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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 26.01.2006
Aktenzeichen: 15 Sa 1905/05
Rechtsgebiete: BGB, KSchG


Vorschriften:

BGB § 315
KSchG § 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 31.08.2005 - 2 Ca 561/05 - abgeändert und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 01.03.2005 nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte wird verurteilt, die Abmahnungen vom 04.02.2005 und 15.02.2005 aus der Personalakte des Klägers zu entfernen. Die Beklagte wird weiter verurteilt, den Kläger über den 31.10.2005 hinaus weiter zu beschäftigen. Der Auflösungsantrag des Klägers wird zurückgewiesen.

Die Kosten der 1. Instanz trägt die Beklagte. Von den Kosten der 2. Instanz trägt die Beklagte 8/10, der Kläger 2/10.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer arbeitgeberseitigen Kündigung und zweier Abmahnungen sowie um einen vom Kläger zweitinstanzlich gestellten Auflösungsantrag.

Der am 16.01.1952 geborene Kläger ist seit dem 13.06.1977 als Feuerungsmaurer bei der Beklagten beschäftigt, in deren Betrieb in L1xxx ca. 50 Arbeitnehmer tätig sind. Er erhielt zuletzt ein monatliches Bruttoentgelt von ca. 4.800,00 €. Der Kläger ist verheiratet und hat drei Kinder; das jüngste Kind ist 14 Jahre alt. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag besteht zwischen den Parteien nicht. Ein Betriebsrat ist bei der Beklagten nicht gewählt.

Die Beklagte ist als Spezialunternehmen im Feuerungsbau weltweit tätig und generiert einen Großteil ihres Umsatzes im Auslandsgeschäft. Während der Zeit seiner Tätigkeit für die Beklagte war der Kläger auch im Ausland eingesetzt, so u.a. 1985 in Jordanien und 1986 in Ägypten. Auch in Saudi-Arabien war der Kläger für die Beklagte tätig. In den letzten Jahren war der Kläger allerdings ausschließlich in Deutschland und im europäischen Ausland eingesetzt.

Für einen vorgesehenen Einsatz in Saudi-Arabien forderte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 28.01.2005 auf, seinen Reisepass zwecks Beantragung eines Visums zur Verfügung zu stellen. Hierzu war der Kläger nicht bereit und erklärte hierzu in einem persönlichen Gespräch, er sei zum einen regelmäßig in Europa eingesetzt worden; zum anderen sei es unzumutbar, einen Arbeitnehmer ohne dessen Einverständnis in dieses Land zu senden. Es gebe genügend Kollegen, die gleichqualifiziert seien und freiwillig den Einsatz in Saudi-Arabien akzeptierten.

Mit Schreiben vom 04.02.2005 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Abmahnung, die folgenden Inhalt hat:

"Sehr geehrter Herr A1xxxxxx,

wir haben Sie mit Schreiben vom 28.01.2005 aufgefordert, Ihren Reisepass für die Visa-Beantragung für den Arbeitseinsatz in Saudi-Arabien beizubringen.

Sie verweigern die Herausgabe Ihres Reisepasses und haben mitgeteilt, dass Sie für einen Einsatz in Saudi-Arabien nicht zur Verfügung stehen.

Diese Weigerung stellt eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung dar.

Sie wissen, dass die Firma auch im Auslandsgeschäft tätig ist. In der Vergangenheit haben Sie ebenfalls an Auslandseinsätzen teilgenommen. Um den visarechtlichen Bestimmungen in den Einsatzländern nachzukommen, ist es erforderlich, dass die Arbeitnehmer der Firma mitwirken und ggf. Ihren Reisepass vor einem Einsatz zur Verfügung stellen, damit alle weiteren behördlichen Vorgänge erledigt werden können.

Ihre Weigerung stellt einen Verstoß dar und damit eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung.

Wir mahnen Sie hiermit ab.

Sollten Sie sich auch in Zukunft weigern, Ihren Reisepass zur Verfügung zu stellen, wenn Auslandseinsätze erforderlich werden, dann müssen Sie mit einer Weigerung rechnen.

Wir fordern Sie noch einmal auf, Ihren Reisepass vorzulegen bis zum 14.02.2005.

Wir weisen Sie noch einmal ausdrücklich darauf hin, dass Sie für den Arbeitseinsatz in Saudi-Arabien vorgesehen sind. Sollten Sie sich auch in Zukunft der Mitwirkung widersetzen, dann müssen Sie damit rechnen, dass unter Umständen Ihr Arbeitsverhältnis arbeitgeberseits gekündigt wird."

Trotz dieser Abmahnung war der Kläger weiterhin nicht bereit, seinen Reisepass vorzulegen. Mit Schreiben vom 15.02.2005 erteilte die Beklagte dem Kläger eine weitere Abmahnung, die folgenden Inhalt hat:

"Sehr geehrter Herr A1xxxxxx,

wir haben Sie mit Schreiben vom 28.01.2005 und dann noch einmal mit Schreiben vom 04.02.2005 aufgefordert, Ihren Reisepass für die Visa-Beantragung für den Arbeitseinsatz in Saudi-Arabien beizubringen.

Sie verweigern nach wie vor die Herausgabe Ihres Reisepasses.

Wir weisen noch einmal darauf hin, dass diese Weigerung eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung darstellt. Auf die Ausführungen aus unserem Schreiben vom 04.02.2005 nehmen wir Bezug.

Wir mahnen Sie hiermit letztmalig ab.

Wir fordern Sie auch letztmalig auf, Ihren Reisepass bis zum 22.02.2005 vorzulegen.

Sollten Sie sich weiterhin Ihrer Mitwirkungspflicht widersetzen und den Reisepass nicht innerhalb der vorbenannten Frist vorlegen, bzw. keine Gründe vortragen, warum Sie den Reisepass nicht vorlegen können, dann werden wir das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis arbeitgeberseits kündigen.

Wir hatten Sie bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass Ihr Arbeitseinsatz in Saudi-Arabien vorgesehen ist. Gründe in Ihrer Person, die einen Einsatz in Saudi-Arabien ausschließen, sind nicht bekannt."

Mit Schreiben vom 01.03.2005, das dem Kläger am 02.03.2005 zuging, erklärte die Beklagte die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.10.2005. Hiergegen richtet sich die am 17.03.2005 beim Arbeitsgericht Detmold eingegangene Feststellungsklage, mit der der Kläger sich auch gegen die ihm gegenüber ausgesprochenen Abmahnungen zur Wehr setzt.

Der Kläger hat vorgetragen, er sei in den letzten Jahren seiner Beschäftigung bei der Beklagten ausschließlich in Europa eingesetzt gewesen. Das Arbeitsverhältnis habe sich auf solche Arbeitseinsätze konkretisiert. Auch wenn die Beklagte einen Großteil ihres Umsatzes mit dem Auslandsgeschäft generiere, habe sie gleichwohl genügend Aufträge im In- und benachbarten Ausland, bei denen er, der Kläger, eingesetzt werden könne. Die Tatsache, dass die Beklagte ihn nunmehr nach Saudi-Arabien senden möchte, stelle eine reine Schikane dar. Bislang sei es immer möglich gewesen, ihn auf deutsche oder europäische Baustellen zu entsenden. Dies sei auch weiterhin möglich. Es gebe genügend Kollegen, die sich für einen solchen Einsatz in Saudi-Arabien bereit erklärten. So seien die Mitarbeiter K1xxxx, C1xxxx, J3xxx und J1xxxxxx bereit, nach Saudi-Arabien zu fliegen. Die Beklagte habe nicht dargelegt, weshalb sie ausgerechnet ihn, den Kläger, nach Saudi-Arabien entsenden wolle und nicht die vorgenannten Kollegen. Es sei ohne weiteres möglich, diese Arbeitnehmer nach Saudi-Arabien zu entsenden, die diese Arbeit sogar gerne und freiwillig übernehmen würden. Er, der Kläger, könne wiederum auf den Baustellen eingesetzt werden, auf denen die Beklagte die oben genannten Arbeitnehmer derzeit einsetze. Bei Vorlage der Einsatzpläne durch die Beklagte werde sich zeigen, dass eine Umsetzung bzw. Umplanung des Personals ohne weiteres möglich sei, um auf seine, des Klägers, Interessen Rücksicht zu nehmen. Diese Verpflichtung des Arbeitgebers folge schon aus dem Rücksichtnamegebot und der allgemeinen Fürsorgepflicht. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang auch, dass das Auswärtige Amt derzeit Sicherheitshinweise erteile und von Reisen nach Saudi-Arabien abrate.

Soweit die Beklagte geltend mache, es gebe immer weniger Baustellen, auf denen er, der Kläger, eingesetzt werden könne, verweise er auf die Liste seiner Arbeitseinsätze in den Jahren 2003 und 2004. Hieraus ergebe sich, dass er ohne Unterbrechung eingesetzt gewesen sei. Auch in Zukunft sei auf den genannten Baustellen noch Arbeit vorhanden, die er, der Kläger, ausführen könne. Er habe sich auch nicht geweigert, neuere Arbeitstechniken, wie Shotcasten und Dens-Gunning zu erlernen. Dahingehende Fortbildungsmaßnahmen seien ihm nicht angeboten worden. Falsch sei auch die Behauptung der Beklagten, Kunden würden es ablehnen, mit ihm, dem Kläger, zusammenzuarbeiten. Bestritten werde auch, dass er keine Führungsqualitäten habe und den Materialbedarf nicht vorausschauend kalkulieren könne.

Er, der Kläger, sei nach alledem berechtigt gewesen, die Vorlage des Reisepasses zwecks Beantragung eines Visums für Saudi-Arabien zu verweigern. Denn die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, ihn nach Saudi-Arabien zu entsenden. Deswegen seien die Abmahnungen vom 04.02.2005 und 15.02.2005 rechtswidrig und müssten aus seiner Personalakte entfernt werden.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass die Kündigung vom 01.03.2005 unwirksam ist;

2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger über den 31.10.2005 hinaus weiter zu beschäftigen;

3. die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 04.02.2005 aus der Personalakte zu entfernen;

4. die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 15.02.2005 aus der Personalakte zu entfernen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, der Kläger sei zwar ein hervorragender Handwerker, jedoch nicht bereit, sich der Entwicklung im Feuerungsbau anzupassen. Über die klassische Mauerung und Schalung hinaus sei mittlerweile eine Vielzahl von weiteren Techniken erforderlich, um im Feuerungsbau als Spezialunternehmen bestehen zu können. Der Kläger sei nicht bereit, diese weitergehenden Qualifikationen zu erlernen. Fortbildungsangebote habe der Kläger in der Vergangenheit ausgeschlagen. Baustellen, auf denen der Kläger mit seiner Qualifikation eingesetzt werden könne, würden immer weniger. Hinzu komme, dass der Kläger über keine Führungsqualitäten verfüge und den Materialbedarf nicht vorausschauend kalkulieren könne. Ein Einsatz über die reine Feuerungsmauerung hinaus sei für den Kläger nicht denkbar.

Im Laufe seiner Tätigkeit sei der Kläger, für sie, die Beklagte, weltweit tätig gewesen. Er sei auch in Saudi-Arabien eingesetzt gewesen. Dies sei auch erforderlich, da sie, die Beklagte, weltweit agiere und der Markt im Feuerungsbau in Deutschland allein nicht groß genug sei. Aufgrund der Tatsache, dass sie den Großteil ihres Umsatzes mit dem Auslandsgeschäft generiere, aber auch aufgrund der Tatsache, dass eine Vielzahl von Auftraggebern nicht mehr bereit sei, den Kläger als Feuerungsmaurer zu akzeptieren, sei es erforderlich, dass der Kläger sich in das Auslandsgeschäft eingliedere. Zu diesem Zweck sei der Kläger gebeten worden, für seinen vorgesehenen Einsatz in Saudi-Arabien seinen Reisepass beizubringen. Dazu sei der Kläger nicht bereit gewesen, ohne hierfür nachvollziehbare Gründe zu nennen. Diese Weigerung stelle eine Pflichtverletzung dar, die von ihr, der Beklagten, zu Recht abgemahnt worden sei. Da der Kläger auch nach den Abmahnungen nicht bereit gewesen sei, seinen Reisepass beizubringen, habe sie letztlich die Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen.

Entgegen der Auffassung des Klägers sei er verpflichtet gewesen, den Reisepass für den avisierten Arbeitseinsatz in Saudi-Arabien vorzulegen. Eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes liege nicht vor. Saudi-Arabien sei als Land zur Durchführung von Feuerungsbauarbeiten nicht gefährlicher als andere innereuropäische Einsatzorte. Der Kläger habe auch nicht deutlich gemacht, warum er aus ethischen, kulturellen und sonstigen religiösen Gründen den Einsatz in Saudi-Arabien ablehne.

Zu berücksichtigen sei auch, dass sich die Einsatzorte für den Kläger aufgrund seiner eingeschränkten Einsatzmöglichkeit immer mehr verringert hätten. Er sei deshalb gehalten, ihrem Direktionsrecht Folge zu leisten und auf denjenigen Baustellen tätig zu werden, die sie, die Beklagte, für seinen Einsatz als geeignet erachte. Bei dem Bauvorhaben in Saudi-Arabien, für das der Kläger eingeteilt gewesen sei, handele es sich um Mehrkammeröfen. Bei der Firma Breckweg in Rheine befänden sich baugleiche Öfen, die vom Kläger in der Vergangenheit repariert worden seien. Es habe sich hierbei um einfache Maurerarbeiten gehandelt, so dass der Kläger für dieses Bauvorhaben in Saudi-Arabien prädestiniert gewesen sei. Die Einsatzorte für den Kläger hätten sich in der Vergangenheit auch deshalb reduziert, weil der Kläger nicht bereit gewesen sei, teamorientiert zu arbeiten und einzelne Kunden es ausdrücklich abgelehnt hätten, dass der Kläger dort für Reparaturarbeiten abgestellt werde. Der Kläger sei auch nicht in der Lage, Materialbedarf für seine Baustellen angemessen zu kalkulieren. Aufgrund dieser Umstände sei es zwingend erforderlich gewesen, den Kläger nach Saudi-Arabien zu entsenden. Sie, die Beklagte, könne in ihrem Betriebsablauf nicht auf einzelne Interessen von Mitarbeitern Rücksicht nehmen. Sie müsse in der Lage sein, die Mitarbeiter dort einzusetzen, wo sie gebraucht würden. Dies werde von allen Mitarbeitern akzeptiert, nur nicht vom Kläger.

Unerheblich sei, ob in ihrem Unternehmen Kollegen des Klägers bereit gewesen seien, nach Saudi-Arabien zu fliegen. Der Zeuge B4xxx, der die Einsätze der Mitarbeiter plane, habe zeitweise über 20 Baustellen zu koordinieren. Er könne deshalb keine Rücksicht darauf nehmen, welcher Mitarbeiter in welchem Land nicht arbeiten wolle. Der Kläger könne nicht erwarten, dass auf seine Person besondere Rücksicht genommen werde. Aufgrund seiner eingeschränkten Qualifikation sei das Einsatzgebiet für ihn ohnehin beschränkt. Ihr, der Beklagten, könne nicht zugemutet werden, noch innerhalb der beschränkten Möglichkeiten entsprechend den Vorlieben des Klägers zu disponieren. Die Tatsache, dass es ihr gelungen sei, in der Vergangenheit trotz eingeschränkter Einsatzmöglichkeiten für den Kläger Arbeit auf geeigneten Baustellen zu finden, könne ihr nicht zum Nachteil gereichen.

Durch Urteil vom 31.08.2005 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil, das dem Kläger am 29.09.2005 zugestellt worden ist, richtet sich die Berufung des Klägers, die am 05.10.2005 beim Landesarbeitsgericht eingegangen und am 29.11.2005 begründet worden ist.

Der Kläger vertritt weiter die Auffassung, die Kündigung vom 01.03.2005 sowie die Abmahnungen vom 04.02.05 und 15.02.2005 seien unwirksam. Richtig sei zwar, dass die Beklagte weltweit tätig sei. Er, der Kläger, sei jedoch seit 1986 ausschließlich im europäischen Binnenmarkt eingesetzt gewesen. 1985 sei er für zweieinhalb Monate in Jordanien eingesetzt gewesen und habe dort einen Arbeitsunfall erlitten. 1986 sei er im Rahmen seines letzten Auslandsaufenthalts für die Beklagte in Ägypten tätig gewesen. Dort habe er bei der Ausübung seiner Tätigkeit einen Bandscheibenvorfall erlitten. Diese Arbeitsunfälle hätten bei ihm ein Trauma hinterlassen, das zu Angstzuständen führe, wenn er an Einsätze in Ländern wie Ägypten, Saudi-Arabien oder Jordanien denke.

Darüber hinaus sei er inzwischen 53 Jahre alt und habe ein Familie, wobei die jüngste Tochter 14 Jahre alt sei. Er, der Kläger, habe seine familiären Wurzeln in Bayern und sei mit der katholischen Kirche sehr verbunden. Menschenrechtsverletzungen jeglicher Art berührten ihn sehr und belasteten ihn psychisch. So sei Saudi-Arabien ein Land, dessen politische, kulturelle und religiöse Ausrichtung nicht mit seinen religiösen, ethischen und kulturellen Grundsätzen in Einklang zu bringen sei. Er, der Kläger, verweise auf den Jahresbericht von Amnesty International Deutschland aus dem Berichtszeitraum 01.01. bis 31.12.2004 (Bl. 91 ff. d.A.). Nicht umsonst erteile das Auswärtige Amt Sicherheitshinweise mit dem Ratschlag, Reisen nach Saudi-Arabien zu unterlassen. Von Bedeutung sei in diesem Zusammenhang, dass mehrere gleichausgebildete und gleichfähige Kollegen bereit seien, freiwillig nach Saudi-Arabien zu gehen. Es handele sich um die von ihm bereits erstinstanzlich genannten Mitarbeiter der Beklagten, die jünger als er, der Kläger, und bereit seien, in Saudi-Arabien zu arbeiten.

Das Arbeitsgericht habe bei seiner Entscheidung den Gesichtspunkt der Religionsfreiheit außer acht gelassen. Ihm, der Kläger, wäre es in Saudi-Arabien weder möglich gewesen, seinen christlichen Glauben auszuüben, sonntags an katholischen Messen teilzunehmen, seinen katholischen Glauben öffentlich zu bekennen und sich für andere im Rahmen seines christlichen Glaubens einzusetzen. Diesen Gesichtspunkt hätte das Arbeitsgericht im Rahmen der Billigkeitsabwägung berücksichtigen müssen. Das Arbeitsgericht habe weiterhin nicht ausreichend berücksichtigt, dass mindestens vier weitere, von ihm benannte Kollegen bereit gewesen seien, nach Saudi-Arabien zu fahren. Die von ihm benannten Kollegen seien schon mehrfach zu Auslandseinsätzen in Saudi-Arabien oder vergleichbaren Ländern entsandt worden. Was bisher in fast zwanzigjähriger Tätigkeit der Beklagten im Ausland gegangen sei - nämlich ihn, den Kläger, nicht in Saudi-Arabien oder in ähnlichen Ländern einzusetzen - müsse auch nunmehr gehen. Die Beklagte habe nicht weiter dargelegt, weshalb sie gerade jetzt auf ihn, den Kläger, keine Rücksicht zu nehmen gedenke. Bereits erstinstanzlich habe er mehrfach ausgeführt, dass genügend Baustellen in Deutschland und Europa vorhanden seien. Es sei der Beklagten ohne weiteres möglich gewesen, ihn, den Kläger, auf diesen Baustellen einzusetzen und andere Kollegen nach Saudi-Arabien zu entsenden.

Letztlich sei er, der Kläger, durch die Kündigung wegen seiner Haltung gegenüber Saudi-Arabien abgestraft worden. Er habe von Beginn an erklärt, dass er einen Einsatz in Saudi-Arabien aus kulturellen, religiösen und ethischen Gesichtspunkten ablehne. Er habe ohne Rücksicht auf sein Gewissen dem arbeitgeberseitigen Einsatz folgen sollen, obwohl dies auch jeder andere hätte tun können. Seine Weigerung, dem arbeitgeberseitigen Aufruf zum Arbeitseinsatz in Saudi-Arabien nachzukommen, den er, der Kläger, nur als willkürlich habe empfinden können, habe die Beklagte mit den beiden Abmahnungen und der nachfolgenden Kündigung "abgestraft". Er, der Kläger, habe sich hierdurch diskriminiert gefühlt.

Der Kläger beantragt,

I. Das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 31.08.2005 aufzuheben und

1. festzustellen, dass die Kündigung vom 01.03.2005 unwirksam ist;

2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger über den 31.10.2005 hinaus weiter zu beschäftigen;

3. die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 04.02.2005 aus der Personalakte zu entfernen,

4. die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 15.02.2005 aus der Personalakte zu entfernen.

II. Das Arbeitsverhältnis gemäß §§ 9, 10 KSchG aufzulösen und dem Kläger eine angemessene Abfindung zuzusprechen.

Die Beklagte beantragt,

I. Die Berufung des Klägers zurückzuweisen,

II. den Auflösungsantrag des Klägers zurückzuweisen.

Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil trägt vor, soweit der Kläger erstmals in der Berufungsinstanz vortragen lasse, es sei ihm in Saudi-Arabien nicht möglich, seinen christlichen Glauben auszuüben, an katholischen Messen teilzunehmen, seinen katholischen Glauben offen zu bekennen und sich für andere im Rahmen seines christlichen Glaubens einzusetzen, sei dies nicht mehr zu berücksichtigen, da erstinstanzlich hätte vorgetragen werden können. Das Arbeitsgericht habe in seinem Urteil darauf hingewiesen, dass auch nach mehrmaligen Nachfragen im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht nachvollziehbar gewesen sei, welche ethischen, kulturellen und sonstigen religiösen Gründe den Kläger vom Arbeitseinsatz in Saudi-Arabien abgehalten hätten. Auf Nachfragen habe der Kläger insoweit keine Gründe angeben können. Auch ihr, der Beklagten, gegenüber habe der Beklagte zu keinem Zeitpunkt deutlich gemacht, dass er den Arbeitseinsatz aus ethischen, kulturellen oder religiösen Gründen ablehne. Der Kläger sei in der Vergangenheit auf einer Vielzahl von Auslandsbaustellen eingesetzt gewesen. Zu keinem Zeitpunkt habe er deutlich gemacht, dass besondere ethische, kulturelle oder sonstige religiöse Gründe solche Arbeitseinsätze für ihn beeinflussten. Er habe auch keinem Vorgesetzten oder Mitarbeiter deutlich gemacht, dass er ein besonders religiöser Mensch sei und Wert darauf lege, sonntags in die katholische Messe zu gehen. Im Gegenteil sei der Kläger stets bereit gewesen, auch an Sonntagen und Feiertagen zu arbeiten, um sein Gehalt aufzubessern.

Sie, die Beklagte, weise nochmals darauf hin, dass die Entscheidung, den Kläger in Saudi-Arabien einzusetzen, sachlich motiviert gewesen sei. Der Kläger sei für das Bauvorhaben in Saudi-Arabien deshalb besonders geeignet gewesen, weil dort Mehrkammeröfen vorhanden seien, die baugleich seien mit denen bei der Firma Breckweg in Rheine, die der Kläger in der Vergangenheit repariert habe. Der Einsatz des Klägers in Saudi-Arabien habe somit genau seinen fachlichen Voraussetzungen entsprochen. Die vom Kläger benannten Zeugen K1xxxx, C1xxxx, J3xxx und J1xxxxxx seien für andere Einsätze bereits verplant und damit nicht verfügbar gewesen. Im Übrigen seien sie im Hinblick auf ihre Qualifikation mit dem Kläger nicht vergleichbar. Natürlich seien die vom Kläger benannten Zeugen bereit, in Saudi-Arabien zu arbeiten. Alle Mitarbeiter, die sie, die Beklagte, beschäftige, seien bereit, weltweit tätig zu sein. Diese Bereitschaft sei Voraussetzung für eine Beschäftigung in ihrem Unternehmen. Auch der Kläger sei in der Vergangenheit im europäischen, aber auch im außereuropäischen Ausland für sie tätig gewesen. Da der Kläger ihrem Einsatzleiter zu keinem Zeitpunkt seine Motivation deutlich gemacht habe, warum er in Saudi-Arabien nicht arbeiten wolle, sei sie auch nicht gehalten gewesen, zu prüfen, ob andere Arbeitnehmer den Arbeitseinsatz hätten übernehmen können.

Entgegen der Darstellung des Klägers setze sie, die Beklagte, ihre Mitarbeiter weltweit sehr verantwortlich ein. Sie berücksichtige durchaus, ob Einsätze den Mitarbeitern zugemutet werden könnten oder ob Bedingungen im Einsatzland gegen einen Einsatz sprächen. Das Arbeitsgericht habe zutreffend ausgeführt, dass eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes hinsichtlich eines Einsatzes in Saudi-Arabien nicht vorliege. Zum Zeitpunkt des streitigen Einsatzes in Saudi-Arabien habe es weder Bedenken gegen die Sicherheit im Lande selbst noch gegen die Arbeitssicherheit gegeben.

Trotz intensiver Recherche könne nicht nachvollzogen werden, dass der Kläger im Jahre 1986 in Ägypten einen Bandscheibenvorfall sowie im Jahre 1985 in Jordanien einen Arbeitsunfall erlitten habe. Dass der Kläger deswegen ein Trauma erlitten habe, habe er zu keinem Zeitpunkt mitgeteilt. Der dahingehende Vortrag sei erst zweitinstanzlich erfolgt und könne daher nicht berücksichtigt werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Klägers ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

Der Sache nach hat die Berufung insoweit Erfolg, als das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen hat. Denn das Arbeitsverhältnis ist durch die Kündigung der Beklagten vom 01.03.2005 nicht aufgelöst worden. Dementsprechend ist die Beklagte auch verpflichtet, den Kläger über den 31.10.2005 hinaus zu beschäftigen. Sie ist weiter verpflichtet, die Abmahnungen vom 04.02.2005 und 15.02.2005 aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.

Dagegen war der Auflösungsantrag des Klägers, der gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 KSchG bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz gestellt werden kann, zurückzuweisen.

1. Die Kündigung der Beklagten vom 01.03.2005 ist gemäß § 1 Abs. 1 KSchG, das streitlos auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung findet, sozial ungerechtfertigt und damit rechtsunwirksam. Denn die Kündigung ist nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt. Dies hat der Kläger rechtzeitig innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist des § 4 KSchG gerichtlich geltend gemacht.

a) Allerdings hat der Kläger sich geweigert, der Beklagten seinen Reisepass zwecks Beantragung eines Visums für den vorgesehenen Arbeitseinsatz in Saudi-Arabien zur Verfügung zu stellen, obwohl er deswegen bereits abgemahnt worden war.

aa) Der Beklagten ist zuzugeben, dass die Arbeitspflicht des Klägers sich grundsätzlich auch auf Einsätze im Ausland erstreckt, die der Beklagten im Rahmen ihrer unternehmerischen Tätigkeit übertragen werden. Der Kläger ist allgemein als Feuerungsmaurer eingestellt worden, wobei ein schriftlicher Arbeitsvertrag nicht geschlossen worden ist. Dementsprechend sind Beschränkungen nach Art, Ort und Zeit der zu leistenden Arbeit nicht getroffen worden, so dass sich die Arbeitspflicht des Klägers grundsätzlich auch auf Arbeitseinsätze in Saudi-Arabien erstreckt. Wird die Tätigkeit des Arbeitnehmers bei seiner Einstellung lediglich fachlich umschrieben, so können ihm sämtliche Arbeiten zugewiesen werden, die diesem Berufsbild entsprechen (vgl. Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht - Preis, 6. Aufl., § 611 BGB Rn. 799 m.w.N.).

bb) Mangels eines vereinbarten Vorbehalts, der die örtliche Einsetzbarkeit des Klägers in irgendeiner Weise beschränkt, war der Kläger grundsätzlich verpflichtet, sämtliche ihm von der Beklagten zugewiesenen Auslandseinsätze zu übernehmen. Auch wenn der Kläger in den letzten Jahren ausschließlich in Deutschland und im europäischen Ausland eingesetzt worden ist, hat sich die örtliche Einsetzbarkeit hierdurch allein nicht auf diesen Bereich beschränkt. Eine Konkretisierung hinsichtlich Ort, Art und Zeit der zu leistenden Arbeit tritt allein durch Zeitablauf auch bei langjähriger Tätigkeit in einer bestimmten Weise nicht ein. Es bedarf vielmehr zusätzlicher qualifizierter Umstände, die den Schluss zulassen, das Direktionsrecht des Arbeitgebers sei in dieser Weise beschränkt worden (vgl. Erfurter Kommentar - Preis, a.a.O., Rn. 801, 808 f. m.w.N.). Dahingehende Anhaltspunkte sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

b) Ist die Beklagte mangels entgegenstehender Umstände grundsätzlich berechtigt, den Kläger im Rahmen seiner Beschäftigung als Feuerungsmaurer durch einseitige Leistungsbestimmung weltweit auf Baustellen zu entsenden, die sie im Rahmen ihrer unternehmerischen Tätigkeit angenommen hat, so muss die Leistungsbestimmung im Einzelfall dennoch gemäß § 315 BGB nach billigem Ermessen erfolgen. Entspricht die einseitige Leistungsbestimmung nicht der Billigkeit, so ist sie gemäß § 315 Abs. 3 BGB unverbindlich. Ob die konkrete Leistungsbestimmung im Einzelfall billigem Ermessen entspricht, ist unter Abwägung der Interessenlage beider Vertragsparteien zu ermitteln (vgl. Erfurter Kommentar - Preis, a.a.O., Rn. 810 m.w.N.).

aa) Im Rahmen der Interessenabwägung ist zu Gunsten der Beklagten insbesondere zu berücksichtigen, dass sie weltweit im Ofenbau tätig ist und deshalb auf einen flexiblen Einsatz ihrer Arbeitnehmer angewiesen ist. Da im Verhältnis zum Kläger Beschränkungen im Hinblick auf die örtliche Einsetzbarkeit nicht ersichtlich sind, muss sie grundsätzlich darauf vertrauen können, dass er jedem ihm zugewiesenen Auslandseinsatz - ohne Rücksicht auf den konkreten Einsatzort - Folge leistet. Andernfalls können sich Probleme bei der Koordination der zahlreichen parallel zu besetzenden Baustellen ergeben.

Zu Gunsten der Beklagten ist weiter zu berücksichtigen, dass der Einsatz in Saudi-Arabien den fachlichen Voraussetzungen des Klägers entsprach. Der Kläger hat nicht in Abrede gestellt, dass bei dem Bauvorhaben in Saudi-Arabien, für das er eingeteilt werden sollte, Mehrkammeröfen aufzumauern waren, die sich baugleich bei der Firma Breckweg in Rheine befinden und die vom Kläger in der Vergangenheit bereits repariert worden waren.

bb) Auf der anderen Seite ist zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass er bereits 53 Jahre alt und seit 28 Jahren bei der Beklagten beschäftigt ist. Zu berücksichtigen ist weiter, dass der Kläger unstreitig seit 1986 nur noch auf Baustellen der Beklagten in Deutschland bzw. im europäischen Ausland eingesetzt worden ist. Es ist nachvollziehbar, dass es für einen langjährig beschäftigten Arbeitnehmer in diesem Alter, der seit fast 20 Jahren nicht mehr in einem Land wie Saudi-Arabien eingesetzt worden ist, eine größere Belastung als für einen jüngeren Arbeitnehmer darstellt, wenn er zur Arbeit in ein solches Land entsandt wird. Auch wenn die vom Kläger erst zweitinstanzlich geltend gemachten religiösen, ethischen und kulturellen Grundsätze, die einem Einsatz in Saudi-Arabien entgegenstünden, unberücksichtigt bleiben, sind in diesem Zusammenhang die allgemein bekannten Sicherheitsrisiken einer Reise nach Saudi-Arabien in die Interessenabwägung einzubeziehen. Hierauf hatte der Kläger bereits erstinstanzlich hingewiesen und die vom Auswärtigen Amt veröffentlichen Sicherheitshinweise zu den Akten gereicht. In diesen Hinweisen nach dem Stand vom 07.12.2004 heißt es wörtlich:

"Reisen nach und der Aufenthalt in Saudi-Arabien bedeuten daher ein erhöhtes Risiko. Deutschen, die nach Saudi-Arabien reisen oder sich bereits dort aufhalten, wird empfohlen, kritisch zu prüfen, ob die eigene Reise bzw. der eigene Aufenthalt und der von Familienangehörigen dringend notwendig ist. Andernfalls sollte ein Verzicht auf die Reise bzw. die Ausreise in Betracht gezogen werden."

Vor diesem Hintergrund erscheint es verständlich, dass ein 53jähriger Familienvater mit drei Kindern einem Aufenthalt in Saudi-Arabien mit größeren Bedenken begegnet als ein jüngerer lediger Arbeitnehmer.

Angesichts der Tatsache, dass vier namentlich vom Kläger genannte Kollegen bereit waren, an seiner Stelle den Einsatz in Saudi-Arabien zu übernehmen, konnte die Kammer nicht nachvollziehen, weshalb die Beklagte darauf bestanden hat, dass gerade der Kläger den Auftrag in Saudi-Arabien übernehmen sollte. Unter Berücksichtigung der weiteren Tatsache, dass die Beklagte ca. 50 Ofenbauer beschäftigt und der Auftrag in Saudi-Arabien nach dem Sachvortrag der Beklagten weniger qualifizierte Aufgaben beinhaltete, hätte es nach Auffassung der Kammer nahegelegen, im Wege des Tausches der Einsätze dem Kläger eine andere Tätigkeit zuzuweisen, die den Sicherheitsbedenken des Klägers Rechnung trug. Dass dies auch unter Berücksichtigung der nach Darstellung der Beklagten eingeschränkten Einsatzmöglichkeiten für den Kläger nicht möglich gewesen sein soll, war für die Kammer nicht ersichtlich. Der Geschäftsführer der Beklagten hat im Termin vom 26.01.2006 auf Nachfrage der Kammer eingeräumt, dass ein anderer Arbeitnehmer letztlich den Auftrag in Saudi-Arabien erledigt hat, während der Kläger im Rahmen seiner Beschäftigung während der Kündigungsfrist auf anderen Baustellen eingesetzt war. Dass es hierdurch zu irgendwelchen Betriebsstörungen gekommen ist, hat die Beklagte nicht dargelegt.

War es damit letztlich ohne erkennbare Schwierigkeiten möglich, den Kläger trotz seiner eingeschränkten Einsatzmöglichkeiten - wie in den früheren Jahren auch - auf einer Baustelle in Deutschland bzw. im europäischen Ausland einzusetzen und den Auftrag in Saudi-Arabien einem anderen Arbeitnehmer zuzuweisen, so erscheint es unter Berücksichtigung sämtlicher Gesichtspunkte unbillig, wenn die Beklagte darauf besteht, dass der Kläger entsprechend der von ihr getroffenen einseitigen Leistungsbestimmung den Auftrag in Saudi-Arabien erledigen und deshalb zwecks Beantragung eines Visums seinen Pass vorlegen sollte. Ist die durch die Beklagte vorgenommene Leistungsbestimmung unbillig und damit gemäß § 315 BGB unverbindlich, hat der Kläger durch seine Weigerung, seinen Pass zwecks Beantragung eines Visums für Saudi-Arabien vorzulegen, keine Pflichtverletzung begangen, so dass die deswegen ausgesprochene Kündigung vom 01.03.2005 rechtsunwirksam ist.

2. Der Kläger hat auch einen Anspruch auf Entfernung der Abmahnungen vom 04.02.2005 und 15.02.2005 aus seiner Personalakte. Wie oben aufgezeigt wurde, hat der Kläger durch seine Weigerung, der Beklagten seinen Reisepass zwecks Beantragung eines Visums vorzulegen, damit er den für ihn vorgesehenen Arbeitseinsatz in Saudi-Arabien erfüllen konnte, keine Pflichtverletzung begangen. Denn die einseitige Leistungsbestimmung der Beklagten erscheint unter den hier gegebenen besonderen Umständen als unbillig und ist damit gemäß § 315 BGB unverbindlich. Sind die Abmahnungen damit ungerechtfertigt, so hat der Kläger in entsprechender Anwendung der §§ 242, 1004 BGB einen Anspruch auf Entfernung dieser Abmahnungen aus seinen Personalakten (vgl. Schaub-Linck, Arbeitsrechtshandbuch, 11. Aufl., § 61 Rn. 68 f. m.w.N.).

3. Ist das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 01.03.2005 nicht aufgelöst worden, so ist auch über den vom Kläger im Termin vom 26.01.2006 gestellten Auflösungsantrag zu entscheiden. Dieser Antrag ist zurückzuweisen. Denn der Kläger hat Auflösungsgründe im Sinne des § 9 KSchG nicht dargelegt. Darlegungs- und beweispflichtig für die Gründe, die die Unzumutbarkeit der Fortführung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen sollen, ist der den Auflösungsantrag stellende Arbeitnehmer. Das Gericht darf Tatsachen, die von ihm zur Begründung seines Auflösungsantrages nicht vorgetragen worden sind, selbst dann nicht verwerten, wenn sie offenkundig sind (vgl. BAG, Urteil vom 30.09.1976, EzA § 9 KSchG n.F. Nr. 3). Dies folgt aus dem auch im Verfahren vor den Arbeitsgerichten geltenden Verhandlungsgrundsatz, wonach das Gericht nur von solchen Tatsachen ausgehen darf, die von der jeweils darlegungspflichtigen Partei vorgebracht worden sind. Da nicht ersichtlich ist, auf welche Tatsachen der vom Kläger im Termin vom 26.01.2006 gestellte Auflösungsantrag gestützt werden soll, konnte der Antrag keinen Erfolg haben.

4. Besteht das Arbeitsverhältnis der Parteien demnach über den 31.10.2005 fort, so ist die Beklagte verpflichtet, den Kläger über diesen Zeitpunkt hinaus weiterzubeschäftigen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 92 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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