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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 16.11.2007
Aktenzeichen: 13 Sa 532/07
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 112
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 13.02.2007 - 7 Ca 4567/06 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um das Bestehen des Anspruchs auf Zahlung einer Abfindung aus einem Sozialplan.

Der Kläger war aufgrund diverser arbeitsvertraglicher Vereinbarungen (Bl. 39 ff. d.A.) langjährig Mitarbeiter der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerinnen im Bereich der Netzwerkadministration. Das Arbeitsverhältnis ging aufgrund eines Teilbetriebsübergangs mit Wirkung ab 01.10.2005 auf die Firma P3 S2 GmbH (im folgenden kurz: P3), einem Tochterunternehmen der B5 AG, über. Anlässlich dieser Ausgliederung des sogenannten Desk Side Supports schloss die Beklagte mit dem im Unternehmen bestehenden Gesamtbetriebsrat am 30.06.2005 einen Sozialplan. Darin heißt es unter anderem:

1. Zweck

Dieser Sozialplan regelt den Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern infolge der im Interessenausgleich vom heutigen Tage genannten unternehmerischen Maßnahmen entstehen. Es handelt sich dabei um Organisationsänderungen in den der Competency "Distributed Client Services" ("CSC/DCS") zugeordneten Teilen der Betriebe der I1 B2 S2 GmbH ("I1 BS") und die nachfolgende Ausgliederung des Desk Side Supports ("DSS") auf die B5 AG oder eines ihrer Tochterunternehmen ("B5").

Die Parteien sind sich einig, dass es sich bei der Ausgestaltung des Sozialplans nicht um eine Standardsituation handelt, weil B5 eine Veränderung der Arbeitsbedingungen zur Verbesserung seiner Kostensituation im Zusammenhang mit dem Service gegenüber der I1 BS anstrebt.

...

2.2. Abfindung für Kompensation für geänderte Arbeitsbedingungen

... einen Abfindungsanspruch haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

...

b) die innerhalb von 12 Monaten seit dem Betriebsübergang eine Änderung der Arbeitsbedingungen zu ihrem Nachteil mit B5 vereinbaren.

2. 3. Nachweis der Anspruchsvoraussetzungen

Die Voraussetzungen eines Abfindungsanspruchs sind durch den Anspruchssteller nachzuweisen.

Der Nachweis kann erfolgen

...

d) im Falle der Ziffer 2.2. b) durch Vorlage der mit B5 geschlossenen Änderungsvereinbarung; in diesem Fall ist weiter eine Erklärung mit B5 vorzulegen, der zu entnehmen ist, dass die Änderungsvereinbarung auf ihre Veranlassung hin abgeschlossen wurde.

Wegen des weiteren Inhalts des Sozialplanes wird verwiesen auf die mit Klageschriftsatz vom 27.09.2006 eingereichte Kopie (Bl. 5 ff. d. A.).

Nach dem 01.10.2005 bot die P3 dem Kläger einen neuen Arbeitsvertrag zu schlechteren Bedingungen an, was diese ablehnte.

Mit Schreiben vom 24.07.2006 forderte der Kläger von der P3 den Abschluss einer Änderungsvereinbarung und wies zur Begründung auf folgendes hin:

Bis zum 30.09.2005 hatte mein Mandant (= Kl.) seinen Arbeitsplatz und Einsatzort in D1, und zwar in der Abteilung "Distributed Client/Service". Nach dem Betriebsübergang auf die Firma P3 S2 GmbH ist dieser Arbeitsplatz entfallen und mein Mandant wird in den verschiedenen Niederlassungen und Lokationen der C1-B6 GmbH mit Sitz in B7 tätig.

Diese Änderung lehnte die P3 ab mit Hinweis darauf, es liege in ihrem Direktionsrecht, die Arbeitnehmer bei Kunden einzusetzen.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, ihm stehe ein Abfindungsanspruch aus dem Sozialplan zu. Es sei nämlich im Zuge des Teilbetriebsübergangs zu gravierenden nachteiligen Veränderungen seiner Arbeitsbedingungen gekommen. So habe er seinen festen Arbeitsplatz in D1 aufgeben müssen und komme nur noch direkt bei den Kunden zum Einsatz. Damit seien gravierende Nachteile verbunden, nämlich die Kosten für ein Arbeitszimmer und die Vorfinanzierung von Reisekosten; die nun ständigen externen Einsätze erforderten nicht nur zusätzliche Reisezeiten und Hotelübernachtungen, sondern führten zwangsläufig zu Trennungen von der Familie mit Ehefrau und vier schulpflichtigen Kindern und den damit verbundenen Problemen.

Es liege von Seiten der P3 eine Überschreitung der Grenzen ihres Direktionsrechtes vor.

Der Kläger hat den Standpunkt vertreten, er könne die Voraussetzungen des Abfindungsanspruches frei nachweisen. Es bedürfe nicht der im Sozialplan bestimmten Nachweise; eine vorherige Klage gegen seine jetzige Arbeitgeberin sei nicht opportun.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 136.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit 17.11.2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat gemeint, es liege schon deshalb keine Änderung der Arbeitsbedingungen vor, weil die vorgenommenen Veränderungen im Arbeitsverhältnis des Klägers vom Direktionsrecht der P3 gedeckt seien. Im Übrigen fehle es an einer Vereinbarung zwischen den Arbeitsvertragsparteien.

Zentrales Ziel des Sozialplans sei es unter anderem gewesen, Arbeitnehmer für substantielle Einschnitte in ihre Vergütung zu entschädigen. Gerade diese Reduzierung der Vergütung habe der Kläger abgelehnt.

Auch fehle es bei ihm an wirtschaftlichen Nachteilen. Schließlich habe der Kläger auch nicht den nach dem Sozialplan erforderlichen Nachweis einer auf Veranlassung der P3 zustande gekommenen Änderungsvereinbarung erbracht.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 13.02.2007 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe nicht dargelegt, dass es mit der P3 zu einer vertraglichen Änderung der Arbeitsbedingungen gekommen sei. Vielmehr habe die jetzige Arbeitgeberin "nur" Weisungen erteilt, aber keine Willenserklärung auf Abänderung des Arbeitsvertrages abgegeben.

Gegen dieses dem Kläger am 05.03.2007 zugestellte Urteil hat er am 21.03.2007 Berufung eingelegt und diese - nach der Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 07.06.2007 (Fronleichnam) - am 08.06.2007 begründet.

Der Kläger meint, er könne die Abfindung beanspruchen, weil er erhebliche Nachteile dadurch erlitten habe, dass sein eingerichteter Arbeitsplatz in D1 ersatzlos aufgelöst worden sei; zudem habe er seine Teamleiterfunktion verloren.

Der Wegfall des Beschäftigungsortes D1 sei nicht vom arbeitgeberseitigen Direktionsrecht gedeckt gewesen. In der zum Jahreswechsel 2005/2006 vom Abteilungsleiter M3 gemachten Aussage, man solle dort arbeiten, wo Platz sei, habe ein Änderungsangebot gelegen. Dieses Angebot habe er, der Kläger, angenommen, wozu es keiner ausdrücklichen Erklärung bedurft hätte.

Im Übrigen sei es ausreichend, wenn die Voraussetzungen für den Abfindungsanspruch im vorliegenden Verfahren dargelegt und bewiesen würden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 13.02.2007 - 7 Ca 4567/06 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 136.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.11.2006 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und weist darauf hin, dass der Kläger nicht einerseits seine günstigeren Arbeitsbedingungen aufrechterhalten könne und andererseits eine Abfindung erhalte.

Die Voraussetzungen des Sozialplans seien nicht gegeben. Es fehle schon an einer einvernehmlichen Änderung der Arbeitsbedingungen; in der Ausübung des Direktionsrechts liege kein Angebot auf Änderung des Arbeitsvertrages. Auch habe der Kläger keine Nachteile erlitten, die nach dem Sozialplan auszugleichen seien. Schließlich habe er den Nachweis gemäß 2.3. d) des Sozialplans nicht geführt.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Zu Recht ist das Arbeitsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger gegenüber der Beklagten keinen aus dem Sozialplan vom 30.06.2005 ableitbaren Anspruch auf Zahlung einer Abfindung in Höhe von 136.000,00 € hat. Die in dieser Vereinbarung aufgestellten Voraussetzungen sind in der Person des Klägers nämlich nicht erfüllt.

I. Es fehlt schon an einem schlüssigen Vortrag des Klägers dazu, dass es zum Jahreswechsel 2005/2006 mit der P3 als Tochterunternehmen von "B5" tatsächlich eine Änderung der Arbeitsbedingungen im Sinne der Ziffer 2.2. b) des Sozialplanes gegeben hat.

Selbst wenn man in diesem Zusammenhang zu seinen Gunsten von einer entsprechenden Befugnis des Abteilungsleiters M3 ausgeht und dessen auf Seite 14 der Berufungsbegründung wiedergegebene Äußerung, der Kläger solle dort arbeiten, wo Platz sei, als richtig unterstellt, kann darin bei verständiger Würdigung nicht ein Angebot auf Änderung der Arbeitsbedingungen gesehen werden. Vielmehr kann die Aussage des Abteilungsleiters auch zwangslos als Ausübung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts gewertet werden, wenn der bisherige Arbeitsplatz des Klägers in D1 ersatzlos weggefallen war. Selbst wenn damit die Grenzen des Weisungsrechts überschritten worden seien sollten, kann darin trotzdem nicht ein Angebot der Arbeitgeberin gesehen werden, den Vertrag einvernehmlich zu ändern, weil diese doch erkennbar davon ausgegangen ist, einseitig eine Änderung herbeiführen zu können, wie sie es auch nochmals im Schreiben vom 03.08.2006 bekräftigt hat.

Anderenfalls hätte es auch nahegelegen, wie in der Vergangenheit die in Ziffer 15.2 S. 2 der Allgemeinen Arbeitsvertragsbedingungen vorgesehene Schriftform für Veränderungen bzw. Ergänzungen zu wahren.

II. Davon abgesehen hat der Kläger auch nicht die Voraussetzungen eines Abfindungsanspruchs gemäß Ziffer 2.3. d) des Sozialplans nachgewiesen, da er weder eine Änderungsvereinbarung noch eine Veranlassungserklärung der P3 vorgelegt hat. Gerade dies wäre aber erforderlich gewesen, um der Beklagten als der an diesen Rechtsgeschäften nicht beteiligten potentiellen Schuldnerin die Möglichkeit zu eröffnen, die Verwirklichung der im Sozialplan niedergelegten Anspruchsvoraussetzungen ohne Weiteres überprüfen zu können, namentlich ob es zum Abschluss einer Änderungsvereinbarung auf Veranlassung der P3 oder "nur" zu einer Ausübung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts gekommen ist.

III. Letztlich ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger tatsächlich solche wirtschaftlichen Nachteile erlitten hat, die nach dem Sozialplan ausgeglichen werden sollen. Denn unter Ziffer 1 Abs. 2 des Sozialplans wird ausdrücklich herausgestrichen, es handele sich nicht um eine Standardsituation; vielmehr werde eine Veränderung der Arbeitsbedingungen "zur Verbesserung (der) Kostensituation" angestrebt. Ein auf dieses Ziel der Reduktion von Personalkosten ausgerichtetes Änderungsangebot hat der Kläger aber gerade in der Vergangenheit abgelehnt.

Wenn er daraufhin bis heute außerhalb von D1 wechselweise in verschiedenen C1-Niederlassungen zum Einsatz gekommen ist, ist es nunmehr seine Aufgabe, die aus seiner Sicht nicht von den bestehenden vertraglichen Absprachen gedeckten Nachteile gegenüber seinem jetzigen Vertragspartner geltend zu machen. In jedem Fall sollen solche Nachteile aber nicht durch den abgeschlossenen Sozialplan in Gestalt einer Abfindungszahlung durch die Beklagte ausgeglichen werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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