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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 20.01.2009
Aktenzeichen: 12 Sa 1109/08
Rechtsgebiete: TVÜ-Länder, TV-L


Vorschriften:

TVÜ-Länder § 1
TV-L § 16
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Arnsberg vom 20.05.2008 - 3 Ca 215/08 - teilweise abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die richtige tarifliche Einstufung der Klägerin und hieraus resultierende Vergütungsansprüche.

Die am 23.09.1952 geborene Klägerin steht seit dem 14.11.2000 aufgrund verschiedener befristeter Arbeitsverträge bei dem beklagten Land als Lehrerin für die Fächer Deutsch und Englisch in einem Arbeitsverhältnis. In der Vergangenheit waren die Arbeitsverhältnisse in der Regel so unterbrochen, dass das Arbeitsverhältnis jeweils mit Beginn der Sommerferien in Nordrhein-Westfalen endete und ein neues befristetes Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Sommerferien begründet wurde.

Zunächst wurde die Klägerin entsprechend den Regelungen des BAT nach der Vergütungsgruppe II a vergütet. Zum 01.11.2006 wurde die Klägerin entsprechend den Regelungen des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder) sowie gemäß dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder TV-L in die Entgeltgruppe 13 eingruppiert und in die Entwicklungsstufe 5 eingestuft. Diese Eingruppierung und Einstufung war auch im Frühjahr 2006/2007 maßgeblich als die Klägerin vom 09.08.2006 bis zum 20.06.2007 mit 20 Wochenstunden beschäftigt war zur Vertretung des Lehrers S4 und der Lehrerin B4.

Im Juni 2007 zeichnete sich ab, dass über das Ende des Schuljahres 2006/2007 hinaus ein weiterer Vertretungsbedarf hinsichtlich des Lehrers S4 bestehen würde. Daher wurde der Klägerin mit Schreiben vom 14.06.2007 ein neuer befristeter Arbeitsvertrag angeboten, mit dem die Klägerin nahtlos über den 20.06.2007 hinaus bis zum 25.06.2008 mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 9,5 Stunden weiter beschäftigt werden sollte. Dieses Angebot wurde von der Klägerin nicht angenommen.

Allerdings ging die Schulleitung des Märkischen Gymnasiums in S5 bereits im Juni 2007 davon aus, dass die Klägerin auch im Schuljahr 2007/2008 mit 20 Unterrichtsstunden Vertretung leisten würde. Deswegen wurde die Klägerin bereits bei der Unterrichtsverteilung für das erste Halbjahr des Schuljahres 2007/2008 unter dem 14.06.2007 mit 20 Unterrichtsstunden berücksichtigt und für den Unterrichtsbeginn nach den Schulferien nach dem 06.08.2007 eingeplant.

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 20.06.2007 wurde die Klägerin am 06.08.2007 unmittelbar zum Schuljahresbeginn nicht wieder eingestellt. Dies beruhte auf dem Umstand, dass die mit 10,5 Wochenstunden zu vertretende Lehrerin B4 erst mit Schreiben vom 29.07.2007, das bei dem Märkischen Gymnasium am 30.07.2007 und bei der Bezirksregierung am 06.08.2007 einging, mitteilte, dass sie vom 03.08.2007 bis zum 31.01.2008 Elternzeit beanspruche. Unter dem 07.08.2007 wurde der Lehrerin B4 mitgeteilt, dass sie in der Zeit vom 13.08.2007 bis zum 31.01.2008 wegen Elternurlaubs beurlaubt sei. Der Antrag für eine befristete Weiterbeschäftigung der Klägerin wurde dem Personalrat vorgelegt, der aufgrund seiner Sitzung vom 16.08.2007 der befristeten Beschäftigung der Klägerin zustimmte. Anschließend schlossen die Parteien unter dem 17.08.2007 einen weiteren für die Zeit vom 17.08.2007 bis 31.01.2008 befristeten Arbeitsvertrag.

Nach § 2 des Arbeitsvertrages bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L), den Sonderregelungen für Beschäftigte als Lehrkräfte (§ 44 TV-L), dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder), soweit einschlägig, und den ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung.

Nach dem Arbeitsvertrag wurde die Klägerin mit 20 von 25,5 Pflichtstunden teilzeitbeschäftigt. Gleichzeitig wurde sie in Abweichung von der früheren Einstufung in die Entwicklungsstufe 4 der Entgeltgruppe 13 eingestuft.

Bei der Stufenzuordnung ging das beklagte Land davon aus, dass eine Einstufung in die Entwicklungsstufe 5 nicht mehr möglich sei, da die Regelungen des Überleitungsrechtes nach § 1 Abs. 1 TVÜ-Länder nur für diejenigen Beschäftigten gelte, die über den 31.10.2006 hinaus in einem ununterbrochenen Arbeitsverhältnis zu den beteiligten Arbeitgebern stehen und am 01.11.2006 unter den Geltungsbereich des TV-L fallen.

In der Protokollerklärung zu § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-L heißt es dazu:

In der Zeit bis zum 31. Oktober 1008 sind Unterbrechungen von bis zu einem Monat, bei Lehrkräften im Sinne der Vorbemerkung Nr. 5 zu allen Vergütungsgruppen der Anlage 1 a zum BAT/BAT-O darüber hinaus während der Gesamtdauer der Sommerferien, unschädlich."

In der Folgezeit beanstandete die Klägerin die geringere Vergütung. Mit Schreiben vom 01.10.2007 wurde ihr von einer Mitarbeiterin der Bezirksregierung Arnsberg erklärt, dass dem Landesamt für Besoldung und Versorgung in Düsseldorf mitgeteilt worden sei, dass es sich bei der verzögerten Wiedereinstellung zum 17.08.2007 nicht um eine schädliche Unterbrechung im Sinne des TV-L handele. Gleichwohl erfolgte eine Einstufung der Klägerin in die Entwicklungsstufe 5 auch in der Folgezeit nicht, da die Bezirksregierung Arnsberg mittlerweile die Auffassung vertrat, dass eine schädliche Unterbrechung des Beschäftigungsverhältnisses in der Zeit vom 21.06. bis zum 16.08.2007 vorgelegen habe und daher die Klägerin nach dem anwendbaren TV-L zutreffend in die Entwicklungsstufe 4 eingestuft sei.

Aufgrund Änderungsvertrages vom 07./16.01.2008 wurde die Klägerin über den 31.01.2008 hinaus bis zum 25.06.2008 mit einer wöchentlichen Stundenzahl von 16 Stunden weiter beschäftigt und nach der Entgeltgruppe 13 Entwicklungsstufe 4 vergütet.

Mit ihrer beim Arbeitsgericht am 27.02.2008 eingegangenen Klage hat die Klägerin die Einstufung in die Entwicklungsstufe 5 der Entgeltgruppe 13 rückwirkend ab Aufnahme ihrer Tätigkeit im August 2007 sowie entsprechende Vergütungsnachzahlungen begehrt.

Sie hat die Auffassung vertreten, § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-L sei weiterhin für sie maßgeblich. Die Unterbrechung über die Sommerferien hinaus sei unschädlich. Die angegebenen Fristen seien nicht alternativ, sondern bei Lehrern kumulativ zu sehen, so dass zusätzlich zu einer möglichen Unterbrechung während der Sommerferien bei Lehrkräften ein weiterer Monat unschädlich sei. Im Übrigen sei die verzögerte Wiedereinstellung aus Gründen erfolgt, die sie nicht zu vertreten habe, sondern allein auf dem Organisationsverschulden des Märkischen Gymnasiums bzw. des beklagten Landes beruhe. Es sei versäumt worden, die Lehrerin B4 anzuhalten, einen Elternzeitantrag rechtzeitig vor den Sommerferien oder zu Beginn der Sommerferien zu stellen, so dass eine rechtzeitige vertragliche Regelung mit ihr nicht möglich gewesen sei. Zudem wäre auch nach dem Eingang des Antrags am 30.07.2007 eine Einstellung zum 06.08.2007 möglich gewesen. Sie hat darauf verwiesen, dass für solche Eilfälle eine Feriensitzung des Personalrats am 02.08.2007 stattgefunden habe.

Die Klägerin hat beantragt, wie folgt zu erkennen:

1. Das beklagte Land wird verurteilt, an sie für die Zeit vom 17.08.2007 bis zum 29.02.2008 Gehalt in Höhe von 2.345,00 € brutto nebst Zinsen in höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage zu zahlen.

2. Festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, sie bis zur Beendigung des Anstellungsverhältnisses nach der Entgeltgruppe 13 Entwicklungsstufe 5 entsprechend der von ihr geleisteten Stundenzahl zu entlohnen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat die Ansicht vertreten, die Klägerin hätte die schädliche Unterbrechung vermeiden können, wenn sie das entsprechende Vertragsangebot angenommen hätte. Entgegen der Ansicht der Klägerin habe auch das beklagte Land die Verzögerung der Einstellung nicht zu vertreten.

Mit Urteil vom 20.05.2008 hat das Arbeitsgericht der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Abgewiesen hat es die Klage in Höhe eines Betrages von 77,95 € wegen einer Ungenauigkeit im Zahlenwerk der Klägerin. Das Arbeitsgericht ist dabei der Auffassung der Klägerin gefolgt. Die Auslegung der Protokollnotiz ergebe, dass bei Lehrkräften nicht nur die Unterbrechung während der Sommerferien unschädlich sei, sondern darüber hinaus der in der Protokollnotiz genannte eine Monat. Dies müsse insbesondere dann gelten, wenn die verzögerte Wiedereinstellung nicht auf Gründen beruht, die in der Sphäre des betroffenen Lehrers liegen. Selbst wenn man dieser Auslegung nicht folgte, wäre es dem beklagten Land nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf eine schädliche Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses zu berufen. Bei der Klägerin sei ein Vertrauenstatbestand durch die Schulleitung des Märkischen Gymnasiums S5 gesetzt worden, dass sie nach Beendigung der Sommerferien wieder eingestellt werde.

Gegen das dem beklagten Land am 12.06.2008 zugestellte und wegen der weiteren Einzelheiten in Bezug genommene Urteil hat das beklagte Land am Montag, dem 14.07.2008 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 12.09.2008 am 12.09.2008 begründet.

Das beklagte Land hat unter Vertiefung seines Vorbringens erster Instanz darauf hingewiesen, dass das Arbeitsgericht die Protokollnotiz falsch ausgelegt habe und daher eine schädliche Unterbrechung anzunehmen sei, auf die sich das beklagte Land auch berufen könne.

Es beantragt,

die angefochtene Entscheidung teilweise abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten und des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. b) statthaft. Sie wurde auch form- und fristgerecht eingelegt sowie fristgerecht ordnungsgemäß begründet, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO.

II.

Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg, da das Arbeitsgericht der Klage zu Unrecht stattgegeben hat.

1. Die Feststellungsklage ist zulässig gemäß § 256 Abs. 1 ZPO. Es handelt sich vorliegend um eine Eingruppierungsfeststellungsklage, die im öffentlichen Dienst allgemein üblich ist und gegen deren Zulässigkeit nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keine Bedenken bestehen (vgl. z.B. BAG Urt. v. 10.12.1997 4 AZR 291/96 AP Nr. 237 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAG Urt. v. 29.11.2001 4 AZR 736/00 NZA 2002 1288; BAG Urt. v. 31.07.2002 4 AZR 163/01 NZA 2003 445). Dies gilt auch, wenn nicht die Entgeltgruppe im Streit steht, sondern die Stufenzuordnung (vgl. BAG Urt. v. 26.06.2008 6 AZR 498/07 Beck RS 2008 55721).

2. Die Klage ist jedoch unbegründet, da das beklagte Land die Klägerin zutreffend der Entwicklungsstufe 4 zugeordnet hat.

a) Auf das Arbeitsverhältnis findet aufgrund der Bezugnahme in § 2 des Arbeitsvertrages der TV-L, die Sonderregelung für Beschäftigte als Lehrkräfte (§ 44 TV-L), sowie der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-L), soweit einschlägig, Anwendung.

Zuvor war die Klägerin zum 01.11.2006 aus dem BAT in den TV-L aufgrund des TVÜ-L übergeleitet worden. Maßgeblich war zu dem Zeitpunkt nach dem Vortrag der Parteien die Stufe 5 der Entgeltgruppe 13.

b) Im Streit steht zwischen den Parteien, ob die Klägerin nach § 16 TV-L einzustufen ist oder ob sie sich nach wie vor auf § 6 TVÜ-L und die Überleitung berufen kann. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist dies jedoch nicht der Fall. § 1 TVÜ-Länder findet für die Einstufung der Klägerin nach der Protokollerklärung zu § 1 Abs. 1 Satz 1 keine Anwendung.

Die maßgebliche Tarifvorschrift hat folgenden Wortlaut:

"§ 1 Geltungsbereich

1. Dieser Tarifvertrag gilt für Angestellte, Arbeiterinnen und Arbeiter (Beschäftigte),

- deren Arbeitsverhältnis zu einem Arbeitgeber, der Mitglied der Tarifgemeinschaft Deutscher Länder (DL) oder eines Mitgliedsverbandes der TDL ist, über den 31.10.2006 hinaus fortbesteht und

- die am 01. November 2006 unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) fallen,

für die Dauer des ununterbrochenen fortbestehenden Arbeitsverhältnisses.

...

Protokollerklärungen zu § 1 Abs. 1 Satz 1:

1. In der Zeit bis zum 31. Oktober 2008 sind Unterbrechungen von bis zu einem Monat, bei Lehrkräften im Sinne der Vorbemerkung Nr. 5 zu allen Vergütungsgruppen der Anlage 1 a zum BAT/BAT-O darüber hinaus während der Gesamtdauer der Sommerferien, unschädlich

..."

aa) Daraus folgt zunächst, dass der TVÜ-Länder grundsätzlich nur im ununterbrochenen fortbestehenden Arbeitsverhältnis Anwendung findet.

Die Protokollerklärung definiert darüber hinaus, für einen bestimmten Zeitraum bis zum 31.10.2008, wann Unterbrechungen dennoch unschädlich sind, so dass von einem ununterbrochen fortbestehenden Arbeitsverhältnis auszugehen ist (vgl. zur in soweit wortgleichen Protokollerklärung zu § 1 Abs. 1 S. 1 TVÜ-VKA: BAG Urteile vom 27.11.2008 6 AZR 632/08 und 6 AZR 856/07).

Nach der Protokollerklärung wird zwischen zwei verschiedenen Arbeitnehmergruppen unterschieden, nämlich den Lehrkräften und allen Beschäftigten. Bei allen Beschäftigen ist eine Unterbrechung von einem Monat unschädlich, bei Lehrkräften eine Unterbrechung zusätzlich auch während der Gesamtdauer der Sommerferien.

bb) Dies ergibt die Auslegung der Protokollerklärung.

(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts handelt es sich bei Protokollerklärungen, sofern sie, was hier nicht im Streit steht, den Formerfordernissen eines Tarifvertrages entsprechen, um Regelungen des materiellen Tarifrechts, die auch so auszulegen sind. Dies hat das BAG auch bei der im Wesentlichen wortgleichen Protokollerklärung zu § 1 Abs. 1 S. 1 TVÜ-VKA angenommen (BAG Urteile vom 27.11.2008 6 AZR 632/08 und 6 AZR 856/07).

(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist vom Tarifwortlaut, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Ist der Tarifwortlaut nicht eindeutig, ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Steht die Auslegung danach immer noch im Zweifel, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an einer Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend ebenso hinzuziehen, wie die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. z. B. BAG Urt. v. 19.01.2000 4 AZR 814/98 NZA 2000, 1300; BAG Urt. v. 23.05.2007 10 AZR 323/06 NZA 2007 1016 ff.; BAG Urt. vom 27.11.2008 6 AZR 632/08 und 6 AZR 856/07).

(2) Der Wortlaut spricht zunächst für die Auslegung der Beklagten. In seinem ersten Teil wird der Fall geregelt, dass zwischen zwei Arbeitsverhältnissen der Zeitraum von bis zu einem Monat liegt. Hiervon werden alle Beschäftigten umfasst. Der zweite Teil regelt eine Besonderheit für Lehrkräfte insofern, als "darüber hinaus" auch die Gesamtdauer der Sommerferien unschädlich ist. Dabei knüpfen die Worte "darüber hinaus" nicht an "Monat" an, sondern regeln etwas neues, nämlich eine besondere Arbeitnehmergruppe. Daher musste die Protokollerklärung so formuliert werden, damit deutlich wird, dass die Lehrkräfte nicht nur vom zweiten Satzteil, sondern auch vom ersten Satzteil umfasst werden. Mit "darüber hinaus" ist also gemeint, dass bei Lehrkräften die Unterbrechung von einem Monat ebenso unschädlich ist wie bei allen anderen Beschäftigten. Weiterhin ("darüber hinaus") ist aber auch zusätzlich der Zeitraum gesamten Sommerferien unschädlich sind. Daher geht es nach dem Wortlaut der Protokollerklärung gar nicht in erster Linie um den einen Monat, der in den Sommerferien liegt, und dessen darüber hinausgehender Zeitraum unschädlich ist, sondern um eine zusätzliche Regelung.

Dies verkennt die Klägerin, wenn sie meint, die Protokollnotiz hätte lediglich wie folgt formuliert werden müssen:

"...In der Zeit bis zum 31.10.2008 sind Unterbrechungen von bis zu einem Monat, bei Lehrkräften (...) während der Gesamtdauer der Sommerferien unschädlich."

Hieraus folgert sie, dass das "darüber hinaus" in ihrem Sinne zu verstehen sei, weil es ausgereicht hätte, die Protokollnotiz so zu formulieren. Da dem nicht so ist, sei den Sommerferien noch ein Monat hinzu zu addieren.

(3) Dieser Auffassung kann jedoch nicht gefolgt werden. Denn nach der Formulierung der Klägerin wäre bei Lehrkräften ausschließlich die Gesamtdauer der Sommerferien unschädlich, nicht aber sonstige Unterbrechungen. Dass Arbeitsverhältnisse bei Lehrern auch außerhalb der Sommerferien enden können, zeigt gerade das Beispiel der Klägerin, deren Arbeitsverhältnis zunächst bis zum 31.01.2008 befristet war.

Mit der Protokollerklärung zu § 1 Abs. 1 Satz 1 wollten die Tarifparteien einerseits regeln, dass Unterbrechungen von bis zu einem Monat einem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses nach § 1 Abs. 1 TVÜ-L nicht entgegensteht. Gleichzeitig haben die Tarifvertragsparteien die Sondersituation einer bestimmten Arbeitnehmergruppe erkannt, nämlich der der Lehrer. Denn nicht selten werden deren Arbeitsverhältnisse nicht kalendergenau befristet, sondern auf das Schuljahresende (vgl. z.B. BAG Urt. v. 19.12.2007 5 AZR 260/07 AP TzBfG § 4 Nr. 16). Ein neues befristetes Arbeitsverhältnis wird dann in aller Regel erst nach den Sommerferien vereinbart. Da die Anwendung des TVÜ-Länder mit der Monatsfrist bei Lehrkräften damit nicht infrage käme, ist die Ausnahmeregelung aus Sicht der Tarifvertragsparteien notwendig geworden. Aus diesem Grund war im TVÜ-VKA eine entsprechende Ausweitung nicht notwendig. Auf diesem Hintergrund spricht nichts für die Auslegung der Klägerin, die die Monatsfrist und den Zeitraum der Sommerferien addieren will, um der Schulverwaltung größere Spielräume zu eröffnen. Die Situation, dass viele befristete Verträge zur gleichen Zeit abgeschlossen werden, ist wegen der üblichen Jährlichkeit der Haushalte der Bundesländer nicht unüblich. Es ist daher kein besonderer Grund ersichtlich, warum bei Lehrkräften zusätzlich zu den Sommerferien ein weiterer Monat eine unschädliche Unterbrechung ausmachen sollte.

b) Das beklagte Land ist auch nicht aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB gehalten, die Klägerin so zu behandeln, als wenn eine nur unschädliche Unterbrechung vorgelegen hätte. Nach dem Grundsatz des Verbots widersprüchlichen Verhaltens ist ein Verhalten dann als rechtsmissbräuchlich anzusehen, wenn besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (vgl. nur BAG Urteil v. 24.01.2007, 4 AZR 28/06, NZA-RR S. 495, 498).

aa) Die Klägerin wirft dem beklagten Land vor, es liege allein in dessen Verantwortungsbereich, dass die Einstellung so spät erfolgt sei. Bei sachgerechter Behandlung, hätte zum einen der Lehrerin B4 früher veranlasst werden können, den Elternzeitantrag zu stellen, zudem hätte das Verfahren nach Eingang des Antrags durch rechtzeitige Weiterleitung an die Bezirksregierung so beschleunigt werden können, dass noch eine Beteiligung des Personalrats am 02.08.2007 möglich gewesen wäre. Hiergegen spricht schon, dass das beklagte Land schon aus Gründen der Rücksichtnahme nicht verpflichtet sein kann, Lehrer zu einer frühzeitigen Antragstellung zu veranlassen. Selbst wenn der Schulleiter den Antrag am 30.07.2007 auf einem schnelleren Übermittlungsweg an die Bezirksregierung weitergeleitet hätte, steht nicht fest, dass eine frühere Einstellung der Klägerin erfolgt wäre. Denn die Lehrerin B4 befand sich ausweislich des Formulars der Bezirksregierung erst ab dem 13.08.2007 in Elternurlaub, so dass eine frühere Einstellung der Klägerin befristungsrechtlich nicht unproblematisch gewesen wäre. Im Rahmen von Treu und Glauben ist aber auch hier das eigene Verhalten der Klägerin zu berücksichtigen. Denn dass es zu einer schädlichen Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses überhaupt gekommen ist, lag in ihrem Verantwortungsbereich. Denn das beklagte Land hatte ihr bereits vor den Sommerferien einen unmittelbaren Anschlussvertrag über die Sommerferien hinweg befristet, wenn auch mit geringerer Stundenzahl, angeboten. Damit war eine Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses durch das beklagte Land gar nicht beabsichtigt.

Durch die Planung am märkischen Gymnasium konnte bei der Klägerin kein Vertrauenstatbestand dahingehend entstehen, dass sie unmittelbar nach den Sommerferien wieder eingestellt wird und daher keine unschädliche Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses entsteht. Denn vor Sommerferien lag eine verbindliche Erklärung der Lehrerin B4, ob und wann sie in Elternurlaub geht, nicht vor. Die Klägerin hätte die schädliche Unterbrechung durch den Anschlussvertrag vermeiden können, zumal keine Gründe dagegen gesprochen hätten, nach den Sommerferien eine Aufstockung vorzunehmen. Dass die Klägerin dem Anschlussvertrag die Arbeitslosigkeit vorgezogen hat, kann nicht zulasten des beklagten Landes gehen.

Schließlich ist aber auch zu berücksichtigen, dass möglicherweise nicht einmal ein Verstoß gegen § 242 BGB vorgelegen hätte, wenn es das beklagte Land darauf angelegt hätte, eine schädliche Unterbrechung herbeizuführen. Das Bundesarbeitsgericht hat für den Fall, einer Kommune, die beschlossen hat, zur Einsparung von Personalkosten neue Arbeitsverträge mit befristet beschäftigten Mitarbeitern erst nach einem Unterbrechungszeitraum von mehr als einem Monat und damit nur zu den Bedingungen des TVöD abzuschließen, als sachlich begründet und als keine unzulässige Umgehung des TVÜ-VKA angesehen (vgl. BAG Urteile v. 27.11.2008 6 AZR 632/08 und 6 AZR 856/07).

bb) Irrelevant für die Frage des widersprüchlichen Verhaltens ist die Tatsache, dass eine Mitarbeiterin der Bezirksregierung rechtsirrig davon ausging, dass keine schädliche Unterbrechung vorliege. Zum einen erfolgte dies erst nach Vertragsschluss, zum anderen konnte die Klägerin als Arbeitnehmerin des öffentlichen Dienstes nicht davon ausgehen, dass ihr Leistungen gewährt werden sollen, die über den Tarifvertrag hinausgehen (ständige Rspr. des BAG vgl. nur Urteil vom 09.02.2005, 5 AZR 164/04, NJOZ 2005 S. 4770, 4774).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Revision war nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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