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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 09.11.2007
Aktenzeichen: 13 Sa 1088/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 145
BGB § 147 Abs. 2
BGB § 150 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 16.05.2007 - 6 Ca 27/07 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Rahmen von Zahlungsansprüchen darüber, ob zwischen ihnen ein Auflösungsvertrag geschlossen worden ist.

Der Kläger war ab dem 01.07.2005 als Fußballtrainer der ersten Herrenmannschaft für den Beklagten tätig, und zwar auf der Basis einer auf zwei Jahre befristeten Beschäftigung gegen eine monatliche Nettovergütung in Höhe von 1.000,00 € zuzüglich der Überlassung eines PKW.

Am 26.09.2006 stellte der Beklagte den Kläger von der Arbeit frei. Das Vorstandsmitglied der Beklagten, N1, bot dem Kläger mit Schreiben vom 04.10.2006 für die Zeit bis zur Auflösung des Vertragsverhältnisses zwei Zahlungsmodelle an (Bl. 21 d. A.). Nach weiteren Verhandlungsgesprächen wurde dem Kläger mit Schreiben vom 11.10.2006 folgendes mitgeteilt:

...

im Nachgang zum Schreiben vom 04.10.2006 wird noch ein weiteres Zahlungsmodell angeboten. Der T1-D1 ist bereit, in der Zeit vom 01.10.2006 bis 31.12.2006 eine monatliche steuerfreie Übungsleiterpauschale in Höhe von 154,- Euro zu zahlen. Des weiteren erfolgt im Januar 2007 eine einmalige Abfindungszahlung in Höhe von 2.000,- Euro netto.

Bei dieser Abfindungsvariante wird auf eine Tätigkeitseinschränkung als Trainer bei einem anderen Verein verzichtet.

Wir möchten Sie bitten, sich mit uns in Verbindung zu setzen.

Am 13.10.2006 kam es zwischen dem Kläger und dem Zeugen N1 zu einem Telefonat, dessen Inhalt zwischen den Parteien streitig ist. Es gibt eine vom Zeugen N1 gefertigte Gesprächsnotiz, die wie folgt lautet:

J1 (= Kläger) rief heute um ca. 14.00 Uhr an und fragte nach, ob das Angebot vom 11.10.2006 evtl. nochmals geändert werden kann.

Er möchte die Abfindungssumme bereits im Oktober 2006 haben, damit alles so schnell wie möglich erledigt ist.

Ich habe zugesagt, das ich alles mit dem Vorstand besprechen muß. J1 will sich am Montag nochmal melden.

Unter dem 15.10.2006 verfasste der Kläger ein an den Beklagten gerichtetes Schreiben folgenden Inhalts:

Hiermit stimme ich Ihrem Vorschlag vom 11.10.2006 zur sofortigen Vertragsauflösung zu Ihren angebotenen Konditionen zu.

Die Zahlung der vereinbarten Abfindungssumme in Höhe von € 2.000,- netto, bitte ich kurzfristig auf das Ihnen bekannte Konto vorzunehmen.

Desweiteren bitte ich um eine kurzfristige Zusendung der Vertragsauflösung und meiner bei Ihnen vorliegenden Steuerunterlagen.

Am 16.10.2006 teilte dann das weitere Vorstandsmitglied B5 dem Kläger mit, dass der Beklagte nicht mehr zu den Bedingungen des Schreibens vom 11.10.2006 stehe.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 19.10.2006, zugegangen am Folgetag, lies der Kläger die Annahme der Bedingungen, wie sie im Schreiben vom 11.10.2006 niedergelegt sind, gegenüber dem Beklagten erklären.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, durch das Schreiben vom 11.10.2006 habe der Beklagte ein bindendes Vertragsangebot abgeben. Dieses habe er im Telefonat mit dem Vorstandsmitglied N1 am 13.10.2006 angenommen. Dabei habe er lediglich darum gebeten, zu prüfen, ob die Abfindungszahlung nicht bereits im Monat Oktober 2006 erfolgen könne.

Der Kläger hat des Weiteren behauptet, sein Schreiben vom 15.10.2006 mit der schriftlichen Annahme des Angebots habe er per Post auf den Weg gebracht.

Schließlich habe er mit anwaltlichem Schreiben vom 19.10.2006 noch rechtzeitig die wirksame Annahme des Angebots erklärt.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 2.462,00 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 154,00 € seit dem 01.10.2006, dem 01.11.2006 und dem 01.12.2006 sowie aus weiteren 2.000,00 € seit dem 01.01.2007 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, zwischen den Parteien sei kein Auflösungsvertrag zustande gekommen. In dem Schreiben vom 11.10.2006 sei lediglich eine invitatio ad offerendum zu sehen.

Abgesehen davon sei auch deshalb kein Vertrag zustande gekommen, weil der Kläger im Telefonat am 13.10.2006 das Angebot des Vereins abgelehnt habe, weil er eine Vorverlegung der Abfindungszahlung verlangt habe. Darin liege ein neues Angebot, dass er, der Beklagte, zu keinem Zeitpunkt angenommen habe.

Losgelöst davon sei in jedem Fall die Annahmeerklärung vom 19.10.2006 auch verspätet erfolgt.

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Vorstandsmitglieds N1. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird verwiesen auf die Sitzungsniederschrift vom 16.05.2007 (Bl. 28 d.A.).

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 16.05.2007 der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, bei dem Schreiben vom 11.10.2006 habe es sich um ein bindendes Angebot des Beklagten gehandelt. Dieses Angebot habe der Kläger durch das Schreiben vom 19.10.2006 innerhalb der gesetzlichen Annahmefrist des § 147 Abs. 2 BGB angenommen. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Kläger zwischenzeitlich am 13.10.2006 das Angebot abgelehnt habe, verbunden mit der Unterbreitung eines neuen, geänderten Angebots. Das Vorstandsmitglied N1 sei auch befugt gewesen, für den Beklagten zu handeln.

Gegen dieses dem Beklagten am 29.05.2007 zugestellte Urteil hat er am 26.06.2007 Berufung eingelegt und diese am 27.07.2007 begründet.

Der Beklagte ist der Ansicht, auch bei dem im Schreiben vom 11.10.2006 unterbreiteten Vorschlag habe es sich lediglich um eine invitatio ad offerendum und nicht um ein verbindliches Angebot gehandelt.

Selbst wenn man von einem Angebot ausgehe, habe dies der Kläger am 13.10.2006 abgelehnt, verbunden mit dem Abgabe eines neuen Angebots hinsichtlich der Fälligkeit der Abfindung.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 16.05.2007 - 6 Ca 27/07 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er meint, in dem Schreiben vom 11.10.2006 sei ein verbindliches Angebot zu sehen. Dies habe er bereits in dem Telefonat mit dem Zeugen N1 am 13.10.2006 angenommen und dabei lediglich angefragt, ob eine kurzfristige Auszahlung der Abfindung erfolgen könne.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Arbeitsgericht dem Kläger gegenüber dem Beklagten die Zahlung einer monatlichen Übungsleiterpauschale in Höhe von 154,00 € für das letzte Quartal 2006 sowie eine Abfindung in Höhe von 2.000,00 € netto nebst Zinsen zuerkannt.

Der Anspruch folgt aus einem zwischen den Parteien wirksam zustande gekommenen Vertrag über die Beendigung der Beschäftigung als Fußballtrainer.

I.

Mit Schreiben vom 11.10.2006 hat der Beklagte dem Kläger - nach vorangegangenen zwei Auflösungsvarianten gemäß Schreiben vom 04.10.2006 - ein drittes rechtsgeschäftliches Angebot (§ 145 BGB) zur Beendigung des Fußballtrainervertrages gemacht. Denn aus der maßgeblichen Sicht eines verständigen Dritten in der Situation des Klägers konnte dieses Schreiben nicht lediglich als sogenannte invitatio ad offerendum aufgefasst werden, sondern nur als rechtsgeschäftlich verbindlicher Antrag des Beklagten. Bezeichnenderweise spricht dieser selbst im ersten Satz des genannten Schreibens auch davon, ein weiteres Zahlungsmodell "anzubieten" und erklärt sodann die Bereitschaft, bestimmte Leistungen unter Verzicht auf eine Tätigkeitseinschränkung zu erbringen. Aus alledem wird unmissverständlich deutlich, dass sich der Beklagte rechtsgeschäftlich binden wollte.

II.

Diese Angebot hat der Kläger am 13.10.2006 anlässlich einer Unterredung mit dem Zeugen N1 nicht unter Einschränkungen im Sinne des § 150 Abs. 2 BGB angenommen, was zur Folge gehabt hätte, dass es als Ablehnung, verbunden mit einem neuen Antrag, zu werten gewesen wäre.

Nach zutreffender Rechtsprechung (BAG, Urt. v. 16.11.1979 - 2 AZR 1052/77 - AP BGB § 154 Nr. 1; BGH, Urt. v. 18.10.2000 - XII ZR 179/98 - NJW 2001, 221, 222; Urt. v. 30.01.1997 - IX ZR 133/96 - NJW-RR 1997, 684, 685; zust. Palandt/Heinrichs, 67. Aufl. 2008, § 154 Rdnr. 2) liegt nämlich kein Fall des § 150 Abs. 2 BGB vor, wenn der Annehmende - für den Vertragspartner erkennbar - zwar Ergänzungen vorschlägt, aber klar zum Ausdruck bringt, dass er bei einem Beharren des Antragenden auf seinem ursprünglichem Angebot dieses auf jeden Fall annimmt und nicht auf seinen Änderungsvorschlägen besteht.

Die Voraussetzungen sind hier gegeben.

So ergibt sich aus der Gesprächsnotiz des Zeugen N1, dass der Kläger am 13.10.2006 gegen 14.00 Uhr angerufen und "nachgefragt" hat, ob das Angebot "evtl." nochmals geändert werden könne hinsichtlich der Fälligkeit der Abfindung. Aus der Sicht eines verständigen Dritten wird hieraus deutlich, dass der Kläger in jedem Fall das unterbreitete Angebot annehmen wollte und nur "versucht" hat, eine Zahlungsmodifikation zu erreichen.

Bestätigt wird dieses Ergebnis durch das von ihm selbst zwei Tage später an den Beklagten gerichtete, dort allerdings nicht nachweisbar eingegangene Schreiben vom 15.10.2006, dessen Inhalt laut Beklagtenvortrag im Berufungsbegründungsschriftsatz vom 27.07.2007 aber genau dem entspricht, was der Kläger am 13.10.2006 geäußert haben soll. In dem Schreiben stimmt der Kläger zunächst dem Vorschlag vom 11.10.2006 zu den "angebotenen Konditionen" ausdrücklich zu, bevor er im Folgesatz lediglich um eine kurzfristige Zahlung der Abfindung bittet. Er wollte also in jedem Fall zu den angebotenen Bedingungen als Fußballtrainer ausscheiden, auch wenn sich der Beklagte auf keine vorzeitige Auszahlung der Abfindungssumme einlassen würde.

Entgegen des Eindrucks des Zeugen N1 kann also nicht festgestellt werden, dass der Kläger nur unter der Bedingung einer Auszahlung der Abfindung bereits im Oktober 2006 zur Annahme des unterbreiteten Angebots bereit war.

III.

Das danach über den 13.10.2006 hinaus fortbestandene Angebot des Beklagten hat der Kläger in jedem Fall durch das Schreiben vom 19.10.2006, zugegangen am Folgetag, rechtzeitig im Sinne des § 147 Abs. 2 BGB angenommen. In dem Zusammenhang folgt die Kammer den zutreffenden Gründen der ersten Instanz auf Seite 6 f. der Entscheidungsgründe und nimmt auf sie zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug.

Nach alledem kann der Kläger vom Beklagten die Zahlung der Übungsleiterpauschale für die Monate Oktober bis Dezember 2006 sowie 2000,00 € netto als Abfindung verlangen.

Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1 i. V. m. § 286 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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