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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 14.04.2005
Aktenzeichen: 15 Sa 77/05
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 b
KSchG § 9
KSchG § 10
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 16.11.2004 - 1 Ca 584/04 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 8.769,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand: Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung und um einen Auflösungsantrag der Beklagten. Der am 05.04.1956 geborene Kläger ist verheiratet und seiner Ehefrau sowie zwei Kindern gegenüber unterhaltsverpflichtet. Er ist seit dem 28.10.1976 bei der Beklagten beschäftigt und übte zuletzt die Tätigkeit eines Maschinenarbeiters im Betrieb W1xxxxx der Beklagten gegen eine Bruttomonatsvergütung von 2.923,00 EUR aus. Auf das Arbeitsverhältnis finden streitlos die Tarifverträge der Nordrhein-Westfälischen Eisen- und Metallindustrie Anwendung. Gemäß § 3 des Lohnrahmenabkommens ist der Kläger in Lohngruppe 7 eingruppiert. Die Beklagte fertigt Komponenten für den Fahrzeugbau und unterhält Werke in H1xxx-H2xxxxxxxxxx(O1xx)W1xxxxx und in O2xx. An allen drei Standorten beschäftigt sie weit mehr als 5 Arbeitnehmer. In den Betrieben der Beklagten ist jeweils ein Betriebsrat gewählt. Mit Datum vom 16.01.2004 vereinbarte die Beklagte mit dem Betriebsrat des Werkes W1xxxxx folgenden Interessenausgleich: Bei dem Urteil ist hier in der Seite 3 etwas eingescännt, was aus technischen Gründen kann es nicht eingesetzt werden. Das Urteil kann in vollständiger Papierform zum Kostenbeitrag von 12,50 € beim Landesarbeitsgericht angefordert werden Bei dem Urteil ist hier in der Seite 4 etwas eingescännt, was aus technischen Gründen kann es nicht eingesetzt werden. Bei dem Urteil ist hier in der Seite 3 etwas eingescännt, was aus technischen Gründen kann es nicht eingesetzt werden. Neben der Produktion der sogenannten leichten Stabilisatoren in Halle 9 des Werkes W1xxxxx unterhielt die Beklagte in Halle 10 eine Federnherstellung. Daneben existiert in W1xxxxx noch die Halle 12, die im wesentlichen Lagerfunktion hat. Entsprechend der Regelung in Ziffer 3 des genannten Interessenausgleichs war zunächst vereinbart, dass 33 Mitarbeiter des Werkes W1xxxxx in das Werk O2xx versetzt werden sollten. Dementsprechend erhielten alle von der Betriebsänderung betroffenen Mitarbeiter des Werkes W1xxxxx, so auch der Kläger, die Möglichkeit, sich die Arbeitsplätze in O2xx anzuschauen. Im Anschluss an Einzelgespräche mit diesen Mitarbeitern unter Beteiligung eines Betriebsratsmitglieds und der Betriebsleitung des Werkes O2xx versetzte die Beklagte letztlich nur 13 Mitarbeiter nach O2xx. Dem Kläger unterbreitete die Beklagte kein Angebot, seine Tätigkeit in O2xx fortzusetzen, obwohl der Kläger hierzu bereit gewesen wäre. Unter anderem versetzte die Beklagte folgende Mitarbeiter von W1xxxxx nach O2xx: P1xxx 73 Punkte A1xxx 73 Punkte N1xxx R. 109 Punkte B1xxx 66 Punkte L1xxxxxxxx 69 Punkte. Die genannten Mitarbeiter sind wie der Kläger in Lohngruppe 7 eingruppiert. Demgegenüber verfügt der Kläger entsprechend der Anlage "Auswahlrichtlinien" zum Sozialplan vom 16.01.2004 (Bl. 90 f. d.A.) über 116 Punkte. Mit Schreiben vom 18.02.2004 hörte die Beklagte den Betriebsrat des Werkes W1xxxxx zu einer beabsichtigten ordentlichen Kündigung des Klägers an. Wegen der Einzelheiten des Anhörungsschreibens wird auf Bl. 28 ff. d.A. Bezug genommen. Mit Schreiben vom 25.02.2004 teilte der Betriebsrat der Beklagten folgendes mit: "Anhörung zur Kündigung von Herrn G1xxx (geb. 0x.0x.xxxx) Sehr geehrter Herr L2xxxx auf Grund des Beschlusses in der Sitzung am 24.02.2004 widerspricht der Betriebsrat der Kündigung von Herrn G1xxxnach § 102 BetrVG, da im von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite am 16.01.2004 unterschriebenen Interessenausgleich/Sozialplan die Versetzung von 33 Mitarbeitern an den Standort O2xx vereinbart wurde und bei Einhaltung des Interessenausgleich/Sozialplan diese Kündigung nicht erforderlich wäre. Bei Einhaltung der getroffenen Vereinbarungen kann auch Herrn G1xxxein Arbeitsplatz in O2xx angeboten werden, da bis heute lediglich 13 Mitarbeiter versetzt wurden. Da nach heutigem Stand, 25.02.2004, diese Vereinbarung und andere Maßnahmen die vereinbart wurden, wie z.B. das Angebot eines Wechsels in die PEAG (Qualifizierungsgesellschaft) nicht eingehalten werden, widerspricht der Betriebsrat auch aus diesem Grund der Kündigung. Des weiteren widerspricht der Betriebsrat der Kündigung, da nicht beurteilt werden kann, ob die Sozialauswahl nach der Auswahlrichtlinie vom 16.01.2004 eingehalten wurde, da dem Betriebsrat keine Liste nach sozialen Auswahlkriterien vorliegt und Zweifel daran bestehen, dass im Unternehmen keine Arbeitsplätze vorhanden sind mit denen man den Arbeitsplatz von Herrn G1xxx vergleichen kann. Weiterhin kann der Betriebsrat nicht beurteilen, ob der Vergleich der Qualifikation unter allen Mitarbeitern berücksichtigt wurde, da nach Aussagen der betrieblichen Vorgesetzten, diese in die Auswahl der Mitarbeiter nicht einbezogen wurden. Mit freundlichen Grüßen, für den Betriebsrat gez. U1xxxx B2xxxxxxxxxxx." Mit Schreiben vom 26.02.2004, das dem Kläger am 27.02.2004 zuging, erklärte die Beklagte dem Kläger die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.09.2004. Hiergegen erhob der Kläger mit Schriftsatz vom 03.03.2004, der am 05.03.2004 beim Arbeitsgericht Hagen einging, Kündigungsschutzklage. Mit Schriftsatz vom 07.07.2004 legte der Prozessbevollmächtigte des Klägers einen Personaleinsatzplan der 10. Kalenderwoche des Jahre 2004 für die Halle 10 in W1xxxxx vor (Bl. 75 d.A.) und behauptete, der Kläger sei in dieser Zeit mit Arbeiten in Halle 10 beschäftigt worden. Der Kläger könne ohne weitere Umschulungsmaßnahmen sofort Tätigkeiten in Halle 10 bei der Schraubenfedernproduktion übernehmen; durch den vorgelegten Personaleinsatzplan sei bewiesen, dass der Kläger zuletzt in der 10. Kalenderwoche 2004 in Halle 10 tätig gewesen sei. Dementsprechend sei auch die Sozialauswahl mit den in W1xxxxx tätigen Mitarbeitern in Halle 10 fehlerhaft nicht durchgeführt worden. Nachdem die Beklagte darauf hingewiesen hatte, bei dem im oben genannten Personaleinsatzplan aufgeführten Arbeitnehmer mit dem Nachnamen des Klägers handele es sich um einen anderen Arbeitnehmer, was sich schon aus den dort aufgeführten Personalnummern ergebe, erklärte der Prozessbevollmächtigte des Klägers, es habe sich insoweit um ein Missverständnis zwischen ihm und dem Kläger gehandelt. Wegen dieses Vorgangs erklärte die Beklagte dem Kläger in der Folge eine weitere Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen. Die hiergegen vom Kläger vor dem Arbeitsgericht Hagen erhobene Kündigungsschutzklage wird derzeit bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Rechtsstreits von den Parteien einvernehmlich nicht betrieben. Der Kläger hat weiter vorgetragen, die Beklagte habe im Zusammenhang mit der gegenüber dem Betriebsrat und ausweislich des Interessenausgleichs vom 16.01.2004 vertragsweise übernommenen vorrangigen Fortsetzung der Beschäftigung für insgesamt 33 Arbeitnehmer aus der Gruppe der gekündigten Mitarbeiter des Werkes W1xxxxx, Halle 9, eine Besichtigungsfahrt in das Werk der Beklagten in O2xx organisiert. Insgesamt 26 Arbeitnehmer aus dieser Gruppe hätten die Zusage erhalten, dass sie nach O2xx versetzt würden. Im Ergebnis habe die Beklagte dann jedoch nicht 33 Arbeitnehmer auf den Alternativ-Arbeitsplätzen in O2xx beschäftigt, sondern nur 13 Arbeitnehmer. Im übrigen habe die Beklagte bei der Besetzung der in O2xx befindlichen Alternativ-Arbeitsplätze soziale Kriterien nicht beachtet. Auch dies mache die Kündigung sozialwidrig. Darüber hinaus habe die Beklagte trotz Aufforderung die Sozialauswahl nicht hinreichend dargelegt. Die Beklagte beschäftige im Betrieb W1xxxxx insgesamt noch 120 Mitarbeiter, die alle mit ihm, dem Kläger, vergleichbar seien. Er, der Kläger, kenne die Namen, Anschriften und exakten Qualifikationsmerkmale der 120 Arbeitnehmer im Werk W1xxxxx nicht. Er könne aber in Halle 10 weiterbeschäftigt werden; er habe dort bereits als Schweißer gearbeitet. Auch im Versand des Werkes W1xxxxx könne er problemlos tätig werden; er habe dort bereits vertretungsweise gearbeitet. Unabhängig davon könne er auch im Werk Hwxxxxxxxxxx der Beklagten eingesetzt werden. Schließlich bestreite er die ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung, insbesondere auch im Hinblick auf die Sozialauswahl. Da die Kündigung vom 26.02.2004 unwirksam sei, müsse die Beklagte ihn zu unveränderten Bedingungen weiterbeschäftigen. Der Kläger hat beantragt, 1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 26.02.2004 nicht aufgelöst worden ist, 2. hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1) die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu den bisherigen Arbeitsbedingungen auf dem bisher angestammten Arbeitsplatz als Maschinenarbeiter weiter zu beschäftigen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise, das Arbeitsverhältnis zum Kläger gegen Zahlung einer Abfindung, die in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, durch Urteil aufzulösen. Der Kläger hat beantragt, den Auflösungsantrag zurückzuweisen. Die Beklagte hat vorgetragen, sie habe im Sommer des Jahres 2003 die unternehmerische Entscheidung getroffen, die in der sogenannten Halle 9 angesiedelte Stabilisatorenfertigung komplett einzustellen. Hierdurch sei der Arbeitsplatz des Klägers entfallen. Im Werk W1xxxxx werde sie zukünftig nur noch Schraubenfedern fertigen. Eine Sozialauswahl mit den Mitarbeitern, die in W1xxxxx in der Federnproduktion oder im Lager arbeiteten, komme nicht in Betracht, da diese Tätigkeiten andere Qualifikationen erforderten. Bestritten werde, dass der Kläger auf allen Arbeitsplätzen in der sogenannten Halle 10 eingesetzt werden könne. Richtig sei, dass er von Anfang 1986 bis Ende Februar 1991 in Halle 10 eingesetzt gewesen sei. Im Zuge der Technisierung seien diese Arbeitsplätze seinerzeit auf computergesteuerter Roboterfertigung umgestellt worden. Da der Kläger bereits damals aufgrund dieser technischen Neuerungen dort nicht mehr einsetzbar gewesen sei, sei er in der Folgezeit nur noch in Halle 9 eingesetzt worden. Auch eine Vergleichbarkeit mit den Arbeitnehmern in Halle 12 sei nicht gegeben. Der Kläger sei auch nicht vergleichbar mit den Mitarbeitern, die letztlich nach O2xx gewechselt seien. Die Tätigkeiten, die diese Arbeitnehmer in O2xx auszuführen hätten, erforderten eine Einarbeitungszeit von mehr als 6 Monaten. Nicht bestritten werde, dass ursprünglich im Interessenausgleich vereinbart gewesen sei, dass 33 Mitarbeiter in das Werk O2xx versetzt werden sollten. Aufgrund veränderter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen, die sich erst nach Abschluss des Interessenausgleichs vom 16.01.2004 ergeben hätten, sei der Betrieb in O2xx aus betriebsbedingten Gründen nicht in der Lage, 33 Mitarbeiter aufzunehmen. Aus diesem Grunde habe sie, die Beklagte mit dem Betriebsrat des Werkes W1xxxxx in Abänderung des Interessenausgleichs vom 16.01.2004 vereinbart, dass anstelle der ursprünglich geplanten 33 Mitarbeiter lediglich 13 Mitarbeiter in das Werk O2xx versetzt würden. Auch die Betriebsratsanhörung könne nicht beanstandet werden. Insbesondere sei der Betriebsrat vor der Anhörung vom 18.02.2004 umfassend über die Einsatzmöglichkeiten der von den Betriebsänderungen betroffenen Mitarbeiter am Standort in O2xx informiert worden. Dem Betriebsrat sei bekannt gewesen, dass der Kläger mit den nach O2xx versetzten Mitarbeitern nicht vergleichbar gewesen sei. Für den Fall der Sozialwidrigkeit sei das Arbeitsverhältnis jedenfalls gemäß §§ 9, 10 KSchG aufzulösen. Denn die Weiterbeschäftigung des Klägers sei für sie nicht zumutbar. Dies folge aus dem objektiv falschen Vortrag zur angeblichen Tätigkeit in Halle 10 während der 10. Kalenderwoche 2004. Der Kläger mache es sich zu einfach, wenn sein Anwalt in diesem Zusammenhang von einem "Missverständnis" spreche. Sie, die Beklagte, gehe davon aus, dass dieser Vortrag bewusst wahrheitswidrig in das Verfahren eingeführt worden sei. Durch Urteil vom 16.11.2004 hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 26.02.2004 nicht aufgelöst worden ist. Die Klage auf Weiterbeschäftigung des Klägers hat das Arbeitsgericht abgewiesen und den Auflösungsantrag der Beklagten zurückgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils verwiesen, das dem Kläger am 22.12.2004 zugestellt worden ist. Hiergegen hat der Kläger zunächst mit Schriftsatz vom 11.01.2005, der am 13.01.2005 beim Landesarbeitsgericht einging, unter gleichzeitiger Begründung Berufung eingelegt. Im Termin vom 14.04.2005 hat der Kläger seine Berufung zurückgenommen. Die Beklagte, der das Urteil des ersten Rechtszuges ebenfalls am 22.12.2004 zugestellt worden ist, hat gegen das arbeitsgerichtliche Urteil mit Schriftsatz vom 17.01.2005, der am 18.01.2005 beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist, Berufung eingelegt und die Berufung - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 22.03.2005 - am 18.03.2005 begründet. Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte vor, die Kündigung vom 26.02.2004 sei nicht als sozialwidrig anzusehen. Nach den mit dem Betriebsrat vereinbarten Auswahlrichtlinien errechne sich für den Kläger eine Punktzahl von 116. Richtig sei, dass von den Mitarbeitern, die in O2xx weiterbeschäftigt würden, 5 Mitarbeiter eine geringere Punktzahl aufwiesen als der Kläger. Diese Mitarbeiter seien aber mit dem Kläger nicht vergleichbar. Aufgrund ihrer bereits in der Vergangenheit erworbenen Vorkenntnisse seien diese Mitarbeiter nach kurzer Einarbeitung im Werk O2xx problemlos einsetzbar gewesen. Hilfsweise sei das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung, die in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, durch Urteil aufzulösen. Der Kläger habe mit Schriftsatz vom 07.07.2004 unter Vorlage der Personalbesetzungsliste wahrheitswidrig behauptet, er habe in der 10. Kalenderwoche in der sogenannten Halle 10 gearbeitet. Mit Schriftsatz vom 16.08.2004 habe sie, die Beklagte, substantiiert dargelegt, dass dieser Sachvortrag des Klägers falsch sei. Im Kammertermin vom 07.09.2004 vor dem Arbeitsgericht habe die Klägerseite zunächst keine Anstalten gemacht, in irgendeiner Form auf diesen Sachverhalt einzugehen. Erst auf Nachfrage ihres Prozessbevollmächtigten habe der Prozessbevollmächtigte des Klägers lapidar erklärt, es habe sich um ein Missverständnis gehandelt. Der Kläger selbst habe zu diesem Sachverhalt keinerlei Erklärung abgegeben. Nicht nachvollziehbar sei, worin das angebliche "Missverständnis" beruhen soll. Nicht nachvollziehbar sei auch, weshalb es sich lediglich um einen einmaligen Vorgang handeln solle, der das Arbeitsverhältnis zukünftig nicht belasten werde. Insbesondere das Verhalten der Klägerseite nach Richtigstellung des Sachverhalts durch sie, die Beklagte, belege, dass Gründe gegeben seien, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Parteien nicht erwarten ließen. Sie, die Beklagte, könne nicht ausschließen, dass der Kläger auch zukünftig unwahre Behauptungen aufstelle und, falls dies "auffalle", sich ohne weitere Angaben mit lapidaren Bemerkungen herauszureden versuche. Die Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 16.11.2004 - 1 Ca 584/04 - abzuändern und die Klage abzuweisen, hilfsweise, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung, die ein das Ermessen des Gerichts gestellt ist, durch Urteil aufzulösen. Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen. Er verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und trägt vor, die Beklagte habe sozial weniger schutzwürdige Mitarbeiter in O2xx weiterbeschäftigt, wobei diese Mitarbeiter mit ihm, dem Kläger, vergleichbar gewesen seien. Er, der Kläger, bestreite die von der Beklagten nunmehr ins Feld geführten Spezifizierungen und Vorkenntnisse der 5 Arbeitnehmer, die von der Beklagten trotz geringerer Punktzahl in O2xx weiter beschäftigt würden. Er sei in der Lage, all diejenigen Tätigkeiten, die in O2xx anfielen, ebenso zu erledigen wie die genannten 5 Mitarbeiter. Das Indiz der Einordnung der 5 Arbeitnehmer in dieselbe Lohngruppe, in der auch er, der Kläger, eingruppiert sei, habe die Beklagte durch ihren neuen Sachvortrag nicht beiseite schieben können. Auch der Auflösungsantrag der Beklagten sei unbegründet. Von einer Zerrüttung der Vertrauensbasis zwischen den Parteien könne nicht ausgegangen werden. Sein, des Klägers, Prozessbevollmächtigter habe die Personalbesetzungsliste für die 10. Kalenderwoche 2004 von einem seiner Mandanten erhalten, wisse allerdings nicht mehr, von welchem Mandanten. Sein Prozessbevollmächtigter habe neben den Klägern G1xxx und G2xxxx noch weitere Arbeitnehmer der Beklagten vertreten. Sein Prozessbevollmächtigter habe diese Liste dann durchgearbeitet, um festzustellen, ob einer seiner Mandanten im fraglichen Zeitraum in Halle 10 eingesetzt worden sei. Da für seinen Prozessbevollmächtigten unzweifelhaft gewesen sei, dass seine Mandanten in der Vergangenheit bereits in Halle 10 eingesetzt gewesen seien, allerdings möglicherweise zu einem anderen Zeitpunkt, sei es bei dem Sachvortrag zu dem besagten Missverständnis gekommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Entscheidungsgründe: I. Die Berufung der Beklagten, die nach Rücknahme der Berufung des Klägers allein Gegenstand des Verfahrens ist, ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. II. Der Sache nach bleibt die Berufung der Beklagten indes erfolglos. Denn das Arbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 26.02.2004 nicht aufgelöst worden ist. Darüber hinaus hat das Arbeitsgericht den Auflösungsantrag zu Recht zurückgewiesen. 1. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Kündigung vom 26.02.2004, die dem Kläger am 27.02.2004 zugegangen ist, nicht sozial gerechtfertigt im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG, das streitlos auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar ist. Dies hat der Kläger rechtzeitig im Sinne des § 4 KSchG gerichtlich geltend gemacht. a) Die erkennende Kammer geht - wie das Arbeitsgericht - davon aus, dass durch Aufgabe der Fertigung der leichten Stabilisatoren am Standort W1xxxxx die Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger an seinem angestammten Arbeitsplatz in der sogenannten Halle 9 entfallen ist. Die dieser Maßnahme zugrundeliegende unternehmerische Organisationsentscheidung ist von den Arbeitsgerichten nicht auf ihre Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit hin zu überprüfen. Eine gerichtliche Überprüfung kann sich nur darauf erstrecken, ob die Unternehmerentscheidung offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (sogenannte Missbrauchskontrolle; vgl. etwa BAG, Urteil vom 26.09.1996, EZA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 86 m.w.N.). Tatsächliche Anhaltspunkte, die den Schluss hierauf zulassen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. b) Auch wenn danach die Möglichkeit, den Kläger an seinem bisherigen Arbeitsplatz in der sogenannten Halle 9 in W1xxxxx weiterzubeschäftigen, aufgrund der unternehmerischen Entscheidung der Beklagten, die dortige Fertigung der leichten Stabilisatoren aufzugeben, weggefallen ist, ist die aus diesem Anlass ausgesprochene Kündigung nur dann durch ein dringendes betriebliches Erfordernis "bedingt", wenn der Arbeitgeber keine Möglichkeit hat, den Arbeitnehmer anderweitig zu beschäftigen. Dies folgt aus dem "ultima ratio-Grundsatz", dem vor allem bei der betriebsbedingten Kündigung maßgebliche Bedeutung zukommt (vgl. BAG, AP Nr. 8 zu § 2 KSchG 1969). Der nach der Generalklausel des § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG zu prüfende "ultima ratio-Grundsatz" ist in § 1 Abs. 2 S. 2 KSchG normativ konkretisiert. Nach § 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 b KSchG ist eine Kündigung dann sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann und der Betriebsrat frist- und formgerecht widersprochen hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die erkennende Kammer sich anschließt, haben die nachträglich in das Kündigungsschutzgesetz eingefügten Widerspruchstatbestände zugleich eine Verbesserung des individuellen Kündigungsschutzes bewirkt und sind daher auch ohne Widerspruch des Betriebsrats im Rahmen der Generalklausel des § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG zu berücksichtigen (vgl. BAG, Urteil vom 17.05.1984, NZA 1985, 489). Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Gesichtspunkte kann die Kündigung vom 26.02.2004 nicht als sozial gerechtfertigt angesehen werden. Denn im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bestand die Möglichkeit, den Kläger auf einem freien Arbeitsplatz in einem anderen Betrieb der Beklagten weiterzubeschäftigen. aa) Nach dem eigenen Sachvortrag der Beklagten war ursprünglich im Interessenausgleich vom 16.01.2004 vereinbart worden, dass 33 Mitarbeiter des Werkes W1xxxxx, die von der Betriebsänderung betroffen waren, in das Werk O2xx versetzt werden sollten. Dementsprechend hat die Beklagte im Januar 2004 allen von der Betriebsänderung betroffenen Mitarbeitern des Werkes W1xxxxx, unter anderem auch dem Kläger, die Möglichkeit eingeräumt, sich die Arbeitsplätze in O2xx anzuschauen. Angesichts dessen ist davon auszugehen, dass im Zeitpunkt des Abschlusses des Interessenausgleichs am 16.01.2004 in O2xx 33 freie Arbeitsplätze zur Verfügung standen. In seinem Widerspruch vom 25.02.2004 zur beabsichtigten Kündigung des Klägers hat der Betriebsrat hierzu ausgeführt, im Interessenausgleich vom 16.01.2004 sei die Versetzung von 33 Mitarbeitern an den Standort O2xx vereinbart worden; bei Einhaltung des Interessenausgleichs sei die Kündigung des Klägers nicht erforderlich gewesen; dem Kläger habe ein Arbeitsplatz in O2xx angeboten werden können, da bis heute lediglich 13 Mitarbeiter versetzt worden seien. Hieraus konnte die Kammer nur schließen, dass im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung noch 20 Arbeitsplätze in O2xx, die für die von der Betriebsänderung in W1xxxxx betroffenen Arbeitnehmer, so auch für den Kläger, vorgesehen waren, noch unbesetzt waren. bb) Aus welchen Gründen die Beklagte die zur Zeit der Kündigung im Februar 2004 offensichtlich noch freien 20 Arbeitsplätze im Betrieb O2xx nicht besetzt hat, war für die Kammer nicht ersichtlich. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang lediglich vorgetragen, aufgrund veränderter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen, die sich erst nach Abschluss des Interessenausgleichs vom 16.01.2004 ergeben hätten, sei der Betrieb in O2xx aus betriebsbedingten Gründen nicht in der Lage gewesen, 33 Mitarbeiter aufzunehmen. Diesem Sachvortrag lässt sich weder entnehmen, aufgrund welcher konkreten Umstände die weiteren 20 Arbeitsplätze in O2xx, die im Zeitpunkt der Kündigung des Klägers offensichtlich noch frei waren, weggefallen sind, noch lässt das Vorbringen Rückschlüsse darauf zu, zu welchem Zeitpunkt dies gewesen sein soll. Angesichts der Tatsache, dass nach dem eigenen Sachvortrag der Beklagten im Werk O2xx insgesamt 33 Arbeitsplätze für Mitarbeiter des Werkes W1xxxxx, die, wie der Kläger, von der Betriebsänderung betroffen waren, zur Verfügung standen, von denen nur 13 Arbeitsplätze durch Versetzung betroffener Arbeitnehmer aus dem Werk W1xxxxx besetzt worden sind, konnte die Kammer nur davon ausgehen, dass im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung 20 Arbeitsplätze im Werk O2xx noch nicht besetzt waren. Unter diesen Umständen hätte es der Darlegung konkreter, ggfls. einer Beweisaufnahme zugänglicher Tatsachen durch die Beklagte bedurft, die den Schluss darauf zulassen, die in Frage stehenden 20 weiteren Arbeitsplätze in O2xx hätten bereits im Zeitpunkt der Kündigung nicht mehr zur Verfügung gestanden. 2. Ist das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 26.02.2004 nicht aufgelöst worden, so ist auch über den hilfsweise von der Beklagten gestellten Auflösungsantrag zu entscheiden. Diesen Antrag hat das Arbeitsgericht zutreffend zurückgewiesen. Denn es liegen keine Gründe vor, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Der Beklagten ist zwar zuzugeben, dass ein vorsätzlich wahrheitswidriger Sachvortrag des Arbeitnehmers, um den Prozess zu seinen Gunsten zu beeinflussen, grundsätzlich geeignet sein kann, die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gemäß §§ 9, 10 KSchG zu begründen. Allerdings konnte die Kammer angesichts des ergänzenden Vorbringens des Prozessbevollmächtigten des Klägers im Termin vom 14.04.2005 nicht davon ausgehen, dass der objektiv falsche Sachvortrag des Klägers im Zusammenhang mit der Vorlage der Personalbesetzungsliste für die 10. Kalenderwoche 2004 vorsätzlich erfolgt ist. Nach dem Sachvortrag des Klägers, dem die Beklagte nicht weiter entgegengetreten ist, beruhte der falsche Vortrag offensichtlich auf einem Missverständnis des Prozessbevollmächtigten des Klägers. Dass der Kläger dieses Missverständnis durch vorsätzliche Falschinformation seines Prozessbevollmächtigten veranlasst haben könnte, ist unter Berücksichtigung des unbestritten gebliebenen Sachvortrag des Klägers im Termin vom 14.04.2005 nicht ersichtlich. Unter diesen Umständen kommt eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses auf Antrag der Beklagten nicht in Betracht. III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Der Streitwert hat sich unter Berücksichtigung der zurückgenommenen Berufung des Klägers auf 8.769,00 EUR ermäßigt. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

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