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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 31.10.2008
Aktenzeichen: 12 Sa 915/08
Rechtsgebiete: TV-L


Vorschriften:

TV-L § 16
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 16.04.2008 - 2 Ca 2281/07 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

4. Der Streitwert wird auf 53.737,92 € festgesetzt.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die zutreffende Einstufung in die Entgelttabelle nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L).

Die am 28.01.1958 geborene Klägerin steht seit dem 06.08.2007 als vollbeschäftigte Lehrkraft auf unbestimmte Zeit bei dem beklagten Land in einem Arbeitsverhältnis. Sie ist eingruppiert in die Entgeltgruppe 11, Entwicklungsstufe 1 des TV-L. Die Parteien haben einen schriftlichen Arbeitsvertrag geschlossen in dem es auszugsweise in § 4 heißt:

"Für die Eingruppierung gelten die Abschnitte A und B der Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Lehrer-Richtlinien der TdL) in der jeweiligen Fassung in Verbindung mit der Anlage 4 Teil B TVÜ-Länder.

Die Eingruppierung der Beschäftigten erfolgt auf der Grundlage der Ziffer 3.2 i.V.m. 2.2 des Runderlasses des Kultusministeriums vom 16. November 1981 in der jeweils gültigen Fassung (BASS 21-21-Nr. 52), dies entspricht der Entgeltgruppe 11 der Anlage 4 B des TVÜ-Länder.

Die Beschäftigte ist danach in der Entgeltgruppe 11, Stufe 1 TV-L eingruppiert.

Die Beschäftigte erhält darüber hinaus eine Zulage in Form der Vorweggewährung von bis zu zwei Stufen (bis zum Betrag, der sich aus der fiktiven Berechnung nach BAT ergeben hätte).

Die Zulage ist widerruflich.

Die Zulage ist zunächst für die Dauer von 2 Jahren befristet.

Der Arbeitgeber ist berechtigt, der Beschäftigten aus dienstlichen Gründen eine andere Tätigkeit im Rahmen der Entgeltgruppe zuzuweisen.

Anpassungen der Eingruppierung aufgrund des In-Kraft-Tretens einer neuen Entgeltordnung können auch entgeltgruppenübergreifend erfolgen (§ 17 Absatz 4 TVÜ-Länder).

Bis zum In-Kraft-Treten einer neuen Entgeltordnung sind alle Eingruppierungsvorgänge vorläufig und begründen keinen Vertrauensschutz und keinen Besitzstand (§ 17 Absatz 3 Satz 1 TVÜ-Länder)."

Die Klägerin, die drei inzwischen volljährige eigene Kinder hat, stand in der Zeit vom 15.05.1992 bis zum 31.12.2003 in einem Arbeitsverhältnis bei der VHS O5-L5 und leitete in diesem Zusammenhang die Außenstelle M2. Neben Organisations- und Verwaltungsaufgaben übte die Klägerin dort auch Lehrtätigkeiten aus.

In der Zeit vom 01.02.2005 bis zum 31.01.2007 leistete sie den Referendardienst im Beamtenverhältnis auf Widerruf. Ab dem 01.02.2007 war sie vertretungsweise im Rahmen von 14 Wochenstunden zuzüglich Mehrstunden an der Realschule S3 tätig, wo das Arbeitsverhältnis auch unbefristet fortgesetzt wurde.

Mit ihrer am 28.11.2007 vor dem Arbeitsgericht Detmold erhobenen Klage begehrte die Klägerin die Eingruppierung in die Entwicklungsstufe 5 der Entgeltgruppe 11 des TV-L. Sie beruft sich dabei auf die Erlasse des Ministeriums für Schule und Weiterbildung es Landes Nordrhein-Westfalen vom 14.11.2006 (Bl. 10, 11 d.A.) und vom 23.02.2008 (Bl. 36 ff. d.A.).

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie sei in die Stufe 5 der Entgeltgruppe 11 einzugruppieren. Dies ergebe sich aus dem Erlass des Ministeriums vom 14.11.2006. Denn der Personenkreis, zu dem sie gehöre, habe beim Eintritt in den Schuldienst keine finanziellen Einbußen gegenüber der bisherigen Vergütung nach dem BAT erleiden sollen. Nach dem Erlass solle dem betreffenden Personenkreis das Gehaltsniveau garantiert werden, das sie nach dem alten BAT gehabt hätten. Dies erreiche sie aber nur in der Entwicklungsstufe 5. Gleiches ergebe sich aus dem Erlass vom 23.02.2008, wonach die Bezirksregierungen angewiesen seien, bei der Stufenzuordnung das Ermessensinstrument des § 16 Abs. 2 S. 4 TV-L zu gebrauchen. Im Übrigen lägen aber auch die Voraussetzungen für die Anrechnung von früheren beruflichen Tätigkeiten vor, wie ihr Werdegang zeige. Ihre Einstellung sei auch erforderlich gewesen, um den Personalbedarf zu decken.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin mit Wirkung ab dem 06.08.2007 Vergütung nach der bei der Beklagten geltenden Entgeltgruppe 11 des TV-L, Entwicklungsstufe 5, nebst Zinsen auf die monatlichen Bruttodifferenzbeträge in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB ab dem jeweils folgenden Monatsersten, beginnend mit dem 01.09.2007 zu zahlen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat vorgetragen, die Einstufung der Klägerin sei zutreffend. Mit der Vorweggewährung einer Zulage von zwei Stufen gemäß § 16 Abs. 5 TV-L seien die nach Tarifvertrag und Erlasslage bestehenden Möglichkeiten einer Entgeltverbesserung ausgeschöpft worden. Im Übrigen hätten die Voraussetzungen des § 16 TV-L bei der Klägerin nicht vorgelegen.

Mit Urteil vom 16.04.2008 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin könne sich auf die Erlasse nicht berufen, da diese auf das Arbeitsverhältnis keine direkte Anwendung fänden. Im Übrigen lägen die Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 TV-L nicht vor.

Gegen das ihr am 09.05.2008 zugestellte Urteil, auf das wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat die Klägerin am 09.06.2008 Berufung eingelegt und diese am 09.07.2008 begründet.

Sie hält dem Arbeitsgericht entgegen, die Erlasse fänden zumindest konkludent Anwendung auf das Arbeitsverhältnis. Unter Berücksichtigung der umfangreichen beruflichen Vorerfahrungen der Klägerin sei eine höhere Einstufung vorzunehmen. Im Übrigen ergebe sich der Anspruch auch aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Den Erlassen sei der eindeutige Wille zu entnehmen, dass den am 31.10.2006 in der Ausbildung befindlichen Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter bzw. Studienreferendare und Studienreferendarinnen im Beamtenverhältnis auf Widerruf ohne Übernahmemöglichkeiten in das Beamtenverhältnis auf Probe bei künftiger Einstellung das Gehaltsniveau garantiert werden solle, das sie nach dem alten BAT erhalten hätten. Aus dem Erlass vom 23.02.2008 ergebe sich, das jede nachgewiesene berufliche Vorerfahrung bei großzügiger Auslegung zu berücksichtigen sei.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Detmold vom 16.04.2008, Az. 2 Ca 2281/07, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin mit Wirkung ab dem 06.08.2007 Vergütung nach der bei der Beklagten geltenden Entgeltgruppe 11 des TV-L, Entwicklungsstufe 5, nebst Zinsen auf die monatlichen Bruttodifferenzbeträge in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB ab dem jeweils folgenden Monatsersten, beginnend mit dem 01.09.2007 zu zahlen;

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es verteidigt das angefochtene Urteil. Abgesehen davon, dass die Erlasse keine Anwendung fänden, machten sie jedoch deutlich, dass eine Ermessensentscheidung zu treffen sei. Zweifelhaft sei schon, ob § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L überhaupt einen klagbaren Anspruch gewähre. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liege schon deswegen nicht vor, da es keinen mit der Klägerin vergleichbaren Mitarbeiter gebe, der bei gleicher Vorerfahrung eine höhere als die der Klägerin bereits zuerkannte Stufe 3 bewilligt bekommen hätte.

Wegen des Weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsprotokolle verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 64 Abs. 1 ArbGG an sich statthafte und nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG zulässige sowie in gesetzlicher Form und Frist nach den §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519 ZPO eingelegte und innerhalb der durch § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG bestimmten Frist ordnungsgemäß nach den §§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG in Verbindung mit § 520 Abs. 3 ZPO begründete Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

I.

Die Klage ist zulässig. Es handelt sich um eine im öffentlichen Dienst übliche Eingruppierungsfeststellungsklage, gegen deren Zulässigkeit nach ständiger arbeitsgerichtlicher Rechtsprechung keine Bedenken bestehen (vgl. nur BAG Urt. v. 11.10.2006, 4 AZR 534/05, AP Nr. 9 zu § 20 BMTG II; Urt. v. 31.07.2002, 4 AZR 163/01, AP Nr. 292 zu §§ 22, 23 BAT 1975, Urt. v. 29.11.2001, 4 AZR 736/00, AP Nr. 288 zu §§ 22, 23 BAT 1975; Urt. v. 10.12.1997, 4 AZR 291/96, AP Nr. 237 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Dies gilt auch im Hinblick auf die Stufenzuordnung (vgl. BAG Urteil vom 26.06.2008, 6 AZR 498/07, Beck RS 2008 55721). Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die Feststellungsklage auch für die vom Kläger begehrten Verzugszinsen zulässig (BAG, Urt. v. 26.03.1997, 4 AZR 489/95, AP Nr. 223 zu §§ 22, 23 BAT; Urt. v. 21.01.1970, AP §§ 22, 23 BAT 1975 Nr. 30).

II.

Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht ein Anspruch auf die begehrte Feststellung nicht zu.

1. Der Begründetheit der Klage steht nicht entgegen, dass die Klägerin die Klage ursprünglich gegen die Bezirksregierung D2 und nicht gegen das beklagte Land gerichtet hat. Denn bei verständiger Würdigung des Vorbringens der Klägerin wollte diese ihren Arbeitgeber und nicht eine seine Untergliederungen in Anspruch nehmen (vgl. BAG Urteil vom 21.02.2002 2 AZR 55/01 - NJOZ 2003, S. 1397 ff). Im Einvernehmen mit den Parteien ist das Passivrubrum entsprechend klargestellt worden.

2. Die begehrte Feststellung kann die Klägerin zunächst nicht aus § 16 Abs. 2 TV-L in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag herleiten.

a) Zwischen den Parteien steht nicht im Streit, dass die Klägerin zutreffend in die Entgeltgruppe 11 des TV-L eingruppiert ist. Streit besteht bei den Parteien allein um die Frage, nach welcher Stufe des § 16 TV-L die Klägerin zu vergüten ist.

§ 16 Abs. 2 TV-L hat folgenden Wortlaut:

"Bei der Einstellung werden die Beschäftigten der Stufe 1 zugeordnet, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt. Verfügen Beschäftigte über eine einschlägige Berufserfahren von mindestens einem Jahr aus einem vorherigen befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis zum selben Arbeitgeber, erfolgt die Stufenzuordnung unter Anrechnung der Zeiten der einschlägigen Berufserfahrung aus diesem vorherigen Arbeitsverhältnis. Ist die einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr in einem Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber erworben worden, erfolgt die Einstellung in die Stufe 2, beziehungsweise - bei Einstellung nach dem 31. Januar 2010 und Vorliegen einer einschlägigen Berufserfahrung von mindestens drei Jahren - in Stufe 3. Unabhängig davon kann der Arbeitgeber bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist."

b) Zunächst kann die Klägerin einen Anspruch auf eine höhere Stufe nicht auf § 16 Abs. 2 Sätze 2 und 3 stützen.

Grundsätzlich erfolgt die Zuordnung in die Stufe 1, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt. Dabei differenziert der Tarifvertrag zwischen einschlägiger Berufserfahrung aus einem Arbeitsverhältnis zum selben Arbeitgeber (§ 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L) und einer einschlägigen Berufserfahrung in einem Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber (§ 16 Abs. 2 Satz 3 TV-L).

Die Klägerin verfügt über keine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr aus einem vorherigen befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis zum selben Arbeitgeber.

Ungeachtet der Frage, ob die von der Klägerin angeführten Tätigkeiten überhaupt einschlägige Berufserfahrungen im Sinne der Protokollerklärung zu § 16 Abs. 2 TV-L sind oder nicht, erfüllen sie jedenfalls nicht die Mindestzeit von einem Jahr. Denn die Klägerin stand vor Beginn des unbefristeten Arbeitsverhältnisses lediglich ein halbes Jahr in einem Arbeitsverhältnis mit dem Land Nordrhein-Westfalen. Bei der Referendarzeit ist schon fraglich, ob sie die Voraussetzungen des Arbeitsverhältnisses erfüllt, da die Klägerin im Beamtenstatus auf Widerruf war. Unabhängig davon, können jedoch Ausbildungszeiten nach Auffassung der Berufungskammer keine beruflichen Erfahrungen im Sinne der Ziff. 1 der Protokollerklärungen zu § 16 Abs. 2 gewähren. Denn die Referendarzeit dient, auch wenn Referendare selbständigen Unterricht erteilen, der Ausbildung, so dass Erfahrungen nur im Beruf erlangt werden können (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, § 16 TV-L, Rdnr. 42; Breier/Dassau/Kiefer/Thevissen, § 16 TV-L Rdnr. 25).

c) Aus § 16 Abs. 3 Satz 2 TV-L lässt sich der Anspruch schon deswegen nicht entnehmen, weil bei einschlägiger Berufserfahrung von mindestens einem Jahr in einem Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber eine Zuordnung und Vergütung nach der Stufe 3 erfolgt, wie bei der Klägerin geschehen.

d) Die Klägerin kann ihren Anspruch nicht mit Erfolg auf § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L stützen. Danach kann der Arbeitgeber bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist.

Nach dem Wortlaut ("kann") ist die Tarifvorschrift als Ermessensvorschrift ausgestaltet. Daher wird angenommen, dass § 16 Abs. 2 Satz 4 ohnehin keinen Anspruch gewähre (vgl. Bepler/Böhle/Martin/Stöhr-Felix, § 16 TV-L Rdnr. 22; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, § 16 TV-L, Rdnr. 60; Boemke/Sachadae, PersV 2008, S. 324, 327). Selbst wenn man einen klagbaren Anspruch annehmen würde und die Entscheidung des Arbeitgebers einer Missbrauchskontrolle unterzöge (vgl. dazu BAG Urt. v. 10.05.2005, 9 AZR 294/04, NJOZ 2006 S. 691 ff.) oder bei einer Ermessensreduzierung auf Null einen Anspruch annehmen würde, so würde dies dem Begehren der Klägerin nicht zum Erfolg verhelfen. Denn die Klägerin hat bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L nicht vorgetragen. Weder lässt sich ihrem Vortag entnehmen, dass die Neueinstellung zur Deckung des Personalbedarfs erfolgte, noch dass ihre vorherige berufliche Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit als Lehrerin förderlich war, und daher zwingend bei der Stufenordnung zu berücksichtigen gewesen wäre. Denn nach ihrem eigenen Vorbringen ist die Klägerin auch bei ihrer Tätigkeit bei der VHS O5-L5 nur im untergeordneten Maß im Lehrerberuf tätig gewesen.

e) Der Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 16 Abs. 5 TV-L. Nach dieser Vorschrift kann unter bestimmten Voraussetzungen ein bis zu 2 Stufen höheres Entgelt "vorweg" gewährt werden. Da die Klägerin nach den obigen Ausführungen grundsätzlich nach § 16 Abs. 2 Satz 1 TV-L der Stufe 1 zuzuordnen war, wäre nach § 16 Abs. 5 TV-L maximal eine Zuordnung in die Stufe 3 möglich, was vom beklagten Land hier bei der Klägerin auch vorgenommen worden ist.

3. Die Klägerin kann ihren Anspruch auf eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 11 Stufe 5 nicht auch auf den Arbeitsvertrag in Verbindung mit den Erlassen vom 14.11.2006 sowie 23.02.2008 stützen.

Denn die Parteien haben die Anwendung der Erlasse auf ihr Arbeitsverhältnis nicht vereinbart.

a) Erlasse gehören rechtsterminologisch dem Verwaltungsrecht an und haben demgemäß grundsätzlich nur verwaltungsrechtliche bzw. verwaltungsinterne Bedeutung. Mit ihnen wendet sich im Weisungswege ein Staatsorgan - in der Regel das zuständige Ministerium - im Rahmen der allgemeinen Behördenhierarchie an nachgeordnete, weisungsabhängige Organe, Ämter und Dienststellen. Damit fehlt Erlassen jeder normative Charakter, aber auch jegliche unmittelbar zivilrechtliche und arbeitsrechtliche Bedeutung (vgl. BAG Urt. v. 18.05.1988, 4 AZR 765/87, AP Nr. 24 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer). Dies gilt selbst dann, wenn die Erlasse bekannt gegeben und veröffentlicht wurden. Auch der Bekanntgabe bzw. der Veröffentlichung der Richtlinien und Erlassen kommt nicht die Bedeutung eines entsprechenden Vertragsangebotes zu (vgl. BAG Urt. v. 28.01.1987, 4 AZR 147/86, AP zu §§ 22, 23 BAT 1975 Nr. 130). Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts haben Erlasse nur dann arbeitsrechtliche Bedeutung, wenn ihre Geltung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer arbeitsvertraglich vereinbart wurde (vgl. BAG Urt. v. 18.05.1988, 4 AZR 765/87, AP Nr. 24 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer; BAG Urt. v. 21.07.1993, 4 AZR 489/92, AP §§ 22, 23 BAT Lehrer Nr. 64). Eine solche Vereinbarung haben die Parteien jedoch hier nicht getroffen.

b) Im Übrigen stützten die Erlasse aber auch den Anspruch der Klägerin nicht. Nach dem Erlass vom 14.11.2006 soll dem Personenkreis, dem die Klägerin angehört, "mit Hilfe der Instrumente des § 16 TV-L (Anrechnung früherer beruflicher Tätigkeiten/Vorweggewährung von bis zu 2 Stufen) bei künftiger Einstellung im Regelfall das Gehaltsniveau garantiert werden, das sie nach dem alten BAT erhalten hätten". Hieran hat sich die Bezirksregierung gehalten, eine höhere Einstufung nach § 16 TV-L war nach den obigen Ausführungen nicht möglich, die Vorweggewährung von bis zu 2 Stufen hat bei der Klägerin Eingang in den Arbeitsvertrag gefunden.

Der Erlass vom 23.02.2008 fände auf die Klägerin gar keine Anwendung, da von diesem Erlass ausgenommen diejenigen Lehrkräfte sind, die wie die Klägerin am 31.10.2006 im Beamtenverhältnis auf Widerruf ihren Vorbereitungsdienst abgeleistet haben. Für diese gilt vielmehr der nicht veröffentlichte Erlass vom 18.12.2006 - 214-1.4.-42955 (16). Dieser Erlass sieht vor, dass § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L angewandt wird und "falls dieses Instrument allein nicht ausreicht" eine Vorweggewährung nach § 16 Abs. 5 Satz 1 TV-L zusätzlich zu erfolgen hat. Damit ist schon dem Erlass zu entnehmen, dass es Fälle geben muss - wie bei der Klägerin - , bei denen eine Anrechnung von Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L nicht ausreicht.

4. Die Klägerin kann ihren Anspruch auch nicht mit Erfolg auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz stützen.

Dieser gebietet dem Arbeitgeber die Gleichbehandlung der Arbeitnehmer in vergleichbarer Lage. Er verbietet nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer in der Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung (vgl. BAG, Urt. v. 29.04.2004, 6 AZR 194/03, Beck RS 2004 41836; Urt. v. 23.04.1997, 10 AZR 603/96, AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 22). Verletzt ist der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn der Arbeitgeber einzelne Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage sachfremd schlechterstellt.

Dies folgt aus dem Vortrag der Klägerin nicht. Unwidersprochen hat die Beklagte im Berufungsverfahren vorgetragen, dass es keinen mit der Klägerin vergleichbaren Mitarbeiter gibt, der bei gleicher Vorerfahrung eine höhere als die der Klägerin bereits zuerkannte Stufe bewilligt bekommen hätte. Anderes lässt sich aus dem Vorbringen der Klägerin nicht entnehmen. Sie hat insbesondere nicht vortragen können, gegenüber welchem anderen Arbeitnehmer in vergleichbarer Lage sie sachfremd schlechter gestellt worden wäre.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 97 ZPO. Der Klägerin fallen die Kosten der von ihr ohne Erfolg eingelegten Berufung zur Last.

Die Revision war aus den Gründen des § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG zuzulassen.

Der Streitwert für das Verfahren erster und zweiter Instanz war gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG abweichend festzusetzen. Gemäß § 42 Abs. 4 Satz 2 GKG ist bei Rechtsstreitigkeiten über Eingruppierungen der Wert des dreijährigen Unterschiedsbetrages zur begehrten Vergütung maßgebend. Abweichend davon hat das Arbeitsgericht lediglich den einjährigen Differenzbetrag zugrundegelegt.

Ende der Entscheidung

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