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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 26.05.2003
Aktenzeichen: 16 Sa 1455/02
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 87 Abs. 1 Ziffer 2
1. Die Betriebsparteien können im Rahmen einer Betriebsvereinbarung nach § 87 Abs. 1 Ziffer 2 BetrVG die konkrete Änderung des Schichtsystems für eine Gruppe von Arbeitnehmern davon abhängig machen, dass eine Ankündigungsfrist gegenüber dem Betriebsrat und den betroffenen Arbeitnehmern beachtet wird.

2. Das Bestreben des Arbeitgebers, eine Gruppe von Arbeitnehmern mit den anderen Arbeitnehmern gleich zu behandeln, stellt im Rahmen des Direktionsrechts einen sachlichen Grund für eine einseitige Maßnahme dar.


Landesarbeitsgericht Hamm Im Namen des Volkes Urteil

16 Sa 1455/02

Verkündet am: 26.05.2003

In Sachen

hat die 16. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 26.05.2003 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Hackmann sowie die ehrenamtlichen Richter Kerkenberg und Bork

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 30.07.2002 - 1 Ca 823/02 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger verfolgt einen Anspruch auf weitere Beschäftigung in der Dauernachtschicht.

Der am 17.01.1961 geborene Kläger ist seit dem 22.08.1990 im Betrieb der Beklagten als Maschinenbediener an Tetra-Abpacklagen gegen einen Stundenlohn von 11,60 € tätig. Nachdem der gesamte Produktionsbereich der Beklagten, in dem bis dahin im Wesentlichen in Früh- und Spätschicht gearbeitet worden war, im Jahre 1992 auf den Drei-Schicht-Betrieb umgestellt worden war, wird der Kläger seit dem 02.01.1992 ausschließlich in der Dauernachtschicht beschäftigt. Bei Einführung der Nachtschicht wurde mit einzelnen Mitarbeitern Gespräche über die Bereitschaft geführt, in der Nachtschicht eingesetzt zu werden. Nach dem Vortrag des Klägers fand er sich hierzu bereit, nachdem ihm vom Betriebsleiter B2xxxxxx zugesagt worden war, dass er in Dauernachtschicht eingesetzt würde. In der Folgezeit, am 30.04.1992, unterzeichnete der Kläger den bei den Gerichtsakten befindlichen schriftlichen Arbeitsvertrag Bl. 18 - 29 d.A.. Dieser enthält unter § 1 die Bestimmung, dass der Arbeitnehmer das Weisungs- und Direktionsrecht des Arbeitgebers anerkennt und sich verpflichtet, sämtliche Anweisungen sofort zu erledigen. In § 2 ist bestimmt, dass die Beschäftigung entsprechend den jeweiligen Betriebserfordernissen im Ein- oder im Zwei- oder im Drei-Schicht-System erfolgt und der Arbeitnehmer verpflichtet ist, die in der fünfseitigen Anlage des Vertrages geregelte Arbeitszeit einzuhalten, wobei die Anlage ausdrücklich als Vertragsbestandteil bezeichnet wurde. Nach § 3 wird für Schichtarbeit in der Nacht von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr ein Zuschlag in Höhe von 25 % auf den vereinbarten Bruttostundenlohn gezahlt. In der Anlage zum Arbeitsvertrag sind die Arbeitszeiten für das jeweilige Schichtsystem im Einzelnen geregelt. Zu den Einzelheiten wird auf Bl. 26 - 29 d.A. verwiesen.

Der Kläger ist verheiratet und hat ein unterhaltsberechtigtes Kind.

I

Im Betrieb der Beklagten ist ein Betriebsrat gebildet. Durch Spruch der Einigungsstelle vom 15.03.2002 wurden die Arbeitszeiten in den verschiedenen Produktionsbereichen der Beklagten umfassend und einheitlich geregelt. Nach § 2.1 erfolgt die Beschäftigung entsprechend den jeweiligen Betriebserfordernissen im Ein- oder im Zwei- oder im Drei-Schicht-System. Bei Wechsel der Schichtsysteme ist der Arbeitnehmer zur Tätigkeit in einem geänderten Schichtsystem nur unter Einhaltung einer Ankündigungsfrist von vier Kalendertagen verpflichtet. Dem Betriebsrat ist mit einem Vorlauf von vier Kalendertagen Kenntnis von den Änderungen des Schichtsystems zu geben. Im Übrigen enthält dieser Spruch die Lage der Arbeitszeiten für die verschiedenen Schichtsysteme sowie den Umfang der Pausen. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 12 - 16 d.A. verwiesen.

Im Produktionsbereich Tetra-Pack/PKL, in dem der Kläger eingesetzt wird, werden etwa 120 Mitarbeiter beschäftigt. Von diesen werden zusammen mit dem Kläger insgesamt 14 Mitarbeiter ausschließlich in der Nachtschicht eingesetzt. Gegenüber den in der Dauernachtschicht tätigen Arbeitnehmer haben Mitarbeiter, die nicht in der Nachtschicht eingesetzt werden, ein deutlich geringeres Einkommen, und zwar bis zu ca. 400,-- €.

Nachdem der Spruch der Einigungsstelle am 01.04.2002 in Kraft getreten war, wies die Beklagte den Kläger sowie die anderen in Dauernachtschicht tätigen Arbeitnehmer an, ab dem 08.04.2002 im Drei-Schicht-System zu arbeiten. Hiergegen wehrt sich der Kläger mit seiner am 26.04.2002 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage.

Durch Urteil vom 30.07.2002 hat das Arbeitsgericht die Beklagte verurteilt, den Kläger ab dem 08.04.2002 weiterhin in der Dauernachtschicht zu beschäftigen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Arbeitspflicht des Klägers habe sich auf die Tätigkeit in der Nachtschicht konkretisiert. Die Beklagte könne somit die für den Kläger geltende Arbeitszeit nicht einseitig im Wege des Direktionsrechts ändern.

Gegen dieses, ihr am 30.08.2002 zugestellte Urteil, auf das zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands Bezug genommen wird, hat die Beklagte am 09.09.2002 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 02.12.2002 am 02.12.2002 begründet.

Die Beklagte hält sich aufgrund des schriftlichen Arbeitsvertrages für berechtigt, den Einsatz des Klägers im Drei-Schicht-System durch Direktionsrecht zu regeln. Eine Konkretisierung auf eine Tätigkeit in Dauernachtschicht sei nicht eingetreten. Dem Kläger sei auch nicht rechtswirksam eine Zusage dahingehend erteilt worden, dass er ausschließlich in Nachtschicht eingesetzt werde. Zwar seien mit einzelnen Mitarbeitern durch den Zeugen B2xxxxxx Gespräche geführt worden. Der Zeuge sei jedoch nicht berechtigt, Arbeitsverträge zu ändern oder vertragliche Absprachen zu treffen. Der Kläger hätte wie auch die anderen nur in Nachtschicht eingesetzten Mitarbeiter nach dem Wechsel zum Drei-Schicht-Betrieb Arbeitsverträge unterschrieben, in denen der Drei-Schicht-Betrieb bestätigt worden sei. Bereits dies ließe es als ausgeschlossen erscheinen, dass der Zeuge B2xxxxxx eine dahingehende Zusage gemacht habe, dass die betreffenden Mitarbeiter tatsächlich zeitlich unbegrenzt nur in Nachtschicht eingesetzt würden. Allenfalls sei darüber gesprochen worden, dass für die betreffenden Mitarbeiter für die nächste Zeit kein ständiger Wechsel erfolgen solle. Die in Dauernachtschicht eingesetzten 14 Arbeitnehmer hätten eine Sonderstellung gegenüber den anderen Mitarbeitern bekleidet, was zu erheblichen organisatorischen Problemen geführt habe. Früh- und Spätschichten seien teilweise unterbesetzt gewesen, mit der Folge, dass in diesen Schichten Maschinen nicht hätten bedient werden können. Da die Nachtschicht mit den 14 Mitarbeitern in Dauernachtarbeitszeit belegt gewesen sei, sei ein flexibler Einsatz der übrigen Mitarbeiter in dem Produktionsbereich Tetra wie etwa im Rahmen eines kontinuierlich rotierenden Drei-Schicht-System nicht bzw. nur sehr eingeschränkt möglich. Für die Sonderstellung dieser Mitarbeiter hätten die übrigen Mitarbeiter kein Verständnis gehabt. Des weiteren sei es wiederholt zu Überhängen von in der Nachtschicht tätigen Arbeitnehmern gekommen, während insbesondere die vorgeschalteten Spätschichten teilweise unterbesetzt gewesen seien. Insoweit verweist die Beklagte auf von ihr vorgelegte Schichtpläne sowie Störprotokolle. Hinzu kämen erhebliche organisatorische Probleme aufgrund des entstehenden Mehraufwands bezüglich der Schichtplanung.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 30.07.2002 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Aus seiner Sicht ist eine Konkretisierung seines Einsatzes auf die Dauernachtschicht eingetreten. Neben dem erforderlichen Zeitmoment ergäbe sich das Umstandsmoment daraus, dass bei Einführung der Nachtschicht der Betriebsleiter B2xxxxxx sich bei Einführung der Nachtschicht, als die Beklagte gutes Personal gesucht habe, sich damit einverstanden erklärt hätte, dass er, der Kläger, in Dauernachtschicht eingesetzt werde. Er hätte sonst für diese Tätigkeit nicht zur Verfügung gestanden. Zwar sei, nachdem die Nachtschicht bereits lief, der neue Arbeitsvertrag vorgelegt worden. Er habe diesen jedoch erst unterschrieben, nachdem Herr B2xxxxxx erklärt habe, dass der Vertrag zwar über Drei-Schichten gehe, die in Dauernachtschicht eingesetzten Arbeitnehmer aber wie besprochen in Dauernachtschicht blieben. Hierin liege eine Zusage des Herrn B2xxxxxx an die betroffenen Arbeitnehmer. Diese hätten ihre Lebensumstände gerade auf diese Erklärung hin eingerichtet, und zwar sowohl im Hinblick auf die Betreuung der Kinder als auch im Hinblick auf sonstige Umstände wie Aufteilung des Familien-Pkw's etc.. Dies sei auch schutzwürdig.

Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates sei nicht allein durch den Spruch der Einigungsstelle gewahrt worden. Es müsse vielmehr für den Einzelfall ausgeübt werden.

Sollte die Maßnahme als solche durch das Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt sein, so wäre sie jedenfalls nicht hinreichend sachlich gerechtfertigt. Das Bestreben, die betroffenen Arbeitnehmer mit anderen zu "schlechteren" Bedingungen zu beschäftigen, könne einen solchen sachlichen Grund nicht darstellen. Es treffe des weiteren nicht zu, dass die Früh- und Spätschichten teilweise unterbesetzt gewesen seien und sei nicht nachvollziehbar, dass Störungen der Spätschicht wegen Personalmangels aufgetreten seien.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch die uneidliche Vernehmung des Zeugen B2xxxxxx. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Terminsprotokoll vom 26.05.2003, zum weiteren Sachvortrag der Parteien auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.

Die Beklagte war zwar berechtigt, den Einsatz des Klägers im Schichtbetrieb durch Ausübung ihres Direktionsrechts einseitig festzulegen, da eine Tätigkeit des Klägers in Dauernachtschicht nicht zum Inhalt des Arbeitsvertrages der Parteien geworden ist (I). Auch kollektivrechtliche Gesichtspunkte standen der Wirksamkeit einer einseitigen Maßnahme nicht entgegen (II). Nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht jedoch nicht fest, dass die Ausübung des Direktionsrechts billigem Ermessen entsprochen hat (III):

I

Die Tätigkeit des Klägers in Dauernachtschicht ist weder aufgrund einzelvertraglicher Zusage noch durch Konkretisierung zum Inhalt des Arbeitsvertrages der Parteien geworden.

1. Auch auf der Grundlage des klägerischen Sachvortrages kann eine die Beklagte verpflichtende vertragliche Zusage des Zeugen B2xxxxxx nicht angenommen werden.

Zwar mag zugunsten des Klägers unterstellt werden, dass in den Gesprächen, die mit ihm vor Einführung der Nachtschicht geführt worden sind, seine vertraglich geschuldete Arbeitszeit im Sinne eines Einsatzes in Dauernachtschicht festgelegt worden ist. Mit Unterzeichnung des schriftlichen Arbeitsvertrages am 30.04.1992 hat er sich jedoch mit den darin enthaltenen Arbeitszeitregelungen einverstanden erklärt. Damit ist jedenfalls eine Vertragsänderung eingetreten.

Demgegenüber haben die vom Kläger vorgetragenen Erklärungen des Zeugen B2xxxxxx keinen rechtsgeschäftlichen Charakter. Auch wenn der Zeuge dem Kläger und seinen Kollegen bei Vorlage des schriftlichen Arbeitsvertrages, verbunden mit der Aufforderung, diesen zu unterschreiben, erklärt haben sollte, dass sie, wie besprochen, in Dauernachtschicht blieben, so hat er damit kein im Gegensatz zum schriftlichen Arbeitsvertrag stehendes Vertragsangebot abgegeben, das als spezielle Regelung dem vorformulierten Arbeitsvertrag vorgehen würde. Für den Kläger erkennbar war der Zeuge gar nicht befugt, andere Vertragsvereinbarungen zu schließen als sie im Arbeitsvertrag vorgesehen waren. Maßgebend für die vertraglichen Beziehungen der Parteien sollte der vorformulierte schriftliche Vertrag sein. Dieser war, wie von der Beklagten vorgegeben, zu unterzeichnen, sich weigernde Arbeitnehmer wurden, wie tatsächlich geschehen, aus der Dauernachtschicht abgezogen. Auch hieran wird deutlich, dass der Zeuge B2xxxxxx entsprechend den Vorgaben der Beklagten zu handeln hatte und nicht die Berechtigung besaß, mit verpflichtendem Charakter für die Beklagte Arbeitnehmern den Einsatz in der Dauernachtschicht zuzusagen.

Die Kammer sieht in der behaupteten Erklärung des Zeugen B2xxxxxx vielmehr die Zusage, seine ihm bei der Beklagten zustehenden Kompetenzen so auszuüben, dass der Kläger und seine Kollegen in der Dauernachtschicht verbleiben konnten. Der Zeuge ist Abteilungsleiter und für die Schichtpläne verantwortlich. Insoweit übt er für die Beklagte das arbeitsvertragliche Direktionsrecht bei der Festlegung der im Arbeitsvertrag rahmenmäßig umschriebenen Arbeitszeitregelungen aus. Zusagen gegenüber dem Kläger und seinem Kollegen, die im Gegensatz zu den vertraglichen Vorgaben der Beklagten standen, konnten sich für den Kläger und seine Kollegen erkennbar nur darauf beziehen, dass der Zeuge die ihm eingeräumten Befugnisse in der Form ausüben werde, dass die betroffenen Arbeitnehmer weiterhin in Dauernachtschicht verblieben. Dies bedeutete jedoch lediglich eine Erklärung zur Wahrnehmung des Direktionsrechts durch den Zeugen.

2. Die Arbeitspflicht des Klägers hat sich auch nicht auf einen dauerhaften Einsatz in der Nachtschicht konkretisiert.

Zwar können sich nur rahmenmäßig umschriebene Arbeitspflichten im Laufe der Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren. Dazu genügt jedoch nicht schon der bloße Zeitablauf. Vielmehr müssen besondere Umstände hinzutreten, aus denen sich ergibt, dass der Arbeitnehmer nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll (BAG vom 07.12.2000 - 6 AZR 444/99 - NZA 201, 780 m.w.N.). Solche besonderen Umstände liegen hier nicht vor.

Der Kläger hat sich in diesem Zusammenhang auf die Erklärungen des Zeugen B2xxxxxx berufen. Daraus konnte er jedoch nicht entnehmen, dass er künftig nicht in anderer Weise eingesetzt würde. Damit würde den Erklärungen des Zeugen B2xxxxxx eine Bedeutung im Hinblick auf den Vertragsinhalt zuwachsen, die ihr für den Kläger und seine Kollegen erkennbar gerade nicht zukam. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. Allein aus der Beibehaltung der vom Zeugen B2xxxxxx angekündigten Handhabung bei der Erstellung der Schichtpläne über einen längeren Zeitraum hinweg konnte der Kläger und seine Kollegen nach Treu und Glauben nicht auf den Willen der Beklagten schließen, diese Regelung auch künftig unverändert beizubehalten. Der entgegenstehende Wille der Beklagten ist vielmehr dadurch dokumentiert worden, dass sie gegenüber den bereits in der Dauernachtschicht eingesetzten Arbeitnehmern darauf bestanden hat, dass diese den anderslautenden Arbeitsvertrag unterzeichneten.

II

Der Einsatz des Klägers im Drei-Schicht-System ist nicht aus kollektivrechtlichen Gründen rechtsunwirksam.

1. Der Betriebsrat hat nicht gemäß § 99 BetrVG unter dem Gesichtpunkt einer Versetzung mitzubestimmen. Durch den Wechsel von der Dauernachtschicht in den Drei-Schicht-Betrieb haben sich zwar die Umstände verändert, unter denen der Kläger und seine Kollegen die Arbeitsleistung zu erbringen haben. Die Änderung der Arbeitszeit allein ist aber nicht so bestimmend, dass deshalb das Gesamtbild der Tätigkeit ein anderes geworden ist. Eine Versetzung im Sinne des § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG ist maßgeblich von räumlichen Komponenten bestimmt. Hinsichtlich der Lage der Arbeitszeit sind die Interessen der Arbeitnehmer hinreichend durch das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG gewahrt. Das Bundesarbeitsgericht sieht deshalb in der Umsetzung eines Arbeitnehmers von einer Schicht in die andere keine zustimmungspflichtige Versetzung, wenn sich dadurch lediglich die Lage der Arbeitszeit des betroffenen Arbeitnehmers verändert (BAG vom 23.11.1993 - 1 ABR 38/93 - NZA 1994, 718).

Im Streitfall sollen der Kläger und seine Kollegen wie bisher als Maschinenbediener an der Tetra-Abpackanlage eingesetzt werden. Es soll sich lediglich die Lage seiner Arbeitszeit ändern. Auch wenn, wie der Kläger erstinstanzlich vorgetragen hat, er nicht mehr in seiner bisherigen Arbeitsgruppe tätig werden kann, so liegt hierin keine Zuweisung eines anderen Arbeitsbereiches. Dieser ist der konkrete Arbeitsplatz und seine Beziehung zur betrieblichen Umgebung in räumlicher, technischer und organisatorischer Hinsicht. In räumlicher und technischer Hinsicht tritt bei einer Veränderung der Arbeitsgruppe keine Änderung auf. Die Änderung in organisatorischer Hinsicht ist nicht so erheblich, dass ein vom bisherigen zu unterscheidender Arbeitsbereich vorliegt. Nicht jede Änderung stellt eine mitbestimmungspflichtige Versetzung dar (vgl. hierzu BAG vom 29.02.2000 - 1 ABR 5/99 - NZA 2000, 1357).

2. Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG ist im Streitfall durch den Spruch der Einigungsstelle vom 15.03.2002 gewahrt.

Nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG hat der Betriebsrat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, mitzubestimmen über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage. Zweck des Mitbestimmungsrechts ist es, die Interessen der Arbeitnehmer an der Lage der Arbeitszeit und damit zugleich ihrer freien Zeit für die Gestaltung ihres Privatlebens zur Geltung zu bringen. Das Mitbestimmungsrecht erfasst nicht nur die Frage, ob im Betrieb in mehreren Schichten gearbeitet werden soll, sondern auch die Festlegung der zeitlichen Lage der einzelnen Schichten und die Abgrenzung des Personenkreises, der Schichtarbeit zu leisten hat. Mitbestimmungspflichtig ist auch der Schichtplan und dessen nähere Ausgestaltung bis hin zur Zuordnung der Arbeitnehmer zu den einzelnen Schichten (vgl. zuletzt BAG vom 28.05.2002 - 1 ABR 40/01 - DB 2002, 2385).

Die Betriebsparteien können sich jedoch auf eine Regelung über die Grundsätze der Schichtplanung beschränken. Begnügen sie sich mit der Regelung von Kriterien und Grundsätzen ist es zulässig, die Aufstellung von Einzelschichtplänen nach diesen Vorgaben dem Arbeitgeber zu überlassen (BAG aaO.).

Der Betriebsrat hat im Entscheidungsfall sein Mitbestimmungsrecht über das Einigungsstellenverfahren, das mit dem Spruch der Einigungsstelle vom 15.03.2002 abgeschlossen worden ist, ausgeübt. Der Spruch der Einigungsstelle regelt zwar im Wesentlichen die Arbeitszeit in den verschiedenen Schichtsystemen. Er enthält unter § 2.1 jedoch eine Regelung, die den Wechsel der Schichtsysteme betrifft. Danach ist der Arbeitnehmer zur Tätigkeit in einem geänderten Schichtsystem unter Einhaltung einer Ankündigungsfrist von vier Kalendertagen verpflichtet. Außerdem ist dem Betriebsrat mit einem Vorlauf von vier Kalendertagen Kenntnis von der Änderung des Schichtsystems zu geben. Hieraus folgt, dass der Arbeitgeber die Zustimmung des Betriebsrates für die Anordnung des Einsatzes des Klägers und seiner Kollegen im Drei-Schicht-System nicht benötigte, sondern sich mit einer Ankündigung begnügen konnte. Gleiches gilt gegenüber dem Betriebsrat. Bei dem zum 08.04.2002 angeordneten Schichtwechsel ist nicht ersichtlich, dass diese Ankündigungsfrist nicht eingehalten worden wäre. Der Kläger hat dies auch nicht vorgetragen.

III

Die Ausübung des Direktionsrechts durch die Beklagte entspricht jedoch nicht billigem Ermessen (§ 315 Abs. 3 BGB).

1. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichem Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Ob dies der Fall ist, unterliegt der gerichtlichen Kontrolle (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB). Die Voraussetzungen für die Wirksamkeit der Änderung des Inhalts der vom Arbeitgeber beanspruchten Arbeitsleistung durch Ausübung des Direktionsrechts oder eines sonstigen Leistungsbestimmungsrechts muss nach allgemeinen Grundsätzen der Arbeitgeber darlegen und beweisen (vgl. beispielsweise BAG vom 07.12.2000, aaO.; vom 17.12.1997 - 5 AZR 332/96 - EzA § 611 BGB Direktionsrecht Nr. 20).

2. Darüber hinaus kann die Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber dadurch eingeschränkt sein, dass dieser sich gegenüber dem Arbeitnehmer selbst auf eine bestimmte Ausübung gebunden hat. Dies kann sowohl durch allgemeine Vorschriften geschehen als auch durch entsprechende mündliche Erklärungen (BAG vom 17.12.1997, aaO.; vgl. auch BAG vom 15.08.2002 - 2 AZR 195/01 - DB 2003, 889).

Im Entscheidungsfall haben die vom Kläger behaupteten Erklärungen des Zeugen B2xxxxxx eine solche Selbstbindung jedoch nicht bewirkt. Andernfalls hätte der Zeuge B2xxxxxx die Beklagte durch Beschränkungen bei der Ausübung des Direktionsrechts in einer Weise eingeschränkt, die einer vertraglichen Verpflichtung gleichkommt. Hierzu war er, wie auch die Kläger erkennen konnten, nicht befugt. Es kann darüber hinaus nicht angenommen werden, dass der Zeuge B2xxxxxx durch solche Erklärungen, die mehr als zehn Jahre zurückliegen, eine Selbstbindung auf Dauer eingehen wollte.

3. Die Beklagte hat sachliche Gründe angegeben, die den Einsatz des Klägers im Drei-Schicht-System rechtfertigen können. Sie hat das Vorliegen dieser Gründe jedoch nicht zur Überzeugung des Gerichts bewiesen (§ 286 ZPO).

a) Es erscheint plausibel, dass der Einsatz des Klägers und seiner Kollegen in Dauernachtschicht den Aufwand für die Schichtplanung im rotierenden System erhöht, wenn die Beklagte dies um den Kläger und seine Kollegen herum planen muss. Außerdem erschien es der Kammer zunächst nachvollziehbar, dass es zu Unterbesetzungen in anderen Schichten kommen kann, wenn die Beklagte den Kläger und seine Kollegen nicht entsprechend ihren Bedürfnissen in den anderen Schichten einsetzen kann. Die von der Beklagten erstinstanzlich zu den Gerichtsakten gereichten Schichtpläne weisen tatsächlich mehrfach eine stärkere personelle Besetzung der Nachtschicht als der anderen Schichten, insbesondere der Spätschicht aus. Nur vereinzelt ist die Nachtschicht gegenüber den anderen Schichten auch geringer besetzt.

Anders als in der mündlichen Verhandlung am 27.02.2003 erörtert, ist das Gericht zudem der Auffassung, dass das Bestreben der Beklagten, den Kläger und seine Kollegen mit den anderen Arbeitnehmern gleich zu behandeln, jedenfalls dann einen sachlichen Grund für ihre Maßnahme abzugeben vermag, wenn der Einsatz in der Dauernachtschicht tatsächlich zu Unmut bei den anderen Beschäftigten führt. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, die es dem Arbeitgeber verwehrt, unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz Arbeitseinkommen besser verdienender Arbeitnehmer mittels einer Änderungskündigung an das allgemeine Niveau anzupassen (vgl. BAG vom 01.07.1999 - 2 AZR 826/98 - NZA 1999, 1336 m.w.N.) ist auf die Ausübung des Direktionsrechts nicht übertragbar. Diese Rechtsprechung beruht auf dem Grundsatz, dass in Ausübung der Vertragsfreiheit abgeschlossene Vereinbarungen einzuhalten sind. Gerade hierin liegt der Unterschied bei der Ausübung des Weisungsrechts, bei dem es nicht um vertraglich abgesicherte Positionen geht.

b) Die Kammer hat sich aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme jedoch nicht die volle Überzeugung davon bilden können, dass die angeführten sachlichen Gründe ein solches Gewicht haben, dass dahinter die Interessen des Klägers an der Beibehaltung des sei über 10 Jahren für ihn geltenden Schichtmodells zurücktreten müssten.

aa) Zunächst hat sich die Kammer nicht davon zu überzeugen vermocht, dass die angegebenen Maschinenstillstände auf den Einsatz des Klägers und seiner Kollegen in der Nachschicht zurückzuführen ist und dem durch eine Teilnahme der betroffenen Arbeitnehmer am Drei-Schicht-System entgewirkt werden kann. Vielmehr ist im Verlauf der Beweisaufnahme deutlich geworden, dass bei einer einmal angelaufenen Schichteinteilung eine Umsetzung schon aus arbeitszeitrechtlichen Gründen nicht möglich ist. Im Drei-Schicht-System ist die Arbeitszeit so verteilt, dass sie für die erste Schicht von 22.00 bis 06.00 Uhr, für die zweite Schicht von 14.00 bis 22.00 Uhr und für die dritte Schicht von 06.00 bis 14.00 Uhr geht. Ein zur Nachtschicht herangezogener Arbeitnehmer kann bei Personalausfall in der Spätschicht wegen der einzuhaltenden Ruhezeit von elf Stunden (§ 5 Abs. 1 ArbZG) nicht in dieser Schicht eingesetzt werden, und zwar unabhängig davon, ob er in Dauernachtschicht arbeitet oder ob er aufgrund des Drei-Schicht-Systems Nachtschicht abgeleistet hat. Plötzlich auftretenden Störfällen kann durch einen Wechsel des Schichtsystems für den Kläger und seine Kollegen nicht begegnet werden.

Damit verbleiben die Fälle, bei denen zu Beginn der Woche erkennbar ist, dass durch Personalausfall die Früh- oder Spätschicht gegenüber der Nachtschicht unterbesetzt ist. Zur Behebung dieser Störfälle ist jedoch die Maßnahme der Beklagten - die Anordnung eines dauerhaften Schichtsystemwechsels - weder geeignet noch erforderlich. Ist die Beklagte im Rahmen des ihr zustehenden Direktionsrechts grundsätzlich berechtigt, den Kläger und seine Kollegen auch in anderen Schichten einzusetzen, so kann sie ihn unter Beachtung arbeitszeitrechtlicher Vorgaben im Einzelfall bei entsprechender Notwendigkeit einer anderen Schicht zuweisen, obwohl er grundsätzlich in Dauernachtschicht arbeitet. Mit anderen Worten heißt dies, dass dann, wenn eine andere Schicht unterbesetzt ist, weil Personal ausgefallen ist, der Kläger trotz Dauernachtschicht zur Arbeit in einer unterbesetzten Schicht herangezogen werden kann. Am Montag, dem 28.04.2003 hätte die Beklagte den Kläger also anweisen können, für diesen Tag oder womöglich die ganze Woche in der Spätschicht zu arbeiten, wenn sie dadurch den aufgetretenen Maschinenstillstand hätte verhindern können. Eines Schichtsystemswechsels bedurfte es hierfür nicht.

bb) Nach der durchgeführten Beweisaufnahme ist die Maßnahme der Beklagten auch nicht deshalb sachlich gerechtfertigt, weil der Einsatz des Klägers und seiner Kollegen in der Dauernachtschicht tatsächlich zu Unmut bei anderen Beschäftigten geführt hätte. So hat der Zeuge B2xxxxxx angegeben, dass das Interesse der anderen Beschäftigten an einem Einsatz in der Nachtschicht wegen der Zuschläge größer geworden ist. Unmutsäußerungen von Beschäftigten über den Einsatz des Klägers und seiner Kollegen in Dauernachtschicht hat der Zeuge jedoch nicht schildern können. Er hat das Interesse an einem Einsatz von Beschäftigten in der Nachtschicht lediglich mittelbar festmachen können, z. B. anhand der Reaktionen bei einer ungeplanten Herausnahme aus der Nachtschicht sowie anhand der Urlaubsplanung einzelner Arbeitnehmer, die ihren Urlaub nicht in Zeiten nehmen, in denen sie Nachtschicht haben. Der Zeuge konnte jedoch nicht angeben, wie viele Arbeitnehmer tatsächlich ein Interesse am Einsatz in der Nachtschicht besitzen. Andererseits ist es so, dass es neben Arbeitnehmern, die als geschützte Personen gar nicht in Wechselschicht eingesetzt werden dürfen, auch Arbeitnehmer gibt, die nicht in der Nachtschicht eingesetzt werden wollen. Um wie viele Arbeitnehmer es sich hierbei handelt, konnte der Zeuge abgesehen von zweien, von denen es ihm bekannt ist, nichts sagen. Jedenfalls ist aufgrund der Aussage des Zeugen davon auszugehen, dass eine Reihe, wenngleich unbekannte Zahl von Arbeitnehmern aus unterschiedlichen Gründen nicht in der Nachtschicht eingesetzt werden können bzw. wollen. Im Hinblick auf diese Arbeitnehmer entfällt das Argument der Gleichbehandlung. Außerdem ist unter diesen Umständen nicht erkennbar, dass Beschäftigte der Beklagten jedenfalls in Rahmen des Drei-Schicht-Systems deshalb nicht zur Nachtschicht herangezogen werden können, weil der Kläger und seine Kollegen wegen der Dauernachtschicht die benötigten Plätze besetzen.

cc) Nach der Aussage des Zeugen B2xxxxxx verbleibt zur sachlichen Rechtfertigung der von der Beklagten getroffenen Maßnahme der Änderung des Schichtsystems für den Kläger und seine Kollegen das Argument, dass die Schichtplanung erleichtert wird, wenn diese im Drei-Schicht-System eingesetzt werden. Die Beklagte braucht in einem solchen Fall auf feststehende Zeiten für den Kläger keine Rücksicht zu nehmen. Verstärkt wird ihr Interesse an einer solchen Möglichkeit auch dadurch, weil sie bei ihrer Schichtplanung Rücksicht darauf nehmen muss, dass geschützte Personen von der Wechselschicht ausgenommen sind. Muss sie daneben nicht auch die Dauernachtschicht der betroffenen Arbeitnehmer berücksichtigen, so wird ihr die Schichtplanung erleichtert. Dieses Interesse der Beklagten ist jedoch nicht so hoch zu bewerten, dass es gegenüber den Interessen des Klägers an der Beibehaltung seines Schichtsystems Vorrang genießt. Der Zeuge B2xxxxxx hat ausgesagt, dass in der Vergangenheit die Schichtplanung in der Regel trotz der Dauernachtschicht möglich gewesen sei und sie wegen des Interesses anderer Kollegen an einem Einsatz in Wechselschicht und damit in Nachtschicht schwieriger geworden sei. Dass diese Schwierigkeiten einen solchen Grad angenommen hätten, dass sie das Interesse des Klägers an der Beibehaltung der Dauernachtschicht übersteigen, vermag die Kammer im Ergebnis jedoch nicht anzunehmen. Für den Kläger bedeutet die Herausnahme aus der Dauernachtschicht eine erhebliche Einkommenseinbuße. Zudem hat er sich durch den über 10-jährigen Einsatz in dieser Schicht in seiner privaten Lebensführung hierauf eingerichtet. Zwar hat er keinen Anspruch auf Beibehaltung seines Einkommens durch die Zahlung von Nachtschichtzuschlägen, wenn dem Interessen der Beklagten von einigem Gewicht entgegenstehen. Gleiches gilt für die Einrichtung seiner privaten Lebensführung. Jedoch sind solche gewichtigen Interessen der Beklagten nach dem oben Ausgeführten gerade nicht anzunehmen.

IV

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Das Berufungsgericht hat die Revision gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG sowohl deshalb zugelassen, weil vom Ausgang dieses Rechtsstreits eine Reihe weiterer Verfahren betroffen sind. Zum anderen hält es auch die Frage, ob die im Spruch der Einigungsstelle vorgesehene reine Ankündigung im Falle eines Schichtwechsels den Anforderungen des § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG entspricht sowie die Frage, ob Gleichbehandlungsgesichtspunkte zu Lasten der Arbeitnehmer bei Ausübung des Direktionsrechts Berücksichtigung finden können, für allgemein von Interesse.

Ende der Entscheidung

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