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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 28.09.2006
Aktenzeichen: 15 Sa 944/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 127
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 15.02.2006 - 2 Ca 3218/04 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 375,58 EUR.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, das Gehalt der Klägerin entsprechend den Tarifabschlüssen des öffentlichen Dienstes für das Jahr 2004 zu erhöhen.

Die am 12.05.1961 geborene und verheiratete Klägerin ist seit dem 01.05.1988 bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin als Altenpflegehelferin in deren Seniorenzentrum in G1xxxxxxxxxxx in Vollzeit beschäftigt. Die Klägerin erhielt zuletzt ein Gehalt in Höhe von 2.245,37 € brutto. Dem Arbeitsverhältnis der Parteien liegt ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 03.05.1988 zugrunde, den die Klägerin mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten geschlossen hat. Wegen der Einzelheiten des schriftlichen Arbeitsvertrages wird auf Bl. 5 ff. d.A. Bezug genommen.

Nachdem die Rechtsvorgängerin der Beklagten im Jahre 1999 insolvent geworden war, stand das Pflegeheim, in dem die Klägerin beschäftigt war, zunächst unter vorläufiger Verwaltung der Treuhand West GmbH Gelsenkirchen. Im Rahmen ihrer Bemühungen, den Betrieb des Seniorenzentrums in G1xxxxxxxxxxx zu übernehmen, traf die Beklagte mit der ÖTV-Kreisverwaltung Gelsenkirchen unter dem Datum des 01.10.1999 eine Vereinbarung, die folgenden Wortlaut hat:

"1.

Die Seniorencentrum C1xx G1xxxxxxxxxxx Betriebs Gesellschaft mbH hat durch schriftlichen Mietvertrag vom 10. Juli 1999 das Gebäudegrundstück in G1xxxxxxxxxxx, L2xxxxxxxxxx 61 - 62, angemietet. Die Inbesitznahme des Gebäudegrundstücks nebst Inventar soll zum 1. Oktober 1999 erfolgen.

Parallel zum Abschluss des Mietvertrages hat die C1xx mit den Pflegekassen unter dem 20. September 1999 einen Versorgungsvertrag abgeschlossen, der auf den Betrieb einer Alten- und Pflegeeinrichtung am Standort G1xxxxxxxxxxx, L2xxxxxxxxxx 61 - 62, ausgerichtet ist. Die C1xx wird zum 1. Oktober 1998 den Betrieb der Alten- und Pflegeeinrichtung aufnehmen.

Mit der vorliegenden Vereinbarung soll betreffend der am Standort G1xxxxxxxxxxx, L2xxxxxxxxxx 61 - 62, gegenwärtig im Bereich Pflege und Hauswirtschaft beschäftigten Arbeitnehmern, soweit diese in den Anwendungsbereich des § 613 a BGB fallen, eine Regelung getroffen werden. Im Hinblick auf die gesetzliche Bestimmung des § 613 a BGB ist es das Ziel der C1xx und der ÖTV, die Grundlagen der Übernahme der Arbeitnehmer durch die C1xx zu konkretisieren. In diesem Sinne ist die vorliegende Vereinbarung als eine solche zugunsten Dritter, nämlich der Arbeitnehmer, die in den Anwendungsbereich des § 613 a BGB fallen, zu verstehen und zwar mit der Maßgabe, dass die vorgenannten Arbeitnehmer der Vereinbarung innerhalb einer Frist von drei Wochen nach Zugang schriftlich zustimmen. Die C1xx bietet daher den vormals am Ort der Betriebsstätte G1xxxxxxxxxxx, L2xxxxxxxxxx 61 - 62 im Bereich der Pflege und der Hauswirtschaft beschäftigten Arbeitnehmern, soweit diese in den Anwendungsbereich des § 613 a BGB fallen, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem Zeitpunkt der tatsächlichen Aufnahme der Betriebstätigkeit durch die C1xx am Standort G1xxxxxxxxxxx, L2xxxxxxxxxx 61 - 62 zu den nachfolgenden Bedingungen an:

a)

Das Arbeitsverhältnis mit dem am Standort G1xxxxxxxxxxx, L2xxxxxxxxxx 61 - 62 im Bereich Pflege und Hauswirtschaft beschäftigten Arbeitnehmern - soweit diese in den Anwendungsbereich des § 613 a BGB fallen - wird zu den bisherigen Arbeitsvertragsbedingungen unverändert fortgesetzt. Die Arbeitnehmer werden auf Anfordern der C1xx Abschriften der Arbeitsverträge nebst etwaigen Zusatzvereinbarungen zur Verfügung stellen und ggfls. Einsicht in die Originalunterlagen gewähren.

b)

Für das Kalenderjahr 1999 wird die C1xx an die vorgenannten Beschäftigten ein anteiliges Weihnachtsgeld in Höhe von 3/12 entrichten. Dies setzt die tatsächliche Aufnahme der Betriebstätigkeit zum 1. Oktober 1999 voraus. Die Zahlung des Weihnachtsgeldes von 3/12 durch die C1xx erfolgt auf freiwilliger Basis ohne Anerkennung einer Rechtspflicht. Die Arbeitnehmer werden darauf hingewiesen, dass durch die Zahlung kein Rechtsanspruch für die Zukunft begründet wird. Grundlage der Zahlung für 1999 ist ein Weihnachtsgeld in Höhe von 100 % des monatlichen Grundgehaltes. Beschäftigte, die ihre Tätigkeit erst im Laufe des Jahres 1999 aufgenommen haben, erhalten das Weihnachtsgeld nur pro rata temporis. Voraussetzung für die Zahlung des Weihnachtsgeldes ist weiterhin eine Beschäftigung zum Stichtag, nämlich dem 30. November 1999. Bei einem Ausscheiden vor dem 30. November 1999 wird kein Weihnachtsgeld entrichtet.

Betreffend des weiteren Anteils des Weihnachtsgeldes von 9/12 wird unter den vorgenannten Bedingungen eine Auszahlung nur erfolgen, sofern der eingesetzte Treuhänder die entsprechenden Beträge zur Verfügung stellt. Die C1xx wird sich beim Treuhänder um die Freigabe der Beträge bemühen.

c)

Die C1xx wird ab dem 1. Oktober 1999 - die Aufnahme der tatsächlichen Betriebstätigkeit vorausgesetzt - die Grundgehälter der Beschäftigten auf der Grundlage des Tarifabschlusses des öffentlichen Dienstes um 3,1 % erhöhen. Für den Zeitraum April bis September 1999 wird sich die C1xx beim Treuhänder um eine Übernahme der anteiligen Gehaltserhöhung von 3,1 % und der auf der Grundlage des Tarifabschlusses vereinbarten Einmalzahlung von DM 300,-- bemühen. Die C1xx weist die Mitarbeiter darauf hin, dass die Übernahme der 3,1 % durch den Treuhänder ungewiss ist.

2.

Die C1xx bestätigt den vorgenannten Arbeitnehmern weiterhin, dass ab dem Kalenderjahr 2000 auf der Grundlage der Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst zum BAT und BMT-GII die vereinbarten prozentualen Gehaltserhöhungen an die vorgenannten Beschäftigten weitergegeben werden.

3.

Die C1xx und die ÖTV stellen klar, dass diese Vereinbarung nur für die am Standort G1xxxxxxxxxxx, L2xxxxxxxxxx 61 - 62, Beschäftigten des Pflege- und Hauswirtschaftsbereiches - soweit diese in den Anwendungsbereich des § 613 a BGB fallen - gilt, die innerhalb von drei Wochen nach Kenntniserlangung von der Vereinbarung den Regelungen vorbehaltlos schriftlich zustimmen. Die Vereinbarung findet keine Anwendung auf solche Beschäftigten, die ab dem 1. Oktober 1999 von der C1xx neu eingestellt werden. Ebenso wenig findet die Vereinbarung Anwendung auf solche Mitarbeiter, die in der Vergangenheit außerhalb des vorgenannten Standortes beschäftigt worden sind.

Weiterhin bekräftigen die C1xx und die ÖTV ihren Willen, ab dem 1. Januar 2000 in Tarifverhandlungen einzutreten. Hierbei geht die Vorstellung der C1xx dahin, einen Haustarifvertrag abzuschließen. Es wird eine Vereinheitlichung und eine Ablösung der bisherigen arbeitsvertraglichen Regelungen durch einen einheitlichen Mantel- und Gehaltstarifvertrag angestrebt."

Mit Wirkung zum 01.11.1999 ging der Betrieb des Pflegeheimes, in dem die Klägerin beschäftigt ist, auf die Beklagte über. Die Klägerin setzte ihre Tätigkeit bei der Beklagten unverändert fort. Eine schriftliche Zustimmung zu den in der genannten Vereinbarung vom 01.10.1999 genannten Arbeitsbedingungen durch die Klägerin erfolgte nicht. In der Folgezeit erhöhte die Beklagte das Gehalt der Klägerin in den Jahren 2000 bis 2003 jeweils entsprechend den Tarifabschlüssen für den öffentlichen Dienst.

Nach dem Tarifergebnis im öffentlichen Dienst für das Kalenderjahr 2004 in Nordrhein-Westfalen wurde für die Beschäftigten für die Zeit von Januar bis April 2004 eine Tariferhöhung um 1 % und ab Mai 2004 um ein weiteres Prozent sowie eine Einmalzahlung für den Monat November 2004 in Höhe von 50,00 € vereinbart. Da die Beklagte das Gehalt der Klägerin nicht dementsprechend erhöhte, machte die Klägerin mit Schreiben vom 02.11.2004 der Beklagten gegenüber ihre Gehaltserhöhungsansprüche für die Zeit von Januar bis November 2004 in rechnerisch nicht streitiger Höhe von 375,58 € geltend. Mit vorliegender Klage, die am 23.12.2004 beim Arbeitsgericht Gelsenkirchen einging, verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche weiter.

Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe Anspruch auf Erhöhung ihres Gehaltes entsprechend der Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst zum BAT und BMT-GII. Die Vereinbarung der Beklagten mit der ÖTV vom 01.10.1999 sei tatsächlich bis zum Jahre 2003 vollzogen worden. Die Parteien seien von der Wirksamkeit der Vereinbarung ausgegangen und hätten diese tatsächlich auch angewendet. Eine Zahlungsverpflichtung der Beklagten könne nicht deshalb verneint werden, weil sie, die Klägerin, der Vereinbarung nicht schriftlich innerhalb von drei Wochen zugestimmt habe. Die Zustimmung sei damals kollektiv über den seinerzeit bestehenden Betriebsrat unter Mitwirkung des ihn betreuenden Gewerkschaftssekretärs der Gewerkschaft ÖTV erteilt worden. Der Zeuge P2xxxx als Gewerkschaftssekretär der damaligen ÖTV habe die Verhandlungen über die Vereinbarung vom 01.10.1999 selbst geführt. Es sei vereinbart worden, dass er die Arbeitnehmer in dieser Sache auch weiterhin habe vertreten dürfen. Bei allen Beteiligten habe Einvernehmen darüber bestanden, dass diese Erklärung ausreiche und die Vereinbarung Gültigkeit haben solle. Unter diesen Umständen müsse die Schriftform als konkludent abbedungen angesehen werden. Zudem habe es im März 1999 eine Betriebsversammlung gegeben, auf der der Zeuge P2xxxx bekannt gegeben habe, dass es zu einer Vereinbarung zwischen der ÖTV und der Geschäftsleitung der Beklagten gekommen sei. Der Zeuge P2xxxx habe dann die Eckdaten dieser Vereinbarung vorgestellt. Es habe zwar keine ausdrückliche Abstimmung hierüber durch die anwesenden Arbeitnehmer der Beklagten gegeben. Sie, die Klägerin, habe aber - wie die anderen Anwesenden - der Vereinbarung vom 01.10.1999 ausdrücklich zugestimmt.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 375,58 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen sowie die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

Sie hat vorgetragen, die in der Vereinbarung vom 01.10.1999 genannten Bedingungen, zu denen das Arbeitsverhältnis der Parteien im Falle des Betriebsübergangs habe fortgesetzt werden sollen, seien nicht rechtswirksam Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien geworden. Denn die Klägerin habe der Vereinbarung vom 01.10.1999 nicht innerhalb von drei Wochen nach Kenntnis schriftlich zugestimmt. Die Vereinbarung vom 01.10.1999 habe ausdrücklich geregelt, dass jeder einzelne Arbeitnehmer seine Zustimmung erteilen müsse. Die Möglichkeit, eine kollektive Zustimmung über den Betriebsrat zu erteilen, habe die Vereinbarung nicht vorgesehen. Auch die Mitwirkung des betreuenden Gewerkschaftssekretärs der Gewerkschaft ÖTV könne der Vereinbarung vom 01.10.1999 nicht zur Wirksamkeit verhelfen. Der Gewerkschaftssekretär sei nicht Vertreter der Arbeitnehmer gewesen und habe für diese keine individualrechtlichen Erklärungen abgeben können. Im Übrigen müsse auf § 11 des schriftlichen Arbeitsvertrages verwiesen werden, wonach jede Ergänzung oder Änderung der Schriftform bedürfe.

Unerheblich sei, dass sie, die Beklagte, bis zum 31.12.2003 die Tariferhöhungen aus den Tarifabschlüssen des öffentlichen Dienstes an die Klägerin weitergegeben habe. Sie, die Beklagte, habe sich nur irrtümlich zur Leistung verpflichtet geglaubt und in diesem Bewusstsein rechtsgrundlos Leistungen erbracht. Nachdem sie ihren Irrtum festgestellt und die Situation überprüft gehabt habe, habe sie die Leistung für die Zukunft eingestellt. Die Klägerin handele arglistig, wenn sie sich nunmehr darauf berufe, dass sie, die Beklagte, aufgrund ihres Verhaltens in der Vergangenheit verpflichtet sei, ihr auch in Zukunft die Tariferhöhungen zu gewähren.

Im Übrigen seien auch die Ausschlussfristen nach § 10 des Arbeitsvertrages der Parteien nicht eingehalten worden. Die Klägerin habe erstmals mit Schreiben vom 02.11.2004 ihre Zahlungsansprüche erhoben. Sie habe damit die Ansprüche bis August 2004 nicht fristgerecht geltend gemacht. Unerheblich sei, dass die zweite Stufe der Ausschlussklausel unter Berücksichtigung der Neuregelungen des Schuldrechts möglicherweise als zu kurz bemessen angesehen werden könne. Beim Arbeitsvertrag der Parteien handele es sich um einen sogenannten Altvertrag, der vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes abgeschlossen worden sei. Unter diesen Umständen sei die entsprechende Vertragsklausel nicht per se nichtig, sondern unter Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsparteien entsprechend auszulegen. Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion gelte nur für Neuverträge. Dementsprechend sei die zweite Stufe der Ausschlussfrist auf drei Monate zu verlängern.

Durch Urteil vom 15.02.2006 hat das Arbeitsgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt und die Berufung zugelassen. Gegen dieses Urteil, das der Beklagten am 17.05.2006 zugestellt worden ist, richtet sich die Berufung der Beklagten, die am 01.06.2006 beim Landesarbeitsgericht eingegangen und - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 17.08.2006 - am 09.08.2006 begründet worden ist.

Die Beklagte vertritt weiter die Auffassung, der Klägerin stehe der von ihr geltend gemachte Zahlungsanspruch nicht zu. Die Vereinbarung vom 01.10.1999 sei vor dem Hintergrund des Gesamtzusammenhangs der Vereinbarung auszulegen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Parteien der Vereinbarung vom 01.10.1999 offensichtlich keine dogmatisch korrekten Formulierungen gewählt, sondern eher laienhaft formuliert hätten. Dies ergebe sich bereits daraus, dass die Vereinbarung unter keinem Gesichtspunkt die Bestimmung des § 613 a BGB konkretisiere. Aus dem Wortlaut der Vereinbarung ergebe sich jedoch, dass den Arbeitnehmern zusätzliche Ansprüche hätten eingeräumt werden sollen, die sich aus § 613 a BGB nicht ergäben, sondern darüber hinausgingen. Nach der zu § 613 a BGB ergangenen Rechtsprechung würden Tarifverträge, die bislang auf das Arbeitsverhältnis angewendet worden seien, im Falle des Betriebsübergangs auf einen nicht organisierten Arbeitgeber mit dem Stand "eingefroren", der im Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestanden habe. Etwaige Tariferhöhungen, die nach dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs Wirkung entfalteten oder von den Tarifvertragsparteien vereinbart würden, seien danach nicht mehr an die Arbeitnehmer weiterzugeben, deren Arbeitsverhältnisse auf einen nicht tarifgebundenen Arbeitgeber übergegangen seien. Die Vereinbarung vom 01.10.1999 sehe aber die Weitergabe von Tariferhöhungen vor.

Die Auffassung, bei der Vereinbarung vom 01.10.1999 handele es sich insoweit um einen Vertrag zu Gunsten Dritter im Sinne des § 328 BGB, sei ebenfalls unzutreffend. Denn bei einem Vertrag zu Gunsten Dritter wirke der Dritte an diesem Rechtsgeschäft gerade nicht mit und habe auch keine Erklärung abzugeben, um in den Genuss der für ihn von den Parteien vereinbarten Vergünstigung zu kommen.

Das Arbeitsgericht habe weiterhin nicht ausreichend gewürdigt, dass die Vereinbarung vom 01.10.1999 an zwei Stellen ausdrücklich vorsehe, dass die Arbeitnehmer der Vereinbarung schriftlich zustimmen müssten. An einer dahingehenden schriftlichen Erklärung der Klägerin fehle es. Auch die ÖTV-Kreisverwaltung sei nicht berechtigt gewesen, für die Arbeitnehmer die erforderliche Zustimmung zu erteilen. Dies gelte sowohl im Hinblick auf die nicht gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer, als auch hinsichtlich der Klägerin, die Mitglied der ÖTV sei. Die ÖTV-Kreisverwaltung habe nicht die Zustimmung für die betroffenen Arbeitnehmer erteilen können und sie tatsächlich auch nicht erteilt.

Die erforderliche Zustimmung sei auch nicht im Rahmen einer Betriebsversammlung im Herbst 1999 erteilt worden. Dies lasse sich dem Sachvortrag der Klägerin nicht entnehmen. Im Übrigen reiche eine mündliche Zustimmung nicht aus. Zwar sei weder im Arbeitsvertrag noch in der Vereinbarung vom 01.10.1999 eine sog. qualifizierte Schriftformklausel vereinbart worden. Zu berücksichtigen sei aber, dass die Schriftform in der Vereinbarung vom 01.10.1999 zweifach normiert worden sei. Insofern sei nicht nachvollziehbar, dass wenige Tage später einvernehmlich auf die Schriftform verzichtet worden sein solle.

Die erforderliche Zustimmung der Klägerin zur Vereinbarung vom 01.10.1999 sei auch nicht durch den tatsächlichen Übergang ihres Arbeitsverhältnisses gem. § 613 a BGB ersetzt worden. Richtig sei zwar, dass sie, die Beklagte, zunächst die Tariferhöhungen weitergegeben habe. Nachdem jedoch die neue Geschäftsleitung die Situation geprüft habe, sei festgestellt worden, dass die Zahlungen nicht mehr weiter gewährt werden sollten. Allein aus der Tatsache, dass sie, die Beklagte, sich irrtümlich zur Zahlung verpflichtet gesehen habe, sei kein Anspruch der Klägerin auf Weitergabe der Tariferhöhungen auch für die Zukunft entstanden.

Sie, die Beklagte, sei auch nicht aufgrund einer betrieblichen Übung verpflichtet, die streitgegenständlichen Leistungen an die Klägerin zu erbringen. Sie habe die Tariferhöhungen in der Vergangenheit nur aufgrund einer vermeintlich bestehenden Vereinbarung mit der Klägerin weitergegeben. Hieraus habe die Klägerin nicht schließen können, dass sie, die Beklagte, sich im Rahmen einer betrieblichen Übung auch für die Zukunft habe binden wollen. Im Übrigen könne ein Anspruch aus betrieblicher Übung auf Gehaltserhöhung nur dann angenommen werden, wenn es deutliche Anhaltspunkte dafür gebe, dass der Arbeitgeber auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariflohnerhöhungen weitergeben wolle. Besondere Umstände, die eine dahingehende Annahme rechtfertigten, seien nicht gegeben.

Die von der Klägerin geltend gemachten Zahlungsansprüche seien jedenfalls zum Teil gem. der in § 10 des Arbeitsvertrages vereinbarten einzelvertraglichen Ausschlussklausel verfallen. Bei sog. Altverträgen seien die vereinbarten Ausschlussfristen geltungserhaltend so zu reduzieren, dass die Ausschlussfrist in jeder Stufe jeweils drei Monate betrage.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 15.02.2006 - 2 Ca 3218/04 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und trägt vor, das zum 01.11.1999 von der Beklagten übernommene Pflegeheim habe unter der vorläufigen Verwaltung der Treuhand West GmbH Gelsenkirchen gestanden. Der Vorbesitzer sei ohne jede Ankündigung insolvent geworden. Um die Kontinuität der Pflege zu gewährleisten, habe die Beklagte als spätere Käuferin des Pflegeheimes dringend für eine ausreichende Anzahl von Arbeitskräften Sorge tragen müssen, damit die Bewohner durchgängig Fürsorge und Pflege erhielten. Da ein mögliches Motiv zum Widerspruch der Arbeitnehmer vor dem Betriebsübergang das Ausbleiben jeglicher tariflicher Entwicklung in der Zukunft dargestellt habe, habe die Beklagte der ÖTV und den Beschäftigten versprochen, es werde weiterhin, wie bislang auch, das Tarifrecht des öffentlichen Dienstes in dynamischer Form angewandt. Einen Tarifvertrag habe die Beklagte zu diesem Zeitpunkt noch nicht schließen können, weil der Betriebsübergang noch nicht vollzogen gewesen sei. Da die Beklagte ein hohes Interesse daran gehabt habe, mit einer Person den Übergang möglichst aller Arbeitsverhältnisse zu verhandeln, habe sie mit dem ÖTV-Beschäftigten J2xxxx P2xxxx die streitgegenständliche Vereinbarung vom 01.10.1999 getroffen. Der Zeuge P2xxxx sei nicht als "Tarifvertragspartei" aufgetreten, sondern als Bevollmächtigter jedes einzelnen Gewerkschaftsmitgliedes. Darüber hinaus sei der Wille der Beklagten gewesen, dass der Zeuge P2xxxx auch für diejenigen tätig werden solle, die nicht Mitglied der Gewerkschaft ÖTV gewesen seien. Da dies aus rechtlichen Gründen nicht möglich gewesen sei, hätten alle Beschäftigten anlässlich einer Betriebsversammlung im Herbst 1999 im Vorfeld des Betriebsübergangs erklärt, mit dieser Regelung einverstanden zu sein. Hinsichtlich der Klägerin könne dies allerdings dahinstehen, da sie zum damaligen Zeitpunkt Mitglied der Gewerkschaft ÖTV gewesen und mithin vom Zeugen P2xxxx vertreten worden sei. P2xxxx habe im Namen der im Übernahmebetrieb tätigen Gewerkschaftsmitglieder gehandelt. Selbst wenn der Zeuge P2xxxx ohne Vollmacht gehandelt haben sollte, hätten sämtliche Gewerkschaftsmitglieder dieses Handeln genehmigt.

Soweit die in der Vereinbarung vom 01.10.1999 von einem Vertrag zu Gunsten Dritter die Rede sei, beziehe sich dieser Passus ausschließlich auf nicht gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmer. Die geforderte schriftliche Zustimmung habe sich auf den Umstand bezogen, dass der Gewerkschaftsvertreter nicht ohne Weiteres für diese Arbeitnehmer habe tätig werden können. Für die Mitglieder der Gewerkschaft ÖTV habe die Vereinbarung bereits mit Unterzeichnung ihres Bevollmächtigten am 01.10.1999 Wirksamkeit erlangt. Der Zeuge P2xxxx sei Vertreter der Mitglieder der ÖTV gewesen. Nach § 10 der Satzung der ÖTV hätten alle Mitglieder Anspruch auf Rechtsschutz, der durch die Gewerkschaftssekretäre in den Kreisverwaltungen wahrgenommen werde. Insofern habe der Zeuge P2xxxx Individualrechtsschutz gewährt, zu dem die Gewerkschaftsvertreter nach der Satzung beauftragt gewesen seien.

Unerheblich sei, dass die Schriftformklausel nicht gewahrt worden sei. Die Schriftformklausel habe insofern einen Sinn gemacht, als dass die Beschäftigten, die mangels Mitgliedschaft in der Gewerkschaft ÖTV formal nicht vom Zeugen P2xxxx hätten vertreten werden können, ihren Willen selbst hätten bekunden müssen. Unabhängig davon hätten die Parteien sich über das deklaratorische Schriftformerfordernis hinweggesetzt. Sie, die Klägerin, habe die Arbeit nach dem 31.10.1999 tatsächlich aufgenommen und sei für die Beklagte tätig geworden. Angesichts der Dynamisierung des Tarifgehaltes über einen Zeitraum von drei Jahren könne die Beklagte sich nicht darauf berufen, es habe ein Irrtum vorgelegen. Die Parteien hätten sich bewusst über die Schriftform hinweggesetzt. In dem Wissen, dass alle Beschäftigten mit dem Übergang der Arbeitsverhältnisse einverstanden gewesen seien und die Vereinbarung vom 01.10.1999 akzeptiert hätten, habe die Beklagte nach Übergang der Arbeitsverhältnisse bis einschließlich 2003 das jeweilige dynamische Tarifgehalt gezahlt. Damit hätten beide Parteien ihre Verpflichtungen aus dem Vertrag vom 01.10.1999 erfüllt. Dass die Beklagte sich mit der mündlichen Zustimmung der Beschäftigten einverstanden erklärt habe, habe ihr späteres Verhalten gezeigt. Die Beklagte, die nie tarifgebunden gewesen sei, habe an alle Beschäftigten das Angebot abgegeben, den Tariflohn des öffentlichen Dienstes, wie die Rechtsvorgängerin, weiterhin zu dynamisieren. Dieses Angebot habe sie, die Klägerin, angenommen. Unabhängig davon habe die Beklagte sich in der Folgezeit ohne irgend einen Hinweis darauf, dass dies nicht gewollt gewesen sei, durch Vornahme einer Dynamisierung entsprechend verhalten.

Die geltend gemachten Ansprüche seien auch nicht verfallen. Bei dem Arbeitsvertrag handele es sich um einen Formulararbeitsvertrag, auf den die Vorschriften der §§ 305 ff. BGB anwendbar seien. Die vereinbarte Verfallklausel genüge nicht nur in formeller Hinsicht den Anforderungen der §§ 305 ff. BGB nicht; sie benachteilige die Arbeitnehmer auch unangemessen, weil sie dem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Verjährungsregel des § 195 BGB nicht entspreche. Die vereinbarte Verfallfrist sei deshalb als unwirksam anzusehen. Der Wegfall der Verfallfrist führe nicht zu einem "Sturz ins Ungeregelte". Vielmehr greife die gesetzliche Verjährungsfrist ein.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die vom Arbeitsgericht zugelassene Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

Der Sache nach hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Denn die Klägerin hat Anspruch auf Erhöhung ihrer Vergütung entsprechend der Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst zum BAT bzw. BMT-GII für die Zeit von Januar bis November 2004 in rechnerisch nicht streitiger Höhe von 375,58 €. Der dahingehende Anspruch der Klägerin ergibt sich aus § 611 Abs. 1 BGB i.V.m. mit dem Arbeitsvertrag der Parteien.

1. Zwar lässt sich den Bestimmungen des schriftlichen Arbeitsvertrages, den die Klägerin unter dem 03.05.1988 mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten abgeschlossen hat, ein dahingehender Anspruch nicht entnehmen. Nicht ersichtlich ist auch, inwieweit die Verpflichtung zur Weitergabe der Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst auf andere Weise Inhalt des Arbeitsvertrages der Klägerin mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten geworden war und gemäß § 613 a BGB im Hinblick auf die Übernahme des Betriebs des Seniorenzentrums in G1xxxxxxxxxxx, in dem die Klägerin beschäftigt ist, auf die Beklagte übergegangen ist.

2. Eine Verpflichtung der Beklagten, ab dem Kalenderjahr 2000 auf der Grundlage der Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst zum BAT und BMT-G II die vereinbarten prozentualen Gehaltserhöhungen an die Klägerin weiterzugeben, ergibt sich aber aus der Vereinbarung der Beklagten mit der ÖTV-Kreisverwaltung Gelsenkirchen vom 01.10.1999, die Inhalt des Arbeitsvertrages der Parteien geworden ist.

a) In der Vereinbarung vom 01.10.1999 heißt es in Ziffer 1. Abs. 3 Satz 4 u.a. wörtlich wie folgt:

"Die C1xx bietet daher den vormals am Ort der Betriebsstätte G1xxxxxxxxxxx, L2xxxxxxxxxx 61 - 62 im Bereich Pflege und der Hauswirtschaft beschäftigten Arbeitnehmern, soweit diese in den Anwendungsbereich des § 613 a BGB fallen, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem Zeitpunkt der tatsächlichen Aufnahme der Betriebstätigkeit durch die C1xx am Standort in G1xxxxxxxxxxx, L2xxxxxxxxxx 61 - 62 zu den nachfolgenden Bedingungen an:

Die C1xx bestätigt den vorgenannten Arbeitnehmern weiterhin, dass ab dem Kalenderjahr 2000 auf der Grundlage der Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst zum BAT und BMT-GII die vereinbarten prozentualen Gehaltserhöhungen an die vorgenannten Beschäftigten weitergegeben werden."

Unabhängig davon, welchen Rechtscharakter die Vereinbarung vom 01.10.1999 im Übrigen hat, beinhaltet sie doch insoweit jedenfalls ein Angebot der Beklagten an die damals im Seniorenzentrum G1xxxxxxxxxxx beschäftigten Mitarbeiter und damit auch an die Klägerin, das Arbeitsverhältnis zu bestimmten Bedingungen fortzusetzen, die im weiteren Text der Vereinbarung vom 01.10.1999 genannt waren. Zu den Bedingungen, unter denen das Arbeitsverhältnis der Parteien fortgesetzt werden sollte, gehörte u.a., dass ab dem Kalenderjahr 2000 auf der Grundlage der Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst zum BAT und zum BMT-G II die vereinbarten prozentualen Gehaltserhöhungen weitergegeben werden sollten.

b) Die Klägerin hat das Angebot der Beklagten, ihr Arbeitsverhältnis zu den in der Vereinbarung vom 01.10.1999 genannten Bedingungen fortzusetzen, angenommen. Die Beklagte ist dementsprechend verpflichtet, die Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst zum BAT und BMT-G II an die Klägerin weiterzugeben. Die genannte Verpflichtung ist damit Inhalt des Arbeitsvertrages der Parteien geworden. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin der Vereinbarung vom 01.10.1999 nicht selbst schriftlich zugestimmt hat.

aa) Nicht zweifelhaft kann sein, dass die Klägerin mit dem Angebot der Beklagten auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu den in der Vereinbarung vom 01.10.1999 genannten Bedingungen einverstanden war. Die Klägerin hat das Arbeitsverhältnis im Anschluss an die Übernahme des Betriebs des Seniorenzentrums G1xxxxxxxxxxx, in dem sie beschäftigt war, widerspruchslos fortgesetzt. Hieraus konnte die Beklagte als sorgfältige Erklärungsempfängerin nur schließen, dass die Klägerin als Mitglied der ÖTV mit den Bedingungen zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, wie sie in der Vereinbarung mit der ÖTV-Kreisverwaltung Gelsenkirchen vom 01.10.1999 niedergelegt waren, einverstanden war. Tatsächliche Anhaltspunkte, die die Annahme rechtfertigen könnten, die Klägerin habe den dort genannten Bedingungen zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten in irgendeinem Punkte nicht zustimmen wollen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

bb) Unerheblich ist, dass die Klägerin selbst der Vereinbarung vom 01.10.1999 nicht innerhalb einer Frist von drei Wochen nach Zugang schriftlich zugestimmt hat. Dieser Umstand steht der Annahme nicht entgegen, dass die Parteien die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu den in der Vereinbarung vom 01.10.1999 genannten Bedingungen vereinbart haben. Denn die Parteien haben die Maßgeblichkeit der dort genannten Bedingungen, unter denen das Arbeitsverhältnis bei der Beklagten fortgesetzt werden sollte, offensichtlich übereinstimmend gewollt.

(1) Dass die Klägerin mit den dort genannten Bedingungen, insbesondere mit der Zusage der Weitergabe der Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst, tatsächlich einverstanden war, ergibt sich bereits daraus, dass sie das Arbeitsverhältnis im Anschluss an den Betriebsübergang widerspruchslos mit der Beklagten fortgesetzt hat. Aus der Tatsache, dass die Beklagte das Arbeitsverhältnis im Anschluss an den Betriebsübergang entsprechend der Vereinbarung vom 01.10.1999 fortführte und insbesondere in den Jahren 2000 bis 2003 auch die Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst an die Klägerin weitergab, konnte die Klägerin als sorgfältige Erklärungsempfängerin nur schließen, dass auch die Beklagte die in der Vereinbarung vom 01.10.1999 genannten Bedingungen zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses als maßgeblich für den Inhalt des Arbeitsvertrages der Parteien ansah.

(2) Haben demnach beide Parteien offensichtlich übereinstimmend ihr Arbeitsverhältnis im Anschluss an den Betriebsübergang entsprechend den von der Beklagten in der Vereinbarung vom 01.10.1999 angebotenen Bedingungen fortsetzen wollen, so ist anzunehmen, dass die im Arbeitsvertrag und in der Vereinbarung vom 01.10.1999 vereinbarte Schriftformklausel übereinstimmend aufgehoben worden ist. Die Parteien können den vereinbarten Formzwang für zweiseitige Rechtsgeschäfte jederzeit formlos aufheben. Dies kann ausdrücklich oder konkludent geschehen. Entscheidend ist, dass die Parteien das formlos Vereinbarte übereinstimmend gewollt haben, da sie gegenüber ihrer eigenen Formbestimmung souverän bleiben müssen (vgl. Erfurter Kommentar/Preis, 6. Aufl., §§ 125 - 172 BGB, Rdn. 46 ff. m.w.N.). Aus der Tatsache, dass die Beklagte im Anschluss an den Betriebsübergang die in der Vereinbarung vom 01.10.1999 genannten Bedingungen zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses allen Arbeitnehmern im Seniorenzentrum in G1xxxxxxxxxxx und damit auch der Klägerin gegenüber erfüllte, konnte die Klägerin als sorgfältige Erklärungsempfängerin nur schließen, dass die Beklagte die in der Vereinbarung vom 01.10.1999 genannten Bedingungen unabhängig von einer ausdrücklichen schriftlichen Zustimmung der Klägerin als für das Arbeitsverhältnis der Parteien verbindlichen Inhalt wollte. Durch widerspruchslose Weiterarbeit im Anschluss an dieses Verhalten der Beklagten, insbesondere im Anschluss an die Weitergabe der Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst in den Jahren 2000 bis 2003, hat die Klägerin der konkludenten Aufhebung des Formerfordernisses zugestimmt. Angesichts des übereinstimmenden Willens der Parteien, das Arbeitsverhältnis mit dem Inhalt der Vereinbarung vom 01.10.1999 fortzusetzen, haben die Parteien die Formabrede konkludent übereinstimmend aufgehoben.

3. Entgegen der Auffassung der Beklagten sind die von der Klägerin geltend gemachten Zahlungsansprüche auch nicht teilweise im Hinblick auf die in § 10 des Arbeitsvertrages vom 03.05.1988 vereinbarte einzelvertragliche Ausschlussfrist verfallen. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

a) Nicht streitig zwischen den Parteien ist, dass es sich bei dem Arbeitsvertrag vom 03.05.1988 um einen Formulararbeitsvertrag handelt, auf den die Vorschriften der §§ 305 ff. BGB anwendbar sind. Grundsätzlich können Ausschlussfristen zwar auch in Formulararbeitsverträgen verwandt werden. Eine Ausschlussfrist, die eine Geltendmachung innerhalb von zwei Monaten verlangt, weicht im Sinne des § 307 Abs. 2 BGB von dem gesetzlichen Verjährungsrecht ab. Zwar lässt § 202 BGB eine Abkürzung der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren zu. Eine Geltendmachungsfrist von zwei Monaten ist aber mit wesentlichen Grundgedanken des gesetzlichen Verjährungsrechts nicht vereinbar und führt deshalb entgegen den Geboten von Treu und Glauben zu einer unangemessenen Benachteiligung. Die Unwirksamkeit einer einzelvertraglichen Ausschlussklausel führt zu ihrem ersatzlosen Wegfall bei Aufrechterhaltung des Arbeitsvertrags im Übrigen. Eine sogenannte geltungserhaltende Reduktion in dem Sinne, dass die wegen unangemessener Kürze der vereinbarten Frist unwirksame Ausschlussklausel auf eine gerade noch oder in jedem Fall zulässige Dauer auszudehnen wäre, kommt nach § 306 BGB nicht in Betracht. Daran ändert auch die salvatorische Klausel in § 11 des Arbeitsvertrages vom 03.05.1988 nichts (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.05.2005 - 5 AZR 572/04 -, NZA 2005, 1011 ff. m.w.N.). Aufgrund der unangemessenen Frist ist die erste Stufe der Ausschlussklausel des Arbeitsvertrages vom 03.05.1988 insgesamt unwirksam; denn es gibt keine Ausschlussklausel ohne eine bestimmte Frist. Gleiches gilt für die zweite Stufe der Ausschlussklausel in § 10 des Arbeitsvertrages.

b) Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt eine sogenannte geltungserhaltende Reduktion in dem Sinne, dass die wegen unangemessener Kürze der vereinbarten Fristen unwirksame Ausschlussklausel in § 10 des Arbeitsvertrages vom 03.05.1988 auf eine gerade noch oder in jedem Falle zulässige Dauer auszudehnen wäre, nicht in Betracht.

aa) Zwar handelt es sich bei dem Arbeitsvertrag vom 03.05.1988 um einen sogenannten Altvertrag. Dennoch sind auf den Arbeitsvertrag vom 03.05.1988 ab dem 01.01.2003 die §§ 305 ff. BGB grundsätzlich anwendbar. Hieran kann der Hinweis der Beklagten auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 12.01.2005 - 5 AZR 364/04 - (vgl. NZA 2005, 466 f.) nichts ändern. Die genannte Entscheidung betrifft die in einem sogenannten Altvertrag vereinbarte Widerrufsregelung, die gemäß § 308 Nr. 4 BGB als unwirksam angesehen wurde. Für diesen Fall hat das Bundesarbeitsgericht eine ergänzende Vertragsauslegung zur Schließung der entstandenen Lücke in Betracht gezogen und ausgeführt, eine Bindung des Arbeitgebers an die vereinbarte Leistung ohne Widerrufsmöglichkeit greife unverhältnismäßig in die Privatautonomie ein. Sie würde keine angemessene, den typischen Interessen der Vertragspartner Rechnung tragende Lösung bieten. Da der Verwender bei Abschluss des Arbeitsvertrages die §§ 307 ff. BGB nicht habe berücksichtigen können und die Klausel nur deswegen unwirksam sei, weil sie in formeller Hinsicht den Anforderungen nicht genüge, bedürfe es zur Schließung der entstandenen Lücke der ergänzenden Vertragsauslegung. Zu fragen sei, was die Parteien vereinbart hätten, wenn ihnen die gesetzlich angeordnete Unwirksamkeit der Widerrufsklausel bekannt gewesen wäre. Es beanspruchten dann diejenigen Widerrufsgründe Geltung, die die Vertragsparteien zugrunde gelegt hätten, wenn ihnen die gesetzlich angeordnete Unwirksamkeit der Widerrufsklausel bekannt gewesen wäre (so BAG, Urteil vom 12.01.2005 - 5 AZR 364/04 - NZA 2005, 466 ff.).

bb) Auch wenn der Auffassung gefolgt wird, trotz des Ausschlusses der geltungserhaltenden Reduktion gem. § 306 BGB sei im Falle einer unwirksamen Widerrufsklausel in einem Formulararbeitsvertrag die so entstandene Lücke durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen, besteht hierzu im Falle einer unwirksamen arbeitsvertraglichen Ausschlussklausel kein Bedürfnis. Zutreffend weist die Klägerin darauf hin, dass der ersatzlose Wegfall der Verfallfrist in § 10 des Arbeitsvertrages vom 03.05.1988 zur Anwendbarkeit des § 195 BGB führt. Bei unwirksamen einzelvertraglichen Verfallfristen greift zur zeitlichen Begrenzung der Durchsetzbarkeit von Forderungen das gesetzliche Verjährungsrecht ein, das einen "Sturz ins Ungeregelte" verhindert. Gibt es somit keine Lücke im Vertragswerk der Parteien, so besteht auch kein Bedarf zu einer ergänzenden Vertragsauslegung.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf 97 Abs. 1 ZPO.

Der Streitwert hat sich im Berufungsverfahren nicht geändert.

Das Gericht hat die Revision gem. § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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