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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 21.11.2008
Aktenzeichen: 13 TaBV 84/08
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 95 Abs. 1 Satz 1
BetrVG § 99 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Beschwerde des Betriebsrates gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 07.05.2008 - 8 BV 199/07 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor wie folgt lautet:

Die Zustimmung des Betriebsrates zur Versetzung des Arbeitnehmers V1 S3 in die Position des stellvertretenden Bereichsleiters "Klassisches Spiel" und zur Umgruppierung des genannten Arbeitnehmers in die Entgeltgruppe 8 mit 26 Punkten des Änderungstarifvertrages zu § 7 des Entgeltrahmentarifvertrages für die punktbesoldeten Mitarbeiter/innen in der Spieltechnik und in der Kasse vom 01.01.1996 wird ersetzt.

Es wird festgestellt, dass die vorläufige Versetzung des Arbeitnehmers V1 S3 in die Position des stellvertretenden Bereichsleiters "Klassisches Spiel" aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

A.

Die Beteiligten streiten darum, ob der Betriebsrat im Rahmen des § 99 BetrVG ordnungsgemäß beteiligt worden ist und seine Zustimmung wirksam verweigert hat; weiterhin geht es um die Erforderlichkeit der vorläufigen Durchführung einer personellen Einzelmaßnahme.

Die Arbeitgeberin betreibt in NRW mehrere Spielcasinos - unter anderem in D2-H1, wo derzeit ca. 320 Arbeitnehmer tätig sind. Rund 180 der Beschäftigten kommen im Bereich der Spieltechnik zum Einsatz, der sich wiederum untergliedert in die Bereiche "Automatenspiel" und "Klassisches Spiel" (mit Französischem und Amerikanischem Roulette, Black Jack und Poker).

Der Bereich "Klassisches Spiel" wird von einem Bereichsleiter geführt. Ihm nachgeordnet sind vier stellvertretende Bereichsleiter, zu deren Aufgaben es gehört, im administrativen Bereich und der Aufsicht im Saal tätig zu werden. Der stellvertretende Bereichsleiter B2 schied zum 30.04.2007 aus. Das Arbeitsverhältnis zum weiteren stellvertretenden Bereichsleiter W3 wurde aus Altersgründen zum 31.05.2008 beendet, wobei dieser Arbeitnehmer tatsächlich nur noch bis zum Ende des Jahres 2007 im Betrieb tätig war.

Unter dem 31.08.2007 (Bl. 39 d. A.) schrieb die Arbeitgeberin die Position eines stellvertretenden Bereichsleiters intern aus, wobei sie folgende Voraussetzungen aufstellte:

- abgeschlossene Schul-/Berufsausbildung

- erfolgsorientierte, mehrjährige Casinolaufbahn, wünschenswert ist Erfahrung als Saalchef, Spielaufsicht, Tischchef, Floormen oder Pitboss

- betriebswirtschaftliche, sowie arbeitsrechtliche Kenntnisse

- Führungskompetenz und Teamgeist

- analytisches, konzeptionelles Denken

- Serviceorientierung, Flexibilität, sowie die Bereitschaft sich nötigenfalls auch örtlich zu verändern

- gute Fremdsprachenkenntnisse

Es bewarben sich insgesamt 13 Beschäftigte, darunter der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende T3.

Mit Schreiben vom 23.10.2007 (Bl. 41 f. d. A.) beantragte die Arbeitgeberin beim Betriebsrat die Zustimmung zur "Umgruppierung" des Arbeitnehmers S3.

Nach der am 30.10.2007 (Bl. 43 f. d. A.) erfolgten Verweigerung der Zustimmung durch den Betriebsrat stellte die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 20.12.2007 erneut einen Antrag auf "Umgruppierung", der auszugsweise wie folgt lautet:

"...

In der neuen Funktion wird Herr S3 wie bereits mitgeteilt administrative Aufgaben wahrnehmen u. den Bereichsleiter "Klassisches Spiel" vertreten.

Eine Eingruppierung erfolgt in die EG 8 mit 26 Punkten. In den folgenden Jahren erhält Herr S3 entsprechend den tariflichen Regelungen jeweils einen Punkt bis zur Erreichung der Mindestpunktzahl der EG 8.

Für die zweite zu besetzende Stelle haben wir bisher noch keine abschließende Entscheidung getroffen.

Die auf die sowohl intern als auch extern ausgeschriebene Position eingegangenen Bewerbungsunterlagen (B3, D5; F1, G3; G4, J1; G5, P2; K1, T4; K2, R3; K3, R4; N2, W4; P3, A4; P4, U1; S3, V1; T3, S5; V2, O1) haben wir als Anlage nochmals beigefügt.

Darüber hinaus erhalten Sie Bezug nehmend auf Ihre ablehnende Stellungnahme vom 30.10.2007 eine erweiterte Aufstellung der Qualifikationen der Bewerber. Wir weisen darauf hin, dass diese Aufstellung mit viel Arbeit verbunden ist obwohl unseres Erachtens kein derart weitgehendes Informationsrecht des Betriebsrats besteht. Bei den gewünschten Informationen handelt es sich teilweise um nicht den Bewerbungsunterlagen oder Personalakten zu entnehmende Auskünfte, die über unseren Einflussbereich hinausgehen und/oder für die ausgeschriebene Position irrelevant sind. Wir bitten daher, in zukünftigen Verfahren von derart weitgehenden Informationswünschen abzusehen.

Vorsorglich bitten wir nochmals um Zustimmung zu der mit Schreiben vom 23.10.2007 beantragten Maßnahme.

Wir werden die personelle Maßnahme gem. § 100 BetrVG vorläufig durchführen, weil die Besetzung zum 01.01.2008 aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist. Wir müssen unter dem Aufsichts- und Organisationsgesichtspunkt der stellvertretenden Bereichsleitung die Stelle von Herrn B2, die seit April des Jahres unbesetzt ist, nunmehr dringend besetzen.

..."

Wegen der weiteren Einzelheiten wird verwiesen auf die mit Antragsschriftsatz vom 31.12.2007 eingereichte Kopie (Bl. 47 f. d. A.).

Daraufhin verweigerte der Betriebsrat mit Schreiben vom 27.12.2007 die Zustimmung zur beabsichtigten Versetzung und Umgruppierung des Arbeitnehmers S3 mit Wirkung zum 01.11.2007 bzw. 01.01.2008 und führte darin unter anderem aus:

"...

Zu den grundlegenden formalen Voraussetzungen für eine gesetzeskonforme Anhörung zu einer personellen Maßnahme nach § 99 BetrVG gehört es zweifelsohne, dem Betriebsrat den genauen Zeitpunkt der beabsichtigten Umsetzung mitzuteilen. Ihrem Zustimmungsersuchen jedoch ist dieser nicht eindeutig zu entnehmen. Daher betrachtet der Betriebsrat die Anhörung als unvollständig und somit fehlerhaft, so dass er davon ausgeht, dass keine Fristen in Gang gesetzt wurden....

Mit Schreiben vom 23.10.2007 baten Sie um Zustimmung zur Umgruppierung (Versetzung) von Herrn V1 S3 zum 01.11.2007. Mit Schreiben vom 30.10.2007 ging Ihnen der Widerspruch des Betriebsrates zu der geplanten Maßnahme zu. Die Begründung für die verweigerte Zustimmung war zum einen eine unvollständige bzw. fehlerhafte Qualifikationsaufstellung der einzelnen Bewerber, zum anderen die zusätzlichen Informationen, die Sie offensichtlich dazu veranlasst haben, sich für Herrn S3 zu entscheiden, dem Betriebsrat aber nicht mitgeteilt haben.

Auch in Ihrem erneuten Zustimmungsersuchen vom 20.12.2007 werden diese entscheidenden Informationen dem Betriebsrat nicht mitgeteilt. Es wird im Gegenteil eine zwar offensichtlich überarbeitete Qualifikationsaufstellung eingereicht, die aber ihrer eigenen Aussage nach zumindest teilweise (und vor allem in den Ergänzungen) irrelevant für die Besetzung der Position eines stellvertretenden Bereichsleiters ist. Nach unbedeutsamen Informationen jedoch hat der Betriebsrat seines Wissens nach nie verlangt!

Der Betriebsrat erinnert sich daran, dass ihm laut Urteil des BAG alle im Zusammenhang mit den Bewerbungsgesprächen gemachten Aufzeichnungen und Bewertungsaufstellungen zur Verfügung gestellt werden müssen, damit er seine Beschlüsse mit der gebotenen Sorgfaltspflicht fassen kann, zumal er bei der Aufstellung der Auswahlkriterien für die ausgeschriebene Position im Vorfeld nicht beteiligt worden ist.

Dem Betriebsrat ist es also nach wie vor nicht möglich, aus einer ansonsten unkommentierten Qualifikationsliste die Gründe zu entnehmen, die zu Ihrer Entscheidung für Herrn S3 geführt haben, da Herr S3 auch nach dieser neuen Liste vergleichsweise weniger "erworbene Kenntnisse/Seminare/Weiterbildungsmaßnahmen" vorweisen kann als einige der anderen Bewerber.

Der Betriebsrat verweigert die Zustimmung zur Versetzung in die Position eines stellvertretenden Bereichsleiters gem. § 99 Abs. 2 Ziff. 1 BetrVG, weil bei Durchführung der Maßnahme gegen ein Gesetz verstoßen wurde, nämlich § 99 Abs 1, da die dem Betriebsrat vorgelegten Informationen erneut unvollständig und die Auswahlkriterien dem Betriebsrat nicht bekannt sind. Dies führte dazu, dass der Betriebsrat auch auf seiner Sitzung am 26.12.2007 keine Beschlüsse mit der gebotenen Sorgfalt herbeiführen konnte.

Der Betriebsrat widerspricht auch der Dringlichkeit der Maßnahme.

Sie bitten in Ihrem o.a. Schreiben ausdrücklich um die Zustimmung zur Umgruppierung von Herrn V1 S3. Der Betriebsrat bestreitet grundsätzlich, dass eine Umgruppierung nach § 100 BetrVG überhaupt in Betracht kommt, da diese kaum unaufschiebbar sein dürfte.

Für den Fall, dass Sie auch um Zustimmung zur Versetzung des genannten Mitarbeiters bitten, worauf u.U. die Zuweisung des anderen Aufgabenbereichs hinweist, vermag der Betriebsrat auch hier die Dringlichkeit so plötzlich nicht zu erkennen.

Wie oben bereits geschildert, ging Ihr erstes Zustimmungsersuchen, Herrn V1 S3 "in die Position eines stellvertretenden Bereichsleiters "Klassisches Spiel" einzusetzen, dem Betriebsrat am 23.10.2007 zu. Dort war mit keinem Wort die Rede von einer besonderen Dringlichkeit dieser Maßnahme, obwohl die Stelle von Herrn B2 zu diesem Zeitpunkt auch bereits seit ca. sechs Monaten unbesetzt war. Nachdem der Betriebsrat am 30.10.2007 seine Zustimmung verweigerte, ließen Sie sich mit dem erneuten Beantragen der Maßnahme Zeit bis zum 20.12.2007, obwohl der Betriebsrat inzwischen wiederholt nachfragte, was in dieser Angelegenheit weiterhin beabsichtigt sei. Nach nunmehr fast achtmonatiger Abwesenheit von Herrn B2, in denen der Spielbetrieb problemlos gewährleistet werden konnte, und es offensichtlich nicht zu Verletzungen der Aufsichts- und Organisationspflicht der stellvertretenden Bereichsleitung kam, ist es nicht nachvollziehbar, dass die Höhergruppierung des Herrn S3 jetzt so dringlich sein und es keine zumutbaren anderen Möglichkeiten geben soll.

Weiterhin kam es durch den Weggang von Herrn B2 nicht etwa zu Mehrarbeit der stellvertretenden Bereichsleiter. Überstunden sind in diesem Zusammenhang beim Betriebsrat jedenfalls nicht beantragt worden.

Auch ist durch den allgemeinen Besucherrückgang und dem damit verbunden Wegfall des Baccaraspiels in der Woche die Öffnungszeit des klassischen Spiels in der Woche von 6:00 Uhr auf 3:00 Uhr zurückgeführt worden, so dass auch die durch die stellvertretende Bereichsleitung abzudeckende Arbeitszeit geringer geworden ist.

Nach Ansicht des Betriebsrats wäre es z.B. aber ein gangbarer Weg gewesen, altgediente Mitarbeiter der Saalleitung zumindest kommissarisch mit der Wahrnehmung der Aufgaben eines stellvertretenden Bereichsleiters zu betrauen, zumal diese mit dem Aufgabenbereich in Teilen bereits vertraut sind.

..."

Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, spätestens durch Ihr Schreiben vom 20.12.2007 habe sie den Betriebsrat umfassend unterrichtet; namentlich sei auch erkennbar gewesen, zu welchem Zeitpunkt die personelle Einzelmaßnahme wirksam werden sollte, nämlich zum 01.01.2008. Spekulationen über angeblich fehlende Informationen rechtfertigten keine Verweigerung des Betriebsrates. Im Fall S3 habe es kein strukturiertes Auswahlverfahren gegeben; man habe auch keine Auswahlrichtlinien angewandt. Es habe lediglich persönliche Gespräche mit allen 13 Bewerbern gegeben. Der Betriebsrat habe keine berechtigten Einwände gegen den Arbeitnehmer S3 erhoben und auch keine daraus resultierenden rechtlich relevanten Nachteile für andere aufgezeigt.

Die vorläufige Durchführung der Maßnahme sei auch dringlich gewesen, obwohl die Neubesetzung der Stelle erst mit mehrmonatiger Verzögerung angestrebt worden sei. Man habe nämlich zunächst erwogen, die Stelle nicht wieder zu besetzen. Da es aber in der Folgezeit zu erheblichen Überstunden (158 bzw. 206) bei den verbliebenen stellvertretenden Bereichsleitern M4 und L4 gekommen sei, habe man sich im August 2007 entschlossen, doch eine Neubesetzung vorzunehmen, um einen ordnungsgemäßen Betriebsablauf zu gewährleisten. Die anschließende Verzögerung habe der Betriebsrat durch seine Forderung nach weiteren Informationen zu verantworten.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

1. festzustellen, dass die Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung des Mitarbeiters V1 S3 in die Position des stellvertretenden Bereichsleiters "Klassisches Spiel" als erteilt gilt;

2. festzustellen, dass die Zustimmung des Betriebsrates zur Umgruppierung des Mitarbeiters V1 S3 in die Entgeltgruppe (EG) 8 mit 26 Punkten als erteilt gilt;

hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit den Anträgen zu 1) und 2)

3. die Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung des Mitarbeiters V1 S3 in die Position des stellvertretenden Bereichsleiters "Klassisches Spiel" zum 01.01.2008 sowie dessen Umgruppierung in die Entgeltgruppe 8, 26 Punkte, zu diesem Zeitpunkt zu ersetzen;

4. festzustellen, dass die vorläufige Versetzung des Mitarbeiters V1 S3 in die Position des stellvertretenden Bereichsleiters "Klassisches Spiel" im Casino H1 der Arbeitgeberin aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist.

Der Betriebsrat hat beantragt,

die Anträge abzuweisen.

Er hat bestritten, vollständig unterrichtet worden zu sein. So seien bestimmte Qualifikationen bei bestimmten Bewerbern nicht aufgeführt worden. Er gehe davon aus, dass die Arbeitgeberin ein besonderes Auswahlverfahren durchgeführt habe, weil sich aus den eingereichten Unterlagen nicht erschließe, dass der Mitarbeiter S3 über die weitestgehende und beste Qualifikation verfüge.

Die vorläufige Durchführung der personellen Maßnahme sei jedenfalls nicht dringlich. So müsse die Arbeitgeberin mindestens seit Februar 2007 vom bevorstehenden Ausscheiden des Arbeitnehmers B2 gewusst haben. Entsprechend frühzeitig habe sie das neue Besetzungsverfahren einleiten können. Man wisse nichts davon, dass die verbliebenen zwei stellvertretenden Bereichsleiter zwischenzeitlich in erheblichem Umfang Überstunden geleistet hätten.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 07.05.2008 den Anträgen der Arbeitgeberin stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Betriebsrat sei durch die Schreiben vom 23.10. und 20.12.2007 ordnungsgemäß über die beabsichtigten Maßnahmen (Versetzung/Umgruppierung) unterrichtet worden. Es seien sämtliche Bewerbungsunterlagen sowie die erstellte Qualifikationsliste beigefügt gewesen. Dies habe ausgereicht, um den Betriebsrat in den Stand zu versetzen, die Qualifikation der einzelnen Bewerber zu ersehen und gegebenenfalls eigene Anregungen zu geben und Vorschläge zu machen. Es gebe keine objektiven Anhaltspunkte dafür, dass die Arbeitgeberin ein weitergehendes Auswahlverfahren durchgeführt und daraus resultierende Ergebnisse an den Betriebsrat nicht weitergegeben habe.

Die Voraussetzungen für die vorläufige Durchführung der Maßnahme seien ebenfalls gegeben. Nachdem der Plan gescheitert sei, mit drei stellvertretenden Bereichsleitern auszukommen, habe die Arbeitgeberin nach einem ersten (erfolglosen) Besetzungsverfahren im Oktober 2007 versucht, dem Betriebsrat die von diesen gewünschten Informationen zu beschaffen. Dann sei es nach dem tatsächlichen Ausscheiden des stellvertretenden Bereichsleiters W3 dringend erforderlich gewesen, eine Stelle zum 01.01.2008 neu zu besetzen.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Betriebsrat mit seiner Beschwerde.

Er wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und weist ergänzend darauf hin, dass ihm die Arbeitgeberin bis zuletzt nicht mitgeteilt habe, inwieweit sie ein durchgeführtes Auswahlverfahren bewogen habe, den Arbeitnehmer S3 für die Position eines stellvertretenden Bereichsleiters vorzusehen. Es bestehe ein berechtigtes Interesse, zu erfahren, welche Kriterien für die Auswahl relevant gewesen seien. Es werde davon ausgegangen, dass die Personalmaßnahme mit Hilfe von Auswahlrichtlinien vorbereitet worden sei. So habe es im November 2007 ein Testverfahren gegeben. Im Übrigen hätte ihn die Arbeitgeberin über den Inhalt der persönlichen Gespräche, die sie mit den Mitarbeitern geführt habe, unterrichten müssen.

Davon abgesehen bestehe keine Notwendigkeit zur Durchführung als vorläufige Maßnahme, wenn man sich den zeitlichen Ablauf ab Februar 2007 vergegenwärtige. Der Spielbetrieb sei auch nach dem Ausscheiden des Mitarbeiters B2 jederzeit problemlos gewährleistet gewesen.

Der Betriebsrat beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 07.05.2008 - 8 BV 199/07 - abzuändern und die Anträge abzuweisen.

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Ebenfalls unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrages streicht sie nochmals heraus, dass sie im Verfahren zur Besetzung der Position eines stellvertretenden Bereichsleiters keine Auswahlrichtlinien angewandt habe und nicht nach bestimmten standardisierten Kriterien vorgegangen sei. Man habe im Oktober 2007 lediglich mit den Bewerbern einzeln Vorstellungsgespräche geführt - ohne ein bestimmtes vorgegebenes Schema und ohne Dokumentierung der Ergebnisse. Nach dem persönlichen Gesamteindruck habe sich der Arbeitnehmer S3 als der geeignetste Bewerber herausgestellt. Die vom Betriebsrat erwähnte Bewerberrunde im November 2007, genau am 27.11.2007, habe sich ausschließlich auf die Besetzung der zweiten vakant gewordenen Stelle eine stellvertretenden Bereichsleiters bezogen, die am 05.11.2007 ausgeschrieben worden sei und die mit dem Mitarbeiter V2 besetzt werden solle.

B.

Die zulässige Beschwerde des Betriebsrates ist unbegründet.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht nämlich den auf § 99 Abs. 4 BetrVG und § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG gestützten Anträgen der Arbeitgeberin stattgegeben.

I. Nach § 99 Abs. 4 BetrVG ist die Zustimmung zur Versetzung des Arbeitnehmers S3 in die Position eines stellvertretenden Bereichsleiters "Klassisches Spiel" zu ersetzen, weil im Zuges des mit arbeitgeberseitigem Schreiben vom 20.12.2007 eingeleiteten Beteiligungsverfahrens eine ordnungsgemäße Unterrichtung des Betriebsrates erfolgte und dieser sich nicht erfolgreich auf einen Grund zur Zustimmungsverweigerung gemäß § 99 Abs. 2 BetrVG stützen kann.

1. Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber in Konstellationen wie hier, wo einem bislang als Tischchef tätigen Arbeitnehmer dauerhaft ein anderer (höherdotierter) Arbeitsbereich zugewiesen werden soll und damit eine Versetzung im Sinne des § 95 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vorliegt, den Betriebsrat im Vorfeld zu unterrichten. Diesem sind die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; des Weiteren müssen unter Vorlage erforderlicher Unterlagen Auskünfte über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme erteilt werden. Nach § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG sind insbesondere der in Aussicht genommene Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen.

Diesen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Unterrichtung des Betriebsrates ist die Arbeitgeberin gerecht geworden.

a) Nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (zuletzt Beschl. v. 28.06.2005 - 1 ABR 26/04 - AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 49) sind als erforderliche Bewerbungsunterlagen im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG - neben den von den Bewerbern selbst eingereichten - auch solche Unterlagen anzusehen, die der Arbeitgeber anlässlich der Bewerbungen selbst erstellt hat, z. B. die Ergebnisse von Tests oder Einstellungsprüfungen. Nur dadurch wird nämlich der Betriebsrat in die Lage versetzt, seiner Prüfungspflicht im Rahmen des § 99 Abs. 2 BetrVG ordnungsgemäß nachzukommen, z. B. ob bei der getroffenen Auswahlentscheidung die Vorgaben des AGG beachtet worden sind. Auch wird ihm aufgrund der gegebenen Informationen die Möglichkeit eröffnet, Anregungen für eine (andere) Auswahl zu geben und Gesichtspunkte vorzubringen, die aus seiner Sicht für einen anderen Bewerber sprechen. Die gesetzliche Unterrichtungspflicht erstreckt sich aber "nur" auf Unterlagen, also schriftlich niedergelegte Erkenntnisse, nicht aber auf den Inhalt von Bewerbungsgesprächen, solange keine schriftliche Dokumentation erfolgt ist (BAG, a.a.O.).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die Arbeitgeberin hier ihren Informationspflichten ausreichend nachgekommen. So hat sie auf Seite 2 des an den Betriebsrat gerichteten Schreibens vom 20.12.2007 die Namen der insgesamt 13 Bewerber angegeben und alle insoweit eingegangenen Bewerbungsunterlagen in Bezug genommen und dem Schreiben als Anlage beigefügt, ergänzt durch eine Aufstellung der Qualifikationen der Bewerber. Die Arbeitgeberin hat weiter versichert, dass von ihr im konkreten Bewerbungsverfahren bis zum Schluss keine weiteren relevanten Unterlagen erstellt worden sind.

Soweit sich der Betriebsrat in dem Zusammenhang auf ein Ende November 2007 durchgeführtes Testverfahren für zumindest sechs Arbeitnehmer beruft, hat die Arbeitgeberin im Schriftsatz vom 27.10.2008 darauf hingewiesen, dass es bei den am 27.11.2007 durchgeführten Bewerbungsgesprächen um die Besetzung der zweiten, erst am 05.11.2007 ausgeschriebenen Stelle eines stellvertretenden Bereichsleiters (Nachfolge W3) gegangen ist. Dem ist der Betriebsrat in der Folgezeit, namentlich auch nicht mehr in der mündlichen Anhörung am 21.11.2008, substanziiert entgegengetreten.

Nach alledem sind keine greifbaren Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Arbeitgeberin über die dem Betriebsrat vorgelegten Unterlagen hinaus weitere schriftliche Aufzeichnungen zur Personalauswahl gefertigt hat, die sie dem Betriebsrat hätte zur Verfügung stellen müssen.

Anhand der in der internen Stellenausschreibung vom 31.08.2007 aufgestellten Anforderungsvoraussetzungen und der mit Schreiben vom 20.12.2007 überlassenen Bewerbungsunterlagen einschließlich der Aufstellung zu den erworbenen Kenntnissen sowie zu Seminaren und sonstigen Weiterbildungsmaßnahmen war es dem Betriebsrat auch möglich, seiner Prüfungsobliegenheit nach § 99 Abs. 2 BetrVG sachgerecht nachzukommen. Dies zeigt nicht zuletzt auch der bereits im ersten Stellungnahmeschreiben vom 30.10.2007 geäußerte und im Schreiben vom 27.12.2007 wiederholte Einwand, der Bewerber S3 weise im Vergleich weniger Kenntnisse bzw. Seminare und/oder Weiterbildungsmaßnahmen auf und sei deshalb nicht der Beste aller Bewerber.

b) Die Tatsache, dass im Schreiben der Arbeitgeberin vom 20.12.2007 - anders als im Schreiben vom 23.10.2007 - kein genauer Zeitpunkt für die Umsetzung der personellen Maßnahme angegeben wurde, ändert nichts daran, dass der Betriebsrat ordnungsgemäß informiert wurde. Dabei kann offenbleiben, ob die Angabe des Realisierungsdatums im Rahmen des § 99 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 BetrVG überhaupt erforderlich ist. Denn ausweislich seiner eigenen Niederschrift über die Sitzung am 26.12.2007 mit entsprechender Beschlussfassung war dem Betriebsrat bekannt, dass die personelle Maßnahme zum 01.01.2008 vollzogen werden sollte; konsequenterweise hat er dann auch in seinem Zustimmungsverweigerungsschreiben vom 27.12.2007 auf Seite 2 an dieses Datum angeknüpft.

II. Der nach alledem ordnungsgemäß unterrichtete Betriebsrat hat durch sein Schreiben vom 27.12.2007 die Zustimmung zur Versetzung nicht wirksam verweigert.

Allerdings klingt in dem genannten Schreiben hinreichend deutlich an, dass er sich zur Begründung seiner ablehnenden Entscheidung (auch) auf die Verletzung des ihm durch § 95 Abs. 1 BetrVG eingeräumten Mitbestimmungsrechts bei der Verwendung von Auswahlrichtlinien stützen will, wenn er auf Seite 2 ausführt, er sei "bei der Aufstellung der Auswahlkriterien für die ausgeschriebene Position im Vorfeld nicht beteiligt worden".

Die Voraussetzungen des insoweit einschlägigen Zustimmungsverweigerungsgrundes gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG, der auch im Falle der Aufstellung von Richtlinien ohne Einschaltung des Betriebsrates gilt (Richardi/Thüsing, 11. Aufl., § 95 Rdnr. 70), liegen aber nicht vor. Die Arbeitgeberin hat hier nämlich keine Richtlinien über die personelle Auswahl im Sinne des § 95 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zur Anwendung gebracht.

Zwar hat sie - als Teil der Personalplanung nach § 92 Abs. 1 Satz 1 BetrVG - ausweislich der internen Stellenausschreibung vom 31.08.2007 insgesamt sieben Anforderungskriterien für die Besetzung der Position eines stellvertretenden Bereichsleiters aufgestellt. Es ist aber nichts dafür ersichtlich, dass im konkreten Fall die anschließende Auswahlentscheidung anhand von Richtlinien, also gewissen Grundsatzregeln generalisierender Art zu den fachlichen und persönlichen Voraussetzungen (vgl. BAG, 31.05.1983 - 1 ABR 6/80 - AP BetrVG 1972 § 95 Nr. 2; 26.07.2005 - 1 ABR 29/04 - AP BetrVG 1972 § 95 Nr. 43), getroffen wurde. Die Arbeitgeberin hat keine Kriterien festgelegt, nach denen die in der Stellenausschreibung geforderten Qualifikationen beurteilt und die Auswahl unter den insgesamt 13 Bewerbern getroffen werden sollte (vgl. auch ArbG Dortmund, 27.08.2008 - 5 BV 119/08).

III. Wenn nach alledem die Zustimmung zur Versetzung des Arbeitnehmers S3 in die Position des stellvertretenden Bereichsleiters zu ersetzen war, gilt dies auch für die damit einhergehende Umgruppierung in die Entgeltgruppe 8 mit 26 Punkten des Änderungstarifvertrages zu § 7 des Entgeltrahmentarifvertrages für die punktbesoldeten Mitarbeiter/innen in der Spieltechnik und in der Kasse vom 01.01.1996.

IV. Dem Antrag der Arbeitgeberin, gerichtet auf Feststellung, dass die vorläufige Versetzung des Arbeitnehmers S3 dringend erforderlich war, war ebenfalls zu entsprechen.

In dem Zusammenhang erschließt sich aus § 100 Abs. 3 Satz 1 BetrVG, dass eine für den Arbeitgeber negative Entscheidung nur im Falle der Offensichtlichkeit in Betracht kommt, also wenn klar erkennbar war, dass keine dringenden Gründe für die vorläufige Durchführung der Maßnahme vorlagen (vgl. BAG, 18.10.1988 - 1 ABR 36/87 - AP BetrVG 1972

§ 100 Nr. 4). Erforderlich ist eine grobe Verkennung der sachlich-betrieblichen Notwendigkeit der vorläufigen Durchführung (BAG, 07.11.1977 - 1 ABR 55/75 - AP BetrVG 1972 § 100 Nr. 1; Fitting, 24. Aufl., § 100 Rn. 14). Die darin zum Ausdruck kommende nur beschränkte gerichtliche Prüfung führt dazu, dem Antrag der Arbeitgeberin stattzugeben.

Wenn der Betriebsrat in dem Zusammenhang einwendet, seit dem Ausscheiden des Arbeitnehmers B2 zum 30.04.2007 habe die Arbeitgeberin über acht Monate keine Notwendigkeit gesehen, die Stelle des stellvertretenden Bereichsleiters neu zu besetzen, so bleibt dem im Rahmen der gebotenen Offensichtlichkeitsprüfung entgegenzuhalten, dass die Arbeitgeberin nachvollziehbar ausgeführt hat, sie habe zunächst bis Oktober 2007 versucht, den Arbeitsanfall mit drei stellvertretenden Bereichsleitern zu bewältigen, was aber in zwei Fällen nicht ohne die Ableistung beträchtlicher Überstunden möglich gewesen sei.

Sodann leitete die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 23.10.2007 ein Verfahren nach § 99 BetrVG zur Neubesetzung der Stelle des stellvertretenden Bereichsleiters zum 01.11.2007 ein. Nach den am 30.10.2007 schriftlich geäußerten Einwendungen des Betriebsrates erneuerte sie gut sieben Wochen später am 20.12.2007 ihr Begehren, erstmals verbunden mit einem Antrag nach § 100 BetrVG. Zwar stellt sich mit dem Betriebsrat die Frage, warum die Arbeitgeberin fast zwei Monate benötigte, um die - aus ihrer Sicht nicht einmal erforderlichen - Informationen zu den erworbenen Kenntnissen, Seminaren und Weiterbildungsmaßnahmen von 13 Bewerbern zu ergänzen. Trotzdem kann nicht festgestellt werden, dass sie sich dadurch bewusst in "Zugzwang" gesetzt hat, um sodann nach § 100 BetrVG handeln zu können (vgl. Fitting, a.a.O., § 100 Rn. 4 m. w. N.). Vielmehr war es zum Jahreswechsel 2007/2008, als noch ein zweiter stellvertretender Bereichsleiter aus dem aktiven Dienst der Arbeitgeberin ausschied, geboten, die dritte von insgesamt vier Stellen umgehend neu zu besetzen, um im Rahmen der langen Öffnungszeiten des Casinos und der unterschiedlichen Arbeitsschichten einen geordneten Geschäftsbetrieb aufrechterhalten zu können. Indirekt hat auch der Betriebsrat die Notwendigkeit des sofortigen Einsatzes einer dritten Arbeitskraft anerkannt, wenn er am Schluss des Verweigerungsschreibens vom 27.12.2007 auf die - auch nur im Rahmen des § 100 BetrVG zu realisierende - Möglichkeit verweist, altgediente Mitarbeiter der Saalleitung kommissarisch mit der Aufgabenwahrnehmung zu betrauen, ohne allerdings auszuführen, wer deren bisherige Arbeiten fortan erledigen sollte.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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