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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 24.04.2008
Aktenzeichen: 15 Sa 1867/07
Rechtsgebiete: EStG, BGB


Vorschriften:

EStG § 32 b
BGB § 242
BGB § 814
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 19.09.2007 - 2 Ca 2326/06 - abgeändert und das Versäumnisurteil vom 04.04.2007 aufrechterhalten.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte als ehemalige Arbeitgeberin des Klägers verpflichtet ist, die auf eine Abfindung anfallenden Steuern zu tragen.

Der am 01.07.1950 geborene Kläger war bei der Beklagten seit dem 01.11.1978 als Gaszählermonteur beschäftigt. Am 01.12.2003 fand auf Veranlassung der Beklagten eine Informationsveranstaltung über Möglichkeiten des vorzeitigen Ausscheidens aus den Diensten der Beklagten statt. Bei der Veranstaltung wurde ein Schaubild ausgehändigt, das die Möglichkeiten eines Rentenbezugs mit Vollendung des 60. Lebensjahres nach Arbeitslosigkeit aufzeigt. Wegen der Einzelheiten dieses Schaubildes wird auf Bl. 38 d.A. verwiesen. Die dort eingetragenen handschriftlichen Zusätze stammen vom Kläger.

Mit einem Schreiben, welches das Datum des 28.12.2003 trägt, nach dem Sachvortrag der Beklagten aber zu einem früheren Zeitpunkt verschickt worden ist, lud die Beklagte zu einer Informationsveranstaltung zum Thema des freiwilligen Ausscheidens aus dem Arbeitsleben ein. Wegen der Einzelheiten dieses Einladungsschreibens wird auf Bl. 32 f. d.A. Bezug genommen.

Auf der Grundlage eines dreiseitigen Vertrages zwischen den Parteien und der P2 P4- und A2 GmbH (im Folgenden: Firma P2) vom 02.12.2003 wurde das Arbeitsverhältnis des Klägers durch außerordentliche Kündigung der Beklagten aus betrieblichen Gründen zum 15.12.2003 beendet. § 2 des dreiseitigen Vertrages lautet wie folgt:

"Anstellungsverhältnis mit der Transfergesellschaft

Der Arbeitnehmer wird unmittelbar nach der Beendigung des Anstellungsvertrags mit der Mark-E durch die Transfergesellschaft eingestellt. Der Arbeitsvertrag beginnt am 16.12.2003. Er ist befristet und endet mit dem Wegfall des Anspruchs auf Kurzarbeitergeld, spätestens am 30.11.2005, ohne dass es einer Kündigung bedarf."

Während der Dauer seines Vertragsverhältnisses mit der Firma P2 erhielt der Kläger eine monatliche Vergütung gemäß § 5 des dreiseitigen Vertrages vom 02.12.2003, der auszugsweise wie folgt lautet:

"Bezüge

1. Während der Verweildauer in der Transfergesellschaft hat der Arbeitnehmer - vorbehaltlich nachfolgend abweichender Regelung - Anspruch auf ein Bruttomonatsentgelt gem. § 4 II Ziff. 1, 2 des SOZIALPLANS. Dieser Anspruch entfällt für den Fall der strukturellen Kurzarbeit, zu deren Einführung der Arbeitnehmer bereits heute sein Einverständnis erteilt. In der Zeit der Kurzarbeit zahlt die Transfergesellschaft an den Arbeitnehmer indes einen Aufstockungsbetrag und weitere Leistungen gemäß § 3 Ziff. 3 der BV Transfergesellschaft."

Auf der Grundlage dieser Vereinbarungen errechnete die Beklagte einen monatlichen Betrag von 1366,00 EUR netto, die an den Kläger während seiner Verweildauer bei der Firma P2 unstreitig jeweils monatlich gezahlt wurden. Wegen der Einzelheiten der Berechnung dieses Betrages wird auf Bl. 34 d.A. Bezug genommen. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Vergütungsansprüche des Klägers für die Zeit der Verweildauer bei der Firma P2 vollständig erfüllt sind.

Die dem Kläger zugesagte Abfindung ist in § 10 des dreiseitigen Vertrages vom 02.12.2003 geregelt, der wie folgt lautet:

"Abfindung

Endet das Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Transfergesellschaft mit Ablauf des befristeten Arbeitsverhältnisses, erhält der Arbeitnehmer von der Transfergesellschaft im Namen und im Auftrag der Mark-E eine Abfindung gemäß § 3 Ziff. 6 der BV Transfergesellschaft. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf diese Betriebsvereinbarung verwiesen.

Wegen der Regelung zur Entstehung und Fälligkeit der Abfindung einschließlich der Modalitäten ihrer Auszahlung findet § 4 Ziff. IV des SOZIALPLANS entsprechende Anwendung."

Wegen der weiteren Einzelheiten des dreiseitigen Vertrages vom 02.12.2003 wird auf Bl. 43 ff. d.A. Bezug genommen.

Die in § 10 des dreiseitigen Vertrages in Bezug genommene Regelung des § 3 Ziffer 6 der Betriebsvereinbarung Transfergesellschaft vom 02.12.2003 lautet auszugsweise wie folgt:

"6. ...

a) Der Grundbetrag der Abfindung berechnet sich wie folgt:

0,9 x Basis x Dauer der Betriebszugehörigkeit

Der Mindestbetrag der Abfindung beträgt 10.000,00 EUR (brutto).

...

Sofern der Mitarbeiter erst mit Ablauf der Befristung bei der Transfergesellschaft ausscheidet und das 53. Lebensjahr vollendet hat und einen Anspruch auf Inanspruchnahme der gesetzlichen Altersrente mit Vollendung des 60. Lebensjahres hat, erhält er mit Ausscheiden aus der Transfergesellschaft eine Abfindung, die bis zum frühest möglichen Zeitpunkt für die Möglichkeit einer Inanspruchnahme der gesetzlichen Altersrente die Differenz zwischen 85 % der Nettobeträge von Basis A und dem Arbeitslosengeld, sowie 15 % der anteiligen Abschläge auf den Zugangsfaktor der gesetzlichen Altersrente wegen vorzeitiger Inanspruchnahme sowie 20 % der wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme der Werkspension bzw. der ZKW-Rente auf Basis einer fiktiven Hochrechnung beim Rentenbeginn mit 60 eintretenden Nachteile, jeweils bezogen auf einen Zeitraum bis zum 80. Lebensjahr und mit 3 % als Rentenbarwert abgezinst, ausgleichen soll. Der Ausgleich der vorstehend genannten Nachteile wird abschließend zum Zeitpunkt des Abschlusses des dreiseitigen Vertrages und auf der Basis des zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechts unter Bezugnahme auf die Steuerkarte, die Mark-E am 01.08.2003 vorgelegen hat, berechnet. Dabei erfolgt die Berechnung nach Maßgabe einer Prognose auf der Grundlage der am Tage der Unterzeichnung dieser Betriebsvereinbarung geltenden Vorschriften und ihrer Handhabe durch die Verwaltung unter Berücksichtigung der Grundsätze, die in der Betriebsvereinbarung über vorzeitiges Ausscheiden aus dem Arbeitsleben vom 23.09.2003 festgelegt wurden. Spätere Anpassungen erfolgen nicht. Etwaige auf der Lohnsteuerkarte eingetragene Steuerfreibeträge oder ein Wechsel der Steuerklasse finden bei der Berechnung der Nettobeträge keine Berücksichtigung. Wegen der Kennzeichnung des Anspruchs auf Altersrente wird auf § 4 II 4 des SOZIALPLANS abgestellt.

b. Zuschläge zur Abfindung

- Mitarbeiter, die das 53. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und gegenüber schwerbehinderten Kindern oder Kindern bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres, die auf der Mark-E im Monat der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorliegenden Steuerkarte eingetragen sind, erhalten einen Brutto-Zuschlag zur Abfindung in Höhe von 3.500 Euro pro unterhaltsberechtigtem Kind.

Bei schwerbehinderten Mitarbeitern, die das 53. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und über einen Grad der Behinderung von wenigstens 50 verfügen, erhöht sich der Faktor nach Ziffer 6a) von 0,9 auf 1,2. Zwingende Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die Schwerbehinderung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwischen Mitarbeiter und Transfergesellschaft anerkannt ist und Mark-E vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Transfergesellschaft ein Nachweis über die Anerkennung vorgelegt wird.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Betriebsvereinbarung Transfergesellschaft vom 02.12.2003 wird auf Bl. 68 ff. d.A. verwiesen.

Der in § 10 des dreiseitigen Vertrages weiterhin in Bezug genommene § 4 Ziff. IV des Sozialplans vom 02.12.2003 hat folgenden Wortlaut:

IV. Entstehung, Fälligkeit und Abtretung der Abfindung

1. Der Abfindungsanspruch entsteht mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bzw. für den Fall einer Klage gegen die außerordentliche Kündigung aus betrieblichen Gründen oder den Aufhebungsvertrag mit dem Wirksamwerden einer Klagerücknahme oder der rechtskräftigen Abweisung der Klage.

2. Der Anspruch ist vier Wochen nach seiner Entstehung zur Zahlung fällig und wird nach den dann geltenden steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften bargeldlos ausgezahlt.

3. Abweichend hiervon entsteht der Abfindungsanspruch im Todesfall sofort und ist vier Wochen nach Vorlage eines Erbscheins fällig.

4. Der Anspruch auf die Abfindung kann weder abgetreten noch verpfändet werden.

5. Mark-E ist berechtigt, die Leistungen aus dem Sozialplan mit evtl. eigenen Ansprüchen (Rückerstattungsansprüche, Ansprüche aus Arbeitgeberdarlehen etc.) zu verrechnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sozialplans vom 02.12.2003 wird auf Bl. 58 ff. d.A. Bezug genommen.

Im Hinblick auf die Beendigung des Vertragsverhältnisses des Klägers mit der Firma P2 am 30.11.2005 richtete die Beklagte unter dem 21.09.2005 ein Schreiben an den Kläger, in dem sie ihn darüber in Kenntnis setzte, wie hoch seine Abfindung sein werde und aus welchen Einzelbeträgen sich die Gesamtabfindung zusammensetzt. Wegen des Inhalts dieses Schreibens wird auf Bl. 35 ff. d.A. verwiesen.

Die dem Kläger bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Firma P2 zustehende Abfindung gemäß § 10 des dreiseitigen Vertrages vom 02.12.2003 bezifferte die Beklagte auf 48.829,63 EUR, die mit Verdienstabrechnung 11.05/1 abgerechnet wurden. Hierbei hielt die Firma P2 unter anderem die auf die Abfindung anfallenden Lohnsteuern ein und führte sie an das Finanzamt ab. Den sich nach Abzug der Lohnsteuern ergebenden Restbetrag der Abfindung in Höhe von 38.870,03 EUR zahlte die Firma P2 namens und im Auftrag der Beklagten an den Kläger aus. Wegen der Einzelheiten der Abrechnung 11.05/1 wird auf Bl. 18 d.A. verwiesen.

Mit vorliegender Klage, die am 04.12.2006 beim Arbeitsgericht Hagen einging, nahm der Kläger die Beklagte zunächst auf Zahlung von 9.440,-- EUR netto in Anspruch, da die Beklagte seiner Auffassung nach nicht berechtigt gewesen sei, von dem errechneten Abfindungsbetrag von 48.829,63 EUR Lohnsteuern einzubehalten und abzuführen.

Im Termin vom 04.04.2007 stellte der Kläger keinen Antrag. Auf Antrag der Beklagten erließ das Arbeitsgericht daraufhin ein klageabweisendes Versäumnisurteil, das dem Kläger am 16.04.2007 zugestellt worden ist. Mit Schriftsatz vom 23.04.2007, der am selben Tage beim Arbeitsgericht einging, legte der Kläger Einspruch gegen das Versäumnisurteil ein und berechnete gleichzeitig die Klageforderung neu. Das Einspruchsschreiben ist der Beklagten am 30.04.2007 zugestellt worden.

Der Kläger hat vorgetragen, ohne Berücksichtigung des sogenannten Progressionsvorbehalts hätte er im Jahre 2005 eine Steuererstattung von insgesamt 8.121,39 EUR erhalten. Tatsächlich habe er nur eine Steuererstattung von 3.320,08 EUR erhalten, die er sich anrechnen lasse. Demgemäß sei die Beklagte verpflichtet, im Hinblick auf die ihm zustehende Abfindung noch einen Restbetrag von 4.801,31 EUR zu zahlen, den er im Hauptantrag geltend mache. Unter Berücksichtigung des Progressionsvorbehaltes errechne sich ein Erstattungsbetrag zu seinen Gunsten von 1.946,47 EUR, den er hilfsweise gegen die Beklagte geltend mache. In allen Gesprächen sei von Arbeitgeberseite gesagt worden, dass das Gehalt bis zur Rente 85 % der errechneten Nettobasis betragen werde. Er, der Kläger, beziehe sich in diesem Zusammenhang auf die handschriftlichen Aufzeichnungen des Zeugen S5, die er in Kopie zur Akte reiche (Bl. 104 d.A.). Der Zeuge S5 habe dabei erklärt, dass am Ende noch Geld übrig bleibe. Der Zeuge S5 habe ihm am 09.12.2003 ein Formblatt über die Berechnung der monatlichen Leistungen beim Wechsel zur Firma P2 ausgehändigt (Bl. 34 d.A.). Ebenfalls am 09.12.2003 habe der Zeuge K5 dem Zeugen P3 mitgeteilt, dass dieser keine Steuern zahlen werde.

Unter Berücksichtigung der Vorgespräche und der erteilten Informationen sei davon auszugehen, dass die Beklagte im Hinblick auf die Abfindung eine Nettozusage erteilt habe. Dies entspreche dem Abfindungszweck. Die Beklagte habe sozialverträglich Arbeitsplätze abbauen wollen. Die damit verbundenen wirtschaftlichen Nachteile hätten dadurch gemindert werden sollen, dass mit der Zahlung einer Nettoleistung in konkreter Höhe ein Lebensstandard habe gewährleistet werden sollen. Ihm, dem Kläger, und den anderen Beteiligten sei eine Zusicherung hinsichtlich der Zahlung eines monatlichen Nettobetrages gegeben worden. Dies werde auch durch die Neuberechnung der Abfindung durch die Beklagte mit Verdienstabrechnung 11.05/2 (Bl. 40 d.A.) belegt. Er, der Kläger, habe nach Erhalt des Arbeitslosengeldbescheides feststellen müssen, dass die tatsächliche Leistung des Arbeitslosengeldes niedriger als nach fiktiver Rechnung der Beklagten gewesen sei. Die Beklagte habe daraufhin die Abfindung neu berechnet und eine Nachzahlung geleistet.

Eine Forderung der Beklagten, mit der diese hilfsweise die Aufrechnung erklärt habe, sei nicht gegeben. Es habe dem Willen der Betriebsparteien bei Abschluss der Betriebsvereinbarung vom 02.12.2003 entsprochen, dass die betroffenen Arbeitnehmer nach Ausscheiden bei der Beklagten bis zum Renteneintritt verpflichtend einen bestimmten, nach der Betriebsvereinbarung zu errechnenden Betrag erhalten sollten.

Der Kläger hat beantragt,

1. das Versäumnisurteil des erkennenden Gerichts vom 04.04.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 4.801,30 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.12.2006 zu zahlen,

hilfsweise

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 1.946,47 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.12.2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

das Versäumnisurteil vom 04.04.2007 aufrechtzuerhalten.

Sie hat vorgetragen, der Kläger habe keinen Anspruch auf Nettoauszahlung der Abfindung. Eine eindeutige und klare Vereinbarung, die erkennen lasse, dass sie den Kläger von der Steuerlast im Hinblick auf die Abfindung habe freistellen wollen, sei nicht gegeben. Auch ein dahingehender Vertrauenstatbestand sei nicht geschaffen worden. Bei dem Informationsgespräch am 01.12.2003 hätten keine individuellen Zahlen vorgelegen. Beim Gespräch am 09.12.2003 habe der Zeuge S5 keine Zusage einer Nettozahlung hinsichtlich der Abfindung abgegeben. Der Zeuge S5 habe vielmehr auf § 32 b EStG und die Abschreibungsmöglichkeiten bei Abfindungszahlungen hingewiesen. Dies ergebe sich aus den handschriftlichen Aufzeichnungen des Zeugen S5, die dieser bei dem Gespräch angefertigt und die der Kläger bereits vorgelegt habe. Der Zeuge S5 habe ausdrücklich festgehalten, dass es sich bei der fraglichen Zahlung um eine Bruttoabfindung handele.

Soweit § 3 Abs. 6 der Betriebsvereinbarung vom 02.12.2003 in Frage stehe, werde die Abfindung an keiner Stelle als Nettozahlung bezeichnet. Die Abfindung setze sich aus einem Grundbetrag sowie weiteren Beträgen zusammen. Nachdem in § 3 Ziffer 6 a der Betriebsvereinbarung zunächst die Berechnungsmethode des Grundbetrages dargelegt werde, werde festgelegt, dass jedenfalls ein Mindestbetrag in Höhe von 10.000,00 EUR "brutto" zu zahlen sei. Sodann werde in den folgenden Absätzen nach dem jeweiligen Alter der Arbeitnehmer differenziert. Danach erhielten die Mitarbeiter eine Abfindung, die eine bestimmte "Differenz" ausgleichen solle. Basis dieser Differenz sei - allerdings nur teilweise - ein Nettobetrag. Nur soweit die Differenz zwischen 85/86/87 % der Nettobeträge von Basis A und dem Arbeitslosengeld angesprochen werde, sei ein Bezug auf das Wort "Netto-Beträge" gegeben. Soweit anteilige Abschläge auf den Zugangsfaktor der gesetzlichen Altersrente sowie entstehende Nachteile in Bezug auf die Altersrente erwähnt seien, sei ein Bezug auf den Begriff "netto" nicht gegeben, obwohl sie auch in die Differenzberechnung einflössen. Insbesondere sei dem Wortlaut nicht zu entnehmen, dass der Differenzbetrag selber "netto" auszuzahlen sei. Abfindungen würden grundsätzlich brutto geschuldet, so dass etwaige Steuern zu Lasten des Arbeitnehmers gingen, es sei denn, eine Vereinbarung lasse eindeutig und klar die Bereitschaft des Arbeitgebers erkennen, den Arbeitnehmer von der Steuerschuld freizustellen. Hiervon könne im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden.

Auch wenn von einer Nettozusage auszugehen sein sollte, sei sie, die Beklagte, nicht verpflichtet, den Steuernachteil des Klägers aus dem Progressionsvorbehalt zu übernehmen. Hierzu bedürfe es einer ausdrücklichen Vereinbarung, die nicht gegeben sei.

Hilfsweise rechne sie, die Beklagte, mit einem Rückforderungsanspruch aufgrund des freiwillig gezahlten Betrages in Höhe von 39.064,55 EUR auf. § 814 BGB sei jedenfalls im Rahmen der Aufrechnung gemäß § 242 BGB nicht zu berücksichtigen, da es dem Gerechtigkeitsgefühl widerspreche, dass der Kläger ca. 39.000,00 EUR ohne Rechtsgrund erhalte, aber dennoch eine "Nachzahlung" fordere.

Durch Urteil vom 19.09.2007 hat das Arbeitsgericht das Versäumnisurteil vom 04.04.2007 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 4.801,31 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.12.2006 zu zahlen. Gegen diese Entscheidung, die der Beklagten am 11.10.2007 zugestellt worden ist, richtet sich die Berufung der Beklagten, die am 18.10.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangen und am 10.12.2007 begründet worden ist.

Die Beklagte vertritt weiter die Auffassung, der Kläger habe keinen Zahlungsanspruch in Höhe von 4.801,31 EUR bzw. in Höhe der hilfsweise geltend gemachten 1.946,47 EUR. Bei der zwischen den Parteien vereinbarten Abfindung handele es sich entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht um einen Netto- sondern um einen Bruttobetrag. Von einer Nettoentgeltabrede könne ausnahmeweise dann ausgegangen werden, wenn diese ausdrücklich und eindeutig getroffen worden bzw. ein dahingehender Wille der Parteien klar erkennbar sei. Solche eindeutigen Anhaltspunkte seien vorliegend nicht gegeben. Vielmehr handele es sich nach dem Willen der Betriebsparteien bei der Abfindung um einen Bruttobetrag, was in dem Gesamtzusammenhang der Regelungen und deren Systematik (Festschreibung einer bestimmten Mindestbruttoabfindung, Hinweis auf die Abrechnung nach den gültigen steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften) seinen hinreichenden Niederschlag gefunden habe. Ferner spreche der bei der Auslegung ergänzend heranzuziehende Inhalt der nach Abschluss der dreiseitigen Vereinbarung stattgefundenen Informationsveranstaltung und die tatsächliche Abwicklung für eine Bruttoentgeltabrede. Der Umstand, dass eine Berechnungsgröße der Abfindung ein Nettobetrag sei, lasse nicht zwingend darauf schließen, dass auch das Produkt, die sich aus der Berechnung ergebende Abfindungssumme, ein Nettobetrag sei. Aus der Berechnungsgröße "85 % der Nettobeträge von Basis A" folge keinesfalls zwangsläufig, dass die Betriebsparteien die Arbeitnehmer wirtschaftlich so hätten stellen wollen, als seien keine Steuern und Sozialabgaben auf die Abfindung zu zahlen, und diese ihr, der Beklagten, hätten auferlegen wollen.

Soweit das Arbeitsgericht darauf abgestellt habe, dass den Arbeitnehmern nach § 3 Ziff. 3 a, b, c und d der Betriebsvereinbarung vom 02.12.2003 ein monatlicher Zuschuss zum Kurzarbeitergeld zugesagt worden sei, der eine Gesamtvergütung eines bestimmten Prozentsatzes des bisherigen Nettoentgelts sicherstelle, habe es verkannt, dass diese Leistung für die Dauer des befristeten Arbeitsverhältnisses mit der Transfergesellschaft gewährt worden sei. Mit der Abfindung habe der Kläger jedoch eine finanzielle Unterstützung für die Zeit nach seinem Ausscheiden bei der Firma P2 erhalten. Die Zuschüsse während der Dauer des befristeten Arbeitsverhältnisses mit der Firma P2, die schon der Höhe nach nicht mit den Abfindungsleistungen identisch seien, könnten keinen Anhaltspunkt dafür bieten, ob es sich bei der Abfindung um einen Brutto- oder Nettobetrag handele.

Die Auffassung, dass es sich bei der Abfindung um einen Bruttobetrag handele, werde durch die Regelung in § 3 Ziff. 6 a der Betriebsvereinbarung vom 02.12.2003 gestützt. Danach betrage der Mindestbetrag der Abfindung 10.000,00 EUR brutto.

Der Verweis in § 10 Abs. 2 der dreiseitigen Vereinbarung vom 02.12.2003 auf § 4 Ziffer IV des Sozialplans vom 02.12.2003 wäre zudem sinnwidrig, wenn die Betriebsparteien die Arbeitnehmer wirtschaftlich hätten so stellen wollen, als seien keine Steuern und Sozialabgaben zu entrichten. Vielmehr habe in diesen Regelungen der Wille der Betriebsparteien, die Abfindung als Bruttoentgeltabrede auszugestalten, seinen hinreichenden Niederschlag gefunden. Auch der Inhalt der nach Abschluss der dreiseitigen Vereinbarung vom 02.12.2003 stattgefundenen Informationsveranstaltungen und die tatsächliche Abwicklung durch sie, die Beklagte bzw. die Firma P2 indiziierten eine Bruttoentgeltabrede. Zwar könne das nachträgliche Verhalten der Vertragspartner den bei Vertragsabschluss zum Ausdruck gebrachten objektiven Gehalt der Abfindungsregelung nicht mehr beeinflussen. Es könne aber Anhaltspunkte für den tatsächlichen Vertragswillen enthalten und somit für die Auslegung von Bedeutung sein. Sollten danach noch Auslegungszweifel verbleiben, gingen diese zu Lasten des darlegungs- und beweispflichtigen Klägers.

Hilfsweise berufe sie, die Beklagte, sich darauf, dass der Kläger nur einen Anspruch auf Zahlung der auf den Abfindungsbetrag entfallenden Lohnsteuern in Höhe von 1.046,47 EUR, nicht aber auf Zahlung der gesamten Einkommenssteuer in Höhe von 4.801,31 EUR habe.

Die etwaig verbliebene Restforderung des Klägers sei durch Aufrechnung erloschen. Sie, die Beklagte, habe gegen den Kläger einen fälligen Anspruch auf Rückzahlung des freiwillig geleisteten Teils der Abfindung in Höhe von 39.046,55 EUR. Sie sei nicht verpflichtet gewesen, dem Kläger auch für den Überbrückungszeitraum bis zum Ende des Bezugs von Arbeitslosengeld vom frühestmöglichen Zeitpunkt für die Möglichkeit der Inanspruchnahme der gesetzlichen Altersrente einen finanziellen Ausgleich zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 19.09.2007 - 2 Ca 2326/06 - abzuändern und das Versäumnisurteil vom 04.04.2007 aufrechtzuerhalten.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und trägt vor, bereits der Wortlaut der maßgeblichen Vorschrift in der Betriebsvereinbarung vom 02.12.2003 belege eindeutig, dass eine Nettoentgeltabrede getroffen worden sei. Die Verwendung des Begriffs "ausgleichen" in § 3 Ziff. 6 a der Betriebsvereinbarung vom 02.12.2003 müsse in gleicher Weise verstanden werden wie der Begriff der "Aufstockung". Mit einem Ausgleich - vom einem Teilausgleich sei an keiner Stelle die Rede - solle dasselbe Niveau erreicht werden wie bei der Bezugsgröße. Wenn die Bezugsgröße durch einen Nettobetrag gekennzeichnet sei, bedeute dies, dass auch ein Ausgleich auf denselben Betrag vorzunehmen sei. Dies spreche für die Vereinbarung einer Nettoabfindung. Dem stehe nicht entgegen, dass nach der genannten Betriebsvereinbarung eine Mindestabfindung in Höhe von 10.000,00 EUR brutto festgesetzt worden sei.

Zutreffend sei, dass bei allen finanziellen Zahlungsvorgängen im Arbeitsverhältnis die steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften zu beachten seien. Unabhängig davon sei aber die Frage zu klären, wer die Steuern oder Sozialversicherungsbeiträge zu tragen habe. Diese Frage sei Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

Auch die mehrfache Nennung des Begriffs "Garantie" im Zusammenhang mit der Abfindung signalisiere, dass er, der Kläger, nach den Regelungen der Betriebsvereinbarung und des dreiseitigen Vertrages vom 02.12.2003 auf einen Erhalt des Lebensstandards habe vertrauen können, der auf Zahlungen beruhe, mit denen ein bestimmter Prozentsatz des maßgeblichen Nettogehalts erreicht werde, unabhängig davon, ob er von mehreren Stellen oder nur durch die Beklagte gezahlt werde.

Dem Arbeitsgericht sei auch insoweit zuzustimmen, als es ihm, dem Kläger, die auf Lohnersatzansprüche (indirekt über den Progressionsvorbehalt) entfallenen Steuern zuerkannt habe. Die Regelungen der Betriebsvereinbarung in Verbindung mit dem dreiseitigen Vertrag vom 02.12.2003 seien so zu verstehen, dass die Beklagte verpflichtet sei, die an ihn geleisteten Zahlungen auf einem Standard von 85 % des letzten Nettoeinkommens zu halten. Dies mache erforderlich, dass die Beklagte auch die Lasten zu tragen habe, die aus der Steuerlast auf die Lohnersatzleistungen resultierten.

Die danach begründeten Klageforderungen seien nicht durch Aufrechnung erloschen. Die Beklagte habe nicht dargelegt, worauf der geltend gemachte Rückerstattungsanspruch gegründet sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

Der Sache nach hat die Berufung Erfolg. Der Kläger kann die Beklagte weder auf Zahlung von 4.801,30 EUR netto noch auf den hilfsweise geltend gemachten Betrag von 1.946,47 EUR netto nebst Zinsen in Anspruch nehmen. Die Beklagte ist entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht verpflichtet, die auf die Abfindung gemäß § 10 des dreiseitigen Vertrages vom 02.12.2003 anfallenden Steuern im Verhältnis zum Kläger zu tragen. Denn bei der vereinbarten Abfindung handelt es sich nicht um eine Netto-, sondern um eine Bruttoabrede. Dementsprechend war das Urteil des Arbeitsgerichts vom 19.09.2007 abzuändern und das Versäumnisurteil vom 04.04.2007 aufrechtzuerhalten.

1. Grundsätzlich sind Zahlungen eines Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer Bruttozahlungen. Damit trägt der Arbeitnehmer die Steuerlast für die Bezüge aus nicht selbständiger Tätigkeit einschließlich der Sachbezüge. Außerdem hat er die Arbeitnehmeranteile zu Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung selbst zu tragen. Dies gilt auch für vereinbarte Abfindungszahlungen (vgl. BAG, Urteil vom 21.11.1985 - 2 AZR 6/85 -).

Hiervon abweichende Vereinbarungen müssen ausdrücklich und eindeutig getroffen werden bzw. den dahingehenden Willen klar erkennen lassen. Soweit Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen anwendbar sind, die auch Regelungen enthalten können, durch die dem Arbeitgeber für bestimmte Zahlungen die anfallenden Steuern und Sozialversicherungsbeiträge auferlegt werden, muss ebenfalls hinreichend deutlich erkennbar sein, dass ausnahmsweise eine dahingehende Regelung gewollt war (so BAG, Urteil vom 27.04.2000 - 6 AZR 754/98 -). Fehlt es an einer ausdrücklichen Übernahme des Steuerrisikos oder einer unzweifelhaften Steuerschuld durch den Arbeitgeber im Hinblick auf eine vereinbarte Abfindung, dann ist durch Auslegung zu ermitteln, ob die Parteien eine Nettoabfindung vereinbart haben, d.h. ob die Lohnsteuer nicht nur vom Arbeitgeber einzubehalten ist, sondern endgültig zu seinen Lasten gehen soll. Dafür ist wie bei der behaupteten Zusage eines "Nettolohnes" der Arbeitnehmer darlegungs- und beweispflichtig. Die fragliche Vereinbarung muss eindeutig und klar die Bereitschaft des Arbeitgebers erkennen lassen, den Arbeitnehmer von der Steuerschuld freizustellen. Andernfalls verbleibt es bei der Regel, dass die Abfindung brutto geschuldet wird und etwaige Steuern zu Lasten des Arbeitnehmers gehen (vgl. BAG, Urteil vom 21.11.1985 - 2 AZR 6/85 - Rdnr. 32 m.w.N.).

2. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die erkennende Kammer sich anschließt, handelt es sich bei der in § 10 des dreiseitigen Vertrages vom 02.12.2003 vereinbarten Abfindung, die der Kläger bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Firma P2 im Namen und im Auftrag der Beklagten erhalten hat, nicht um eine Nettozahlung, sondern um eine Bruttozahlung.

a) Ausdrückliche Regelungen darüber, ob die Abfindung brutto oder netto zu zahlen ist, finden sich im dreiseitigen Vertrag vom 02.12.2003 nicht. In § 10 des dreiseitigen Vertrages ist lediglich geregelt, dass der Kläger eine Abfindung gemäß § 3 Ziff. 6 der Betriebsvereinbarung vom 02.12.2003 erhält; wegen der weiteren Einzelheiten ist im Arbeitsvertrag auf diese Betriebsvereinbarung verwiesen. Schließlich ist in § 10 Abs. 2 des dreiseitigen Vertrages vereinbart, dass wegen der Regelung zur Entstehung und Fälligkeit der Abfindung einschließlich der Modalitäten ihrer Auszahlung § 4 Ziff. IV des Sozialplans vom 02.12.2003 entsprechende Anwendung findet. Darüber hinausgehende mündliche Nebenabreden sind gemäß § 12 Ziff. 1 Satz 2 des dreiseitigen Vertrages nicht getroffen worden.

b) Die Regelungen in § 3 Ziff. 6 der Betriebsvereinbarung vom 02.12.2003, die der in § 10 des dreiseitigen Vertrages zugesagten Abfindung zugrunde liegen, lassen nach Auffassung der erkennenden Kammer nicht darauf schließen, dass die auf die Abfindung anfallenden Steuern zu Lasten der Beklagten gehen sollen. Dies ergibt die Auslegung der Bestimmungen in § 3 Ziff. 6 der Betriebsvereinbarung vom 02.12.2003.

aa) Bei der Auslegung von Betriebsvereinbarungen ist zunächst vom Wortlaut und den durch ihn vermittelten Wortsinn auszugehen. Darüber hinaus kommt es auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Bestimmungen an. Von Bedeutung sind ferner der Sinn und Zweck der Regelung. Der tatsächliche Wille der Betriebsparteien ist zu berücksichtigen, soweit er in dem Regelungswerk seinen Niederschlag gefunden hat. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Regelung führt (vgl. BAG; Urteil vom 29.06.2007 - 10 AZR 657/06 - Rdnr. 17 m.w.N.).

bb) Ausgehend hiervon ist die in § 3 Ziffer 6 der Betriebsvereinbarung vom 02.12.2003 geregelte Abfindung als Bruttozahlung aufzufassen.

(1) Hierfür spricht bereits der Wortlaut der Regelungen in § 3 Ziffer 6 der Betriebsvereinbarung vom 02.12.2003. Im Eingangssatz von § 3 Ziffer 6 a der Betriebsvereinbarung heißt es:

"Der Grundbetrag der Abfindung berechnet sich wie folgt:

0,9 x Basis B x Dauer der Betriebszugehörigkeit.

Der Mindestbetrag der Abfindung beträgt 10.000,00 EUR (brutto)."

Darüber hinaus sind in § 3 Ziffer 6 b Zuschläge zur Abfindung geregelt. So erhält ein Mitarbeiter der Beklagten unter bestimmten Voraussetzungen einen "Brutto-Zuschlag zur Abfindung in Höhe von 3.500,00 EUR pro unterhaltsberechtigtem Kind". Schon diese Regelungen deuten darauf hin, dass die Betriebsparteien die Abfindung als Brutto- und nicht als Nettozahlung ausgestalten wollten.

(2) Auch § 3 Ziffer 6 a letzter Absatz der Betriebsvereinbarung vom 02.12.2003, der vorliegend einschlägig ist, lässt keinen anderen Schluss zu. In dieser Bestimmung ist geregelt, dass der Mitarbeiter mit Ausscheiden aus der Transfergesellschaft eine Abfindung erhält, die bis zum frühestmöglichen Zeitpunkt für die Möglichkeit einer Inanspruchnahme der gesetzlichen Altersrente die Differenz zwischen 85 % der Nettobeträge von Basis A und dem Arbeitslosengeld, sowie 15 % der anteiligen Abschläge auf den Zugangsfaktor der gesetzlichen Altersrente wegen vorzeitiger Inanspruchnahme sowie 20 % der wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme der Werkspension bzw. der ZKW-Rente auf Basis einer fiktiven Hochrechnung beim Rentenbezug mit 60 eintretenden Nachteile, jeweils bezogen auf einen Zeitraum bis zum 80. Lebensjahr und mit 3 % als Rentenbarwert abgezinst, ausgleichen soll. Danach handelt es sich zwar bei einem Faktor zur Berechnung der Abfindungshöhe um einen Nettobetrag. Dass auch das Produkt dieser Berechnung, die dem Kläger zustehende Abfindung, als Nettobetrag geschuldet wird, die Steuerlast insoweit also abweichend von den geltenden steuerlichen Vorschriften der Beklagten auferlegt werden sollte, lässt sich den Bestimmungen der Betriebsvereinbarung vom 02.12.2003 an keiner Stelle entnehmen.

Gegen einen dahingehenden Willen der Betriebsparteien sprechen die weiteren Bestimmungen in § 3 Ziffer 6 a letzter Absatz. Dort ist geregelt, dass die Abfindung "abschließend zum Zeitpunkt des Abschlusses des dreiseitigen Vertrages und auf der Basis des zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechts unter Bezugnahme auf die Steuerkarte, die Mark-E am 01.08.2003 vorgelegen hat, berechnet" wird. Weiter heißt es dort, dass "die Berechnung nach Maßgabe einer Prognose auf der Grundlage der am Tage der Unterzeichnung dieser Betriebsvereinbarung geltenden Vorschriften und ihrer Handhabe durch die Verwaltung unter Berücksichtigung der Grundsätze, die in der Betriebsvereinbarung über vorzeitiges Ausscheiden aus dem Arbeitsleben vom 23.09.2003 festgelegt wurden", erfolgt. Schließlich haben die Betriebsparteien bestimmt, dass "etwaige auf der Lohnsteuerkarte eingetragene Steuerfreibeträge oder ein Wechsel der Steuerklasse" bei der Berechnung der Nettobeträge keine Berücksichtigung finden. Auch diese Vereinbarungen lassen einen eventuellen Willen der Betriebsparteien, den Arbeitnehmer von der Steuerschuld im Hinblick auf die zu zahlende Abfindung freizustellen, nicht mit hinreichender Klarheit erkennen.

c) Auch die Regelungen in § 4 Ziffer IV des Sozialplans vom 02.12.2003, die gemäß § 10 Abs. 2 des dreiseitigen Vertrages vom 02.12.2003 entsprechende Anwendung finden, sprechen dafür, dass die Betriebsparteien von der gesetzlichen Regelung ausgegangen sind, nach der die Arbeitnehmer die Steuerlast im Hinblick auf die in § 10 des dreiseitigen Vertrages vom 02.12.2003 zu zahlende Abfindung zu tragen haben, und nicht in Abweichung hiervon die Steuerlast der Beklagten auferlegt haben. Nach § 4 Ziffer IV 2. des Sozialplans vom 02.12.2003 ist der Abfindungsanspruch vier Wochen nach seiner Entstehung zur Zahlung fällig und wird nach "den dann geltenden steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften" bargeldlos ausgezahlt. Zu den geltenden steuerlichen Vorschriften zählen auch die gesetzlichen Normen, nach denen grundsätzlich der Arbeitnehmer die Steuern für Bezüge aus nicht selbständiger Tätigkeit trägt. Hätten die Betriebsparteien diese Regel ändern wollen, so hätten sie dies hinreichend deutlich bestimmen müssen (vgl. BAG, Urteil vom 27.04.2000 - 6 AZR 754/98 -; Urteil vom 21.11.1985 - 2 AZR 6/85 - m.w.N.). Eindeutige und klare Hinweise darauf, dass die Betriebsparteien den Arbeitnehmer von der Steuerschuld freistellen und diese dem Arbeitgeber auferlegen wollten, finden sich jedoch nicht.

d) Auch die Informationen, die die Beklagte dem Kläger im Zusammenhang mit dem Abschluss des dreiseitigen Vertrages vom 02.12.2003 erteilt hat, lassen nicht in eindeutiger und klarer Weise die Bereitschaft der Beklagten erkennen, den Kläger von der Steuerlast im Hinblick auf die Abfindung zu befreien. Zwar enthält der aufgedruckte Pfeil im Schaubild vom 01.12.2003 (Bl. 38 d.A.) folgenden Text: "Garantiert: 86/85 % vom definierten Netto für den Zeitraum bis zur Rente." Hieraus konnte der Kläger jedoch nicht schließen, dass er in der Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Firma P2 monatliche Nettoleistungen in Höhe von 1366,00 EUR entsprechend der Berechnung der Beklagten (Bl. 34 d.A.) erhalten werde. Vielmehr hat die Beklagte während der Informationsveranstaltungen auch dem Kläger gegenüber stets darauf hingewiesen, dass er im Überbrückungszeitraum nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Firma P2 keine monatlichen Nettobezüge, sondern einen Abfindungsbetrag erhalten wird. Dies ergibt sich bereits aus dem Schaubild vom 01.12.2003. Dass dem Kläger die Zahlung dieser Abfindung netto zugesagt worden sein soll, lässt sich dem Sachvortrag des Klägers im Hinblick auf die ihm von der Beklagten erteilten Informationen hinsichtlich der zu zahlenden Abfindung nicht entnehmen. Die von beiden Parteien zu den Akten gereichten handschriftlichen Notizen des Zeugen S5, der den Kläger über die Einzelheiten der Abfindungszahlung informiert hat, belegen, dass u.a. das Thema "Bruttoabfindung" sowie die Fünftelregelung des § 32 b Einkommenssteuergesetz thematisiert wurden. Angesichts dessen hätte es hinreichend deutlicher Regelungen bedurft, aus denen geschlossen werden kann, dass die Abfindung als Nettozahlung geleistet wird und die Beklagte die anfallende Steuerlast zu tragen hat. Solche Regelungen finden sich weder in der Betriebsvereinbarung bzw. in dem Sozialplan vom 02.12.2003 noch in den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien.

e) Der Hinweis des Klägers, der Zeuge S5 habe anlässlich der Informationsveranstaltung vom 01.12.2003 erklärt, das Gehalt würde "85 % der Nettobasis bis zum Renteneintritt betragen", kann nichts daran ändern, dass es an einer klaren und eindeutigen Regelung darüber fehlt, dass die Beklagte die auf die Abfindung anfallenden Steuern zu tragen hat. Unstreitig hat die Beklagte dem Kläger nicht zugesagt, dass er auch während des sogenannten Überbrückungszeitraums nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Firma P2 ein monatliches Nettogehalt in Höhe von 85 % der Nettobasis entsprechend der Berechnung der Beklagten vom 09.12.2003 (Bl. 34 d.A.) erhalten werde. Vielmehr sollte der Kläger nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Firma P2 einen Abfindungsbetrag erhalten. Ein Faktor bei der Berechnung der Abfindung sollte das Nettoentgelt von 1366,00 EUR entsprechend 85 % der Nettobasis gemäß Berechnung der Beklagten vom 09.12.2003 (Bl. 34 d.A.) sein, das der Kläger während der Zeit der Vertragsdauer bei der Firma P2 als monatliche Vergütung erhielt. Dass der so ermittelte Abfindungsbetrag, in den der Nettobetrag von 1.366.00 EUR als Rechengröße ungekürzt eingeflossen ist, als solcher dem Kläger netto zufließen sollte, so dass die hierauf anfallenden Steuern von der Beklagten zu tragen sind, lässt sich dem dreiseitigen Vertrag vom 02.12.2003 bzw. den Vereinbarungen der Betriebsparteien nicht mit der erforderlichen Klarheit entnehmen. Eventuelle Zweifel gehen zu Lasten des insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Klägers.

f) Kann nach allem nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei der Abfindung gemäß § 10 des dreiseitigen Vertrages vom 02.12.2003 um eine Nettozahlung handelt, so muss der Kläger die hierauf anfallenden Steuern entsprechend der aufgezeigten gesetzlichen Regelung tragen. Die Klage auf Zahlung von 4.801,31 EUR bzw. der hilfsweise geltend gemachten 1.946,47 EUR ist deshalb unbegründet. Dementsprechend war das arbeitsgerichtliche Urteil abzuändern und das Versäumnisurteil vom 04.04.2007 aufrecht zu erhalten.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Kammer hat die Revision gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen. Beim vorliegenden Verfahren handelt es sich um einen Musterprozess, der für zahlreiche weitere gleichgelagerte Fälle von Bedeutung ist.

Ende der Entscheidung

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