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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 14.06.2007
Aktenzeichen: 17 Sa 254/07
Rechtsgebiete: TVÜ-VKA


Vorschriften:

TVÜ-VKA § 11
I. Teilzeitbeschäftigte haben keinen Anspruch auf Zahlung der vollen Wechselschichtzulage nach § 8 Abs. 5 TVöD-K. Die Zahlung der anteiligen Zulage entsprechend § 24 Abs. 2 TVöD-K verstößt nicht gegen § 4 Abs. 1 TzBfG.

II. Beschäftigte, die sich im September 2005 in Elternzeit befanden, haben bei ergänzender Auslegung zu § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA einen Anspruch auf eine kindbezogene Besitzstandszulage.


Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Minden vom 10.01.2007 - 2 Ca 1126/06 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 703,28 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz aus 613,88 € seit dem 13.07.2006 und aus 89,40 € seit dem 01.08.2006 zu zahlen.

Sie wird verurteilt, an die Klägerin 447,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz von 357,60 € seit dem 31.12.2006 und aus 89,40 € seit dem 01.01.2007 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 17 %, die Beklagte zu 83 %.

Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um eine kinderbezogene Besitzstandszulage sowie die Zahlung einer Schichtzulage.

Die Klägerin steht seit dem 01.10.1993 als Krankenschwester bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin in einem Arbeitsverhältnis und arbeitet durchschnittlich wöchentlich die Hälfte der tariflichen Arbeitszeit in ständiger Schichtarbeit. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand zunächst aufgrund vertraglicher Vereinbarung der Bundesangestelltentarifvertrag in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. Seit dem 01.10.2005 gilt zwischen den Parteien der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD).

Die Klägerin ist Mutter zweier Kinder. Bis zum 19.10.2005 befand sie sich in Elternzeit und nahm am 20.10.2005 ihre Tätigkeit als Krankenschwester wieder auf. Für ihre beiden Kinder erhält sie seit ihrer Geburt ununterbrochen Kindergeld.

Solange dem Arbeitsverhältnis der BAT zugrunde lag, erhielt sie einen kinderbezogenen Entgeltbestandteil i.H.v. monatlich 89,40 €. Dieser Betrag wurde zunächst bis einschließlich Mai 2006 weitergezahlt und sodann mit der Abrechnung für Juni 2006 wieder einbehalten. Insgesamt ergibt sich ein Einbehalt i.H.v. 524,48 € brutto. Seit dem Juni 2006 erhält die Klägerin keinen kinderbezogenen Entgeltbestandteil.

Seit Wiederaufnahme der Tätigkeit bezieht die Klägerin eine ständige Schichtzulage i.H.v. 19,74 €.

Mit Schreiben vom 12.07.2006 (Bl. 12, 13 d.A.) machte die Klägerin die Zahlung der vollen Schichtzulage rückwirkend zum 01.10.2005 sowie ebenfalls rückwirkend zum 01.10.2005 die Zahlung der kinderbezogenen Entgeltbestandteile gem. § 11 TVÜ-VKA geltend.

Bezüglich der an die Beschäftigten nach dem BAT gezahlten kinderbezogenen Entgeltbestandteile gilt nach § 11 TVÜ-VKA Folgendes:

(1) Für im September 2005 berücksichtigte Kinder werden die kinderbezogenen Entgeltbestandteile des BAT/BAT-O/BAT-Ostdeutsche Sparkassen oder BMT-G/BMT-G-O in der für September 2005 zustehenden Höhe als Besitzstandszulage fortgezahlt, solange für diese Kinder Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) oder nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) ununterbrochen gezahlt wird oder ohne Berücksichtigung des § 64 oder § 65 EStG oder des § 3 oder § 4 BKGG gezahlt würde. Unterbrechungen wegen Ableistung von Grundwehrdienst, Zivildienst oder Wehrübungen sowie eines freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahres sind unschädlich.....

(3) Absätze 1 und 2 geltend entsprechend für

a) zwischen dem 01.10.2005 und dem 31.12.2005 geborene Kinder der übergeleiteten Beschäftigten,

b) die Kinder von bis zum 31.12.2005 in ein Arbeitsverhältnis übernommenen Auszubildenden, Krankenpfleger- und Hebammenschülern, sowie Praktikantinnen und Praktikanten aus tarifvertraglich geregelten Beschäftigungsverhältnissen, soweit diese Kinder vor dem 01.01.2006 geboren sind.

Gleichlautende Regelungen wurden von den Tarifvertragsparteien im TVÜ-Bund getroffen.

Die Tarifvertragsparteien des TVÜ-Länder haben folgende Protokollerklärung zu § 11 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-L aufgenommen:

Die Unterbrechung der Entgeltzahlung im Oktober 2006 bei Ruhen des Arbeitsverhältnisses wegen Elternzeit, Rente auf Zeit oder Ablauf der Krankenbezugsfristen ist für das Entstehen des Anspruchs auf die Besitzstandszulage unschädlich. Bei späteren Unterbrechungen der Entgeltzahlung in den Fällen von S3 1 wird die Besitzstandszulage nach Wiederaufnahme der Beschäftigung weitergezahlt. Die Höhe der Besitzstandszulage nach Satz 1 richtet sich nach § 5 Abs. 6 (TVÜ-L). Diejenigen Beschäftigten, die im Oktober 2006 nicht kindergeldberechtigt waren und deshalb keinen kinderbezogenen Ortszuschlag erhalten haben und bis zum 31.12.2006 einen berechtigten Wechsel beim Kindergeld vornehmen, haben Anspruch auf die Besitzstandszulage nach Satz 1. Die Höhe der Besitzstandszulage ist so zu bemessen, als hätte die/der Beschäftigte bereits im Oktober 2006 Anspruch auf Kindergeld gehabt.

Mit Rundschreiben der VKA zur Besitzstandsregelung für Kinder vom 08.11.2005 - R 379/2005 - erläuterte diese als auf Arbeitgeberseite tarifschließende Partei die Voraussetzungen für die Zahlungsaufnahme der Besitzstandszulage für vor September 2005 geborene Kinder und vertrat die Auffassung, gemäß § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA sei an Beschäftigte, die im September 2005 keine kinderbezogenen Entgeltbestandsteile bezogen hätten, weil sie sich im Referenzmonat in Elternzeit, in (unbezahltem) Sonderurlaub befunden hätten oder ihnen eine Rente auf Zeit gewährt worden sei, keine Besitzstandszulage zu zahlen. Dagegen sei an sich im September 2005 im Mutterschutz befindliche Beschäftigte bzw. an arbeitsunfähig erkrankte Beschäftigte ohne Anspruch auf Krankenbezüge die Besitzstandszulage so zu zahlen, als wenn ihnen im September 2005 kinderbezogene Entgeltbestandteile zugestanden hätten.

Mit Rundschreiben vom 23.05.2006 an die obersten Bundesbehörden - D II 2 - 220 210 - 1/11 - erklärte sich das Bundesministerium des Innern im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen mit der Zahlung einer außertariflichen Besitzstandszulage in entsprechender Anwendung des § 11 TVÜ-Bund ab Wiederaufnahme der Arbeit einverstanden, wenn der Beschäftigte im September 2005 nur deshalb keinen kinderbezogenen Anteil im Ortszuschlag erhalten habe, weil er sich in Elternzeit befunden habe. Bei der Höhe der Besitzstandszulage sei fiktiv darauf abzustellen, welcher Anspruch auf kinderbezogene Entgeltbestandteile im September 2005 bestanden hätte, wenn die Arbeit mit dem bisherigen Arbeitszeitumfang, der vor der Unterbrechung des Bezügeanspruchs u.a. wegen Elternzeit maßgeblich gewesen sei, fortgesetzt worden wäre.

Bis zum Herbst 2006 führten die Tarifvertragsparteien des TVöD-VKA und des TVÜ-VKA Nachverhandlungen, die zunächst zu dem Ergebnis führten, dass ab dem 01.10.2006 Besitzstandszulagen in der Höhe der kinderbezogenen Anteile auch an Beschäftigte gezahlt werden sollten, die u.a. wegen Elternzeit im September 2005 kein Entgelt erhielten (so Tarifinformation 2006 Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di). Nach der Presseinformation der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände vom 10.11.2006 kam es zu keiner Tarifvereinbarung, da eine Einigung bzgl. der Verlängerung der Arbeitszeit auf 40 Wochenstunden nicht erzielt werden konnte.

Für die Schichtzulage sind folgende Vorschriften maßgeblich:

§ 7 Sonderformen der Arbeit

(2) Schichtarbeit ist die Arbeit nach einem Schichtplan, der einen regelmäßigen Wechsel des Beginns der täglichen Arbeitszeit um mindestens zwei Stunden in Zeitabschnitten von längestens einem Monat vorsieht und die innerhalb einer Zeitspanne von mindestens dreizehn Stunden geleistet wird.

(6) Mehrarbeit sind die Arbeitsstunden, die Teilzeitbeschäftigte über die vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit hinaus bis zur regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von Vollbeschäftigten (§ 6 Abs. 1 Satz) leisten.

§ 8 TVöD-VKA Ausgleich für Sonderformen der Arbeit.

(1) Der/die Beschäftigte erhält neben dem Entgelt für die tatsächliche Arbeitsleistung Zeitzuschläge. Die Zeitzuschläge betragen - auch bei Teilzeitbeschäftigten - je Stunde ... des auf eine Stunde entfallenden Anteils des Tabellenentgelts der Stufe drei der jeweiligen Entgeltgruppe.

(6) Beschäftigte, die ständig Schichtarbeit leisten, erhalten eine Schichtzulage von 40,00 Euro monatlich. Beschäftigte, die nicht ständig Schichtarbeit leisten, erhalten eine Schichtzulage von 0,24 Euro pro Stunde.

§ 24 TVöD-VKA Berechnung und Auszahlung des Entgelts.

(2) Soweit tarifvertraglich nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt ist, erhalten Teilzeitbeschäftigte das Tabellenentgelt (§ 15) und alle sonstigen Entgeltbestandteile in dem Umfang, der dem Anteil ihrer individuellen vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit an der regelmäßigen Arbeitszeit vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter entspricht.

Mit ihrer am 17.08.2006 bei der beim Arbeitsgericht Minden eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Wiederauszahlung des vorgenommenen Gehaltseinbehaltes i.H.v. 524,48 € hinsichtlich der kinderbezogenen Besitzstandszulage sowie die Zahlung einer kinderbezogenen Besitzstandszulage i.H.v. 89,40 € ab Juni 2006 sowie die Zahlung einer Schichtzulage i.H.v. 40,00 € monatlich abzüglich tatsächlich geleisteter 19,74 € ab Januar 2006. Insgesamt macht sie folgende Forderungen geltend:

Einbehalt Juni 2006 524,48 €

kinderbezogene Besitzstandszulage für die Monate Juni und Juli 2006 i.H.v. jeweils 89,40 €

Schichtzulage für die Zeit von Januar 2006 bis Juli 2006 i.H.v. jeweils 20,46 €.

Insgesamt 845,10 €.

Zahlung der kinderbezogenen Besitzstandszulage für die Monate August bis Dezember 2006 von jeweils 89,40 € = 447,00 €.

Differenz zwischen der gezahlten und der vollen Schichtzulage für die Monate August bis Dezember 2006 i.H.v. jeweils 20,26 €, insgesamt 101,30 €.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Zahlung einer an ihrer Beschäftigung ausgerichteten Schichtzulage verstoße gegen das Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 1 TzBfG. Ein sachlicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung von Teilzeit- und Vollzeitkräften liege hinsichtlich der Zahlung der Schichtzulage nicht vor, da die Zahlung an sie lediglich deshalb nicht in voller Höhe erfolge, weil sie im Vergleich zu Vollzeitkräften weniger Stunden arbeite. Die Anknüpfung an den Umfang der Arbeitsleistung sei gerade kein Sachgesichtspunkt.

Der Wegfall der kinderbezogenen Entgeltbestandteile führe zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in Elternzeit. § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA stelle im Übrigen nicht darauf ab, ob im September 2005 tatsächlich ein Anspruch auf die Zahlung eines kinderbezogenen Entgeltbestandteils bestanden habe. Vielmehr sei die Regelung dahin auszulegen, dass alle Beschäftigte, die schon vor dem 01.10.2005 beschäftigt gewesen seien, einen kinderbezogenen Ortszuschlag als Besitzstandszulage erhalten sollten. Eine Ausnahme bestehe nur für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, bei denen die Kindergeldzahlung unterbrochen gewesen sei.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 845,10 € brutto nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.07.2006 zu zahlen,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 747,00 € brutto zuzüglich 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 31.12.2006 zu zahlen als kinderbezogenen Entgeltbestandteil für Monate August 2006 bis Dezember 2006,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 101,30 € brutto zuzüglich 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz seit dem 31.12.2006 zu zahlen,

als Schichtzulage für die Monate August 2006 bis Dezember 2006.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, aus der Regelung des § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA ergebe sich, dass diejenigen Mitarbeiter, die im September 2005 keine Bezüge gehabt hätten, keine Besitzstandszulage beanspruchen könnten. Hiermit hätten sich die Tarifvertragsparteien in dem durch die Tarifautonomie geschützten Gestaltungsspielraum gehalten. Die Regelung stelle auch keine mittelbare Diskriminierung von Frauen dar, da auch Personen betroffen seien, die im September 2005 eine Rente auf Zeit erhalten hätten bzw. ohne Anspruch auf Krankenbezüge arbeitsunfähig krank gewesen seien,

Der Zahlung der vollen tariflichen Schichtzulage stehe § 24 Abs. 2 TVÜD-VKA entgegen.

Mit Urteil vom 10.01.2007 hat das Arbeitsgericht Minden die Beklagte verurteilt,

an die Klägerin 845,10 € brutto nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.07.2006 zu zahlen,

an die Klägerin 447,00 € zuzüglich 5 % Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 31.12.2006 zu zahlen als kinderbezogenen Entgeltbestandteil für die Monate August 2006 bis Dezember 2006,

an die Klägerin 101,30 € brutto zuzüglich 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.12.2006 zu zahlen, als Schichtzulage für die Monate August 2006 bis Dezember 2006.

Es hat ausgeführt:

Die Klägerin habe Anspruch auf Zahlung des kinderbezogenen Entgeltbestandteils im Rahmen einer Besitzstandszulage gem. § 11 TVÜ-VKA in der von ihr begehrten Höhe und in dem von ihr begehrten Zeitraum, da die Regelung in § 11 Abs. 1 Satz TVÜ-VKA im Zusammenhang mit der Bestimmung in § 11 Abs. 1 Satz 3 TVÜ-VKA gegen Artikel 3 GG verstoße und insoweit nicht anzuwenden sei.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht seien die Tarifvertragsparteien unmittelbar an den Gleichheitssatz der Verfassung gebunden.

§ 11 Abs. 1 TVÜ-VKA verstoße jedenfalls insoweit gegen Artikel 3 GG als in Satz 3 festgelegt sei, dass Unterbrechungen wegen der Ableistung von Grundwehrdienst, Zivildienst oder Wehrübungen sowie der Ableistung eines freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahres unschädlich seien und in diesem Fall die Besitzstandszulage ab dem Zeitpunkt des Wiederauflebens der Kindergeldzahlung gewährt werde an Personen, die aufgrund der Inanspruchnahme der Elternzeit entsprechend § 15 BErzGG im September 2005 keinen kinderbezogenen Entgeltbestandteil ins Verdienen gebracht hätten, jedoch nicht. Zwischen den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen, die Elternzeit in Anspruch nähmen, und denjenigen, welche Grundwehrdienst, Zivildienst, Wehrübungen oder ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr ableisteten, bestehe aber kein derartiger Unterschied, dass er eine ungleiche Behandlung erlaube. In allen Fällen handle es sich um Fehlzeiten, die in persönlichen Umständen der Arbeitnehmer ihren Grund hätten.

Die Tarifvertragsparteien hätten in der Protokollnotiz zu § 11 Abs. 1 TVÜ-L als zusätzliche unschädliche Unterbrechungen u.a. vereinbart, dass Fehlzeiten wegen Elternzeit, Rente auf Zeit, Ablauf der Krankenbezugsfrist nicht bezugsschädlich seien.

Es sei daher zu prüfen, was die Tarifvertragsparteien vernünftigerweise gewollt hätten, wenn ihnen der Verstoß gegen Artikel 3 Abs. 1 GG bei Abfassung der Tarifnorm bewusst gewesen wäre. Daraus ergebe sich, dass eine Gleichstellung zu erfolgen habe. Die Klägerin könne demnach die Besitzstandszulage i.H.v. 89,40 € monatlich beanspruchen sowie die Auszahlung des der Höhe nach unstreitigen Einbehalts.

Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer ungekürzten Schichtzulage ergebe aus § 8 Abs. 6 TVöD-VKA. Die Beklagte sei nicht berechtigt, die Zulage entsprechend der von der Klägerin tatsächlich geleisteten Arbeitszeit im Verhältnis zu der Arbeitszeit eines Vollzeittätigen zu kürzen. § 24 Abs. 2 TVöD-VKA finde insoweit keine Anwendung, da er gegen § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG verstoße und daher gem. § 134 BGB nichtig sei.

Eine Schlechterstellung gerade wegen der Teilzeitarbeit i.S. des § 4 Abs. 1 TzBfG sei dann gegeben, wenn die Dauer der Arbeitszeit das Kriterium darstelle, an welches die unterschiedliche Behandlung bei den Arbeitsbedingungen anknüpfe. Eine Schlechterstellung von Teilzeitkräften sei nur dann zulässig, wenn dafür ein sachlicher Grund bestehe. Allein das unterschiedliche Arbeitspensum berechtige nicht zu einer unterschiedlichen Behandlung. Die Darlegungs- und Beweislast für das objektive Vorliegen eines sachlichen Differenzierungsgrundes liege beim Arbeitgeber. Die Rechtfertigung für eine unterschiedliche Behandlung von Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten könne sich aus dem Verhältnis von Leistungszweck und Umfang der Arbeitszeit ergeben. Dabei sei nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Höhe von Zuschlägen und Zulagen für Teilzeitbeschäftigte zwischen Arbeitsentgelt für eine Tätigkeit unter besonderen Anforderungen entsprechend dem Umfang der geleisteten Arbeit einerseits und Erschwerniszulagen für die mit der Tätigkeit unabhängig von der Gesamtarbeitszeit verbundenen Belastungen andererseits zu unterscheiden. Handele es sich bei der jeweiligen Leistung um Arbeitsentgelt, dessen Höhe durch die Dauer der Arbeitszeit bestimmt werde, sei eine anteilige Kürzung nach dem Umfang der Teilzeittätigkeit zulässig. Liege dagegen eine Zulage vor, mit der Erschwernisse unabhängig von der Dauer der persönlichen Arbeitszeit oder in einem bestimmten tariflich vorgegebenen Umfang abgegolten werden sollten, bestehe kein sachlicher Grund für eine Kürzung.

Die Klägerin werde ohne Sachgrund wegen ihrer Teilzeittätigkeit gegenüber vollzeittätigen Arbeitnehmern schlechter behandelt. Sie erfülle ebenso wie Vollzeitbeschäftigte die Voraussetzungen des § 8 Abs.6 TVöD-VKA für den Erhalt der Schichtzulage. Sie arbeite ständig in Schichtarbeit im Sinne des § 7 Abs. 2 TVöD-VKA. Das bedeute, dass sie nach einem Schichtplan tätig sei, der einen regelmäßigen Wechsel des Beginns der täglichen Arbeitszeit um mindestens zwei Stunden in Zeitabschnitten von längstens einem Monat vorsehe und nach dem die Schichtarbeit innerhalb einer Zeitspanne von mindestens dreizehn Stunden geleistet werde. Mit diesen Voraussetzungen hätten die Tarifvertragsparteien aber erkennbar pauschal die durch die Tätigkeit in Schichtarbeit entstehenden Belastungen abgelten wollen.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus § 8 Abs. 6 Satz 2 TVöD-VKA. Die Schichtzulage von 0,24 € pro Stunde sei nur für diejenigen Arbeitnehmer vorgesehen, die nicht ständige Schichtarbeit leisteten. Diese seien wiederum nicht vergleichbar mit denjenigen Arbeitnehmern, die nicht Vollzeit-, aber gleichwohl ständig Schichtarbeit erbrächten.

Die Kürzungsregelung in § 24 TVÜD-VKA sei somit nichtig und die Klägerin habe Anspruch auf die volle Schichtzulage von 40,00 € pro Monat.

Wegen der weiteren Einzelheiten von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts Minden vom 10.01.2007 (Bl. 36 bis 46 d.A.) Bezug genommen.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 31.01.2007 zugestellte Urteil am 07.02.2007 bei dem Landesarbeitsgericht eingehend Berufung eingelegt und diese am 12.03.2007 eingehend begründet.

Sie ist weiterhin der Auffassung, § 11 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden und verstoße nicht gegen den Gleichheitssatz des Artikel 3 GG. § 11 Abs. 1 Satz 3 TVÜ-VKA betreffe Unterberechnungstatbestände beim Bezug von Kindergeld und nicht beim Bezug von kinderbezogenen Entgeltbestandteilen. Im Übrigen habe das Gericht seine Meinung nicht an die Stelle der Tarifvertragsparteien setzen dürfen, da die Fortzahlung des kinderbezogenen Anteils als Besitzstandszulage auch an die sich im September 2005 in Elternzeit befindlichen Beschäftigten nicht die einzige denkbarer Lösungsalternative darstelle.

Es verbleibe dabei, dass der Wortlaut des § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA den Bezug einer kinderbezogenen Besitzstandszulage im vorliegenden Fall ausschließe.

Sie sei auch nicht zur Zahlung der vollen Schichtzulage verpflichtet. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu § 33 a Abs. 2 BAG (Urteil vom 23.06.1993 - 10 AZR 127/92) sei überholt. § 8 Abs. 6 TVöD-VKA enthalte eine neu ausgestaltete Regelung, auf die die von den Tarifvertragsparteien neu geschaffene Kürzungsregelung bei Teilzeitbeschäftigung anwendbar sei. Die Tarifvertragsparteien hätten dem Gedanken einer unterschiedlichen Belastung der Voll- und Teilzeitbeschäftigten durch Schichtarbeit Rechnung tragen wollen.

Erhielte die Klägerin die volle Schichtzulage, führte dies zu einer Diskriminierung von Vollzeitbeschäftigten.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Minden vom 10.01.2007 - 2 Ca 1126/06 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil als zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die gemäß §§ 64 Abs. 2 b, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO an sich statthafte und form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Minden vom 10.01.2007 ist teilweise begründet.

Die Klage ist insgesamt zulässig .

1. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung von 524,48 € aus § 611 Abs. 1 BGB. Der Anspruch ist nicht durch Aufrechnung der Beklagten gegen den Lohnanspruch für Juni 2006 gem. § 389 BGB untergegangen, denn der Beklagten steht kein Gegenanspruch i.S. des § 387 BGB aus § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative BGB zu. Sie hat die kinderbezogene Besitzstandszulage i.H.v. 89,40 € für die Zeit ab Wiederaufnahme der Tätigkeit der Klägerin am 20.10.2005 bis einschließlich Mai 2006 nicht ohne Rechtsgrund erbracht. Die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung einer Besitzstandszulage in entsprechender Anwendung von § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA.

a) Unstreitig ist der TVÜ-VKA als ein den BAT ersetzender Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis anwendbar.

b) Gemäß § 3 TVÜ-VKA waren die von § 1 Abs. 1 TVÜ-VKA erfassten Angestellten, zu denen auch die Klägerin gehört, zum 01.10.2005 in den TVöD überzuleiten. Dazu gehörte auch die Zuordnung zu den Entgeltgruppen der Anlage 1 TVÜ-VKA, § 4 Abs. 1 TVÜ-VKA. Gleichzeitig war gem. § 11 TVÜ-VKA eine Besitzstandszulage für die kinderbezogenen Entgeltbestandteile des BAT zu bilden. Familienbezogene Entgeltbestandteile sind im neuen Tarifrecht nicht mehr vorgesehen (vgl. Breier/Dessau/Kiefer/Lang/Langenbrinck § 11 TVÜ-VKA Rdnr. 1).

Nach § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA werden diese Besitzstandszulagen für Kinder erbracht, die im September 2005 berücksichtigt wurden, solange für diese Kinder Kindergeld nach dem Einkommenssteuergesetz oder nach dem Bundeskindergeldgesetz ununterbrochen gezahlt wird oder ohne Berücksichtigung der §§ 64, 65 EStG oder der §§ 3, 4 BKGG gezahlt würde. Die Höhe bestimmt sich nach der Höhe der im September 2005 gezahlten kinderbezogenen Entgeltbestandteile nach dem BAT.

Die Klägerin hat in diesem Monat keinen kinderbezogenen Ortszuschlag bezogen, jedoch Kindergeld. Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist sie damit von dem Bezug der Besitzstandszulage ausgeschlossen, da sie auch nicht die Ausnahmetatbestände des § 11 Abs. 3 TVÜ-VKA erfüllt.

c) Die Tarifvorschrift ist nicht der erläuternden Auslegung zugänglich. Durch die Bezeichnung als "Besitzstandszulage" und durch den Begriff "Fortzahlung" sowie durch das Abstellen auf den Monat September 2005 sowohl bei der Frage nach den berücksichtigungsfähigen Kindern als auch bei der Bemessung der Höhe der Besitzstandszulage haben die Tarifvertragsparteien eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass es für ihre Gewährung darauf ankommt, dass im September 2005 tatsächlich die entsprechenden kinderbezogenen Entgeltbestandteile an den Arbeitnehmer gezahlt worden sind (vgl. LAG Köln, Urteil vom 30.11.2006 - 5 Sa 973/06, ZTR 2007, 196; Arbeitsgericht Würzburg, Urteil vom 22.08.2006 - 9 Ca 75/06 S; ArbG Dresden, Urteil vom 09.11.2006 - 12 Ca 2640/06; ArbG Stuttgart, Urteil vom 18.04.2007 - 14 Ca 177/07; Breier/Dessau/Kiefer/Lang/Langenbrinck, TVöD, § 11 TVÜ-VKA Rdnr,. 8; Rundschreiben der VKA zur Besitzstandsregelung für Kinder vom 08.11.2005 - R 379/2005; Ziff. 1.1).

Das Gericht vermag nicht der Auffassung des Arbeitsgerichts Göttingen und des Arbeitsgerichts Karlsruhe (Urteil vom 22.06.2006 - 2 Ca 55/06, EzBAT 320 § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA Nr. 1; ArbGG Karlsruhe, Urteil vom 09.05.2007 - 5 Ca 294/06) zu folgen, die erkannt haben, die Vorschrift sei dahin auszulegen, dass alle Mitarbeiter, die bereits vor dem 01.10.2005 im Anwendungsbereich des BAT beschäftigt gewesen seien, einen kinderbezogenen Ortszuschlag als Besitzstandszulage zu erhalten hätten, deren Höhe sich nach dem BAT habe richten sollen. Ausgenommen seien nur die Mitarbeiter, bei denen die Kindergeldzahlung ohne die Ausnahmetatbestände des § 11 Abs. 1 Satz 3 TVÜ-VKA unterbrochen gewesen sei. Die Bezugnahme auf die im September 2005 zustehende Höhe der kinderbezogenen Entgeltbestandteile stelle nur eine Berechnungsmethode dar.

Die Tarifvertragsparteien haben - wie bereits dargestellt - nicht auf dem Bestand eines Beschäftigungsverhältnisses im September 2005, sondern auf den tatsächlich Bezug von kinderbezogenen Entgeltbestandteilen abgestellt.

d. Der Anspruch des Klägers rechtfertigt sich jedoch bei ergänzender Auslegung der tariflichen Vorschriften.

Die ergänzende Auslegung von Tarifvorschriften kommt dann in Betracht, wenn die Tarifvertragsparteien eine regelungsbedürftige Frage unbewusst ungeregelt lassen und dies in einer entsprechenden Auslassung seinen Ausdruck findet. Im Falle einer unbewussten Regelungslücke haben die Gericht grundsätzlich die Möglichkeiten und die Pflicht, die Lücke zu schließen, wenn sich unter Berücksichtigung von Treu und Glauben ausreichende Anhaltspunkte für den mutmaßlichen Willen der Tarifvertragsparteien ergeben (vgl. BAG, Urteil vom 20.05.1999 - 6 AZR 451/97, BAGE 91, 358; Urteil vom 03.11.1998 - 3 AZR 432/97, ZTR 1999, 375; Urteil vom 24.02.1988 - 4 AZR 614/87, BAGE 57, 334, Urteil vom 10.12.1986 - 5 AZR 517/85, BAGE 54,30). Die Lückenschließung durch das Gericht scheidet allerdings aus, wenn verschiedene Möglichkeiten bestehen und es deshalb aufgrund der bestehenden Tarifautonomie den Tarifvertragsparteien überlassen bleiben muss, für welche Lösungsmöglichkeit sie sich entscheiden wollen (vgl. BAG, Urteil vom 20.05.1999, a.a.O.).

§ 11 Abs. 1 TVÜ-VKA ist nach Auffassung des Gerichts lückenhaft. Trotz des zunächst eindeutigen Wortlauts der Vorschrift sind ihr keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Tarifvertragsparteien sich im September 2005 in Elternzeit befindliche Arbeitnehmer bei der Bildung der Besitzstandszulage schlechter stellten wollten als zuvor zur Zeit der Geltung des BAT bzw. dass sie die Schlechterstellung dieser Arbeitnehmergruppe billigend in Kauf genommen haben, um ein anderes Tarifziel zu erreichen.

Ihr erklärter Wille war es, ein modernes Tarifrecht zu schaffen, in dem durch eine stärkere Betonung des Leistungsprinzips attraktivere Entgeltbedingungen für jüngere Beschäftigte geschaffen und deshalb an den familiären Status gebundene Ehegatten- sowie kinderbezogene Entgeltbestandteile nicht mehr gezahlt werden sollten (vgl. LAG Köln, Urteil vom 30.11.2006, a.a.O.). Gleichzeitig sollte die Überleitung für die Arbeitgeber möglichst kostenneutral erfolgen und sollten die betroffenen Arbeitnehmer nicht schlechter gestellt werden (vgl. Litschen, Das Tarifrecht der Beschäftigten im öffentlichen Dienst, Vergleichsentgelt § 5 TVÜ-VKA Rdnr. 1). Zur geordneten Überleitung der Entgelte der am 01.10.2005 bei einem unter den Geltungsbereich des TVÜ-VKA fallenden Arbeitgeber Beschäftigten war die Festlegung eines Stichtages - hier September 2005 - erforderlich und kraft des Gestaltungsspielraums der Tarifvertragsparteien zulässig (vgl. LAG Köln, Urteil vom 30.11.2006, a.a.O.).

Damit ist jedoch nicht die Frage beantwortet, ob den Tarifvertragsparteien bewusst war, dass die Tarifvorschrift nach ihrem Wortlaut nur die im September 2005 tatsächlich Beschäftigten erfasst, die tatsächlich den kinderbezogenen Ortszuschlag in diesem Monat bezogen haben, und dass sie diese Rechtsfolge in ihren Willen aufgenommen haben.

Der Ausschluss der sich im September 2005 in Elternzeit befindlichen Beschäftigten rechtfertigt sich nicht unter dem Gesichtspunkt der Kostenneutralität, da die von der Klägerin begehrte Besitzstandszulage kostenneutral ist. Nach § 29 B Abs. 3 BAT hätte sie bei Fortgeltung des BAT ab dem Zeitpunkt ihrer Rückkehr aus der Elternzeit Anspruch auf den Ortszuschlag der Stufe 3 gehabt. Der Beklagten werden keine zusätzlichen Belastungen aufgebürdet, während die Klägerin, deren Kind vor dem 01.10.2005 geboren wurde, schlechter gestellt wird.

Dass sich die Tarifvertragsparteien um eine größtmögliche Einzelfallgerechtigkeit bemüht haben, wissend, dass es angesichts der vielen Eingruppierungsmöglichkeiten und persönlichen Situationen, die sich auf die Bezüge auswirken könnten, nicht möglich sein würde, jeden Einzelfall befriedigend zu lösen (vgl. Litschen, a.a.O., § 5 TVÜ-VKA Rdnr. 1), zeigt sich in den Ausnahmeregelungen in § 11 Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 TVÜ-VKA. Nach § 11 Abs. 1 Satz 3 TVÜ-VKA ist die Unterbrechung des Bezugs des Kindergeldes im September 2005 - eine Voraussetzung der Besitzstandszulage nach § 11 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA - unschädlich, wenn die Ableistung des Grundwehrdienstes, des Zivildienstes, von Wehrübungen oder eines freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahres zu der Bezugsunterbrechung geführt haben. Die Wahrung des Besitzstandes soll also nicht an der "zufälligen" Unterbrechung des Kindesgeldbezuges im September 2005 scheitern.

In § 11 Abs. 3 a) TVÜ-VKA haben die Tarifvertragsparteien bestimmt, dass § 11 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA entsprechend gilt für zwischen dem 01.10.2005 und dem 31.12.2005 geborene Kinder der übergeleiteten Beschäftigten. Mit dieser Regelung sollten offenbare Härten im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des TVöD und dem Wegfall der kinderbezogenen Entgeltbestandteile gemildert werden (vgl. Breier/Dessau u.a., § 11 TVÜ-VKA Rdnr. 19). Das bedeutet, dass die Besitzstandszulage gezahlt wird, wenn das Kind zum Beispiel am 01.10.2005 geboren worden ist, damit der Mutterschutz nach § 6 Abs. 1 1. Alt. MuSchG mit dem 26.11.2005 endete und anschließend Elternzeit in Anspruch genommen wurde. Kehrt dieser Beschäftigte aus der Elternzeit zurück, hat er Anspruch auf die Besitzstandszulage, denn auch nach Auffassung der VKA (Rundschreiben vom 08.11.2005 a.a.O. Rdnr. 1.3.) sind Fälle des Bezugs eines Zuschusses zum Mutterschaftsgeld gemäß § 14 MuSchG der Fallgestaltung des tatsächlichen Bezugs von kindergeldbezogenen Entgeltbestandteilen gleichzusetzen.

Gerade die Ausnahmeregelung des § 11 Abs. 3 a) TVÜ-VKA spricht dagegen, dass die Tarifvertragsparteien die Schlechterstellung der Beschäftigten, deren Kind vor dem 01.10.2005 geboren wurde und die sich im September 2005 in Elternzeit befanden, gesehen haben und durch Ausschluss von der Zahlung der Zulage regeln wollten.

Dafür gibt es weitere Anhaltspunkte. Nach dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA ist ein Anspruch auf die Zahlung der Besitzstandszulage nicht nur in der typischen Lebenslage der Elternzeit, sondern auch bei Wegfall der Krankenbezüge, in Fällen des Mutterschutzes, des (unbezahlten) Sonderurlaubs und im Fall der Gewährung einer Rente auf Zeit ausgeschlossen. Das räumt der die Arbeitgeberseite vertretende Verband, die Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände, in seinem Rundschreiben vom 08.11.2005 (a.a.O.) ausdrücklich ein. Die Tatsache, dass er gleichwohl zur Vermeidung unzulässiger Benachteiligungen eine (ergänzende) Auslegung in Fällen des Mutterschutzes und der Arbeitsunfähigkeit ohne Bezüge für erforderlich hält, ist Hinweis auf die Richtigkeit der gerichtlichen Annahme, die aufgezeigten typischen Fälle seien von den Tarifvertragsparteien nicht bedacht worden.

Dafür spricht auch, dass sich das Bundesministerium des Innern zu dem gleichlautenden § 11 Abs. 1 TVÜ-Bund mit Schreiben vom 23.05.2006 einverstanden erklärt hat, dass Beschäftigte, die nur deshalb keinen Anspruch auf den kinderbezogenen Anteil im Ortszuschlag im September 2005 hatten, weil sie sich in Elternzeit befanden, bei Erfüllung der übrigen Tatbestandsmerkmale des § 11 Abs. 1 TVÜ-Bund eine außertarifliche Besitzstandszulage in entsprechender Anwendung der Tarifnorm erhalten sollen, um Benachteiligungen zu vermeiden.

Der später abgeschlossene TVÜ-L enthält eine Protokollnotiz zu § 11 Abs. 1 Satz 1, nach der die Unterbrechung des Entgeltbezuges im Referenzmonat Oktober 2006 bei Ruhen des Arbeitsverhältnisses wegen der Elternzeit für das Entstehen des Anspruchs auf die Besitzstandszulage unschädlich ist. Insoweit haben die Tarifvertragsparteien des TVÜ-L - auf Seiten der Arbeitnehmer war wie bei dem TVÜ-VKA die Gewerkschaft ver.di beteiligt - für eine Erläuterung Sorge getragen.

Die Tarifvertragsparteien des vorliegenden Überleitungstarifvertrages haben erkennbar

ebenfalls die Lückenhaftigkeit der Tarifnorm gesehen. Denn sie haben im Jahre 2006 Verhandlungen u.a. zu der Frage der kinderbezogenen Besitzstandszulage für Beschäftigte aufgenommen, die im Hinblick auf die Elternzeit im September 2005 ohne Bezüge waren. Die VKA hat ihre Zustimmung zu dem Verhandlungsergebnis verweigert, das die Zahlung kinderbezogener Anteile ab dem 01.10.2006 auch an Beschäftigte vorsah, die im September 2005 kein Entgelt erhalten haben. Hintergrund war die gescheiterte Einigung über die Erhöhung der tariflichen Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden auf 40 Stunden. Das ergibt sich aus der Presseinformation der VKA vom 10.11.2006. Das Bedürfnis für eine Lückenausfüllung ist damit auch von der Arbeitgeberseite anerkannt worden.

Mangels absehbarer Einigung der Tarifvertragsparteien ist das Gericht zur Lückenfüllung aufgerufen. Es kann sich im hier gegebenen Fall nicht unter Hinweis auf die Tarifautonomie der Entscheidung entziehen, da die in § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA getroffene Regelung durch die Lückenhaftigkeit Ungerechtigkeiten enthält, die die Tarifvertragsparteien offenkundig kurzfristig zu beseitigen nicht bereit sind (vgl. dazu auch ErfK/Franzen 7. Aufl., 600, § 1 TVG Rdnr. 203).

Zur Lückenausfüllung drängt sich auf den ersten Blick das im Oktober 2006 gefundene Verhandlungsergebnis der Tarifvertragsparteien auf, die Zahlung der Besitzstandszulage ab dem 01.10.2006 aufzunehmen. Nach Auffassung der Kammer ist jedoch kein rechtfertigender Grund dafür ersichtlich, die vorgefundene Lücke erst mit einer Verzögerung von einem Jahr zu Lasten der Beschäftigten zu füllen. Zwar sind Stichtagsregelungen als "Typisierungen in der Zeit" ungeachtet der damit verbundenen Härten zur Abgrenzung von begünstigten Personenkreisen anerkannt (vgl. BAG, Urteil vom 11.12.2003 - 6 AZR 64/03, NZA 2004, 723; ErfK/Dieterich, a.a.O., 10 Art. 3 GG Rdnr. 48). Die Wahl des Stichtags muss sich allerdings an dem gegebenen Sachverhalt orientieren und die Interessenlage der Betroffenen angemessen erfassen (vgl. BAG, Urteil vom 14.06.1983 - 3 AZR 365/81, AP Nr. 58 zu § 242 BGB Gleichbehandlung).

Das ist hier nicht der Fall. Die fiskalischen Interessen an einem verzögerten Lückenschluss überwiegen nicht das Interesse der sich im September 2005 in Elternzeit befindlichen Arbeitnehmer, zumal nach dem Rundschreiben der VKA Beschäftigte, die sich im Referenzmonat in Mutterschutz befanden oder ohne Anspruch auf Krankenbezüge arbeitsunfähig krank waren, die Besitzstandszulage ohne zeitliche Verzögerung erhalten haben.

Zur Schließung der Lücke kann vielmehr die bei Bildung des Vergleichsentgelts heranzuziehende Regelung das § 5 Abs. 6 TVÜ-VKA herangezogen werden. Nach dieser Tarifnorm wird das Vergleichsentgelt so bestimmt, als hätten die Beschäftigten, die nicht für alle Tage im September 2005 oder für keinen Tag dieses Monats Bezüge erhalten, gleichwohl im September 2005 Bezüge bezogen.

d) Die Klägerin hat mit Schreiben vom 12.07.2006 die Ausschlussfrist nach § 37 TVÜ-VKA gewahrt. Sie hat mit diesem Schreiben die Zahlung der Besitzstandszulage dem Grunde nach geltend gemacht. Gemäß der tariflichen Ausschlussfrist reicht die Geltendmachung des Stammrechtes.

2. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 2 Ziffer 1, 247 BGB i.V.m. § 24 Abs. 1 Satz 1 TVöD-VKA. Da die Vergütung des Beschäftigten erst am Monatsende fällig ist, befand sich die Beklagte jeweils ab dem 01. des Folgemonats in Annahmeverzug. Deshalb rechtfertigt sich der Anspruch auf Verzinsung der Besitzstandszulage für Juli 2006 erst ab dem 01.08.2006 sowie für den Monat Dezember 2006 ab dem 01.01.2007. Insoweit war der Berufung stattzugeben und die Klage abzuweisen.

4. Die Klägerin hat dagegen keinen Anspruch auf Zahlung der vollen Schichtzulage nach § 8 Abs. 6 TVöD-VKA. Die Klage ist in Höhe des geltend gemachten monatlichen Differenzbetrages von 20,46 € für die Zeit von Januar 2006 bis Dezember 2006 unbegründet.

a. Gemäß § 8 Abs. 6 TVöD-VKA erhalten Beschäftigte, die ständig Schichtarbeit leisten, eine Schichtzulage von 40,00 € monatlich.

Die Klägerin ist Beschäftigte im Sinne des § 1 Abs. 1 TVöD-VKA. Unerheblich ist, in welchem zeitlichen Umfang sie arbeitet, so dass sie auch als Teilzeitbeschäftigte zu dem zur Schichtarbeit verpflichteten Personenkreis gehört (vgl. Sponer/Steinherr/Matiaske/Fritz/Jorkowski/Klaßen/Martens/Rieger, TVöD/TV-L, § 8 Rdnr. 111).

Sie leistet auch tatsächlich ständige Schichtarbeit im Sinne von § 7 Abs. 2 TVöD-VKA. Darüber besteht zwischen den Parteien kein Streit.

Gemäß § 24 Abs. 2 TVöD-VKA erhalten Teilzeitbeschäftigte das Tabellenentgelt nach § 15 TVöD-VKA und alle sonstigen Vergütungsbestandteile in dem Umfang, der dem Anteil ihrer individuell vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit an der regelmäßigen Arbeitszeit vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter entspricht, es sei denn, es ist tarifvertraglich eine abweichende Regelung getroffen worden.

§ 8 Abs. 6 TVöD-VKA enthält keine Sonderregelung zur Berechnung der Schichtdienstpauschale bei Teilzeitbeschäftigten.

Diese ist ein sonstiger Entgeltbestandteil mit der Folge, dass die Kürzungsvorschrift Anwendung findet.

Entgegen der Auffassung der Klägerin verstößt die Norm in Anwendung auf die Schichtpauschale nicht gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG mit der Folge der Unwirksamkeit der Regelung nach § 134 BGB. Danach ist einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitsleistung an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht. Dem ist die Beklagte nachgekommen.

Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG darf ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen.

Die Norm ist zwingend. Gemäß § 22 Abs. 1 TzBfG kann von § 4 Abs. 1 TzBfG auch nicht durch Tarifvertrag zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden (vgl. Gräfl/Rambach, TzBfG, § 22 Rdnr. 1). Das Gebot der Gleichbehandlung erstreckt sich sowohl auf einseitige Maßnahmen als auch auf vertragliche Abmachungen. Bezüglich des Begriffs "Behandeln" ist auf die Rechtserheblichkeit des Arbeitgeberverhaltens abzustellen (vgl. BAG, Urteil vom 23.06.1993 - 10 AZR 127/92 - AP Nr. 1 zu § 34 BAT m.w.N.).

Die Klägerin ist nicht wegen ihrer Teilzeittätigkeit schlechter gestellt.

Die notwendige Kausalität zwischen Teilzeitarbeit und Schlechterstellung ist immer dann gegeben, wenn die Dauer der Arbeitszeit das Kriterium darstellt, an welches die unterschiedliche Behandlung bei den Arbeitsbedingungen anknüpft (vgl. BAG, Urteil vom 30.08.1998 - 5 AZR 18/98 - NZA 1999, 774). Hier knüpft die Zahlung der an der Teilzeitbeschäftigung gemessenen anteiligen Schichtpauschale unmittelbar an die reduzierte Dauer der Arbeitszeit an.

Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG ist die Schlechterstellung wegen der Teilzeitbeschäftigung dann zulässig, wenn sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung gegenüber einem Vollzeitbeschäftigten rechtfertigen. Die Sachgründe müssen anderer Art sein als das unterschiedliche Arbeitspensum (vgl. auch Anm. Marschner zu BAG, Urteil vom 23.06.1998, a.a.O.). Bei der Zulässigkeit einer anteiligen Kürzung kommt es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auf Sinn und Zweck der Leistung an (vgl. BAG, Urteil vom 10.02.1999 - 10 AZR 711/97 - NZA 1999, 1001; Urteil vom 19.02.1998 - 6 AZR 460/96 - AP Nr. 12 zu § 40 BAT; Urteil vom 11.06.1997 - 10 AZR 784/96 - AP Nr. 2 zu § 24 BMT-G II).

Der Zweck einer Leistung ist im Wege der Auslegung der Tarifnorm zu ermitteln. Der normative Teil eines Tarifvertrages ist nach den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln auszulegen. Auszugehen ist zunächst von dem Tarifwortlaut. Zu ermitteln ist der maßgebliche Sinn der Regelung, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann (vgl. BAG, Urteil vom 21.11.2006 - 9 AZR 323/05 - DB 2007, 1092; Urteil vom 21.04.2005 - 6 AZR 440/04 - n.v.; Urteil vom 28.05.1998 - 6 AZR 349/96 - AP Nr. 52 zu § 611 BGB Bühnenengagementsvertrag).

Der Zweck der tariflichen Regelung ergibt sich insbesondere auch aus den in der Regelung selbst normierten Voraussetzungen sowie den Ausschluss- und Kürzungstatbeständen (vgl. BAG, Urteil vom 10.02.1999, a.a.O.). Das Verhältnis des Zweckes der Norm zum Umfang der Arbeitszeit kann die unterschiedliche Behandlung von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten rechtfertigen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist dabei bezüglich der Höhe von Zuschlägen und Zulagen für Teilzeitbeschäftigte zwischen Arbeitsentgelt für die Tätigkeit unter besonderen Anforderungen entsprechend dem Umfang der Arbeitsleistung einerseits und Erschwerniszulagen für die mit der Tätigkeit an sich unabhängig von der Arbeitszeit verbundenen Belastungen andererseits zu unterscheiden (vgl. BAG, Urteil vom 10.02.1999, a.a.O.; Urteil vom 11.06.1997, a.a.O.; Urteil vom 17.04.1996 - 10 AZR 617/95 - AP Nr. 18 zu §§ 22, 23 BAT Zulagen; Urteil vom 11.12.1996 - 10 AZR 359/96 - AP Nr. 19 zu §§ 22, 23 BAT Zulagen).

Die Schichtzulage nach § 8 Abs. 6 TVöD-VKA ist eine arbeitszeitabhängige Leistung. Ihr Zweck ist die pauschale Abgeltung der besonderen Lage der Arbeitszeit im Schichtsystem, die mit psychischen und physischen Belastungen, aber auch mit sozialen Erschwernissen verbunden sein kann (vgl. zu den Erschwernissen bei Wechselschichtleistenden BAG, Urteil vom 16.08.2000 - 10 AZR 519/99 - BB 2000, 2642; ArbG Kassel, Urteil vom 28.09.2006 - 3 Ca 191/06 -; im Ergebnis auch ArbG München, Urteil vom 07.12.2006 - 11 Ca 9706/06 -; anderer Auffassung Böhme, Anteilige (Wechsel-) Schichtzulage für Teilzeitbeschäftigte nach §§ 8 Abs. 5 und 6, 24 Abs. 2 TVöD verstößt gegen § 4 TzBfG, Pflege- und Krankenhausrecht 2007, 21).

Zwar hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 23.06.1993 zur Wechselschichtzulage noch offen gelassen, ob Teilzeitkräfte weniger belastet werden als Vollzeitkräfte und erkannt, dass die tarifliche Regelung der Wechselschichtzulage nach Nr. 8 SR 2 a BAT nicht auf solche denkbaren Belastungsunterschiede abstellt. Nach der zunächst von § 33 a BAT, jetzt von § 8 Abs. 5 TVöD-VKA abgelösten Tarifnorm erhielt eine Wechselschichtzulage, wer ständig nach einem Schichtplan (Dienstplan) eingesetzt war, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten (§ 15 Abs. 8 Unterabs. 6 Satz 2 BAT) vorsah und dabei in je fünf Wochen mindestens 40 Arbeitsstunden in der dienstplanmäßigen oder betriebsüblichen Nachtschicht leistete. Aus der Regelung hat das Bundesarbeitsgericht im Wege der Auslegung geschlussfolgert, dass allein die sich aus der Arbeit in Wechselschicht überhaupt und einer bestimmten Mindestzahl von Nachtschichten ergebende Belastung durch die Zulage vergütet werde. Nach der tariflichen Regelung sei unerheblich, in welchem Rhythmus die einzelnen Schichten aufeinander folgten, wie viele freie Schichten bei einem Wechsel von der einen Schicht in die andere zwischen den Schichten lägen, wie lange also eine mögliche Regenerationszeit sei und wie viele Stunden Nachtschicht ein Beschäftigter über die Mindeststundenzahl hinaus leiste. Diese für die Gesamtbelastung maßgeblichen Umständen ergäben sich erst aus dem jeweiligen Dienst- und Schichtplan und seien von den Tarifvertragsparteien nicht zum Maßstab für die Zulagenbemessung gemacht worden.

Dieser Rechtsprechung ist nach Auffassung der Kammer nach Änderung der Voraussetzungen für die Zahlung einer Schichtzulage nicht mehr zu folgen (vgl. LAG Hamm, Urteil vom 10.05.2007 - 17 Sa 1890/06; a. A. LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27.03.2007 - 5 Sa 557/06). Gemäß § 7 Abs. 2 TVöD-VKA ist Schichtarbeit die Arbeit nach einem Schichtplan, der einen regelmäßigen Wechsel des Beginns der täglichen Arbeitszeit um mindestens zwei Stunden in Zeitabschnitten von längstens einem Monat vorsieht und die innerhalb einer Zeitspanne von mindestens dreizehn Stunden geleistet wird. Sie unterscheidet sich von der Wechselschichtarbeit dadurch, dass die Nachtschichtfolge sich durchschnittlich erst nach mehr als einem Monat wiederholt oder im Rahmen des Schichtplans keine "Folgen" von Nachtschichten zu leisten sind (vgl. Sponer/Steinherr/Matiaske/Fritz/Jorkowski/Klaßen/Martens/Rieger a.a.O. § 7 TVöD-VKA Rdnr. 21).

Die Tarifnorm stellt nicht wie Nr. 8 SR 2 a BAT bzw. § 33 a BAT auf Voraussetzungen ab, die Teilzeitbeschäftigte genauso betreffen wie Vollzeitbeschäftigte. Es reicht aus, dass die Schichtlage längstens nach einem Monat wechselt und die Schichten innerhalb einer Zeitspanne von mindestens 13 Stunden geleistet werden. Auf die jeweilige Schichtlänge kommt es dagegen nicht an. Damit fehlt es schon nach den Anspruchsvoraussetzungen an einer generellen Mindestbelastung, die Voll- und Teilzeitbeschäftigte gleichermaßen trifft.

Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18.01.1983 (3 AZR 447/80, AP Nr. 1 zu § 24 BMT - G II) liegt die Belastung der Schichtarbeit in der Einwirkung auf den Lebensrhythmus. Kennzeichnend für sie ist, dass ihr Beginn oder aber ihr Ende außerhalb der allgemein üblichen Arbeits- und Geschäftszeit fällt, da allgemein zwischen Früh-, Spät- und Nachtschicht unterschieden wird. Bereits während der Spätschicht ist der Arbeitnehmer durch die Pflicht, sich am Arbeitsplatz aufzuhalten, von allem Geschehen ausgeschlossen, das sich normalerweise in den Arbeitsstunden und damit außerhalb der allgemeinen Arbeits- und Geschäftszeit abspielt. Sein Leben in- und außerhalb der Familie ist eingeschränkt. Besuche bei und von Freunden und Bekannten sowie Teilnahme an Veranstaltungen der verschiedensten Art, wie Versammlungen, kulturellen Unternehmungen oder Medienunterhaltung sind behindert. Diese Belastungen treffen einen Teilzeitbeschäftigten in geringerem Maße, sei es, dass er weniger Vollschichten monatlich absolvieren muss, sei es, dass seine Schichten kürzer sind.

Dass die Tarifvertragsparteien an die sich aus der Schichtarbeit ergebende jeweilige Belastung angeknüpft haben, ergibt sich auch aus § 8 Abs. 6 Satz 2 TVöD-VKA. Danach erhalten Beschäftigte, die nicht ständig Schichtarbeiten leisten, eine Schichtzulage von 0,24 € pro Stunde. Es wird also auch hier die konkrete sich aus der anlassbezogenen Schicht ergebende Belastung und Einschränkung des persönlichen Lebensrhythmus honoriert.

Zu berücksichtigen ist bei der Frage der Auslegung einer Vorschrift auch, ob ein bestimmtes Verständnis zu einer sachgerechten Rechtsfolge führt (vgl. Marschner, Anm. zu BAG, Urteil vom 23.06.1993, a.a.O.). Mit der Schichtpauschale von 40,-- €/Monat werden 166, 67 Schichtstunden pauschal vergütet. Das entspricht der durchschnittlichen Monatsarbeitszeit eines mit der tariflichen Arbeitszeit von 38,5 Wochenstunden Vollbeschäftigten. Erhielte der ständig in Schicht arbeitende Teilzeitbeschäftigte die volle Zulage, verdiente er auf die Arbeitsstunde gesehen unter beispielhaft zugrundegelegter Teilzeitarbeit von 19,25 Wochenstunden 0,50 € pro Stunde (40,00 € geteilt durch 83,24 Stunden/Monat). Damit wäre er deutlich besser gestellt, als der ständig in Schichtarbeit tätige Vollzeitbeschäftigte und als der in nicht ständiger Schichtarbeit tätige Vollzeit- und auch Teilzeitbeschäftigte. Eine Besserstellung des Teilzeitbeschäftigten gebietet § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG jedoch nicht.

Ohne eindeutige Hinweise in der Tarifnorm kann auch nicht angenommen werden, dass die Tarifvertragsparteien nach dem Zweck der Pauschale dieses Ergebnis angestrebt haben. Sie haben es vielmehr dadurch ausgeschlossen, dass sie für in ständiger Schichtarbeit tätige Teilzeitbeschäftigte gerade keine Ausnahmeregelung im Sinne des § 24 Abs. 2 Satz 1 TVöD-VKA getroffen haben, obwohl sie auch bei dem Ausgleich für Sonderformen der Arbeit die Besonderheiten der Teilzeitbeschäftigung im Blick gehabt haben, vgl. §§ 8 Abs. 1 Satz 2, 7 Abs. 6 TVöD-VKA (vgl. auch Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, TVöD, § 8 Rdnr. 71 bis 72; im Ergebnis auch Sponer/Steinherr/Matiaske/Fritz/Jorkowski/Klaßen/Martens/Rieger, a.a.O., § 8 Rdnr. 124; a. A. Böhmer, a.a.O., S. 23; LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27.03.2007 - 5 Sa 557/06).

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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