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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 08.07.2008
Aktenzeichen: 14 SaGa 25/08
Rechtsgebiete: TzBfG, ZPO


Vorschriften:

TzBfG § 8 Abs. 5
ZPO § 935
ZPO § 940
1. Im einstweiligen Verfügungsverfahren kann nicht die Feststellung einer Änderung von Dauer und Lage die Arbeitszeit gemäß der Fiktion nach § 8 Abs. 5 Satz 2 und 3 TzBfG verlangt werden.

2. Eine vorläufige Regelung der Arbeitszeit entsprechend dem Teilzeitverlangen nach § 8 TzBfG setzt nicht voraus, dass bereits der Arbeitgeber diesem Verlangen zugestimmt hat, seine Zustimmung gerichtlich ersetzt wurde oder der Eintritt der Fiktion nach § 8 Abs. 5 TzBfG gerichtlich festgestellt wurde.

3. Der Eintritt der Sperrfrist nach § 8 Abs. 6 TzBfG setzt ein wirksames Verlängerungsverlangen i. S. d. § 8 Abs. 1 und 2 TzBfG voraus. Dieses liegt nicht vor, wenn der Arbeitnehmer lediglich für einen befristeten Zeitraum eine Teilzeitbeschäftigung verlangt.


Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 22. April 2008 (3 Ga 9/08) wird auf ihre Kosten bei unverändertem Streitwert zurückgewiesen.

Ein Rechtsmittel ist nicht zulässig.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt im Wege der einstweiligen Verfügung eine Beschäftigung als Teilzeitkraft.

Die am 1. August 1972 geborene verheiratete Klägerin ist seit dem 1. April 2002 bei der Beklagten beschäftigt. Sie wurde zunächst als Personalsachbearbeiterin eingesetzt. Am 6. Dezember 2004 wurde der Sohn F1 geboren. Die Klägerin befand sich vom 29. Oktober 2004 bis 4. Februar 2005 im Mutterschutz, danach ab 5. Februar 2005 bis 5. Dezember 2007 in Elternzeit. Ab dem 1. November 2006 wurde die Klägerin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden in Teilzeit während der Elternzeit beschäftigt. Der Einsatz erfolgt jeweils von 7.00 Uhr bis 13.00 Uhr bzw. ab Juli 2007 von 8.00 Uhr bis 14.00 Uhr in der sog. Shared-Service-Abteilung (Kundenservice) der Beklagten. Der Ehemann der Klägerin ist wieder seit dem 1. Juli 2007 in Vollzeit tätig.

Unter dem 31. August 2007 stellte die Klägerin einen bis zum 31. Dezember 2019 befristeten Antrag auf Reduzierung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit auf 19,25 Wochenstunden. Mit Schreiben vom 25. Oktober 2007 lehnte die Beklagte aus betrieblichen Gründen die begehrte Teilzeitbeschäftigung ab. Daraufhin begehrte die Klägerin im Wege der einstweiligen Verfügung eine Beschäftigung in dem beantragten Umfang. Dieser Antrag wurde zurückgewiesen (ArbG Rheine, Urteil vom 4. Dezember 2007, 3 Ga 32/07). Die Klägerin legte hiergegen Berufung ein (LAG Hamm, 17 SaGa 6/08). In der Berufungsverhandlung vom 3. März 2008 nahm sie sowohl den Antrag vom 31. August 2007 als auch ihre Berufung zurück.

Nachdem ihr in dem vorgenannten Verfahren das erstinstanzliche Urteil am 11. Dezember 2007 zugestellt worden war, stellte die Klägerin unter dem 21. Dezember 2007 folgenden Antrag:

"Antrag auf Gewährung von Teilzeitbeschäftigung gem. § 8 Abs. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz ab dem 22.03.2008.

Sehr geehrter Herr L1!

Hiermit beantrage ich ab dem 22.03.2008 eine Teilzeitbeschäftigung mit einem Beschäftigungsumfang von 25 Wochenstunden gem. § 8 Abs. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz.

Ich bitte meinem Arbeitszeitwunsch gem. § 8 Abs. 3 - von Montags bis Freitags im Zeitraum von 7:30 Uhr bis 13:00 Uhr - zu entsprechen.

Dieser Antrag wird vorsorglich gestellt. Unberührt davon bleibt meine eventuell noch zu treffende Entscheidung, gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine Berufung einzulegen."

Der Antrag ging am 21. Dezember 2007 bei der Beklagten ein. Mit Schreiben vom 27. Februar 2008 lehnte sie diesen Antrag ab.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass aufgrund der Fiktionswirkung des § 8 Abs. 5 Satz 2 und 3 TzBfG sich Dauer und Lage der Arbeitszeit wie mit Schreiben vom 21. Dezember 2007 beantragt geändert habe. Aufgrund der Betreuungssituation für ihren Sohn sei auch ein Verfügungsgrund für die begehrte einstweilige Verfügung gegeben.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass eine Einigung zwischen den Parteien über die Reduzierung der vertraglichen Arbeitszeit der Verfügungsklägerin mit einem Beschäftigungsumfang von 25 Wochenstunden und einer Verteilung der Arbeitszeit von montags bis freitags von 7.30 Uhr und 13.00 Uhr (je nach Bedarf der Verfügungsbeklagten) zustande gekommen ist.

Die Beklagte hat beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass einem erneuten Antrag auf Reduzierung der Arbeitszeit bereits die Sperrwirkung des § 8 Abs. 6 TzBfG aufgrund des zuvor berechtigt abgelehnten Antrags vom 31. August 2007 entgegen stehe. Die Fiktionswirkung hinsichtlich des Antrags vom 21. Dezember 2007 sei nicht eingetreten, da dieser nur vorsorglich gestellt worden sei und deshalb die Frist für die Ablehnung des Antrags nicht vor dem 4. März 2008 begonnen habe.

Von einer weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG unter Bezugnahme auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils abgesehen.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Zwar stehe dem Antrag nicht die Sperrwirkung des § 8 Abs. 6 TzBfG entgegen. Jedoch sei es nicht zu einer Änderung der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen aufgrund der Fiktionswirkung des § 8 Abs. 5 Satz 2 und 3 TzBfG gekommen. Wegen der vorsorglichen Antragstellung habe die Frist zur Ablehnung des Antrags vom 21. Dezember 2007 nicht vor der Rücknahme des Antrags vom 31. August 2007 begonnen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Das Urteil ist der Klägerin am 2. Mai 2008 zugestellt worden. Hiergegen richtet sich die am 6. Mai 2008 eingelegte und zugleich begründete Berufung.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte habe sich innerhalb der Fristen des § 8 TzBfG mit ihrem Antrag bis spätestens 22. Februar 2008 ablehnend befassen müssen, wenn sie den Eintritt der Fiktion nach § 8 Abs. 5 Satz 2 und 3 TzBfG habe verhindern wollen. Der Antrag sei klar und eindeutig. Aus der Formulierung, dass der Antrag vorsorglich gestellt werde, habe die Beklagte erkennen können, dass es Wille der Klägerin gewesen sei, zusätzlich zu dem bereits gestellten Antrag vom 31. August 2007 einen weiteren Antrag zu stellen. Dies werde nicht dadurch infrage gestellt, dass von dem Antrag ihre Entscheidung über eine Berufung in dem vorherigen einstweiligen Verfügungsverfahren habe unberührt bleiben sollen. Es habe sich um einen neuen Antrag neben dem Antrag vom 31. August 2007 gehandelt. Eine andere Bewertung ergebe sich nicht aus dem unterschiedlichen Umfang der beantragten Arbeitszeitverkürzung zwischen den beiden Anträgen. Auch zeige die Reaktion der Beklagten, dass sie den Antrag in diesem Sinne verstanden habe. Sie habe ihn bereits vor der Berufungsverhandlung am 3. März 2008 abgelehnt. Sie habe lediglich schlicht übersehen, rechtzeitig innerhalb der Fristen des § 8 Abs. 5 TzBfG zu entscheiden. Eine Gefahr unklarer oder widersprüchlicher Inhalte der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen bestehe entgegen der Auffassung des Gerichts nicht.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 22. April 2008 (3 Ga 9/08) abzuändern und der Beklagten aufzugeben, die Klägerin ab sofort bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache nur noch mit einer Wochenstundenzahl von 25 Stunden an den Tagen Montag bis Freitag und in der Zeit von 7.30 Uhr bis 13.00 Uhr zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens die angegriffene Entscheidung als zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den von ihnen in Bezug genommenen Inhalt der in beiden Rechtszügen zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der Sitzungen des Arbeitsgerichts vom 22. April 2008 sowie des Landesarbeitsgerichts vom 28. Mai 2008 Bezug genommen. Die Akten des Vorverfahrens (ArbG Rheine, 3 Ga 32/07 = LAG Hamm, 17 SaGa 6/08) waren beigezogen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Der nach Änderung des Feststellungs- in einen Leistungsantrag nunmehr zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist mangels Verfügungsanspruchs unbegründet.

1. Der ursprüngliche Antrag auf Feststellung, dass eine Einigung zwischen den Parteien über die Reduzierung der vertraglichen Arbeitszeit der Klägerin auf einen Beschäftigungsumfang von 25 Wochenstunden und über die Verteilung der Arbeitszeit von montags bis freitags von 7.30 Uhr und 13.00 Uhr (je nach Bedarf der Verfügungsbeklagten) zustande gekommen sei, ist im einstweiligen Verfügungsverfahren unzulässig. Schon angesichts des Ausschlusses von Rechtsmitteln gegen die Entscheidung der Berufungsinstanz kann im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht rechtskräftig über einen Eintritt der Fiktion nach § 8 Abs. 5 Satz 2 und 3 TzBfG entschieden werden. Das einstweilige Verfügungsverfahren hat ausschließlich vorläufigen Charakter und dient der einstweiligen Regelung und Sicherung, nicht aber der Entscheidung in der Hauptsache. Dementsprechend geht die Zivilprozessordnung von zwei Grundtypen, der Sicherungsverfügung (§ 935 ZPO) und der Regelungsverfügung (§ 940 ZPO) aus. Daneben ist die Leistungsverfügung anerkannt. Eine Feststellungsverfügung ist grundsätzlich unzulässig, es sei denn, dass ein rechtlicher Bedarf hierfür besteht und ein effektiver Rechtsschutz nicht auf andere Weise erreicht werden kann (vgl. LAG Nürnberg, 30. März 2006, 6 TaBV 19/06 = AR-Blattei ES 530.6 Nr. 90; Zöller-Vollkommer, ZPO, § 935 Rdnr. 2, § 940 Rn. 1; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, § 62 Rn. 94; HKArbR/Henssen, § 85 ArbGG Rn. 14).

Im vorliegenden Fall besteht eine solche anderweitige Möglichkeit, in dem eine einstweilige Regelung über die vorläufige Beschäftigung der Klägerin hinsichtlich Umfang und Lage der Arbeitszeit im Rahmen des gerichtlichen Ermessens nach § 938 ZPO vom Gericht angeordnet werden kann, soweit ein Verfügungsanspruch sowie ein Verfügungsgrund besteht. Dies ist auch das eigentliche Rechtsschutzziel der Klägerin, wie es sich aus ihrer Antragschrift ergibt. Ihr kommt es gerade darauf an, bereits während des - gegebenenfalls noch anhängig zu machenden - Hauptsacheverfahrens, in dem es um die Feststellung einer Änderung der Arbeitsbedingungen gemäß § 8 Abs. 5 Satz 2 und 3 TzBfG bzw. um ein ggfls. hilfsweise verfolgtes Begehren auf Abgabe einer entsprechenden Willenserklärung gemäß § 8 Abs. 4 TzBfG geht, wegen der Betreuungssituation bezüglich ihres Kindes entsprechend der von ihr begehrten Arbeitszeitregelung zu arbeiten.

Es kommt nicht darauf an, ob im Hauptsacheverfahren lediglich Klage auf Feststellung des Inhalts der Arbeitszeitregelung erhoben werden kann, wenn zwischen den Parteien streitig ist, ob sie sich über die Vertragsänderung geeinigt haben oder die Fiktion nach § 8 Abs. 5 TzBfG eingetreten ist (so Küttner/Reinecke, Personalbuch 2008, Teilzeitbeschäftigung Rn 51) oder ein Leistungsantrag auf Beschäftigung an bestimmten Wochentagen zu bestimmten Zeiten gestellt werden kann (so Ziemann, ArbRB 2002, S. 30 <31>; Grobys/Brahm, NZA 2001, S. 1175 <1176, 1179>). Der vom Arbeitsgericht zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (18. Februar 2003, 9 AZR 356/02, AP TzBfG § 8 Nr. 1) lässt sich nur entnehmen, dass der Eintritt der Vertragsänderung durch die Fiktionswirkung des § 8 Abs. 5 TzBfG im Wege der Feststellungsklage verfolgt werden kann. Zu einem Ausschluss einer Leistungsklage in diesem Fall äußert sich das Bundesarbeitsgericht nicht. Lediglich in dem Fall, in dem die Fiktionswirkung nicht eingetreten ist und die Arbeitsvertragsparteien über die Berechtigung des Teilzeitverlangens des Arbeitnehmers streiten, ist eine Leistungsklage auf Abgabe einer entsprechenden Willenserklärung des Arbeitgebers, nämlich auf Zustimmung zu der begehrten Arbeitszeitänderung, nicht aber bereits eine Leistungsklage auf entsprechende Beschäftigung zulässig (vgl. BAG, 19. August 2003, 9 AZR 542/02, AP TzBfG § 8 Nr. 4).

Für den Erlass einer einstweiligen Verfügung ist es jedoch nicht erforderlich, dass dem Arbeitnehmer ein materiell-rechtlicher Anspruch auf Beschäftigung nach den von ihm begehrten geänderten Arbeitszeitbedingungen zusteht. Bereits der Wortlaut des § 940 ZPO ("Rechtsverhältnis") legt nahe, dass nicht ein Individualanspruch Gegenstand einer einstweiligen Regelung sein muss. Es müssen aus dem Rechtsverhältnis noch keine Ansprüche entstanden sein und der Gläubiger braucht nach materiellem Recht keinen Anspruch auf die im einstweiligen Verfügungsverfahren erstrebte Regelung zu haben (vgl. Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, § 940 Rn. 2; Zöller/Vollkommer, aaO, Rn. 2; Germelmann/Matthes/Prütting/MüllerGlöge, aaO, § 85 Rn. 34; HK-ArbR/Henssen, aaO, Rn. 16). Zwar kann ein bestehender materiell-rechtlicher Anspruch sowohl Gegenstand einer Sicherungsverfügung i. S. d. § 935 ZPO oder Grundlage einer Regelungsverfügung i. S. d. § 940 ZPO sein. Es widerspricht aber der Funktion des einstweiligen Rechtsschutzes, für die vorläufige Regelung des Zustands eines Rechtsverhältnisses bereits einen feststehenden materiellen Anspruch vorauszusetzen. Für die vorliegende Fallgestaltung folgt daraus, dass es mit dem verfassungsrechtlich geschützten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz unvereinbar ist, im Zusammenhang mit einem Teilzeitbegehren gemäß § 8 TzBfG eine vorläufige gerichtliche Regelung deswegen auszuschließen, weil die Zustimmung des Arbeitgebers mangels rechtskräftiger Hauptsachentscheidung nach § 894 ZPO noch nicht ersetzt ist bzw. eine rechtskräftige Feststellung des Eintritts der Fiktion nach § 8 Abs. 5 TzBfG noch nicht vorliegt (vgl. für den Fall des auf Zustimmung des Arbeitgebers gerichteten Hauptsacheverfahrens LAG Hamm, 6. Mai 2002, 8 Sa 641/02, NZA-RR 2003, S. 178 f.). Zwar wird durch die vorläufige Regelung der Arbeitszeit teilweise die Entscheidung in der Hauptsache vorweggenommen, weshalb für eine derartige Leistungsverfügung besonders strenge Maßstäbe gelten. Eine entsprechende gerichtliche Entscheidung kommt nur in Betracht, wenn ein Obsiegen des Verfügungsklägers in der Hauptsache überwiegend wahrscheinlich, die angestrebte einstweilige Regelung dringend geboten ist und sich ferner bei der Abwägung der beiderseitigen Interessen ergibt, dass dem Verfügungsbeklagten eher als dem Verfügungskläger das Risiko zuzumuten ist, dass die weitere Aufklärung des Sachverhalts im Hauptsacheverfahren dort zu einer abweichenden Beurteilung der Rechtslage führen kann (vgl. LAG Hamm, aaO).

2. Die danach zulässigerweise von der Klägerin bereits mit ihrer Antragschrift begehrte Arbeitszeitregelung kann jedoch nicht erlassen werden, weil ein entsprechender Verfügungsanspruch nicht besteht. Es ist überwiegend unwahrscheinlich, dass aufgrund der Fiktion des § 8 Abs. 5 TzBfG sich die Arbeitszeitregelung des Arbeitsverhältnisses inhaltlich im Sinne des Antrages der Klägerin vom 21. Dezember 2007 verändert hat.

a) Zutreffend ist das Arbeitsgericht der Auffassung, dass § 8 Abs. 6 TzBfG dem Antrag der Klägerin vom 21. Dezember 2007 nicht entgegen steht. Danach kann ein Arbeitnehmer eine erneute Verringerung der Arbeitszeit frühestens nach Ablauf von zwei Jahren verlangen, nachdem der Arbeitgeber einer Verringerung zugestimmt oder sie berechtigt abgelehnt hat. Die Sperrfrist des § 8 Abs. 6 TzBfG setzt ein wirksames Verringerungsverlangen i.S.d. § 8 Abs. 1 TzBfG voraus (vgl. BAG, 16. Oktober 2007, 9 AZR 239/07, NZA 2008, 289). Ein wirksames Verringerungsverlangen liegt nicht vor, wenn es hinsichtlich des Umfangs der begehrten Verringerung unbestimmt ist (vgl. BAG, aaO) oder wenn lediglich die befristete Verringerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit vom Arbeitnehmer begehrt wird (vgl. BAG, 12. September 2006, 9 AZR 686/05, AP TzBfG § 8 Nr. 17). Mit Schreiben vom 31. August 2007 hatte die Klägerin lediglich ein befristetes Teilzeitverlangen gegenüber der Beklagten gestellt. Mangels wirksamen Verringerungsverlangens i.S.d. § 8 Abs. 1 TzBfG tritt eine Sperrwirkung nach § 8 Abs. 6 TzBfG dadurch nicht ein.

b) Im Übrigen hat das Arbeitsgericht zutreffend entschieden, dass die Fiktion in der Veränderung von Arbeitszeit und deren Lage nach § 8 Abs. 5 Satz 2 und 3 TzBfG im vorliegenden Fall schon nicht deswegen eingetreten ist, weil die Beklagte erst am 27. Februar 2008 das Teilzeitbegehren vom 21. Dezember 2007 abgelehnt hat. Die Kammer folgt den Ausführungen des Arbeitsgerichts und sieht insoweit von der Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 69 Abs. 2 ArbGG) ab. Die Berufungsbegründung gibt zu folgenden Ergänzungen Anlass:

aa) Empfangsbedürftige Willenserklärungen wie ein Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit und deren Lage nach § 8 Abs. 1 und 2 TzBfG sind nach §§ 133, 157 BGB so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände und der Verkehrssitte verstehen muss (vgl. BAG, 23. November 2004, 9 AZR 664/03, AP TzBfG § 8 Nr. 9). Abzustellen ist auf den Empfängerhorizont, d.h. darauf, was bei objektiver Betrachtung der Empfänger den Erklärungen entnehmen durfte. Dabei gilt grundsätzlich auch bei einem klaren und eindeutigen Wortlaut der Erklärung, dass die Auslegung auf die Gesamtumstände abzustellen hat (vgl. BAG, 12. September 2006, aaO; 20. Juli 2004, 9 AZR 626/03, AP TzBfG § 8 Nr. 11). Im Hinblick auf die Frist des § 8 Abs. 5 Satz 2 und 3 TzBfG darf das Angebot des Arbeitnehmers den Arbeitgeber nicht Unklarheiten hinsichtlich der Fristberechnung aussetzen. Der Arbeitgeber kann nicht gezwungen sein, das Teilzeitverlangen erst auszulegen, um die für ihn maßgebliche Frist zu berechnen. Nennt der Arbeitnehmer ausdrücklich einen Zeitpunkt des Beginns, ohne die zum Schutz des Arbeitgebers gesetzlich bestimmte Dreimonatsfrist einzuhalten, muss der Arbeitgeber ein solches Verlangen nicht innerhalb der in § 8 Abs. 5 Satz 2 und 3 TzBfG genannten Fristen ablehnen, um die kraft Gesetzes eintretende Änderung des Arbeitsvertrages zu vermeiden (vgl. BAG, 20. Juli 2004, aaO).

bb) Das Angebot der Klägerin hat die Beklagte hinsichtlich der Fristberechnung einer solchen Unklarheit ausgesetzt. Dies ergibt sich aus einer Auslegung des Schreibens vom 21. Dezember 2007. Zwar enthält dieses zunächst in den ersten beiden Absätzen alle notwendigen Angaben, die für ein wirksames Teilzeitverlangen i.S.d. § 8 Abs. 1 und 2 TzBfG erforderlich sind. Die Unklarheit für die Fristberechnung hat die Klägerin jedoch durch den letzten Absatz dieses Schreibens verursacht, in dem sie zum einen ausführt, den Antrag vorsorglich zu stellen, und im Übrigen darauf hinweist, dass ihre noch zu treffende Entscheidung über eine Berufung gegen das Urteil in dem vorherigen einstweiligen Verfügungsverfahrens davon unberührt bleibt. Damit hatte die Klägerin die Notwendigkeit einer Befassung bzw. Entscheidung über ihr Teilzeitverlangen von der Verfolgung ihres ursprünglichen Teilzeitantrages abhängig gemacht, wie dies das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat.

Vor dem Hintergrund des Urteils in dem vorherigen einstweiligen Verfügungsverfahren, wonach ein wirksamen Teilzeitverlangen i.S.d. § 8 Abs. 1 TzBfG mit dem Antrag vom 31. August 2007 nicht vorlag, hatte die Klägerin - insoweit auch für die Beklagte erkennbar - ihren neuen Antrag unter dem 21. Dezember 2007 gestellt. Zugleich hatte sie aber durch den letzten Absatz zu verstehen gegeben, dass sie sich vorbehielt, ihr ursprüngliches Teilzeitverlangen weiter zu verfolgen. Dieses unterschied sich von dem nunmehrigen Teilzeitverlangen hinsichtlich des Umfangs der Reduzierung der Arbeitszeit (statt 25 Wochenstunden nur 19,25 Wochenstunden) sowie seiner Befristung in zwei zentralen Punkten.

Aufgrund dieser Formulierung in Absatz 3 des Schreibens vom 21. Dezember 2007 war für die Beklagte unklar, ob die Klägerin in jedem Fall ab 22. März 2008 nun 25 Stunden arbeiten würde oder im Falle einer Berufung und einer für sie günstigen Entscheidung dann nur befristet bis 2019 lediglich 19,25 Stunden. So wie die Klägerin es formuliert hatte, konnte die Beklagte das Schreiben so verstehen, dass die Klägerin in erster Linie ihr ursprüngliches Teilzeitverlangen auf befristete Reduzierung auf eine Halbtagsbeschäftigung verfolgen wollte und erst in zweiter Linie für den Fall des endgültigen Scheiterns mit diesem Antrag in einem höheren Stundenumfang unbefristet weiterbeschäftigt werden wollte.

Daraus ergibt sich, dass der Antrag vom 21. Dezember 2007 nicht neben dem Antrag vom 31. August 2007 gestellt wurde, sondern von dessen weiteren Schicksal abhängig war, d.h. nur dann zum Zuge kommen sollte, wenn die Klägerin entweder selbst endgültig eine weitere Verfolgung dieses früheren Antrags aufgab oder bei einer Berufung ihrem ursprünglichen Antrag entweder stattgegeben oder dieser zurückgewiesen werden sollte. Jedenfalls blieb aufgrund der Formulierung unklar, ob die Klägerin unabhängig von dem Antrag vom 31. August 2007 in jedem Fall nunmehr dieses Teilzeitbegehren verfolgte und deswegen die Beklagte gezwungen war, sich innerhalb der Frist des § 8 Abs. 5 Satz 2, 3 TzBfG mit diesem Antrag zu befassen.

cc) Die aus der Unklarheit der Fristberechnung folgenden Risiken muss der Arbeitgeber bei einem Teilzeitverlangen nach § 8 TzBfG nicht hinnehmen. Nach allgemeinen Grundsätzen darf eine Partei für die andere im Rahmen von Vertragsverhandlungen keine Gefahrenquellen schaffen. Das Risiko fehlerhafter Fristberechnung ist dem Arbeitnehmer zugewiesen (vgl. BAG, 20. Juli 2004, aaO). Demnach kann - wie das Arbeitsgericht zutreffend ausführt - ein zweites Teilzeitverlangen i.S.d. § 8 Abs. 1 TzBfG "vorsorglich" lediglich im Sinne von "hilfsweise" gestellt werden, solange nicht über das Schicksal eines vorhergehenden Teilzeitverlangens endgültig Klarheit herrscht.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Der Streitwert blieb unverändert.

Eine Revision ist gemäß § 72 Abs. 4 ArbGG nicht zulässig.

Ende der Entscheidung

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