Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 17.08.2006
Aktenzeichen: 17 Sa 2212/05
Rechtsgebiete: InsO


Vorschriften:

InsO § 113
Eine Vertragsbindung von zum Zeitpunkt der Kündigung noch 13 Monaten aufgrund der vertraglichen Beschränkung des Rechts zur ordentlichen Kündigung rechtfertigt im Fall der Betriebsstilllegung keiner außerordentliche Kündigung mit einer Auslauffrist entsprechend § 113 InsO.
Tenor:

Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Die Revision wird nicht zugelassen

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch Kündigung des Beklagten vom 30.05.2005 mit Ablauf des 31.08.2005 beendet wurde.

Die am 16.01.1966 geborene Klägerin war seit dem 01.04.1989 als kaufmännische Leiterin in dem Tankstellenbetrieb T1xxx-Station W3xxxx M3xx 127 in K3xxx beschäftigt. Sie erzielte zuletzt ein Bruttomonatsgehalt von 2.100,00 € bei einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden. Weiterhin erhielt sie Leistungen zu einer Direktversicherung in Höhe von 145,21 € brutto monatlich sowie ein urlaubstägliches Urlaubsgeld von 35,00 € brutto.

Pächter der Tankstelle war zunächst aufgrund eines Tankstellenverwaltervertrages mit der Firma T1xxx D2xxxxxxxxx GmbH der Ehemann der Klägerin D3xxxx S2xxxxxx. Dieser schloss am 01.07.2001 mit der Klägerin einen Arbeitsvertrag, wegen dessen Einzelheiten auf die von der Klägerin mit der Klageschrift vorgelegte Kopie (Bl. 4 bis 6 d.A.) Bezug genommen wird. In § 7 des Arbeitsvertrages trafen die Vertragsparteien folgende Regelung:

Vertragsdauer:

Der Vertrag wird zunächst auf fünf Jahre fest geschlossen und verlängert sich jeweils um zwei Jahre, falls er nicht unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten zum Vertragsende von einem der Vertragspartner gekündigt wird.

Mit Schreiben vom 16.03.2004 kündigte der Ehemann der Klägerin den Tankstellenverwaltervertrag zum 30.09.2004.

Mit Wirkung zum 01.10.2004 schloss der Beklagte seinerseits einen Tankstellenverwaltervertrag mit der Firma T1xxx D2xxxxxxxxx GmbH. Vereinbarungen zwischen dem Vorgänger und dem Beklagten wurden nicht getroffen.

Zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs waren neben der Klägerin zumindestens noch der Kraftfahrzeugmeister R1xxxxxxx und die Kassiererin W4xxxx beschäftigt, deren Arbeitsverhältnis der Beklagte mit Schreiben vom 27.10.2004 ordentlich kündigte.

Auch das Arbeitsverhältnis der Klägerin wurde unter dem 27.10.2004 zum 30.04.2005 gekündigt. Mit Schreiben vom 19.04.2005 erklärte der Beklagte, die Kündigung sei zugleich als eine Kündigung im Sinne des § 7 des Arbeitsvertrages zu werten.

Mit Schreiben vom 25.05.2005 kündigte die Firma T1xxx D2xxxxxxxxx GmbH den Tankstellenverwaltervertrag mit dem Beklagten zum 31.08.2005 unter Hinweis darauf, dass die Tankstelle nach Ausscheiden des Beklagten endgültig geschlossen werden solle. Am 02.08.2005/08.08.2005 traf der Beklagte mit der Firma T1xxx D2xxxxxxxxx GmbH eine Abwicklungsvereinbarung. Gemäß Ziffer 1 der Vereinbarung, wegen deren Einzelheiten auf die von dem Beklagten mit Schriftsatz vom 09.08.2006 vorgelegte Kopie (Bl. 202 bis 204 d.A.) verwiesen wird, wurde die Übergabe der Tankstelle an die Firma T1xxx D2xxxxxxxxx GmbH am 15.08.2005 vereinbart und erneut bestätigt, dass mit Übergabe der Station die Tankstelle endgültig geschlossen werde.

Mit Schreiben vom 30.05.2005 (Bl. 26 d.A.) kündigte der Beklagte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich wegen endgültiger Betriebsschließung zum 31.08.2005.

Mit ihrer am 09.06.2005 bei Gericht eingegangenen Klageerweiterung hat sich die Klägerin u.a. auch gegen diese Kündigung gewandt.

Sie hat die Auffassung vertreten,

die Betriebsschließung rechtfertige keine außerordentliche Kündigung, da das Arbeitsverhältnis nach der Vertragsgestaltung zum 30.06.2006 beendet werden könne.

Sie hat behauptet:

Der Beklagte betreibe seit dem 01.08.2005 eine Tankstelle in S6xxxxxxxxx. Dort könne er sie weiter beschäftigen.

Die Klägerin hat u.a. beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigungen vom 27.10.2004 und 30.05.2005 nicht beendet worden ist bzw. beendet werden wird.

Wegen ihrer weitergehenden Anträge wird auf die Wiedergabe im erstinstanzlichen Urteil verwiesen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat behauptet:

Durch die Kündigung des Tankstellenverwaltervertrages sei ihm seine Existenzgrundlage genommen worden. Die Tankstelle in S6xxxxxxxxx werde von seiner Ehefrau betrieben. Er sei dort auch tätig.

Die Klägerin könne von ihrem Ehemann beschäftigt werden, der wieder eine Tankstelle betreibe.

Mit Urteil vom 06.10.2005 hat das Arbeitsgericht Dortmund u.a. festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 30.05.2005 nicht mit Ablauf des 31.08.2005 aufgelöst worden ist, sondern bis zum 30.06.2006 fortbestehen wird. Im Übrigen wird auf den Tenor des Urteils (Bl. 70 d.A.) Bezug genommen.

Es hat ausgeführt:

Die Kündigung vom 30.05.2005 beende das Arbeitsverhältnis erst zum 30.06.2006 entsprechend der Vereinbarung in § 7 des Arbeitsvertrages vom 01.07.2005, da in der Betriebsstilllegung kein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB zu sehen sei. Das Arbeitsverhältnis sei ordentlich kündbar, wenn auch erst zum 30.06.2006. Das Risiko der lang andauernden Kündigungsfrist trage der Beklagte, der gemäß § 613 a BGB in die Rechte und Pflichten des Arbeitsverhältnisses eingetreten sei. Eine Verlagerung des unternehmerischen Risikos erscheine auch unter Beachtung der Einzelfallumstände nicht angezeigt. Mit der Kündigung des Tankstellenverwaltervertrages habe sich ein Risiko verwirklicht, das der Beklagte bei Übernahme der Tankstelle eingegangen sei. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin und ihr Ehemann bei Abschluss des Arbeitsvertrages vom 01.07.2001 bewusst zum Nachteil des Beklagten hätten handeln wollen, seien nicht ersichtlich.

Gegen das ihm am 07.11.2005 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 02.12.2005 bei dem Landesarbeitsgericht eingehend Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 07.02.2006 am 07.02.2006 beim Landesarbeitsgericht eingehend begründet.

Er hat behauptet:

Er habe seinen Geschäftsbetrieb ersatzlos eingestellt und verfüge über keine finanziellen Mittel, um die Vergütungsansprüche der Klägerin zu erfüllen. Er sei für seine Ehefrau unentgeltlich tätig.

Ein Blick in die Insolvenzordnung zeige, dass der Gesetzgeber in einer vergleichbaren Situation dem Insolvenzverwalter die Möglichkeit eingeräumt habe, unabhängig von längeren vertraglichen Kündigungsfristen mit einer dreimonatigen Frist zu kündigen. Das zeige, dass es dem Recht nicht wesensfremd sei, das Betriebsrisiko nicht ausnahmslos dem Bestandschutzinteresse des Arbeitnehmers unterzuordnen.

Die schlechte wirtschaftliche Situation des Tankstellenbetriebes habe zu einem erheblichen Teil auf den hohen Vergütungsforderungen der Klägerin beruht. Ihr Aufgabenbereich und ihre Vergütung hätten nicht der Größe des Betriebes entsprochen.

Trotz mehrfacher Aufforderung habe der Ehemann der Klägerin ihm alle relevanten Unterlagen nicht vor der Betriebsübernahme am 01.10.2004 zur Verfügung gestellt. Erst mit Übergabe des Betriebes habe er Kenntnis von dem Inhalt des Arbeitsvertrages erlangt.

Er habe zwar keine Beweise dafür, dass der außergewöhnliche Arbeitsvertrag der Klägerin im Hinblick auf einen drohenden Betriebsübergang zu ihrem Schutze und damit auch mittelbar zum Schutze ihres Ehemannes konstruiert worden sei. Das solle so auch nicht behauptet werden. Tatsache sei jedoch, dass es ihm die außergewöhnliche Konstellation unmöglich gemacht habe, den Tankstellenbetrieb wirtschaftlich zu führen. Die Klägerin habe sich auf eine Vertragsänderung nicht eingelassen.

Nach seinen Informationen sei sie nunmehr, nachdem sie sich zunächst zum 01.09.2005 arbeitslos gemeldet habe, für ihren Ehemann in dessen Tankstellenbetrieb tätig.

Nachdem der Beklagte zunächst mit der Berufungsbegründung beantragt hatte, die Entscheidung des Arbeitsgerichts Dortmund vom 06.10.2005 - Az. 3 Ca 6083/04 - aufzuheben und die Klage abzuweisen,

beantragt er nunmehr,

das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 06.10.2005 in dem Hauptsacheausspruch zu 1) abzuändern und den Antrag zurückzuweisen festzustellen, dass das

Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 30.05.2005 nicht mit Ablauf des 31.08.2005 aufgelöst worden ist, sondern bis zum 30.06.2006 fortbestanden hat.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie behauptet:

Am 24.09.2004 habe der Beklagte den Tankstellenbetrieb besichtigt und u.a. Einsicht in den Arbeitsvertrag vom 01.07.2001 genommen. Auf seine Bitte hin habe er sogar eine Kopie erhalten.

Sie sei nach wie vor arbeitslos und habe kein Arbeitsverhältnis begründet.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird Bezug genommen auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Terminsprotokolle.

Entscheidungsgründe:

I.

Die gemäß §§ 64 Abs. 2 c), 6, 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO zulässige Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 06.10.2005 ist unbegründet.

Unter Rücknahme der Berufung im Übrigen greift er nunmehr nur noch die Feststellung des erstinstanzlichen Gerichtes an, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 30.05.2005 nicht mit Ablauf des 31.08.2005 aufgelöst worden ist.

1. Die Kündigungsschutzklage ist zulässig. Das erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich aus §§ 13 Abs. 1 Satz 2, 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG i.V.m. § 4 KSchG.

2. Die Kündigungsschutzklage ist begründet. Das Arbeitsverhältnis hat nicht durch die außerordentliche Kündigung des Beklagten mit einer Auslauffrist zum 31.08.2005 sein Ende gefunden.

a. Die Klägerin hat die Klagefrist nach §§ 13 Abs. 1 Satz 2, 4 Satz 1 KSchG gewahrt. Die Kündigungserklärung vom 30.05.2005 ist ihr frühestens an diesem Tage zugegangen. Bereits mit am 09.06.2005 bei dem Arbeitsgericht Dortmund eingegangenem Schriftsatz hat sie sich unter Erweiterung ihrer Klage gegen diese Kündigung gewandt.

b. Die Kündigung ist nicht durch Tatsachen gerechtfertigt, die es dem Beklagten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile unzumutbar gemacht haben, das Arbeitsverhältnis bis zum 30.06.2006 fortzuführen, § 626 Abs. 1 BGB.

Die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung ist in zwei Stufen zu prüfen. Zunächst müssen Tatsachen vorliegen, die an sich geeignet sind, einen wichtigen Grund zu bilden. Im weiteren Schritt ist festzustellen, ob unter Abwägung der Umstände des Einzelfalls eine Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist bzw. bis zum Ablauf des vereinbarten Vertragsendes zumutbar ist (vgl. Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 11. Aufl., § 125 Rdnr. 43).

Hier liegt schon kein wichtiger Grund zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor. Der Beklagte beruft sich zur Rechtfertigung der außerordentlichen Kündigung auf die Beendigung des Verwaltervertrages zwischen der Firma T1xxx D2xxxxxxxxx GmbH und ihm zum 31.08.2005 mit der Folge einer Stilllegung des Betriebs. Es besteht kein Streit darüber, dass schon bei Kündigungsausspruch die Absicht bestand, den Betrieb endgültig zu schließen. Dies ergibt sich bereits aus dem Kündigungsschreiben der Firma T1xxx D2xxxxxxxxx GmbH vom 25.05.2005. Dass der Betrieb tatsächlich stillgelegt wurde, zeigt sich in Ziffer 1 der Abwicklungsvereinbarung zum Pachtvertrag vom 02.08.2005.

aa. Wie das Arbeitsgericht Dortmund richtig herausgestellt hat, rechtfertigt die Betriebsstilllegung grundsätzlich nur den Ausspruch einer ordentlichen Kündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in dem Betrieb entgegenstehen, § 1 Abs.2 Satz 1 KSchG (vgl. auch BAG, Urteil vom 07.03.2003 - 2 AZR 173/01, NZA 2002, 963; KR-Fischermeier, 7. Aufl., § 626 BGB Rdnr. 155). Eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung ist nur ausnahmsweise zulässig, denn zu dem vom Arbeitgeber zu tragenden Unternehmerrisiko zählt auch die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist. Ein solcher Ausnahmefall ist dann anzunehmen, wenn der Arbeitgeber bei völligem Ausschluss einer ordentlichen Kündigungsmöglichkeit gezwungen wäre, über viele Jahre hinweg ein sinnentleertes Arbeitsverhältnis allein durch Fortzahlung des Lohnes oder Gehaltes aufrechtzuerhalten (vgl. BAG, Urteil vom 14.11.1984 - 7 AZR 474/83, DB 1985, 1398; Urteil vom 05.02.1998 - 2 AZR 227/97, DB 1998, 1035; Urteil vom 07.03.2002. a.a.O.). Eine solche Anforderung verletzte das Grundrecht des Arbeitgebers nach Artikel 12 Abs. 1 GG. Seiner Berufsfreiheit ist immanent, sein Unternehmen aufgeben und privatautonom begründete Arbeitsverhältnisse auch beenden zu können (vgl. BAG, Urteil 05.02.1998 a.a.O.)

Deshalb kann eine außerordentliche Kündigung gegenüber einem tariflich unkündbaren Arbeitnehmer aus betriebsbedingten Gründen unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zulässig sein, wenn der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers weggefallen ist und der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auch unter Einsatz aller zumutbaren Mittel gegebenenfalls durch Umorganisation seines Betriebs nicht weiterbeschäftigen kann (vgl. BAG, Urteil vom 05.02.1998 a.a.O.).

Der hier gegebene Sachverhalt ist jedoch nicht vergleichbar. Das Recht zur ordentlichen Kündigung ist nicht völlig ausgeschlossen. Das Arbeitsverhältnis kann erstmals durch eine Kündigung zum 30.06.2006 beendet werden. Nach § 7 des Arbeitsvertrages vom 01.07.2001 ist das Arbeitsverhältnis zunächst für fünf Jahre begründet und verlängert sich jeweils um zwei Jahre, wird es nicht mit einer Frist von sechs Monaten jeweils zum Vertragsende gekündigt. Bei Ausspruch der außerordentlichen Kündigung bestand demnach noch eine vertragliche Bindung von dreizehn Monaten.

Gegen die Beschränkung des Kündigungsrechts bestehen keine Wirksamkeitsbedenken. § 15 Abs. 4 TzBfG lässt den Ausschluss der Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses für die Dauer von fünf Jahren ausdrücklich zu. Allein zum Schutze des Mobilitätsinteresses des Arbeitnehmers wird diesem bei einer vereinbarten Vertragsdauer von mehr als fünf Jahren ein Kündigungsrecht eingeräumt. Keine Bedenken bestehen jedoch, wenn dem Arbeitgeber überhaupt kein Recht zur ordentlichen Kündigung eingeräumt wird (vgl. ErfK/Müller-Glöge, 6. Auflage, § 15 TzBfG Rdnr. 31).

Die vertragliche Bindung entsprach - soweit für die Kammer erkennbar - dem Interesse der Klägerin und ihres Ehemanns, über die eheliche Bindung hinaus die berufliche Zusammenarbeit längerfristig abzusichern. Der damalige Vertragspartner der Klägerin hat damit bewusst das Beschäftigungsrisiko übernommen.

Der Beklagte muss diese Vertragsgestaltung gegen sich gelten lassen. Mit der unstreitigen Übernahme des Betriebs im Sinne des § 613 a Abs. 1 BGB ist er in die Rechte und Pflichten des Arbeitsverhältnisses der Klägerin eingetreten, so wie sie im Zeitpunkt des Übergangs bestanden (vgl. ErfK/Preis a.a.O. § 613 a BGB Rdnr. 79).

Er kann der Klägerin auch nicht entgegenhalten, ihre Berufung auf § 7 des Arbeitsverhältnisses sei treuwidrig.

Gemäß § 242 BGB stellt die Inanspruchnahme einer Rechtsposition dann einen Verstoß gegen Treu und Glauben dar, wenn diese Rechtsposition unredlich erworben wurde. Dabei ist ausreichend, dass ein objektiv unredliches Verhalten vorliegt. Voraussetzung ist jedoch, dass bei einem redlichen Verhalten der nunmehr bei dem Beklagten eingetretene Nachteil nicht entstanden wäre (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Auflage, § 242 BGB Rdnr. 43).

Die subjektive Einschätzung des Beklagten, der Arbeitsvertrag sei erst in Ansehung des Betriebsübergangs von dem Ehemann der Klägerin als Vorverwalter abgeschlossen und rückdatiert worden, die Klägerin habe auf diese Weise einen erhöhten Kündigungsschutz erhalten, wird - wie er selbst einräumt - nicht durch objektive Tatsachen gestützt. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass die Eheleute in 2001 ihre arbeitsvertragliche Beziehung in zulässiger Weise geregelt haben, ohne dass bei Vertragsschluss die Beendigung des Verwalterverhältnisses durch den Ehemann der Klägerin mit der Folge eines Betriebsübergangs konkret absehbar war. Der Beklagte hat die Tankstelle immerhin erst zum 01.10.2004 übernommen.

Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass das Recht des Beklagten zur ordentlichen Kündigung beschränkt, aber nicht ausgeschlossen war. Die vorliegende Vertragsgestaltung als solche rechtfertigt nicht, die Betriebsstilllegung als wichtigen Kündigungsgrund anzusehen.

bb. Der Beklagte kann das bis zum 30.06.2006 übernommene Beschäftigungsrisiko auch nicht nach den Umständen des Einzelfalls auf die Klägerin abwälzen. Das Gericht unterstellt zu seinen Gunsten als richtig, dass ihm die arbeitsvertragliche Vereinbarungen der Klägerin mit dem Vorverwalter erst mit Übernahme des Betriebs bekannt geworden sind. Es ist aber Aufgabe des Betriebsübernehmers, sich Klarheit über die gemäß § 613 a Abs. 1 BGB auf ihn zukommenden Pflichten aus bestehenden Arbeitsverhältnissen zu verschaffen. Selbst wenn ihm trotz mehrfacher Aufforderungen die zur umfassenden Beurteilung erforderlichen Unterlagen von dem Ehemann der Klägerin nicht vorgelegt worden sein sollten, so hätte er letztlich bei Erfolglosigkeit seiner Bemühungen, die erforderlichen Informationen über die Firma T1xxx D2xxxxxxxxx GmbH zu erhalten, von dem Abschluss des Verwaltervertrages absehen müssen. Er ist aber bewusst das Risiko eingegangen, ein Arbeitsverhältnis übernehmen zu müssen, dessen Wirtschaftlichkeit er nicht beurteilen konnte.

Die Kündigung des eingegangenen Vertragsverhältnisses durch die Firma T1xxx D2xxxxxxxxx GmbH gehört zum typischen Unternehmerrisiko. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des erstinstanzlichen Gerichts Bezug genommen.

cc. Die Anforderungen an den wichtigen Kündigungsgrund sind auch nicht deshalb zu reduzieren, weil die Beklagte eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist ausgesprochen hat.

In den Fällen, in denen das Bundesarbeitsgericht ausnahmsweise eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB bei Vorliegen tariflicher Unkündbarkeit bejaht hat, hat es zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen dem Arbeitnehmer eine der einschlägigen ordentlichen Kündigungsfrist entsprechende Auslauffrist zugebilligt (vgl. BAG, Urteil vom 05.02.1998 a.a.O.). Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete aber ordentlich zum 30.06.2006.

Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 07.03.2002 a.a.O.; Urteil vom 25.03.2004 - 2 AZR 153/03, ArbRB 2004, 300) ist die Rechtsprechung zum tariflichen Ausschluss der ordentlichen Kündigung im Übrigen nicht ohne Weiteres auf einen vertraglichen Ausschluss für einen überschaubaren Zeitraum von hier insgesamt dreizehn Monaten zu übertragen, da dem Arbeitgeber das Festhalten an einer Individualvereinbarung eher zuzumuten ist als die Bindung an eine Tarifregelung, die pauschal auf die Gegebenheiten in einer Branche abstellt.

Sollte der Beklagte mit seinem weiteren Hinweis, der Rechtsgedanke des § 113 Satz 1 InsO sei heranzuziehen, meinen, die außerordentliche Kündigung sei aus einem minderwichtigen Grund mit entsprechend abgekürzter gesetzlicher Kündigungsfrist gerechtfertigt oder sei in eine ordentliche Kündigung mit der Frist des § 113 Satz 1 InsO umzudeuten, folgt die Kammer dieser Auffassung nicht. Mit dieser Argumentation zielt er auf eine vom Gesetz nicht vorgesehene Kündigung mit reduzierten Anforderungen in Fällen, in denen dem Arbeitgeber das unternehmerische Risiko bei längerer vertraglicher Bindung zu hoch erscheint.

Eine entsprechende Rechtsfortbildung hat das Bundesarbeitsgericht schon in seinem Urteil vom 07.03.2002 (a.a.O.) abgelehnt.

§ 113 InsO bietet für die begehrte Rechtsfortbildung keine Anhaltspunkte. Zwar befreit die Vorschrift den Insolvenzverwalter für die Zeit nach der Insolvenzeröffnung von einer vertraglichen Kündigungsbeschränkung wie sie hier vorliegt (vgl. Uhlenbruck, InsO., 12. Auflage, § 113, Rdnr. 2). Sie schafft allerdings keinen besonderen Kündigungsgrund im Insolvenzverfahren.

Die Vorschrift stellt ab auf eine marktkonforme Insolvenzbewältigung (vgl. Begründung zum Gesetzesentwurf BT-Drucksache 12/2443, 77). Das Arbeitsplatzinteresse der Arbeitnehmer soll nicht Rentabilitätsgesichtspunkte überwiegen. Der Ausgleich widerstreitender Interessen ist nämlich nicht nur zwischen den Arbeitnehmern und dem Arbeitgeber, sondern zwischen dem Schuldner und einer Gläubigergemeinschaft herzustellen. Der Gesetzgeber hielt es für erforderlich, dem Insolvenzverwalter auch bei vertraglich oder tariflich unkündbaren Arbeitnehmern in Insolvenzverfahren ein Kündigungsrecht mit einer begrenzten Kündigungsfrist einzuräumen, weil Arbeitnehmer häufig nicht mehr beschäftigt werden können und ihre gleichwohl entstehenden Entgeltansprüche zu einer Verkürzung oder gar Entleerung der Masse führen können (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf BT-Drucksache 12/2443, 148; BT-Drucksache 12/7302, 169). Gemäß § 1 InsO dient das Insolvenzverfahren der gemeinschaftlichen Befriedigung aller Gläubiger. Vorliegend sind jedoch nur die Interessen der Parteien zu einem Ausgleich zu bringen.

Der Beklagte übersieht, dass § 113 InsO eingebettet ist in ein justizförmiges Verfahren. Nicht der Schuldner bestimmt, dass er nicht mehr leistungsfähig ist, sondern das Insolvenzgericht befindet auf Antrag nach § 13 InsO über die wirtschaftliche Notlage des Betriebs als Eröffnungsgrund im Sinne des § 16 InsO (Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO, drohende Zahlungsunfähigkeit nach § 18 InsO oder Überschuldung nach § 19 InsO). Der Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes mit gesetzlich umschriebenem Aufgabenbereich, § 80 InsO, nicht der Betriebsinhaber selbst sorgt für die Abwicklung des Insolvenzverfahrens. Gemäß § 69 InsO ist der Gläubigerausschuss zu beteiligen. Das Insolvenzgericht übt gemäß § 58 InsO Kontrollfunktionen aus.

Dem Beklagten war es im Übrigen unbenommen, bei Vorliegen entsprechender Voraussetzungen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens selbst zu beantragen. Dem Insolvenzverwalter hätte dann die Kündigungsmöglichkeit nach § 113 InsO offengestanden.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 97, 516 Abs. 3 ZPO.

Gründe im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

Zurück