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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 07.12.2005
Aktenzeichen: 13 Sa 1523/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 271
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten - unter Zurückweisung der Berufung des Klägers - wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 09.06.2005 - 3 Ca 3688/04 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darum, ob Ansprüche auf Nachzahlung von Arbeitentgelt und Rückgewähr eines behaupteten Darlehens bestehen.

Der Großvater des Klägers, der Tischlermeister W2xxxx V2xxxxxxx, gründete unter seinem Namen einen Tischlereibetrieb. In diesem Unternehmen absolvierte der Kläger ab dem Jahre 1985 seine Lehre und arbeitete dort anschließend als Geselle und ab dem Jahr 1994 als Meister weiter.

Am 30.12.1996 verstarb der Großvater. Er wurde von seiner Ehefrau H4xxxx V2xxxxxxx und seinen beiden Söhnen W2xxxx U1x V1xxxxxxxx, dem Vater des Klägers, und H3xxx-G1xx V2xxxxxxx, dem Beklagten, beerbt. Nach dem Tod von H4xxxx V2xxxxxxx am 19.05.2000 wurden die beiden Söhne jeweils zu 1/2 ihre Erben.

Mit Schreiben vom 05.07.2002 erfolgte eine von beiden Söhnen unterschriebene Anmeldung zum zuständigen Amtsgericht in Witten, in der es unter anderem heißt:

Wir führen das Unternehmen in Erbengemeinschaft fort. Der bisherigen Firma Bau- und Möbelschreinerei- Möbelhandlung und Beerdigungsinstitut W2xxxx V2xxxxxxx fügen wir den Zusatz "Erben" bei.

Der Kläger arbeitete während der gesamten Zeit in dem Betrieb weiter, ohne dass dem ein schriftlicher Arbeitsvertrag zugrunde lag. Sein dort ebenfalls tätig gewesener Vater W2xxxx U1x V2xxxxxxx schied mit Vollendung seines 65-jährigen Lebensjahres am 06.08.2003 aus dem Betrieb aus. Fortan war dort dann neben dem Kläger nur noch die Vollzeitkraft K2xxxxxx beschäftigt.

Im vorliegenden Verfahren begehrt der Kläger von seinem beklagten Onkel die Zahlung der Arbeitsvergütung für den Zeitraum ab November 2001 bis einschließlich November 2004.

Er hat behauptet, man habe im November 2001 vereinbart, fortan nur die Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten, das entsprechende monatliche Nettogehalt aber zu stunden, weil es der Tischlerei wirtschaftlich sehr schlecht gegangen sei. Seinen Lebensunterhalt habe er bei einer sehr spartanischen Lebensweise über mehr als drei Jahre nur dadurch bestreiten können, dass er bei seinen Eltern wohnen geblieben und von diesen mit Essen und Kleidung unterstützt worden sei.

Der monatliche Nettolohn sei von den geleisteten Stunden abhängig gewesen und habe im durchschnitt ca 1325,00 € betragen. Insoweit hat der Kläger für den Zeitraum ab August 2002 bis November 2004 Gehaltsabrechnungen vorgelegt, auf die als Anlage zum Klageschriftsatz vom 23.12.2004 Bezug genommen wird (Bl. 7 ff. der Akten).

Weiterhin hat der Kläger behauptet, der Firma im Jahre 2001 aus seinen Ersparnissen einen Betrag in Höhe von 20.000,00 DM = 10.225,84 € als Darlehen zur Verfügung gestellt zu haben; der Betrag sei von seinem Vater zur Begleichung fälliger Forderungen des Finanzamtes verwandt worden. Insoweit hat der Kläger eine Bescheinigung der Sparkasse Sprockhövel vorgelegt, wonach er am 19.11.2001 von seinem Sparkonto 10.000,00 DM abgehoben hat. Des Weiteren hat er einen Bankbeleg vom 19.11.2001 vorgelegt, wonach sein Vater an diesem Tag eine Bareinzahlung in Höhe von 22.000,00 DM zur Überweisung an das Finanzamt Witten vorgenommen hat. Insoweit behauptet der Kläger ergänzend, neben den abgehobenen 10.000,00 DM habe er weitere 10.000,00 DM aus eigenen Barmitteln gegeben; die restlichen 2.000,00 DM hätten von seiner Mutter gestammt. Das auf unbestimmte Zeit gewährte Darlehen habe er bereits im "Vorjahr" gekündigt und unter anderem vom Beklagten die Rückzahlung verlangt.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte hafte für die geltend gemachten Forderungen nach den Grundsätzen der "fehlerhaften Gesellschaft" bzw. aus Rechtsscheinsgesichtspunkten, weil er der Fortführung der Tischlerei niemals widersprochen habe; in jedem Fall habe er als Miterbe für die Verbindlichkeiten einzutreten.

Der Kläger hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 49.041,49 € netto nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basisdiskontzinssatz aus 1.388,15 €

seit dem 05.12.2001, aus 1402,33 €

seit dem 05.01.2002, aus 1.323,33 €

seit dem 05.02.2002, aus 1.200,99 €

seit dem 05.03.2002, aus 1.231,77 €

seit dem 05.04.2002, aus 1.289,16 €

seit dem 05.05.2002, aus 1.361,82 €

seit dem 05.06.2002, aus 1.288,10 €

seit dem 05.07.2002, aus 1.335,36 €

seit dem 05.08.2002, aus 1.358,71 €

seit dem 05.09.2002, aus 1.327,90 €

seit dem 05.10.2002, aus 1.425,99 €

seit dem 05.11.2002, aus 1.308,83 €

seit dem 05.12.2002, aus 1.382,61 €

seit dem 05.01.2003, aus 1.308,35 €

seit dem 05.02.2003, aus 1.186,33 €

seit dem 05.03.2003, aus 1.234,16 €

seit dem 05.04.2003, aus 1.280,16 €

seit dem 05.05.2003, aus 1.262,92 €

seit dem 05.06.2003, aus 1.234,16 €

seit dem 05.07.2003, aus 1.325,32 €

seit dem 05.08.2003, aus 1.234,16 €

seit dem 05.09.2003, aus 1.351,19 €

seit dem 05.10.2003, aus 1.381,42 €

seit dem 05.11.2003, aus 1.253,53 €

seit dem 05.12.2003, aus 1.399,15 €

seit dem 05.01.2004, aus 1.367,15 €

seit dem 05.02.2004, aus 1.284,85 €

seit dem 05.03.2004, aus 1.434,84 €

seit dem 05.04.2004, aus 1.367,15 €

seit dem 05.05.2004, aus 1.284,85 €

seit dem 05.06.2004, aus 1.385,72 €

seit dem 05.07.2004, aus 1.367,15 €

seit dem 05.08.2004, aus 1.385,72 €

seit dem 05.09.2004, aus 1.385,72 €

seit dem 05.10.2004, aus 1.316,70 €

seit dem 05.11.2004, aus 385,72 €

seit dem 05.12.2004 zu zahlen.

2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 10.225,84 € zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat behauptet, nach dem Tod seiner Mutter von seinem Bruder verlangt zu haben, den Betrieb einzustellen. Die Fortführung sei gegen seinen Willen geschehen. Im Übrigen hat er bestritten, dass der Kläger die von ihm behaupteten Arbeitsleistungen erbracht habe und ein Stundungsabrede getroffen worden sei.

Weiterhin hat er den Abschluss eines Darlehensvertrages bestritten. Wie sich aus dem entsprechenden Jahresabschluss ergebe, habe der Kläger der Firma zu keinem Zeitpunkt Geld darlehensweise überlassen.

Abgesehen davon hat der Beklagte die Auffassung geäußert, ihm ständen aufrechenbare Schadensersatzansprüche zu, weil unter anderem der Kläger sich über seinen, des Beklagten, Willen hinweggesetzt habe, den Geschäftsbetrieb vollständig einzustellen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 09.06.2005 der Klage in Höhe von 37.220,48 € stattgegeben; im Übrigen hat es sie abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Beklagte hafte als Miterbe gemäß §§ 2038 BGB, 27, 25, 15 HGB für alle im Betrieb entstandenen Verbindlichkeiten. Die Möglichkeit, gegebenenfalls mit rechtlichen Schritten auf die sofortige Einstellung des Geschäftsbetriebs hinzuwirken, habe er nämlich über Jahre nicht wahrgenommen. So müsse er nunmehr die durch die eingereichten Gehaltsabrechnungen dokumentierten Nettoarbeitsentgeltansprüche des Klägers für den Zeitraum ab August 2002 bis November 2004 erfüllen.

Hingegen habe der Kläger seine Ansprüche für die Monate November 2001 bis Juli 2002 nicht ausreichend dargelegt und die angekündigten Abrechnungen nicht eingereicht.

Ein Darlehensrückzahlungsanspruch sei ebenfalls nicht gegeben. Die Darlegung zu den Umständen der Gewährung eines solchen Darlehens seinen nämlich unsubstanziiert, jedenfalls soweit es die Erbengemeinschaft als Empfänger betreffe.

Gegen dieses beiden Parteien am 12.07.2005 zugestellte Urteil haben sie jeweils am 01.08.2005 Berufung eingelegt, wobei der Kläger sein Rechtsmittel am 10.08.2005 und der Beklagte sein Rechtsmittel am 12.09.2005 begründet haben.

Der Kläger meint, auch für den Zeitraum ab November 2001 bis Juli 2002 habe er einen Anspruch auf Zahlung rückständigen Gehalts in einer Gesamthöhe von 12.110,86 € und nimmt insoweit Bezug auf die mit dem Berufungsbegründungsschriftsatz vom 03.08.2005 eingereichten Abrechnungen (Bl. 195 ff. d. Akten). In dem Zusammenhang behauptet er unter anderem, entgegen der Darstellung im Klageschriftsatz vom 23.12.2004 niemals Betriebsleiter gewesen zu sein. Er sei namentlich ab November 2001 "lediglich" unter vorübergehender Stundung seiner Nettolohnansprüche angestellt gewesen und habe aus Loyalität zur Familie gearbeitet mit der Erwartung, seinen noch ausstehenden Lohn zu bekommen, sobald dies der Firma seines Vaters und seines Onkels möglich war.

Aus den bereits überreichten Unterlagen ergebe sich auch, dass er am 19.11.2001 aus eigenen Mitteln seinem Vater insgesamt 20.000,00 DM übergeben habe, womit dieser Steuerverbindlichkeiten für die Erbengemeinschaft beglichen habe. Die darlehensweise Überlassung sei mit der Maßgabe erfolgt, im Falle einer Besserung der finanziellen Lage wieder zurückgegeben zu werden.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Bochum vom 09.06.2005 - 3 Ca 3688/04 - den Beklagten zu verurteilen,

1. an den Kläger über den bereits erstinstanzlich ausgeurteilten Klagebetrag hinaus weitere 12.110,86 € rückständige Lohnansprüche nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basisdiskontzinssatz aus 1.316,43 € seit dem 05.12.2001, aus 1.293,97 € seit dem 05.01.2002, aus 1.425,99 € seit dem 05.02.2002, aus 1.277,33 € seit dem 05.03.2002, aus 1.308,83 € seit dem 05.04.2002, aus 1.377,42 € seit dem 05.05.2002, aus 1.407,57 € seit dem 05.06.2002, aus 1.277,33 € seit dem 05.07.2002 zu zahlen.

2. weitere 10.225,84 € aus Darlehen zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

unter Zurückweisung der Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 09.06.2005 - 3 Ca 3688/04 - teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Er meint, der Kläger habe die geltend gemachten Vergütungsansprüche nicht schlüssig dargelegt. Den von ihm eingereichten Gehaltsabrechnungen komme in dem Zusammenhang keinerlei Bedeutung zu, weil er sie als Betriebsleiter selbst erstellt habe. Es werde weiterhin bestritten, dass der Kläger die von ihm behaupteten Arbeitsstunden tatsächlich auch erbracht habe. Im Übrigen müsse davon ausgegangen werden, dass er für sich fortlaufend Firmengelder vereinnahmt habe, ohne diese ordnungsgemäß zu verbuchen.

Davon abgesehen habe der Kläger sich als Betriebsleiter treuwidrig verhalten; er hätte ihn, den Beklagten, über die tatsächlich schlechte wirtschaftliche Situation des Betriebs unterrichten müssen.

Im Übrigen seien die Ansprüche verwirkt.

Ein Darlehen habe der Kläger der Erbengemeinschaft zu keinem Zeitpunkt gewährt; dies werde schon darin deutlich, dass im Jahresabschluss ein entsprechender Betrag nicht ausgewiesen sei. Der Kläger sei auch gar nicht berechtigt gewesen, allein mit seinem Vater als bloßem Miterben ein Darlehen zu vereinbaren, das er, der Beklagte, nunmehr als Mitglied der Erbengemeinschaft zurückzahlen solle.

Der Kläger beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Wegen des weiteren umfangreichen Vorbringens beider Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Beide Berufungen sind zulässig, wobei die Berufung des Beklagten in vollem Umfang begründet ist, während die Berufung des Klägers als unbegründet zurückzuweisen war.

I.

Der Kläger hat gegenüber dem Beklagten in seiner Stellung als Mitglied der Erbengemeinschaft, die die Firma Bau- und Möbelschreinerei - Möbelhandlung und Beerdigungsinstitut W2xxxx V2xxxxxxx im hier streitbefangenen Zeitraum ab November 2001 fortgeführt hat, (derzeit) keinen Anspruch auf Zahlung von Nettoarbeitsentgeltansprüchen für den Zeitraum ab November 2001 bis einschließlich November 2004 in einer Gesamthöhe von nunmehr 49.331,34 €.

In dem Zusammenhang kann offen bleiben, ob diese Ansprüche tatsächlich entstanden sind und auch dem Beklagten entgegen gehalten werden können. Denn nach den eigenen präzisierenden Darlegungen des Klägers im Berufungsbegründungsschriftsatz vom 03.11.2005, Seite 4, traf er die von ihm behauptete Stundungsabrede in der Erwartung, die ausstehende Vergütung zu bekommen, "sobald es der Firma seines Vaters und Onkels möglich war". Vor dem Hintergrund der wirtschaftlich sehr schlechten Situation der Tischlerei im Jahre 2001 kann eine solche Absprache nur dahingehend verstanden werden, dass die Fälligkeit des Entgelts hinausgeschoben werden sollte bis zu einem Zeitpunkt, in dem der Betrieb die finanzielle Möglichkeit besaß, aus eigenen Mitteln die gestundeten Beträge aufzubringen.

Insoweit hat der Kläger aber zur Begründung seines Anspruchs nichts vorgetragen. In der mündlichen Verhandlung am 07.12.2005 konnte er auf eine entsprechende gerichtliche Nachfrage keine Angaben machen, obwohl er doch in dem kleinen Betrieb jedenfalls bis November 2004 noch an maßgeblicher Stelle tätig war.

Somit waren die Vergütungsansprüche schon mangels feststellbarer Fälligkeit abzuweisen.

II.

Entsprechende Erwägungen führen auch dazu, dass der Kläger gegenüber dem Beklagten keinen Anspruch auf Rückgewähr eines behaupteten Darlehens in Höhe von 20.000,00 DM = 10.225,84 € hat.

Abgesehen von der zwischen den Parteien streitigen Frage des wirksamen Abschlusses eines solchen Darlehensvertrages hat der Kläger ebenfalls im Berufungsbegründungsschriftsatz vom 03.08.2005, Seite 11, ausgeführt, das Geld habe er mit der Maßgabe gegeben, dass es "im Falle einer Besserung der finanziellen Lage wieder zurückgegeben" werde. Auch hier wurde die Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs von der wirtschaftlichen Gesundung der Firma abhängig gemacht, von der nach den eigenen Ausführungen des Klägers nicht ausgegangen werden kann.

Im Gegenteil spricht die zwischenzeitlich erfolgte Zwangsversteigerung sämtlicher Grundstücke am 06.09.2005 dafür, dass sich die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche angesichts der von ihm selbst behaupteten Voraussetzungen dauerhaft nicht mehr realisieren lassen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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