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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 15.02.2008
Aktenzeichen: 13 Sa 990/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1004
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 03.05.2007 - 3 Ca 259/07 - abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, das Abmahnschreiben vom 07.12.2006 aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Rechtmäßigkeit einer Abmahnung.

Der am 26.09.1947 geborene Kläger ist seit dem 01.01.1988 als Elektriker bei der Beklagten zu einem monatlichen Bruttoverdienst von zuletzt 2.300,00 € beschäftigt. Er ist Vorsitzender des bei der Beklagten gewählten Betriebsrates.

Am 15.11.2006 nahm der Kläger an einem Gerichtstermin teil. Nach seiner Rückkehr in den Betrieb gegen 13.30 Uhr wurde er in seiner Abteilung bis zum Arbeitszeitende um 15.15 Uhr nicht mehr tätig.

Unter dem 07.12.2006 erhielt er deshalb eine Abmahnung, in der es auszugsweise wie folgt heißt:

...

Wir haben Ihnen ... vorgehalten, dass Sie sich am 15.11.2006 zwar telefonisch bei Herrn K1 vom Gerichtstermin zurückgemeldet haben, aber keinesfalls für weitere BR-Tätigkeit abgemeldet haben.

Allerdings sind Sie bis zum Arbeitszeitende nicht mehr an ihrem Arbeitsplatz erschienen. Indem Sie die Beantwortung und Erklärung unserer o.g. Schreiben ignorieren, stören Sie das Vertrauensverhältnis zu ihrem Arbeitgeber und Vorgesetzten tiefgreifend und nachhaltig. Unverkennbar provozieren Sie ihren Arbeitgeber zu weiteren Reaktionen. Nach der Faktenlage haben Sie ohne Berechtigung für fast zwei Stunden ihren Arbeitsplatz verlassen und sich der Erledigung ihrer Aufgaben entzogen.

Ihr Verhalten stellt einen groben Verstoß Ihrer arbeitsvertraglichen Pflichten dar.

Hierfür sprechen wir Ihnen eine Abmahnung aus.

Für den Wiederholungsfall weisen wir auf arbeitsrechtliche Konsequenzen hin, welche die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, auch fristlos, zur Folge haben kann.

Der Kläger hat behauptet, er habe sich nach seiner Rückkehr in den Betrieb ordnungsgemäß beim kaufmännischen Leiter K1 abgemeldet und Betriebsratstätigkeiten verrichtet.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, das Abmahnschreiben der Beklagten vom 07.12.2006 betreffend den Vorgang 15.11.2006 aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, der Kläger habe sich in der Mittagszeit des 15.11.2006 zwar vom Gerichtstermin zurückgemeldet, sich aber nicht für Betriebsratstätigkeiten abgemeldet.

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen K1. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird verwiesen auf die Sitzungsniederschrift vom 03.05.2007 (Bl. 12f. d. A.).

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Beweisaufnahme habe ergeben, dass der Kläger seine Abmeldepflicht verletzt habe.

Unter Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens wendet sich der Kläger gegen die erstinstanzliche Entscheidung.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 03.05.2007 - 3 Ca 259/07 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, das Abmahnschreiben vom 07.12.2006 aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie stützt sich ebenfalls auf ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Denn er hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Entfernung der unter dem 22.11.2006 erteilten Abmahnung aus seiner Personalakte.

Insofern kann er sich auf § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB analog stützen, wonach der Arbeitnehmer bei einem objektiv rechtswidrigen Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht in Form unzutreffender Äußerungen des Arbeitgebers deren Beseitigung verlangen kann. Die Voraussetzungen sind erfüllt bei einer zu Unrecht ausgesprochenen Ermahnung bzw. Abmahnung, weil die in ihnen erhobenen Vorwürfe Grundlage für eine falsche Beurteilung des Arbeitnehmers sein und dadurch sein berufliches Fortkommen behindern oder andere arbeitsrechtliche Nachteile mit sich bringen können (z.B. BAG AP BGB § 611 Fürsorgepflicht Nr. 93; AP BGB § 611 Abmahnung Nr. 4 und Nr. 8).

Die genannten Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Denn unter Berücksichtigung auch des Vortrags der Beklagten im laufenden Prozess bleibt schon unklar, welches Fehlverhalten mit dem Schreiben vom 07.12.2006 abgemahnt werden sollte.

So wird im zweiten Absatz des Schreibens auf die unterbliebene Abmeldung hingewiesen, die der Zeuge K1 ausweislich seiner Vernehmung am 03.05.2007 auch schon zum Anlass für eine gesondertes Schreiben an den Kläger vom 16.11.2006 genommen hatte und auf die sich das Arbeitsgericht bei seiner klageabweisenden Entscheidung allein gestützt hat.

Nach dem Vortrag im Berufungserwiderungsschriftsatz der Beklagten vom 23.08.2007 unter II. sollte es sich dabei aber nur um eine "zusätzliche Erklärung" ohne den Vorhalt einer Pflichtverletzung handeln. Die damit verbundene Unklarheit im Abmahnschreiben vom 07.12.2006 geht zu Lasten der Beklagten.

Der aus ihrer Sicht alleinige Vorwurf eines unentschuldigten Fernbleibens von der Arbeit über eine Zeitraum von fast zwei Stunden hat die Beklagte nicht durch entsprechende Tatsachen belegt. Denn ohne konkretes Gegenvorbringen des Arbeitgebers muss ein Betriebsratsmitglied, dass sich wie hier auf die Erledigung von Betriebsratsaufgaben beruft, keine konkreten Auskünfte darüber geben, welche Amtsgeschäfte es erledigt hat (vgl. BAG, Urt. v. 15.03.1995 - 7 AZR 643/94 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 105). Daraus folgt wiederum, dass ein Betriebsratsmitglied nicht der gravierende Vorwurf eines unentschuldigten Fernbleibens von der Arbeit gemacht werden kann ohne zuvor aufgeklärt zu haben, ob nicht die Voraussetzungen des § 37 Abs. 2 BetrVG gegeben waren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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