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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 12.10.2006
Aktenzeichen: 17 Sa 1010/06
Rechtsgebiete: MTA, BGB, ArbGG, ZPO, TVG, BPersVG


Vorschriften:

MTA § 23 a
BGB § 611
ArbGG § 64 Abs. 2 b
ArbGG § 64 Abs. 6
ZPO § 256 Abs. 1
ZPO § 259
ZPO § 263
ZPO § 264 Ziff. 2
ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO § 529
ZPO § 533 Ziff. 1
TVG § 4 Abs. 1
TVG § 4 Abs. 4
TVG § 4 Abs. 4 Satz 1
BPersVG § 75 Abs. 1 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 29.12.2005 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer Besitzstandszulage.

Die Klägerin steht seit dem 01.02.1989 in einem Arbeitsverhältnis zu der Beklagten.

Auf das Arbeitsverhältnis sind der Manteltarifvertrag für die Angestellten der Bundesanstalt für Arbeit vom 21.04.1961 (MTA) und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der jeweiligen Fassung anwendbar. Die Klägerin ist seit 10 Jahren Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft.

Ab dem 15.09.1990 wurde die Klägerin als Phonotypistin beschäftigt und aus der Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 3 Teil II Abschnitt A der Vergütungsordnung (Anlage 1 zum MTA) vergütet. Mit Wirkung zum 20.08.1990 gewährte die Beklagte eine Funktionszulage nach der Protokollnotiz Nr. 3 Teil II Abschnitt A der Vergütungsordnung. Seit dem 05.08.1997 erhielt die Klägerin eine Bewährungszulage nach der Fußnote 1 zum Teil II Abschnitt A der Vergütungsordnung.

Bis Dezember 2003 war die Vergütung jeweils am 15. des laufenden Monats fällig, danach am letzten Kalendertag des Monats.

Im Hinblick auf die technische Weiterentwicklung der Informationsverarbeitung auch in ihren zentralen Schreibdiensten traf die Beklagte in ihrer Durchführungsanweisung III zu Teil II der Vergütungsordnung folgende Regelung:

Ansatz von Schreibkräften außerhalb des Schreibdienstes

Mit der Weiterentwicklung und zunehmenden arbeitsplatznahen Nutzung der IV-Verfahren in der BA für Aufgaben der Textverarbeitung ist ein quantitativer Rückgang der Arbeitsbelastung in den zentralen Schreibdiensten verbunden. Es wird deshalb zunehmend notwendig, Schreibkräften aus dienstlichen Gründen andere Tätigkeiten zu übertragen, bei deren Ausübung die bisher im Bereich des Schreibdienstes möglichen Funktions-, Leistungs- und Bewährungszulagen nicht mehr zustehen. In diesen Fällen, in denen regelmäßig auch die Voraussetzungen des Tarifvertrages über den Rationalisierungsschutz für Angestellte vom 30.09.1987 vorliegen, gilt folgendes:

Zulagen nach den Protokollnotizen Nr. 3, 4, 6, 7, 8 und 9 und die Zulage nach Fußnote 1) zur Vergütungsgruppe VII des Teils II Abschnitt A der Anlage 1 zum MTA/MTA-O werden als Besitzstandszulagen weitergezahlt, wenn sie am Tag vor der Umsetzung aufgrund einer für die Dauer übertragenen Tätigkeit zugestanden haben. Leistungszulagen müssen mindestens fünf Jahre und Funktionszulagen müssen mindestens drei Jahre ununterbrochen bezogen worden sein. Entsprechendes gilt für die Besitzstandsregelungen zum Wegfall der Leistungs- und Funktionszulagen (DA I Nr. 3 Abs. 2 und Nr. 5).

Die Besitzstandszulagen vermindern sich um die Unterschiedsbeträge aus Höhergruppierungen und persönlichen und sonstigen Zulagen, die nach der Umsetzung aus dem Schreibdienst zustehen. Bei der auf eine Leistungszulage bezogenen Besitzstandszulage ist auch das Aufsteigen in den Lebensalterstufen zu beachten. Die bisherige Funktionszulage und die Bewährungszulage nehmen wegen ihrer Bindung an bestimmte Anteile der Grundvergütung an allgemeinen Vergütungsverbesserungen teil.

In der Zeit vom 05.04.2000 bis zum 30.04.2000 wurde der Klägerin zunächst vertretungsweise und ab dem 01.05.2000 dauerhaft die Tätigkeit einer Arzthilfe im Ärztlichen Dienst der Beklagten übertragen.

Mit Schreiben vom 05.05.2000 teilte sie der Klägerin mit, dass sie die Voraussetzungen für den Bewährungsaufstieg nach § 23 a MTA ab dem 01.05.2000 erfülle und deshalb ab diesem Zeitpunkt aus der Vergütungsgruppe VI MTA vergütet werde.

Während der Vertretungszeit zahlte die Beklagte die Bewährungszulage von 201,23 DM und die Funktionszulage von 169,45 DM weiter. Ab dem 01.05.2005 minderte sich die Zulage um die gewährte Arzthilfenzulage und den Differenzbetrag aus der Höhergruppierung in Vergütungsgruppe VI von 127,68 DM. Die Besitzstandszulage verringerte sich auf einen Betrag von 41,77 DM.

Mit Schreiben vom 16.08.2001 bewarb sich die Klägerin auf die unter der Kennziffer 813/2001 ausgeschriebene Stelle als Bearbeiterin in Mitarbeiter-Teams für die Kundengruppe Ausbildungsmarktpartner in der Geschäftsstelle H1xxx der Beklagten. Mit Schreiben vom 03.09.2001 teilte die Beklagte ihr mit, dass sie ab dem 08.10.2001 in die Tätigkeit einer Bearbeiterin im Mitarbeiter-Team für die Kundengruppe Ausbildungsmarktpartner im Arbeitsamt Bochum (Geschäftsstelle Herne) eingearbeitet werde.

In seiner Sitzung vom 21.09.2001 stimmte der Personalrat beim Arbeitsamt Bochum der Tätigkeitsübertragung zunächst vorübergehend und nach erfolgreicher Einarbeitung auf Dauer zu. Wegen der Einzelheiten des Personalratsbeschlusses wird auf die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 17.08.2006 vorgelegte Kopie der Niederschrift über die Sitzung vom 21.09.2001 (Bl. 139, 140 d.A.) Bezug genommen.

Mit Schreiben aus November 2001 übertrug die Beklagte der Klägerin im Wege der Umsetzung zur Geschäftsstelle H1xxx auf Dauer die Tätigkeit als Bearbeiterin im Mitarbeiter-Team für die Kundengruppe Ausbildungsmarktpartner. Sie informierte sie gleichzeitig über die Eingruppierung nach der Vergütungsgruppe VI Teil III Abschnitt C der Vergütungsordnung und den Fortfall der Besitzstandszulage mit Wirkung zum 01.01.2002.

Mit Schreiben vom 14.12.2001 bestätigte die Klägerin die Information über den Fortfall der Besitzstandszulage und bat die Beklagte um Erläuterung des Zeitpunktes des Fortfalls, da ihr eine Einarbeitungszeit von sechs Monaten mitgeteilt worden sei. Nach telefonischer Erörterung mit dem Mitarbeiter H2xxxxxx der Beklagten vom 16.12.2001 verfolgte die Klägerin ihr Auskunftsbegehren nicht weiter.

Am 01.10.2002 und 25.11.2002 fanden Personalgespräche mit der Klägerin vor dem Hintergrund angeblicher Leistungsdefizite statt. Mit Schreiben vom 02.12.2002 gab die Beklagte ihr Gelegenheit, die Leistungsmängel bis spätestens zum 31.05.2003 aufzuarbeiten.

Weitere Personalgespräche fanden am 17.01.2003 und am 12.03.2003 statt. In dem letzten Gespräch wurden der Klägerin zwei Alternativen angeboten. Zum einen bot die Beklagte an, sie dauerhaft als Teamassistentin im B-Team im Hauptamt in B1xxxx bei einer Eingruppierung in die Vergütungsgruppe VII zu beschäftigen oder sie als Bearbeiterin im A-Team 211 im Hauptamt einzusetzen, um ihre Leistungsfähigkeit zu erproben und zu prüfen.

Die Klägerin erhielt Bedenkzeit und entschied sich am 17.03.2003 für einen Einsatz als Teamassistentin im B-Team.

Der Personalrat stimmte in seiner Sitzung vom 02.05.2003 zu (Bl. 152 d.A.).

Mit Schreiben vom 14.05.2003 übertrug die Beklagte der Klägerin ab dem 21.05.2003 vorübergehend und mit Wirkung vom 01.06.2003 auf Dauer die Tätigkeit einer Teamassistentin im Mitarbeiterteam für besondere arbeitgeberbezogene und sonstige Aufgaben für die Kundengruppe Arbeitsmarktpartner (241) und teilte ihr mit, dass sie ab dem 01.06.2003 aus der Vergütungsgruppe VII vergütet werde. Ebenfalls am 14.05.2003 schlossen die Parteien eine Änderungsvereinbarung. Gemäß § 1 der Vereinbarung trat an die Stelle der Vergütungsgruppe VI die Vergütungsgruppe VII. Wegen der Einzelheiten des Schreibens der Beklagten und der Änderungsvereinbarung wird auf die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 26.04.2005 vorgelegten Kopien (Bl. 57, 58 d.A.) verwiesen.

Mit Schreiben vom 08.03.2004 (Bl. 13,14 d.A.) bat die Klägerin um Überprüfung hinsichtlich einer Besitzstandszulage aus der Vergütungsgruppe VII und bat um Weiterzahlung von monatlichen Zulagen in Höhe von cirka 200,-- € für die letzten sechs Monate und die Zukunft.

Mit Schreiben vom 31.03.2004 (Bl. 6, 7 d.A.) verweigerte die Beklagte die Zahlung von Zulagen, da nur der Wechsel in die Tätigkeit als Arzthilfe dienstlich veranlasst gewesen sei.

Mit ihrer am 12.11.2004 bei dem Arbeitsgericht Bochum eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Sie hat behauptet:

Auch ihre Bewerbung vom 16.08.2001 sei dienstlich veranlasst gewesen. Während ihrer Tätigkeit im Ärztlichen Dienst sei es zu persönlichen Spannungen zu der dort tätigen Dr. K1xx gekommen. Sie sei Opfer unzumutbarer verbaler Angriffe ihrer Vorgesetzten geworden. Im Hinblick auf diesen Konflikt sei ihr der Wechsel nach H1xxx angeboten worden.

Nach 1 1/2 Jahren Tätigkeit in der Geschäftsstelle H1xxx seien die dortigen zwischenmenschlichen Beziehungen aufgrund ihrer wiederholten krankheitsbedingten Ausfälle gestört gewesen, so dass sie ihre Tätigkeit dort nicht habe fortsetzen können. Auf Anraten der Beklagten habe sie sich für die Stelle der Teamassistentin entschieden.

Die Beklagte verletzte durch die Einstellung der Zahlung einer Besitzstandszulage den Gleichbehandlungsgrundsatz, denn andere Mitarbeiterinnen, die umgesetzt worden seien, erhielten weiterhin ihre früheren Zulagen als Besitzstandszulage.

Für die Zeit von Oktober 2003 bis August 2005 verlange sie einen monatlichen Zahlungsbetrag von 206,78 €.

Nachdem die Klägerin zunächst den Antrag angekündigt hatte festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr seit dem 01.06.2003 monatlich eine Besitzstandszulage, bestehend aus einer Bewährungszulage und einer Funktionszulage, zu zahlen

hat sie im Termin zur mündlichen Verhandlung beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 4.549,16 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 206,78 € seit dem 03.10.2003 und aus jeweils weiteren 206,78 € seit dem 03.11.2003, 03.12.2003, 03.01.2004, 03.02.2004, 03.03.2004, 03.04.2004, 03.05.2004, 03.06.2004, 03.07.2004, 03.08.2004, 03.09.2004, 03.10.2004, 03.11.2004, 03.12.2004, 03.01.2005, 03.02.2005, 03.03.2005, 03.04.2005, 03.05.2005, 03.06.2005, 03.07.2005, 03.08.2005 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet:

Während der klägerischen Tätigkeit im Ärztlichen Dienst habe die Vorgesetzte Dr. K1xx ihre Leistungen als unzureichend beurteilt, während die Klägerin diese positiver eingeschätzt und sich von Frau Dr. K1xx nicht richtig behandelt gefühlt habe. Da Dr. K1xx die Leistungsdefizite der Klägerin nicht ausreichend dokumentiert gehabt habe, habe der Leiter der Abteilung Verwaltung des Arbeitsamtes Bochum H2xxxxxx der Klägerin Alternativen für das weitere Vorgehen aufgezeigt. Nach einer Überlegungsfrist habe diese sich dann für die Bewerbung vom 16.08.2001 entschieden.

Auch die Anforderungen in der Geschäftsstelle H1xxx habe sie nicht erfüllen können. Deshalb sei ihr Gelegenheit gegeben worden, bis zum 31.05.2003 ihre Defizite aufzuarbeiten. Die Klägerin selbst habe sich dann für den Einsatz als Teamassistentin entschieden.

Den Umsetzungen seit Oktober 2001 hätten jeweils Wünsche der Klägerin, nicht dienstliche Belange zugrunde gelegen.

Mit Urteil vom 29.12.2005 hat das Arbeitsgericht Bochum die Klage abgewiesen.

Es hat ausgeführt:

Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer Zulage folge nicht aus § 611 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag und einschlägigen tarifvertraglichen Regelungen.

Zu Recht habe die Beklagte die Funktions- und Bewährungszulage als Besitzstandszulage nach Wechsel der Klägerin in die Tätigkeit als Arzthelferin fortgezahlt. Dieser Wechsel sei dienstlich veranlasst gewesen.

Die Besitzstandszulage sei jedoch mit dem erneuten Tätigkeitswechsel aufgrund einer Bewerbung der Klägerin entfallen. Die Klägerin habe den Fortfall der Zulage akzeptiert.

Auch die weitere Entwicklung des Arbeitsverhältnisses mit der erneuten Umsetzung sei auf Initiative der Klägerin erfolgt. Diese habe über ihre Weiterbeschäftigung ab Juni 2003 entschieden.

Eine Ungleichbehandlung mit anderen Mitarbeitern habe sie nicht ausreichend dargetan.

Gegen das ihr am 18.05.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 16.06.2006 bei dem Landesarbeitsgericht eingehend Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 18.08.2006 am 17.08.2006 beim Landesarbeitsgericht eingehend begründet.

Sie führt aus, die Erweiterung der Klage um einen Feststellungsantrag sei zulässig, da den Prozessakten nicht zu entnehmen sei, dass sie diesen Antrag erstinstanzlich bewusst aufgegeben habe.

Sie ist der Auffassung:

Die Beklagte habe bei den Umsetzungen ab Oktober 2001 jeweils ihre Schutzrechte verletzt, da sie sich nicht vor sie gestellt und dafür Sorge getragen habe, dass sie objektiv richtig bewertet worden sei. Statt sie mit sanftem Druck zur freiwilligen Veränderung ihrer Tätigkeit zu bewegen, hätte die Beklagte das Instrumentarium der Versetzung wählen müssen.

Ob sie in der Geschäftsstelle H1xxx gemobbt worden sei, könne dahinstehen.

Die Beklagte habe auch den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt.

Die Klägerin behauptet dazu:

Die Mitarbeiterin K2xxx H3xxxxxx habe im Hinblick auf ihre Versetzung in den Ärztlichen Dienst letztlich ein ähnliches Schicksal wie sie gehabt. Sie habe sich nach kurzer Zeit bei der Leitung der Beklagten aus ähnlichen Gründen nachhaltig darum bemüht, alsbald wieder aus dem Ärztlichen Dienst in eine andere Abteilung versetzt zu werden, was dann unter Fortzahlung der Besitzstandszulage auch geschehen sei.

Die Klägerin verweist im Übrigen darauf, dass sie in unzulässiger Weise auf tarifliche Rechte verzichtet habe und der Personalrat bei der Streichung der Besitzstandszulage nicht beteiligt worden sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 29.12.2005 - 4 Ca 3257/04 - abzuändern und nach ihrem Schlussantrag in der ersten Instanz zu erkennen,

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.878,73 € zu zahlen,

festzustellen,

dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr seit dem 01.06.2003 und fortlaufend monatlich eine Besitzstandszulage, bestehend aus einer Bewährungszulage und einer Funktionszulage von gegenwärtig 206,78 € zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil als zutreffend und hält den Feststellungsantrag als Klageänderung für nicht sachdienlich.

Sie behauptet ergänzend:

Die Mitarbeiterin K2xxx H3xxxxxx sei lediglich vom 08.05. bis 31.10.2005 vertretungsweise für eine vorübergehend ausgefallene Mitarbeiterin im Ärztlichen Dienst tätig gewesen. Deshalb sei die Besitzstandszulage fortgezahlt worden.

Sie erhebt die Einrede der Verjährung.

Wegen des Parteivorbringens im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Terminsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die gemäß §§ 64 Abs. 2 b, Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO zulässige Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 29.12.2005 ist unbegründet.

1. Das erstinstanzliche Gericht hat die Zahlungsklage zu Recht abgewiesen. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

a) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung von 4.549,15 € aus der Protokollnotiz Nr. 3 zu der Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 3 des Teils II Abschnitt A der Anlage 1 zum MTA (Funktionszulage) und gemäß der Fußnote 1 zu dieser Vergütungsgruppe (Bewährungszulage), denn sie erfüllt unstreitig seit dem 01.05.2000 nicht mehr die tariflichen Voraussetzungen dieser Vergütungsgruppe. Sie ist nicht mehr als Angestellte im Schreibdienst beschäftigt.

b) Der Zahlungsanspruch rechtfertigt sich auch nicht aus dem Tarifvertrag über den Rationalisierungsschutz für Angestellte vom 30.09.1987. Denn der wechselnde Einsatz der Klägerin in der Geschäftsstelle H1xxx und der Hauptstelle B1xxxx beruht nicht auf Rationalisierungsmaßnahmen. Entscheidendes Merkmal einer Rationalisierungsmaßnahme ist grundsätzlich, dass durch erhebliche Änderungen der Arbeitstechnik oder durch wesentliche Änderungen in der Arbeitsorganisation die Leistung des Betriebs bzw. der Dienststelle verbessert werden soll, indem der menschliche Aufwand an Arbeit, Zeit, Energie, Material und Kapital herabgesetzt wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.06.1992 - 6 P 17.91 - AP Nr. 40 zu § 75 BPersVG).

Rationalisierungsmaßnahmen, die den Einsatz der Klägerin im Mitarbeiterteam für die Kundengruppe Ausbildungsmarktpartner in der Geschäftsstelle H1xxx bzw. den Einsatz als Teamassistentin im B-Team im Hauptamt in B1xxxx erfordert haben, hat die Klägerin nicht behauptet.

c) Die Beklagte hat sich auch nicht durch die Besitzstandsregelung in DA III VO Teil II TVBA zur Gewährung einer Besitzstandszulage in den streitgegenständlichen Monaten von Oktober 2003 bis August 2005 verpflichtet.

Sie hat mit Schreiben vom 26.01.2001 die Zahlung der Besitzstandszulage wirksam widerrufen.

Diese war ihr zunächst vor dem Hintergrund des quantitativen Rückgangs der Arbeitsbelastung in den zentralen Schreibdiensten, in denen auch die Klägerin bis April 2000 beschäftigt war, zugesagt worden. Die Übertragung von Aufgaben im Ärztlichen Dienst ab Mai 2000 war - insoweit besteht zwischen den Parteien kein Streit - dienstlich durch die Reduzierung der Mitarbeiterzahl im zentralen Schreibdienst veranlasst. Entsprechend hat die Beklagte der Klägerin für den Verlust der Funktions- und Bewährungszulage eine Besitzstandszulage unter Berücksichtigung der Anrechnungsbestimmungen in III Abs. 3 DA Teil II von noch 41,77 DM gezahlt.

Die Beklagte hat die Zahlung zu Recht ab dem 01.01.2002 eingestellt.

Der Widerruf der Besitzstandszulage durfte nicht willkürlich erfolgen, sondern muss sachlich gerechtfertigt sein (vgl. zu den Anforderungen an den Widerruf einer Funktionszulage BAG, Urteil vom 27.11.1991 - 4 AZR 29/91 - AP Nr. 35 zu § 75 BPersVG; Urteil vom 17.01.1979 - 4 AZR 463/77 - AP Nr. 3 zu § 36 BAT).

Hier ist der Widerruf gerechtfertigt, weil die Aufgabenänderungen auf Wunsch der Klägerin erfolgten.

Sie hat sich auf die Stelle der Bearbeiterin im Mitarbeiterteam für die Kundengruppe Ausbildungsmarktpartner in H1xxx beworben und sich mit der Umsetzung einverstanden erklärt. Ihrer Bewerbung lagen entgegen ihrer Auffassung nicht dienstliche Erfordernisse oder Arbeitsablaufänderungen zugrunde, sondern allein Probleme aus ihrem individuellen Arbeitsverhältnis. Die Kammer vermochte sich nicht ihrer Auffassung anzuschließen, der dienstliche Anlass zu der Aufgabenveränderung folge zum einen aus dem Konflikt zwischen ihrer Vorgesetzten Dr. K1xx und ihr, zum anderen aus der Tatsache, dass die Beklagte sie zu arbeitsrechtlichen Maßnahmen veranlasst habe.

Der Widerruf ist auch nicht deshalb sachwidrig und willkürlich, weil die Beklagte rechtswidrig Schutzrechte der Klägerin verletzt hat.

Hätte diese tatsächlich die Aufklärung des ihrem Konflikt im Ärztlichen Dienst zugrunde liegenden Sachverhaltes durch die Beklagte angestrebt, hätte sie dem Vorschlag, sie mit Aufgaben außerhalb des Ärztlichen Dienstes zu betrauen, ein einfaches "Nein" entgegensetzen können und müssen. Sie hätte von einer Bewerbung absehen können. Die Beklagte hätte sie dann unter Fortzahlung der Besitzstandszulage als Arzthelferin weiterbeschäftigt und sie hätte sich einer Überprüfung ihrer Leistungen stellen können.

Auch die Versetzung von H1xxx nach B1xxxx und die Übertragung der Aufgaben einer Teamassistentin mit Wirkung zum 01.06.2003 beruhten auf individuellen Schwierigkeiten der Klägerin in der Geschäftsstelle H1xxx und erfolgte erneut auf ihren Wunsch. Sie hat sich durch Unterzeichnung der Änderungsvereinbarung vom 14.05.2003 mit ihrer Eingruppierung einverstanden erklärt, ohne eine Vereinbarung über die neuerliche Zahlung einer Besitzstandszulage zu treffen.

d) Die Beklagte hat mit der Zahlungseinstellung auch nicht gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen (zur Rechtsgrundlage vgl. Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 11. Aufl., § 112 Rdnr. 6 - 10).

Er verbietet die willkürliche, d.h. sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen, in vergleichbarer Lage Befindlichen. Es ist das Verbot der sachfremden Differenzierung zwischen Arbeitnehmern in einer bestimmten Ordnung. Er findet auch im Bereich der Entgeltzahlung Anwendung, wenn der Arbeitgeber die Vergütung nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt (vgl. BAG, Urteil vom 13.02.2002 - 5 AZR 713/00 - NZA 2003, 215; Urteil vom 19.02.2002 - 1 AZR 342/01 - NZA 2002, 871).

Die Mitarbeiterin H3xxxxxx und die Klägerin befanden sich nicht in einer vergleichbaren Ordnung.

Die Behauptung der Klägerin, diese Mitarbeiterin - ebenfalls zunächst im zentralen Schreibdienst beschäftigt - sei genauso wie sie unter Zahlung einer Besitzstandszulage in den Ärztlichen Dienst versetzt worden und aus ähnlichen Gründen wie sie alsbald unter Fortzahlung der Besitzstandszulage in einer anderen Abteilung beschäftigt worden, ist einer Beweisaufnahme nicht zugänglich. Weder ist erkennbar, in welchem Zeitraum die Arbeitnehmerin im Ärztlichen Dienst tätig war, noch hat die Klägerin vorgetragen, aus welchen Gründen konkret wann eine weitere Umsetzung bei Fortzahlung der Besitzstandszulage erfolgt ist. Dem Vorbringen der Beklagten lässt sich vielmehr entnehmen, dass die Mitarbeiterin H3xxxxxx nur vertretungsweise für einen vorübergehend ausgefallenen Mitarbeiter vom 08.05. bis 31.10.2005 im Ärztlichen Dienst tätig gewesen und erst zum 01.08.2001, veranlasst durch die Organisationsreform Arbeitsamt 2000, aus dem zentralen Schreibdienst in die Teamassistenz umgesetzt worden ist. Die Zahlung der Besitzstandszulage an diese Arbeitnehmerin rechtfertigte sich aus DA III VO Teil II TV BA.

Die Klägerin kann nicht zur Herstellung einer Vergleichbarkeit mit der Arbeitnehmerin H3xxxxxx ihren individuellen Werdegang ausblenden. Die Beklagte hat sie nämlich bei der dienstlich veranlassten Übertragung der Aufgaben einer Arzthelferin im Ärztlichen Dienst gleich der Mitarbeiterin H3xxxxxx behandelt. Ihre weitere berufliche Entwicklung hat ihren Grund - wie dargestellt - gerade nicht in Organisationsentscheidungen der Beklagten, sondern erfolgte aus Gründen des individuellen Arbeitsverhältnisses.

e) Die Klägerin hat nicht auf tarifliche Rechte entgegen § 4 Abs. 4 Satz 1 TVG verzichtet. Nach § 4 Abs. 1 TVG kann der Arbeitnehmer aufgrund der zwingenden und unmittelbaren Wirkung des Tarifvertrages auf Rechte aus diesem nicht im Voraus verzichten. Dieses Prinzip wird durch § 4 Abs. 4 Satz 1 TVG auf bereits entstandene Ansprüche erstreckt (vgl. ErfK/Schaub, 600 TVG § 4 Rdnr. 85). Deshalb ist der Verzicht nur insoweit ausgeschlossen, wie die zwingende Wirkung des Tarifvertrages gereicht hat.

Die Parteien sind tarifgebunden.

Die Klägerin hat aber nicht auf einen tariflichen Anspruch durch Erlassvertrag, negatives Schuldanerkenntnis, Vergleich oder Ausgleichsquittung (vgl. dazu ErfK/Schaub, a.a.O. TVG § 4 Rdnr. 87) verzichtet.

Hier ist schon zweifelhaft, kann aber letztlich dahinstehen, ob die Besitzstandszulage ein tariflicher Anspruch im Sinne des § 4 Abs. 4 TVG ist. Die Klägerin hat nicht auf sie verzichtet, denn weder aufgrund der Umsetzung aus dem Ärztlichen Dienst in die Geschäftsstelle H1xxx noch infolge der einvernehmlichen Änderung des Aufgabenbereichs ab dem 01.06.2006 bestand ein Anspruch auf eine Besitzstandszulage. § 4 Abs. 4 TVG schließt nicht aus, dass die tarifgebundenen Parteien sich über die Tatsachen verständigen, an die ein tariflicher Anspruch anknüpft oder die einen Tarifanspruch ausschließen (vgl. zum Tatsachenvergleich BAG, Urteil vom 05.11.1997 - 4 AZR 682/95 - NZA 1998, 434).

f) Die Klägerin kann ihren Anspruch auch nicht mit der Verletzung von Rechten der Personalvertretung begründen.

Gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG hat der Personalrat mitzubestimmen in Personalangelegenheiten der Angestellten und Arbeiter bei der Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit, Höher- oder Rückgruppierung, Eingruppierung.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist unter Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit nur die Übertragung einer Tätigkeit zu verstehen, die zu einem Wechsel der Lohn- oder Vergütungsgruppe führt (vgl. BAG, Urteil vom 27.11.1991 - 4 AZR 29/91 - AP Nr. 35 zu § 75 BPersVG m.w.N.). Das Bundesarbeitsgericht verweist darauf, dass der Begriff der "höherwertigen Tätigkeit" gerade im öffentlichen Dienst einen bestimmten Inhalt hat und dass insbesondere nach der Neufassung des Bundespersonalvertretungsgesetzes vom 15.03.1974 davon auszugehen sei, dass der Gesetzgeber diese Begriffe auch in der im Tarifrecht üblichen Weise verstanden und angewendet wissen wollte. Aus den Gesetzesmaterialien ergäben sich keine Anhaltspunkte für einen hiervon abweichenden Willen des Gesetzgebers. Auch nachfolgende Gesetzesänderungen hätten wiederholt Gelegenheit gegeben, das Mitbestimmungsrecht des Personalrates auszudehnen und klarzustellen, dass unter der Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit nicht nur der Wechsel der Lohn- oder Vergütungsgruppe zu verstehen sei, sondern auch die Gewährung oder Streichung einer Zulage das Mitbestimmungsrecht auslösen sollten.

Der Gesetzgeber habe dabei in Kauf genommen, dass es die Tarifvertragsparteien in der Hand hätten, durch Schaffung von Zulagen anstelle einer neuen Vergütungsgruppe das Mitbestimmungsrecht des Personalrates auszuschalten.

Zwischen den Parteien ist nicht streitig, dass der Personalrat jeweils bei der Änderung des klägerischen Aufgabengebietes ordnungsgemäß beteiligt worden ist und jeweils zugestimmt hat. Er hat insbesondere ausweislich des Protokolls vom 02.05.2003 über die Herabgruppierung der Klägerin in die Vergütungsgruppe VII entschieden.

Informationen über den Widerruf der Besitzstandszulage bzw. darüber, dass sie nicht wieder aufleben sollte, waren mangels eines Mitbestimmungsrechtes des Personalrates in dieser Frage entgegen der Auffassung der Klägerin entbehrlich.

2. Der zweitinstanzlich hilfsweise gestellte Zahlungsantrag stellt ein Minus gegenüber dem Hauptantrag dar, ist als solches von ihm umfasst und ebenfalls unbegründet.

II.

Die Berufung ist auch hinsichtlich des Feststellungsantrags zulässig.

Die qualitative Erweiterung des Klageantrags ohne Änderung des Klagegrundes stellt gemäß § 264 Ziffer 2 ZPO keine Klageänderung im Sinne des § 263 ZPO dar. So wenig wie erstinstanzlich die Einwilligung des Gegners oder die Sachdienlichkeit erforderlich sind, so wenig müssen diese Voraussetzungen nach § 533 Ziffer 1 ZPO zweitinstanzlich gegeben sein (vgl. Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 25. Aufl., § 533 ZPO Rdnr. 3; § 264 ZPO Rdnr. 3 b; § 256 ZPO Rdnr. 15 c).

Der Antrag ist gestützt auf die Tatsachen, die das Berufungsgericht ohnehin seiner Entscheidung nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat.

Der Feststellungsantrag für die Zeit ab dem 01.09.2005 und vom 01.06.2003 bis 30.09.2003 ist gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Das erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass der Zahlungsantrag nur einen begrenzten Zeitraum in der Vergangenheit umfasst, die Klägerin die Zahlung der Besitzstandszulage auch für die Zukunft fordert. Bezüglich des Zeitraumes vom 01.10.2003 bis 31.08.2005 ist der Antrag im Hinblick auf die Leistungsklage unzulässig.

Die nach § 259 ZPO mögliche Klage auf zukünftige Leistung lässt das Feststellungsinteresse nicht entfallen (vgl. BGH, Urteil vom 07.02.1986 - V ZR 201/84 - NJW 1986, 2507; Zöller/Greger a.a.O. § 256 ZPO Rdnr. 8).

Der Antrag ist unbegründet, da - wie ausgeführt - ein Anspruch auf Zahlung einer Besitzstandszulage auch für die Zukunft nicht gegeben ist.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Die Zulassung der Revision rechtfertigt sich aus § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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