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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 18.11.2005
Aktenzeichen: 13 TaBV 140/05
Rechtsgebiete: BetrVG, BGB


Vorschriften:

BetrVG § 93
BetrVG § 99 Abs. 2 Nr. 5
BGB § 611b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Detmold vom 29.06.2005 - 2 BV 42/04 - wird zurückgewiesen.

Gründe: A. Die Beteiligten streiten (noch) um die Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur Versetzung eines Mitarbeiters. Die antragstellende Arbeitgeberin, die hauptsächlich Küchenfronten herstellt, hat im Zuge der Stilllegung ihrer Abteilung Glasstollenfertigung und damit verbundener Umstrukturierungen eine neue Stelle "Sockel/Kleinmaschinen/Versandvorbereitung" geschaffen. Diese wurde innerbetrieblich wie folgt ausgeschrieben: Eingruppierung: Lohngruppe 5 Arbeitszeit: Frühschicht Vorgesetzter des Stelleninhabers: H5. V2xxxxxx (Betriebsleitung) Unterstellte Mitarbeiter: keine Anforderung der Stelle: Tischler/ Maschinenführer Aufgaben: Bedienen von diversen Holzbearbeitungsmaschinen (Tischkreissäge, Bekantungsmaschinen ...), selbständiges Anfertigen von Mustern, Rückschnitte von Ausfallteilen/ Kommissionsteilen, Sonderanfertigung, Ausgangskontrollen, Auslieferungsfahrten mit Transporter.

Neben den hier aufgeführten Aufgaben ist der Stellen-Inhaber verpflichtet, auch andere seiner Vorbildung und seinen Fähigkeiten entsprechende Einzelaufträge auszuführen, die dem Wesen nach zum Aufgabengebiet gehören oder betrieblich notwendig sind.

Es bewarb sich der Mitarbeiter L4xxxx. Mit diesem vereinbarte die Arbeitgeberin am 23.08.2004 eine Stellenbeschreibung folgenden Inhalts: Vorgesetzter des Stelleninhabers: H5. S4xx Arbeitszeit: Frühschicht Unterstellte Mitarbeiter: keine Anforderung der Stelle: Tischler/ Maschinenführer Aufgaben: 1.) Bedienen von diversen Holzbearbeitungsmaschinen wie z.B. Tischkreissägen, Bekantungsmaschinen Musterbau, CNC-Maschinen, Bohrmaschinen ....

2. Selbständiges Anfertigen von Mustern

3. Selbständiges Bearbeiten von Rückschnitten Ausfallteilen/ Kommissionsteilen

4. Sonderanfertigung

5. QS Kontrollen

6. Auslieferfahrten mit Kleintransporter

Unter dem 10.09.2004 (Bl. 10 d. Akten) beantragte die Arbeitgeberin beim Betriebsrat die Zustimmung zur Versetzung des Arbeitnehmers L4xxxx von der Qualitätssicherung in den Bereich "Sockel/Kleinmaschinen/Versandvorbereitung", wo der Mitarbeiter schon seit dem 14.08.2004 eingesetzt wurde.

Mit Schreiben vom 14.09.2004 verweigerte der Betriebsrat die Zustimmung mit folgender Begründung: 1. Eine nach § 93 BetrVG erforderliche Stellenausschreibung im Betrieb ist unterblieben. Selbst wenn die Stellenbeschreibung die Herr L4xxxx am 23.08.2004 unterzeichnet hat ausgeschrieben worden wäre, ist diese vom Inhalt nicht ausreichend: - es fehlt die Eingruppierung - es fehlen eventuelle Zulagen - wann soll die Maßname greifen? 2. Es besteht die begründete Besorgnis, das durch diese personelle Maßnahme ein Nachteil für mindestens zwei Arbeitnehmer im Betrieb entsteht. Durch die Unternehmerische Maßnahme die Glasstollenabteilung auszugliedern, verloren zwei Mitarbeiter (Herr A3xxxxxxx J2xxx, Tischler und Herr W3xxxx G1xxxxx, Tischler) ihren festen Arbeitsplatz. Diese beiden Kollegen haben bis heute weder durch eine Versetzung noch durch eine Änderungskündigung einen neuen Arbeitsplatz erhalten. Auf der Betriebsversammlung am Freitag, den 13.08.2004 versprach Herr T1xxxxx jun. (Geschäftsleitung) den betroffenen Mitarbeitern das jeder seiner Qualifikation und seines Berufsbildes entsprechend bei der Firma E1xxx einen neuen Arbeitsplatz erhält. Der Betriebsrat kann sich vorstellen, das der Arbeitplatz auf den Herr D4xxxx L4xxxx am 16.08.2004 ohne Zustimmung des Betriebsrates versetzt worden ist, durchaus von einem dieser oben genannten Mitarbeiter besetzt werden könnte. Daraufhin leitete die Arbeitgeberin mit Schriftsatz vom 17.09.2004 das vorliegende Zustimmungsersetzungsverfahren ein. Sie hat behauptet, es lägen nur unbeachtliche Abweichungen zwischen der veröffentlichten und der mit dem Mitarbeiter L4xxxx vereinbarten Stellenbeschreibung vor. Der Mitarbeiter J3xxx, der sich im übrigen gar nicht beworben habe, sei nach einem kurzfristigen Einsatz im Bereich der Glasstollenabteilung wieder in seinen alten Tätigkeitsbereich zurückgekehrt. Auch der Mitarbeiter G1xxxxx habe sich für die ausgeschriebene Stelle nicht beworben. Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Zustimmung des Antragsgegners zur Versetzung des Mitarbeiters D4x-xxx L4xxxx in den Bereich Sockel/Kleinmaschinen/Versandvorbereitung zu ersetzen. Der Betriebsrat hat beantragt, 1. den Antrag zurückzuweisen, 2. der Antragstellerin aufzugeben, die Versetzung des Arbeitnehmers D4xxx L4xxxx in den Bereich Sockel/Kleinmaschinen/Versandvorbereitung aufzuheben. Er hat darauf hingewiesen, die vom Arbeitnehmer L4xxxx zu besetzende Stelle sei zuvor nicht innerbetrieblich ordnungsgemäß ausgeschrieben geworden. So sei diesem in Abweichung von der erlassenen Stellenausschreibung der Abteilungsleiter S4xx als Vorgesetzter zugeordnet worden. Es sei unberücksichtigt geblieben, dass eine arbeitsplatzbezogene Zulage gewährt werde. Schließlich hätte der Beginn der Tätigkeit mit ausgeschrieben werden müssen. Auch würden die beiden Arbeitnehmer J3xxx und G1xxxxx durch deren Nichtberücksichtigung benachteiligt. Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag des Betriebsrats zu Ziffer 2 zurückzuweisen. Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 29.06.2005 dem arbeitgeberseitigen Antrag stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die erfolgte Stellenbeschreibung werde den gesetzlichen Anforderungen gerecht. So enthalte sie unter anderem die vorgesehene Eingruppierung. Der Hinweis auf eine Zulage habe nicht erfolgen müssen, weil es sich dabei um keine arbeitsplatzbezogene, sondern um eine persönliche Zulage für den Mitarbeiter L4xxxx gehandelt habe. Auf einen Vorgesetztenwechsel habe sich der Betriebsrat im Verweigerungsschreiben nicht berufen. Rechtlich relevante Nachteile für die Mitarbeiter J3xxx und G1xxxxx seien nicht ersichtlich. Gegen diesen ihm am 19.07.2005 zugestellten Beschluss hat der Betriebsrat am 18.08.2005 Beschwerde eingelegt und diese am 16.09.2005 begründet. Er weist darauf hin, die Ausschreibung sei nicht geschlechtsneutral erfolgt und schon deshalb unwirksam. Im Übrigen fehle in ihr ein Hinweis auf den Besetzungstermin. Auch der Vorgesetztenwechsel vom Betriebsleiter V2xxxxxx zum Abteilungsleiter S4xx berechtige zur Zustimmungsverweigerung. Schließlich seien den Arbeitnehmern J3xxx und G1xxxxx Nachteile entstanden. Der Betriebsrat beantragt, den Beschluss des Arbeitsgerichts Detmold vom 29.06.2005 - 2 BV 42/04 - teilweise abzuändern und den Antrag der Arbeitgeberin gemäß Schriftsatz vom 17.09.2004 abzuweisen. Die Arbeitgeberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie ist der Auffassung, die Stellenausschreibung sei wirksam, obwohl sie nicht geschlechtsneutral erfolgt sei; der Betriebsrat habe darauf in seinem Zustimmungsverweigerungsschreiben nämlich nicht hingewiesen. Im Übrigen sei die Stellenausschreibung per sofort zu verstehen gewesen. Der Wechsel des Vorgesetzten sei erst mit der Auswahl und auf Vorschlag des Arbeitnehmers L4xxxx vorgenommen worden. Für die Beschäftigten J3xxx und G1xxxxx seien keine Nachteile erkennbar. II. Die Beschwerde des Betriebsrats war zurückzuweisen, weil das Arbeitsgericht zu Recht die Zustimmung des Betriebsrats zur arbeitgeberseits beantragten Versetzung des Mitarbeiters L4xxxx von der Qualitätssicherung in den neu zugeschnittenen Bereich "Sockel/Kleinmaschinen/Versandvorbereitung" gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG ersetzt hat. Dem Schreiben des Betriebsrats vom 14.09.2004 lässt sich nämlich kein beachtlicher Verweigerungsgrund im Sinne des § 99 Abs. 2 BetrVG entnehmen. In dem Zusammenhang folgt die Beschwerdekammer in allen Punkten der sorgfältig begründeten Entscheidung des Arbeitsgerichts und nimmt auf sie zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug. Die Ausführungen in der Beschwerdebegründung geben zu folgenden ergänzenden Bemerkungen Anlass: 1. Soweit der Betriebsrat - bemerkenswerterweise erstmals in der Rechtsmittelinstanz - darauf hinweist, die Stelle sei entgegen § 611b BGB nicht geschlechtsneutral ausgeschrieben worden, ist er mit diesem möglichen Zustimmungsverweigerungsgrund (vgl. Hess. LAG NZA - RR 1999, 641) im vorliegenden Verfahren ausgeschlossen. Denn nach der zutreffenden ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (z.B. AP BetrVG 1972 § 99 Versetzung Nr. 31; AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 18 m. w. N.; zust. z. B. Fitting, 22. Aufl., § 99 Rdnr. 213) kann der Betriebsrat mit Widerspruchsgründen, die er dem Arbeitgeber nicht innerhalb der Wochenfrist des § 99 Abs. 3 S. 1 BetrVG schriftlich mitgeteilt hat, im weiteren Verfahren nicht mehr gehört werden. So soll der Arbeitgeber davor geschützt werden, sich im Zustimmungsersetzungsverfahren mit ständig neuen Sachverhalten auseinander setzen zu müssen, die er zuvor nicht berücksichtigen konnte. Hier fehlt im Verweigerungsschreiben des Betriebsrats vom 14.09.2004 namentlich unter Ziffer 1 jeglicher Hinweis auf eine Verletzung des § 93 BetrVG unter dem Gesichtspunkt einer geschlechtsbezogenen Benachteiligung. Vielmehr verhalten sich die Ausführungen des Betriebsrats ausschließlich zu bestimmten anderen inhaltlichen Kriterien (Eingruppierung, Zulagen, Zeitpunkt). Es wird aber an keiner Stelle auch nur angedeutet, dass die arbeitgeberseits erfolgte innerbetriebliche Stellenausschreibung sich nur an Männer und nicht auch an Frauen richtete. Gerade einer solchen Bemerkung hätte es aber zwingend bedurft, um zu verhindern, dass sich die Arbeitgeberin - hier sogar erstmals in der Beschwerdeinstanz - mit einem neuen Sachverhallt auseinandersetzen muss. 2. Der Gesichtspunkt, dass die Arbeitgeberin in ihrem Antrag vom 10.09.2004 ausdrücklich keinen Termin für die Realisierung der Versetzung genannt hat, die allerdings zu diesem Zeitpunkt schon fast einen Monat praktiziert wurde, kann die Zustimmungsverweigerung auch nicht rechtfertigen. Denn im Rahmen des § 99 Abs. 2 Nr. 5 i. V. m. § 93 BetrVG reicht es aus, wenn aus einer Ausschreibung hervorgeht, um welchen Arbeitsplatz es sich handelt und welche Anforderungen ein Bewerber erfüllen muss (BAG AP BetrVG 1972 § 93 Nr. 2). Damit wird dem Sinn und Zweck der genannten Vorschriften, nämlich innerhalb der Belegschaft die Chancengleichheit beim Berufsaufstieg zu gewährleisten (GK-BetrVG/Kraft/ Raab, 8. Aufl., § 93 Rdnr 3 m. w. N.), gebührend Rechnung getragen. Der Angabe des Umsetzungsdatums bedarf es hingegen nicht (GK-BetrVG/Kraft/Raab, a.a.O. § 93 Rdnr. 26). Dabei könnte es sich aus Arbeitgebersicht sowieso nur um einen ins Auge gefassten Termin handeln; denn sollte der Betriebsrat die Zustimmung verweigern, und der Arbeitgeber schlägt sodann nur den Weg des § 99 Abs. 4 BetrVG und nicht zusätzlich den des § 100 BetrVG ein, kann es bis zu einer zusprechenden rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung Monate dauern, bevor die Maßnahme tatsächlich umgesetzt werden kann. Wenn dies hier entgegen § 100 BetrVG über eine Dauer von mehr als 1 1/4 Jahren schon seit dem 14.08.2004 geschehen ist, ändert es nichts daran, dass die Angabe der Frist zur Realisierung einer personellen Einzelmaßnahme keinen zwingenden Bestandteil einer ordnungsgemäßen Stellenausschreiben im Sinne des § 99 Abs. 2 Nr. 5 i.V. m. § 93 BetrVG bildet. Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht gegeben.

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