesetzlich bestehende Einrichtungen zu erhalten, gesetzlich beschlossene Maßnahmen durchzuführen und rechtlich begründete Verpflichtungen zu erfüllen sowie Bauten, Beschaffungen und sonstige Leistungen fortzusetzen, für die durch den Haushaltsplan des Vorjahres bereits Beträge bewilligt worden sind.

Hierbei ist ein strenger Maßstab anzulegen. Nach seinem Sinn und Zweck ermöglicht Art. 82 LV der Regierung nur, die Ausgaben zu leisten, die zur Weiterführung wichtiger und dringlicher Landesaufgaben unerlässlich sind. Dabei darf das Budgetrecht des Landtags nicht präjudiziert werden.

...

2.4. Personalausgaben (HGr. 4)

Personalausgaben, die nicht auf einer rechtlichen Verpflichtung beruhen (z.B. Ausgaben für Aushilfskräfte), dürfen bis zur Verabschiedung des Haushaltsplans 2007 nur bis zur Höhe von 1/12 pro Monat der Ansätze des Jahres 2006 oder, wenn der Ansatz gegenüber dem Vorjahr vermindert worden ist, der Ansätze des für das Haushaltsjahr 2007 geltenden Entwurf verausgabt werden. Im Übrigen bedürfen Überschreitungen der nach Satz 1 verfügbaren Ausgabemittel in analoger Anwendung des § 37 LHO einer vorherigen Zustimmung.

Die Erwirtschaftung der im Entwurf des Haushaltsplanes 2007 ausgebrachten Minderausgaben ist sicherzustellen.

..."

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Kopie der Verwaltungsvorschriften Bezug genommen (Bl. 138-143 GA). Wegen der vorgelegten Kopien zu Einzelheiten des Haushaltsplans 2006 wird auf Bl. 41 - 56 GA verwiesen.

Die Klage gegen die Befristung auf den 31.12.2007 ist am 16.03.2007 bei dem Arbeitsgericht eingegangen.

Die Klägerin hat geltend gemacht, für die Befristungsvereinbarung gebe es keinen sachlich rechtfertigenden Grund. Die konkrete Stelle, auf der sie eingesetzt werde, sei dauerhaft vorhanden. Diese Stelle falle nach dem Ablauf des Befristungszeitraums nicht weg. Die Befristung sei auch deshalb unwirksam, weil der Personalrat nicht ordnungsgemäß beteiligt worden sei.

Die Klägerin hat beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der Befristung in dem Arbeitsvertrag vom 20.12.2006 beendet ist, sondern über den 31.12.2007 hinaus fortbesteht.

2. Das beklagte Land wird für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. verurteilt, die Klägerin über den 31.12.2007 hinaus für die Dauer des Rechtsstreits als Angestellte zu unveränderten Bedingungen weiterzubeschäftigen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das beklagte Land hat vorgetragen, die vorübergehend freie Stelle der Justizangestellten D3 könne für die vorübergehende Beschäftigung der Klägerin verwendet werden, weil die Stelle der StA B4 weder entzogen worden sei noch zur Beschäftigung von Vertreterinnen eingesetzt worden sei. Der Personalrat der StA B4 habe am 13.12.2006 wirksam die Zustimmung zur beabsichtigten Vertragsverlängerung erteilt.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 12.06.2007 dem Feststellungsantrag und dem Weiterbeschäftigungsantrag stattgegeben. Die Befristungsvereinbarung vom 20.12.2006 sei rechtsunwirksam, weil die Personalratsanhörung fehlerhaft sei. Gemessen an den Mitteilungen und Erläuterungen im Schreiben an den Personalrat vom 05.12.2006 hätte das Arbeitsverhältnis der Klägerin konsequenterweise bis zum 05.06.2008 befristet werden müssen. Durch den Sonderurlaub ohne Bezüge der Justizangestellten D3 seien bis zum 05.06.2008 Mittel frei geworden. Damit hätten für diesen Zeitraum Haushaltsmittel zur Verfügung gestanden. Dies sei dem Personalrat für diesen fraglichen Zeitraum nicht mitgeteilt worden. Der Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Bestandsschutzverfahrens bestehe entsprechend den Grundsätzen des Bundesarbeitsgerichts (BAG 27.02.1985 - GS 1/84 -, NZA 1985, 702).

Das Urteil ist dem beklagten Land am 29.09.2007 zugestellt worden. Das beklagte Land hat am 29.10.2007 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 31.12.2007 am 20.12.2007 begründet.

Das beklagte Land wendet ein, unzutreffend habe das Arbeitsgericht die Personalratsanhörung für unzureichend erachtet. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts müsse der Befristungsgrund dem Personalrat nur im Sinne einer typisierenden Bezeichnung mitgeteilt werden. Weitergehende Mitteilungen seien nur auf Nachfrage des Personalrats erforderlich. Der Sachgrund, nämlich vorübergehend freie Haushaltsmittel nach § 6 Abs.8 HG NW, sei ebenso mitgeteilt worden wie die Dauer der Befristung, nämlich bis zum 31.12.2007.

Rechtsfehlerhaft sei es auch, dass das Arbeitsgericht meine, die Befristung habe entsprechend dem Sonderurlaub ohne Bezüge der Justizangestellten D3 bis zum 05.06.2008 vereinbart werden müssen. Das Bundesarbeitsgericht habe in seinen Urteilen vom 14.02.2007 und vom 18.04.2007 entschieden, dass eine finanzielle Kongruenz zwischen der Verfügbarkeitsdauer der vorübergehend freien Haushaltsmittel und der Befristungsdauer nicht erforderlich sei. Es stehe dem Arbeitgeber frei, nicht die volle zeitliche Dauer des Vorliegens eines Sachgrundes für eine befristete Beschäftigung in Anspruch zu nehmen.

Die streitgegenständliche Befristung genüge den Anforderungen nach §§ 14 Abs.1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG, 30 TV-L. Die vorübergehend freien Haushaltsmittel, aus denen die Klägerin vergütet worden sei, stammten aus der Stelle der im Sonderurlaub befindlichen Justizangestellten D3. Da die Justizangestellte D3 eine Stelle mit der Wertigkeit der Vergütungsgruppe VI b BAT innehabe, habe aus den freien Mitteln ohne Weiteres der Arbeitsvertrag mit der Klägerin mit der Vergütungsgruppe VII BAT vergütet werden können. Die Klägerin und die Justizangestellte D3 seien beide bei der Dienststelle StA B4 beschäftigt. Die Klägerin sei auch als Aushilfskraft i.S.d. § 6 Abs.8 HG NW 2006 beschäftigt worden. Wäre die Klägerin nicht bei der StA B4 beschäftigt worden, hätten deren Aufgaben einem oder mehreren anderen Beschäftigten aus dem Geschäftsbereich übertragen werden müssen. Damit sei die Voraussetzung für eine zulässige Befristung nach § 14 Abs.1 S.2 Nr.7 TzBfG entsprechend der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erfüllt.

Der Entscheidung der erkennenden 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm zur Vorgängerregelung des § 6 Abs. 8 HG NW 2006 (LAG Hamm 11 Sa 348/07) sei nicht zu folgen. Eine zeitliche Höchstgrenze für die Dauer befristeter Arbeitsverträge gemäß der haushaltsrechtlichen Übergangsregelung des § 30 HG NW 2006 bestehe nicht. Eine solche folge auch nicht aus § 5 LHO i.V.m. den Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur vorläufigen Haushaltsordnung. Eine zeitliche Höchstgrenze sei vom Gesetzgeber nicht gewollt. Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 18.10.2006 - 7 AZR 419/05 - mache deutlich, dass in dem Zeitpunkt, zu dem das Haushaltsgesetz für das Folgejahr noch nicht gelte, auch in das Folgejahr hineinreichende Befristungen zulässig seien, wenn eine entsprechende Rechtsgrundlage bestehe. An die Vorgaben der Ziffer 2.4, 6 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur vorläufigen Haushalts- und Wirtschaftsführung im Haushaltsjahr 2007 habe man sich gehalten. Der Arbeitsvertrag mit der Klägerin sei in dem durch die vorläufige Haushaltsordnung gesteckten Rahmen abgeschlossen worden. Entsprechend habe es auch keinerlei Beanstandungen seitens des Finanzministeriums gegeben.

Das beklagte Land beantragt,

unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Die Befristung sei unwirksam, weil dem Personalrat nicht mitgeteilt worden sei, dass die freien Haushaltsmittel für eine Weiterbeschäftigung der Klägerin voraussichtlich nicht nur bis zum Ende des Jahres 2007 zur Verfügung stünden sondern darüber hinaus voraussichtlich noch bis zum 05.06.2008. Nur so hätte der Personalrat erkennen können, dass es möglicherweise sinnvoll erscheine, sich bei dem Arbeitgeber für eine weitere Verlängerung der Befristung einzusetzen. Im Einklang mit der Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf sei zudem zu fordern, dass eine finanzielle Kongruenz zwischen der Verfügbarkeitsdauer der vorübergehend freien Haushaltsmittel und der Befristungsdauer vorliege. Der öffentliche Arbeitgeber habe in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG keine rechtsfreie Zone, Arbeitsverhältnisse wahllos allein wegen der begrenzten Verfügbarkeit von Haushaltsmitteln zu befristen. Bleibe die Befristungsdauer hinter den aus der Stelle verfügbaren Mitteln signifikant zurück, spreche eine unwiderlegbare Vermutung dafür, dass nicht allein haushaltsrechtliche Zwänge sondern andere Gründe in die Befristung eingeflossen seien. Damit verliere die Befristung die gerade und nur aus dem Haushaltszwang herzuleitende Legitimation. Darüber hinaus sei die Befristung auch deshalb unwirksam, weil sie über die Geltungsdauer des Haushaltsgesetzes für das Jahr 2006 und dessen Nachwirkungszeitraum hinaus erstreckt worden sei, wie dies die erkennende 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm im Urteil vom 23.08.2007 in einem ähnlichen Fall entschieden habe. Eine dem Vertragsabschluss nachfolgende haushaltsrechtliche Regelung könne eine bei der Gesetzesverkündung bereits verbindlich vereinbarte Befristung nicht nachträglich rechtfertigen. Soweit die Begründung auf §5 LHO und die dazu ergangenen Allgemeinen Verwaltungsvorschriften Bezug nehme, so werde durch diese Regelungen lediglich die vorläufige Haushaltsführung im Haushaltsjahr 2007 bis zum Inkrafttreten des neuen Haushaltsgesetzes abgedeckt nicht aber ein darüber hinausgehender Zeitraum. Das Haushaltsgesetz 2007 sei bereits am 21.12.2006 verkündet worden.

Das beklagte Land repliziert, die von der Klägerin in der Berufungserwiderung genannten Daten zum Haushaltsgesetz seien offensichtlich die Daten zum Bundeshaushaltsgesetz.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nach § 8 Abs.2, 64 Abs.1, Abs.2 c) statthaft und zulässig. Die Berufung ist form- und fristgerecht entsprechend den Anforderungen der §§ 66 Abs.1 ArbGG, 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden. Die Berufung ist jedoch in der Sache unbegründet. Die streitgegenständliche Befristung des Arbeitsvertrages auf den 31.12.2007 ist unzulässig. Es fehlt an einem tragfähigen Befristungsgrund i. S. d. § 14 Abs.1 S.2 TzBfG. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des von dem darlegungspflichtigen beklagten Land allein geltend gemachten Befristungsgrundes nach § 14 Abs.1 S.2 Nr.7 TzBfG sind nicht erfüllt. Die Vergütung der Klägerin ist entgegen der Argumentation des beklagten Landes nicht aus Mitteln erfolgt, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt waren. Die bei Abschluss des Arbeitsvertrages am 20.12.2006 bestehende haushaltsrechtliche Gesetzeslage rechtfertigte die Vereinbarung einer Befristung vom 01.01.2007 bis zum 31.12.2007 nicht. Zu Recht hat das Arbeitsgericht der fristgerecht erhobenen Befristungskontrollklage stattgegeben (1.- 4.) und das beklagte Land zur Weiterbeschäftigung verurteilt (5.).

1. Nach § 14 Abs.1 S.2 Nr.7 TzBfG ist die Befristung eines Arbeitsvertrages zulässig, wenn der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und der Arbeitnehmer zu Lasten dieser Mittel eingestellt und entsprechend beschäftigt wird.

a) Für den Sachgrund in § 14 Abs.1 S.2 Nr.7 TzBfG ist es erforderlich, dass die für eine befristete Beschäftigung bestimmten Haushaltsmittel mit einer Zwecksetzung für die Erledigung nur vorübergehend anfallender Aufgaben ausgebracht sind. Wenn Haushaltsmittel nur allgemein für die Beschäftigung von Arbeitnehmern im Rahmen von befristeten Arbeitsverträgen vorgesehen sind, ohne dass zugleich eine zugehörige befristete Arbeitsaufgabe bezeichnet wird, reicht dies für die Bejahung des Befristungsgrundes des § 14 Abs.1 S.2 Nr.7 TzBfG nicht aus. Ein anderes Normverständnis würde dem sich aus Art. 12 Abs. 1 GG ergebenden Untermaßverbot nicht genügen. Dem Arbeitnehmer würde durch eine schlichte haushaltsrechtliche Befristungsanordnung ohne eine besondere Zweckbestimmung für nur vorübergehend zu erledigende Aufgaben jeglicher Bestandsschutz entzogen. Ein so weitgehend verstandener Befristungsgrund des § 14 Abs.1 S.2 Nr.7 TzBfG würde im Bereich des öffentlichen Dienstes zu einer Erosion des unbefristeten Arbeitsverhältnisses als der vom Gesetzgeber sozialpolitisch erwünschten Beschäftigungsform führen (BAG 18.10.2006 - 7 AZR 419/05 - unter Hinweis auf BT-Drucks. 14/4374 S. 12 zu II).

b) Dem Gebot einer zureichenden Zwecksetzung genügt die Bestimmung in § 6 Abs.8 des Gesetzes über die Feststellung der Haushaltspläne des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2006 (fortan HG NW 2006 - Gesetz vom 23.05.2006 in GV.NRW 2006, 197), wonach Planstellen und Stellen für Zeiträume, in denen Stelleninhaberinnen und Stelleninhabern keine oder keine vollen Dienstbezüge zu gewähren sind, im Umfang der nicht in Anspruch genommenen Planstellen- oder Stellenanteile für die Beschäftigung von Aushilfskräften in Anspruch genommen werden können (BAG 14.02.2007 - 7 AZR 193/06 -; BAG 18.04.2007 - 7 AZR 316/06 - zur Vorgängerregelung § 7 Abs.3 HG NW 2004/2005 ; unter Bezugnahme auf BAG-Urteile vom 07.07.1999 und 24.10.2001 AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 215, 229 aus der Zeit vor Inkrafttreten des TzBfG).

c) Im zu entscheidenden Fall ist die am 20.12.2006 unterzeichnete Befristung auf den 31.12.2007 nicht nach diesen Grundsätzen gerechtfertigt.

aa) § 6 Abs.8 "Stellenführung" HG NW 2006 rechtfertigt die Befristung auf den 31.12.2007 nicht, weil die vereinbarte Vertragslaufzeit vom 01.01.2007 bis zum 31.12.2007 außerhalb des Haushaltsjahres 2006 liegt, das durch das HG NW 2006 geregelt ist. Das HG NW 2006 bestimmt die Mittelverwendung im Jahr 2006. Der am 20.12.2006 unterzeichnete Arbeitsvertrag begründet Zahlungspflichten, die das Land in 2007 zu erfüllen hat.

bb) Die Bestimmung § 6 Abs.8 "Stellenführung" HG NW 2007, die eine dem § 6 Abs.8 HG NW 2006 inhaltlich entsprechende Regelung für das Haushaltsjahr 2007 trifft, scheidet als rechtfertigender Grund aus, weil diese Bestimmung bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages am 20.12.2006 (noch) nicht geltendes Haushaltsrecht war. Das HG NW 2007 vom 30.01.2007 ist erst im Gesetz- und Verordnungsblatt NW Nr.4 vom 02.02.2007 verkündet worden (GV.NRW 2007, 44). Maßgeblich für die Zulässigkeit der Befristung sind aber die Umstände bei Vertragsabschluss (Dörner, Der befristete Arbeitsvertrag, 2004, Rz. 171, 172 m. w. N.). Am 20.12.2006 war § 6 Abs.8 HG NW 2007 nicht in Kraft gesetzt und damit nicht geltendes Recht. Als dem Vertragsabschluss nachfolgende haushaltsrechtliche Regelung kann § 6 Abs.8 HG NW 2007 die bei der Gesetzesverkündung bereits verbindlich vereinbarte streitgegenständliche Befristung nicht nachträglich rechtfertigen. Allein der Umstand, dass eine dem § 6 Abs.8 HG NW 2007 inhaltlich entsprechende Regelung seit Jahren oder Jahrzehnten regelmäßig Inhalt der jeweiligen Haushaltsgesetze des Landes NW war, reicht für den Befristungsgrund des § 14 Abs.1 S.2 Nr.7 TzBfG nicht aus. Das Gesetz fordert eine bei Vertragsabschluss geltende haushaltsrechtliche Bestimmung für eine befristete Beschäftigung. Eine mehr oder minder sicher zu erwartende zukünftige gesetzliche Bestimmung genügt den Anforderungen nicht.

cc) Auch aus der von dem beklagten Land angeführten Übergangsbestimmung in § 30 HG NW 2006 ergibt sich die Zulässigkeit der vereinbarten Befristung mit der Laufzeit vom 01.01.2007 bis zum 31.12.2007 nicht.

Nach § 30 HG NW 2006 gelten die Vorschriften und Ermächtigungen des HG NW 2006 bis zur Verkündung des Haushaltsgesetzes 2007 weiter. Damit hat der Haushaltsgesetzgeber eine haushaltsrechtliche Bestimmung i. S. d. § 6 Abs.8 HG NW 2006 über den Einsatz der vorübergehend freien Haushaltsmittel für den Abschluss befristeter Arbeitsverträge nur für den Zeitraum bis zur Verkündung des Haushaltsgesetzes 2007 getroffen. Nur für die Zeit bis zur Verkündung des Haushaltsgesetzes 2007 liegt eine haushaltsrechtliche Bestimmung für eine befristete Beschäftigung gemäß § 14 Abs.1 S.2 Nr.7 TzBfG vor. Der Mitteleinsatz für befristete Beschäftigung in Zeiten nach der Verkündung des Haushaltsgesetzes 2007 ist durch die Übergangsregelung nicht gedeckt. Ab Inkraftsetzung des HG NW 2007 sollen nach dem Regelungsgehalt des § 30 HG NW 2006 dann (allein) die haushaltsrechtlichen Bestimmungen des HG NW 2007 maßgeblich sein. Das HG NW 2007 löst mit seiner Verkündung die kraft Übergangsregelung zunächst weiter geltenden haushaltsrechtlichen Regelungen des Jahres 2006 ab.

Entsprechend den vorstehenden Ausführungen sind durch § 30, 6 Abs.8 HG NW 2006 nur die Befristungen von Arbeitsverträgen gedeckt, die sich durch Zeit- oder Zweckbefristung auf einen Zeitpunkt bis längstens zur Verkündung des HG NW 2007 beschränken. Dieser Anforderung genügt der am 20.12.2006 mit der Laufzeit über das gesamte Jahr 2007 unterzeichnete befristete Arbeitsvertrag nicht. Das HG NW 2007 ist bereits am 30.01.2007 verabschiedet worden und am 02.02.2007 im GV.NRW verkündet worden. Am 20.12.2006 war entsprechend der langjährigen Praxis der Haushaltsgesetzgebung absehbar, dass das HG NW 2007 vor Erreichen des 31.12.2007 in Kraft treten würde. Dass eine andere Prognose begründet gewesen wäre, führt das darlegungspflichtige beklagte Land nicht aus.

dd) Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht aus den vom Land angeführten "Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur vorläufigen Haushalts- und Wirtschaftsführung im Haushaltsjahr 2007", welche das Finanzministerium nach § 5 Abs.1 LHO NW "zur vorläufigen und endgültigen Haushalts- und Wirtschaftsführung" erlassen hat.

Die Verwaltungsvorschrift ist in ihrem Geltungsanspruch nachrangig zu den Festlegungen im HG NW 2006, welche Gesetzesrang genießen. Eine nach dem einschlägigen Gesetz nicht zugelassene Mittelverwendung kann nicht durch eine nachrangige Verwaltungsvorschrift zu einem rechtfertigenden Sachgrund i.S.d. § 14 Abs.1 S.2 Nr.7 TzBfG erhoben werden.

Davon abgesehen trägt aber auch der Wortlaut der von dem beklagten Land angeführten Regelung 2.4 "Personalausgaben (HGr.4)" der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften das von dem beklagten Land favorisierte Verständnis nicht. Personalausgaben dürfen nach 2.4 "Personalausgaben (HGr.4)" bis zur Verabschiedung des Haushaltsplans 2007 nur bis zur Höhe von 1/12 pro Monat der Ansätze des Jahres 2006 verausgabt werden. Nach 2.1 "Allgemeines" der Verwaltungsvorschriften ist im Rahmen der vorläufigen Haushalts- und Wirtschaftsführung ein strenger Maßstab anzulegen; nach seinem Sinn und Zweck ermöglicht Art. 82 LVerf NRW der Regierung nur, die Ausgaben zu leisten, die zur Weiterführung wichtiger und dringlicher Aufgaben unerlässlich sind; das Budgetrecht des Landtages darf dabei nicht präjudiziert werden (Verwaltungsvorschriften aaO). Die am 20.12.2006 durch Vertragsunterzeichnung begründete Zahlungsverpflichtung in Höhe von 12/12 einer Jahresvergütung der Entgeltgruppe 5 TV-L überschreitet diesen Rahmen. Die Verpflichtung ist nicht darauf beschränkt, nur bis zur Höhe von 1/12 pro Monat der Ansätze des Jahres 2006 bis zur Verabschiedung des Haushaltsgesetzes 2007 Entgelt nach Entgeltgruppe 5 zu zahlen.

Dass das Finanzministerium den streitgegenständlichen befristeten Arbeitsvertrag nicht beanstandet hat, ändert daran nichts. Die Exekutive kann keine über die Festlegungen des Gesetzgebers hinausgehenden Zulässigkeitsgründe für die Befristung von Arbeitsverträgen schaffen; eine Exekutivmaßnahme ist keine tragfähige Basis, die Rechtsposition des Arbeitnehmers aus Art. 12 GG durch die Zulassung einer sozialpolitisch grundsätzlich unerwünschten Befristung des Arbeitsvertrages zu schmälern (vgl. KR-Lipke, 8.Aufl. 2007, § 14 TzBfG Rn.222 unter insoweit zustimmender Bezugnahme auf APS-Backhaus, 3.Aufl. 2007, § 14 TzBfG Rn. 236ff, 239: "Definitionsmacht bleibt bei der zweiten Gewalt."; gegen Umsetzung durch bloße Verwaltungsvorschriften, wenn noch kein Haushaltsplan beschlossen ist: Greiner Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr.34, S.27 unter "b) Umsetzung durch transparente, publizierte Außenrechtsnorm"). Das Gesetz stellt auf die haushaltsrechtliche Bestimmung zur Verwendung der Haushaltsmittel ab.

ee) Es verbleibt dabei: Bei Abschluss des Arbeitsvertrages am 20.12.2006 gab es keine rechtliche Festlegung des Haushaltsgesetzgebers, dass die aus der Beurlaubung der Angestellten D3 bis zum 05.06.2008 freien Haushaltsmittel für eine befristete Beschäftigung bis zum 31.12.2007 verwendet werden durften. Die Voraussetzungen des Sachgrundes nach § 14 Abs.1 S.2 Nr.7 TzBfG sind in der gegebenen Konstellation nicht erfüllt (so auch Urteil der Kammer v. 23.08.2007 - 11 Sa 348/07 -, n.rkr. Az. BAG: 7 AZR 743/07, ergangen zur Vorgängerregelung des seinerzeitigen HG NW beim Übergang von 2005 auf 2006).

3. Die nicht nach § 14 Abs.1 S.2 Nr.7 TzBfG gerechtfertigte Befristung auf den 31.12.2007 ist nicht aus anderen Gründen zulässig. Fälle einer sachgrundlos zulässigen Befristung kommen unstreitig nicht in Betracht Die Klägerin arbeitet bereits seit 1999 auf der Grundlage befristeter Arbeitsverträge für das Land. Aus § 14 Abs.2 TzBfG kann die Zulässigkeit der Befristung deshalb nicht hergeleitet werden. Fallgestaltungen nach § 14 Abs.2a, Abs.3 TzBfG sind nicht gegeben. Ein sonstiger Befristungsgrund gemäß § 14 Abs.1 TzBfG wird vom darlegungspflichtigen Land nicht aufgezeigt. Das Land trägt insbesondere nicht vor, dass ein Vertretungsfall mit den nach der Rspr. zu stellenden Kausalitätsanforderungen gegeben wäre, was insbesondere auch im Hinblick auf die unterschiedliche Eingruppierung der Klägerin und vorübergehend ausgefallenen Justizangestellten D3 problematisch sein könnte (zu den Anforderungen des Sachgrundes der Vertretung: BAG 15.02.2006 AP TzBfG § 14 Vertretung Nr. 1). Eine Rechtfertigung der Befristung aus einem anderen Sachgrund des § 14 Abs.1 S.2 TzBfG kommt unabhängig davon aber auch schon deshalb nicht in Betracht, weil das zwingend vorgeschriebene Mitbestimmungsverfahren nach §§ 66, 72 Abs.1 LPVG NW (damaliger Fassung) allein zur Befristungsgrundform des Zeitangestellten wegen vorübergehend freier Haushaltsmittel durchgeführt worden ist. Ein Rückgriff auf Befristungsgrundformen, zu denen der Personalrat nicht beteiligt worden ist, ist dem beklagten Land aus mitbestimmungsrechtlichen Gründen verwehrt.

4. Da die Befristung auf den 31.12.2007 nach § 14 TzBfG unzulässig ist, besteht das Arbeitsverhältnis der Parteien gemäß § 16 TzBfG als auf unbestimmte Zeit geschlossenes Arbeitsverhältnis fort.

5. Angesichts der gerichtlich festgestellten Unwirksamkeit der Befristung ist das beklagte Land aus den vom Arbeitsgericht zutreffend ausgeführten Gründen verpflichtet, die Klägerin für die Dauer des Rechtsstreits weiterzubeschäftigen.

6. Nach § 97 Abs.1 ZPO hat das mit seiner Berufung unterlegene beklagte Land die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Kammer hat nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG die Revision zugelassen. Der entschiedenen Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu. Das beklagte Land hat im Bereich seiner Justizangestellten gerichtsbekannt zahlreiche haushaltsrechtlich begründete Befristungen vereinbart. Das Revisionsverfahren ermöglicht eine höchstrichterliche Klärung der für die Praxis bedeutsamen Frage der befristungsrechtlichen Reichweite der Übergangsregelung in § 30 HG NW 2006.

Ende der Entscheidung

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